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DasBerliner Volksblatt'

�rg;.__ Ä�a» Mucret iure I BS äjm is * stabonirement 4 Mk. Emrelne Nr. S Pf. SonntagS-Nummer mit illustr. Beilage 10 Pf. (Eingetragen tn oer PostzeitungSpreiSlist« für 1885 unter Nr. 746.)

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Redaktion: Kenthftraße S. Gepedition: Zimmerstraße 44.

Der Liberalismus t» Oesterreich . Achtzehn Eitze haben die österreichische» Liberalen durch die soeben vollzogenen Wahlen im Reichsrath verloren und sie nehme« doch de» Mund wieder tüchtig voll, weil sie Mit dem blauen Luge davongekommen sind, während eS bei Anfang der Wahlen aussah, als würde die ganze Partei wit einem Schlage hinweggefegt werden. Mußte dock so- Kr der große Herbst von einem Wahlkreise zum ander« en. nur um schließlich noch ein Mandat zu ergattern. Di« Herren hätte« also alle Ursache, sehr bescheiden zu sei». Ete üben aber auch die beste Kritik an sich selbst, indem st« sich als die Verfechter der politischen und bürgerlichen ftmhe't und alt die berufenen Träger aller fortschrittlichen Bedanken in Oesterreich bezeichnen. Denn in wenig Ländern sieht e« in Bezug aufFreiheit und Fortschritt" jämmerlich aus, wie gerade in Oesterreich ; der öfter- derchische Liberalismus ist also, trotzdem ihm schon so oft dre Zügel der Regierung in die Hand gegeben worden find, unfähig gewesen, sogar jene kümmerlichen Gedanken, die ferner Meinung»achFortschritt und Freiheit" bedeuten, k?«/rwirllichung einen Schritt näher zu bringe«. DaS uoeru* Bürgerminist rium, das einst so großspurig auf- bnlteweb« da« Z uq noch den ernsten Wille», auch lüffM. Wahlgesetz zu beseitigen, mittelst seV»irden al',mu* nun so empfindliche Schläge ver- So- höchst pdralenreichin Rede seinen Wählern zu Wien vre Verficherung gegebe», gerade au« dieser Idee schöpfe dre liberale Partei in Oesterreich ihre Kraft. Daher Mag eS denn wohl auch kommen, daß diese Partei so wenig Kraft hat. E« ist unmöglich, au« einem so umfangreichen Konglomerat der verschiedenste« Volktpämme, wie sie die österreichische Monarchie enthält,»inen vollständigen Ei«. heitSstaat herzustelle». Deutsche, Böhmen , Polen , Ungarn , Galizier, Eiebenbürger, Italiener . Dalmatiner, Kroaten , Slowaken und BoSniaken lasse» sich eben nicht zu einem harmonischen Ganzen so zusammenschweißen, daß«ine «»ordnete Gliederung der einzelnen Bestandtheil» mit gleich- Mäßigen Rechten und Pflichten darau« entstehen könnte. * diese willkürlich zusammengewürfelten Völkerschaften giebt e» überhaupt kein andere» Baad, da« sie aneinander knüpft. als da» Interesse de« Haufe« Habsburg . Wer diese« Interesse al« maßgebend anerkennt, der muß auch die Konsiquenz«»«itttage« und mit verantworten, die bei einer solchen Art von Staatenbildung unvermeidlich find.

JemrCeton. es. Im Eckfenster. Roman von Friedrich«erftScker. (Fortsetzung.) E» ist ein recht trauriger Fall, Herr Oberst- liiutenant." sagte der Beamte.Sie wissen wohl nicht, ob der Verstorbene hier noch Verwandte i« der Stadt tz«t?" Freunde genug," sagte Klingendruch,aber keine verwandten. Seine Eltern wohnen au«wärt», aber er hat seine Braut, mit der er in wenigen Tage» verbunden »erde« sollte ja, wenn ich nicht irre, war der Hoch- öntttag auf heute oder morgen bestimm» hier in der Stadt." Hier liege« Briefe," sagte Schaller. der sich indessen ** Zimmer umgesehen hatte,und au« denen werden wir wohl später die Motive der That erfahren. Der eine «nef ist an Fräulein Constanze Blendheim, der andere an öe» Notar Püster." _Dort»erden wir also Aufschluß und die nöthige« Weisungen erhalte«," sagte der Beamte und streckte die Hand nach den Briefen au«. Schaller reichte sie ihm und behielt nur noch de« dritten i« der Hand. .Diesen," sagte er.kann ich gleich selber übergeben, o*ti» ich gehe augenblicklich zu Solberg'« hinaus; er ist au ben junge« Baro»." .Wenn Sie da« übernehmen wollten, Herr von Schalle »," entgegnete ihm artig der Beamtedie an- bereu werde ich sofort an ihre Adresse» befördern. Hier, pMUle», wandte er sich dann an Einen der Leute, die ihn begleiteten,mit dem Briefe gehen Sie direkt zu Notar Püster und ersuchen de» Herrn Notar, sich so rasch al« ir- Send möglich her zu bemühen ich»erde ihn hier er- Manen den ande>n Brief an die junge Dam« gebe« Sie Nebenan in dem Hause ab." Wäre e» nicht besser," sagte Klingenbruch,da« Schreibe« an Fräulein Blendherm»benfall« dem Notar

Unter de« Stämmen und Etaatm, welche die Hab«- burgische Monarchie au»«ache«, eine staatlich« Einheit nach de« Traum de» östeneichischm Liberalismus herzustellen, dazu bedürste e« eine» ungeheuren despotische« Zwange«, auf den sich unter den heutigen»andelbaren Verhältnissen ei« Gemeinwesen wohl eine Zeitlang, nicht aber dauerad begründen könnt«. Ein solcher Zwang wäre doch offenbar«in Rückschritt. Die verschiedmen Interessen, Anschauungen und Gewohnheiten der«inzelnm Stämme der österreichi- sch'N Monarchie bewirken einen unaufhörlichen Kampf unter denselben; jeder Stamm möchte selbstoerständ« lich den meisten Einfluß auf Regierung und Verwaltung habe«, um seine eigenm Wünsche und Interessen am meisten berücksichtrgen zu können. Dieser Streit läßt die politische Entwickelung in jenem Gemeinwese« nicht in Fluß kommen. Er verzehrt die Kräfte der kämpfende» Parteien und wird auch die Auflösung de» ganzen großen unnatür- lichen Verbände« herbeiführe». Unter diesen Umständen bleibt auch die so oft von den Liberalen betonteberech- tigte Stellung der Deutsche« in Oesterreich " eine Phrase. Kommen die Teu'schen in O-sterreich zur Regierung, wie die« unter de« sogenannten Bürgerministeriu« der Fall war, so kämpfen die übrigen Stämme um eine berechtigte Stellung, und der Konflikt ist wieder da, genau wie zuvor. Auf den Bahne» der inneren Politik ist der öst«r> reichische Liberalismus nicht glücklicher gewesen wie mit seiner StaatSidee von derEinh'it". Nach de« Worten de« Professor Süß vettritt die Parteialle Prinzipien de» menschliche« Fortschritte«". Da« ist etwa» viel ge> sagt; je geschwollener aber die Worte find, desto geringer find die Thaten. Oesterreich wird heute nicht viel ander» regiert, denn zur Zeit de« System« Metternich; daß dem so ist, kann und muß zu einem große« Theile dem schwächliche« Liberalismus Schuld gegeben»erden der nicht de« Math hat, gegen de« auf Oester- reich lastenden politische« Druck energisch anzukämpfen und dadurch auch im Volk« selbst ein fal'che« politische« Leben möglich zu machen. So ist e« de» reaktionären Parteien immer leicht gemacht worden, Oberwasser zu behalten. Auch in den »irthschaftlichen Fragen ließe» sich die Liberale» erst dann auf ernsthafte Debatten ein, nachdem die Regierung und ihr Anhang den manchesterlichen Standpunkt aufgegeben hatten. Und auch da hatten die Liberale» wohl Motte, aber keine Thaten. Der Liberalismus zeigt in Oesterreich dieselbe Unfähig- keit, defruchtend in die Entwickelung de« StaatSleben« ein» zugreife«, wie bei un» im Deutschen Reich. Da« kommt daher, daß die Zeit de« Liberalismus längst vorüber ist.

anzuvertrauen? Wenn fie in ihrem jetzige» Zu- ande so ganz unvorbereitet..." Sie haben Recht, Herr Obirstlieutenant. Also eben Sie die beiden Schreiben bei Notar Püster ab, der .chon darüber verfügen wird, und eilen Sie sich ein wenig, damit»ir unser Geschäft hier rasch erledigen." E» war«irklich nur ein Geschäft. Die Worte wm- de« in Gegenwart der Leiche so laut und rückfichttlo« ge- sprachen, daß«» Klingenbruch dabei ordentlich einen Stich durch« Herz gab. Er stand wieder schweigend vor de« Tobten und sah in die stillen Züge, die da» Geheimniß seiner letzten Stunde bargen. Kommen Sie, Klingenbruch," sagt« da Schaller, der sich nicht behaglich in dieser Umgebung fühlte, ohne aber besonder« erregt zu scheinen,wir»olle« gehen, denn»ir können hier doch nicht» mehr nützen und stehen nur im Wege." Klingenbruch folgte fast willenlos, und al» er wieder hinaus in» Freie trat, athmete er tief und wie qualvoll auf. Beide wichselten auch kein Wort mehr mit einander, bi» fie die nächste Ecke erreichten. Dort blieb Schaller stehen und sagt«, de« Oberfllieulenant die Hand reichend: Ich will hier nach Solberg» abbiegen, lieber Freund, bitte, empfehlen Sie mich zu Hause. Da« ist»irklich ei« trauriger Fall und schmerzt mich tief; doch Alle« bei Ihnen zu Hause wohl?" Ich dank« Ihnen, ja, lebe« Sie wohl. Her, vo» Schaller," sagte Klingenbruch und schritt langsam der Aich« tung zu, die nach seiner eigenen Wohnung führte. Schalle, indessen verfolgte den Weg nach SolbergS, weniger aber au« Theilnahme für den Geschiedene», al« au« Neugierde, denn er hoffte durch Hau« vo» Eolberg, der ja doch immer da« H;rz auf der Zunge hatte, gleich Ausführliche« übe, de» ihm vollständig«neiklär- lichen Fall zu hören. Er war aber trotzdem dabei mit seinen Gedanke« abwesend, denn eine Menge der verschiedensten Dinge ginge» ihm durch de» Kops. Er schritt auch, ohne fich umzusehen oder eine« der ihm Be»

Der Liberali»mu« mit seiner anarchistisch-reaktionäre«Frei- hett de« Individuum»" ist längst überholt von jenen neue» Idee«, die da« Jnteresseder Gesammtheit zum Regulator de» StaatSleben« erheben wollen. Und da« ist auch ganz gut. Dolttiseke Nebersickt. Die Lage der Landwirthschaft im Regierungsbezirk Stralsund ist wie derNor od. Allg>m. Ztg." mitgetheilt wird noch immer recht geSrückl. Die Fälle, in welchen lanvwitthsckaftiiche Besitzer oder Pächter ihren EigenthumS« oder Pachtdtfitz wegen VermögenverfallS zu veräußern oersuchen oder abstehen müssen, mehtten stch. Mit großer Sorge erfüllte viele Landwitthe der Umstand, daß die Verwrrthung der Wolle auf große Schwierigkeiten stoß', well d i e Lager der Händler zum Theil noch mit vorjähriger Wolle besetzt find. Dagegen war der Getretdehandel im Frübiahr lebbafter geworden, namentlich hatten die überseeischen Ver« schiffungen von Stralsund auS zugenommen, in Folge dessen denn auch die Frachtsätze etwa« gestiegen waren. Besonders lebhaft gestaltete stch der Fischhandel, namentlich hat der Herings- fang reichlich« Ausdeute geliefert, doch stehen die Preise sehr niedrig. In Verbindung mit dem Fischhandel nimmt auch die Erzeugung von Korbweiden und Körben große Ausdehnung an. In der im Allgemeinen unbedeutenden Fabrikthätigkett de« Regierungsbezirks find wesentliche Veränderungen nicht vor» gekommen. Uni scheint e», als od der Beiichterstatter der Nordd." die Lage der Landwirthschaft in genanntem Bezirk in allzu düsteren Farben geschildert hat. Daß e« dort Land- wtrthe giebt, welche trotz aller Anstrengung auf keinen grünen Zweig kommen können, ist sicher; aber daran haben bestimmte Ursachen, B. die Hohe Pacht, starke Verschuldung rc. Schuld- Wer die Insel Rügen kennt, der wird wissen, daß man meilen- weit gehen kann, bevor man die Grenzen de« Befitzthum« mancher dortigen Grundbesitzer erreicht. Da findet man den schönsten Weizenboden, die herrlichsten Waldungen, Wiesen, belebt von ausgesucht schönem Rindvieh, große Schafheerden, kurz, Alle«, wa« fich dem Auge bietet, legt Zeugniß davon ab, daß dott die Landwittbschaft in hoher Blüthe steht. Und der Hohe ArbeitSlobn drückt die dorttaen Grundbesitzer gewiß nicht. Während der Ernte ist freilich Nachfrage nach ArdeitSkläften, ist diese aber beendet, so ist ein so großes Ueberau gebot von Kräften vorhanden, daß der Grundbesitzer zu dm allerbeschei« densten Löhnen seine Zuflucht nehmen kann. Im Winter find die dortigen Arbeiter oft fürLöffclkost" zu haben. Das heißt, die Leute erhalten für irgend eine Beschäftigung nicht» weiter als dreimal tätlich Grütze, Erbsm oder

Klöße. Daher der Name Löffelkost. Ist die Situation für die Tagarbeiter günstig, so giebt eS auch wohl noch 30 oder 50 Pfennige täglich dazu; 75 Pfg. kommt schon seltmer vor. Da der Grundbesitzer die zur Verzehrung gelangenden Lebensmittel durchweg selbst baut, so stellen stch für ihn die Ausgaben für Arbeitskräfte außerordentlich billig. Viel gedrückter als wie die Lage der L-mdwirthschast ist also erfichtlich die der Arbeiter,

gtgnenden zn bemerken, vorwärt», al« er fich plötzlich ange- rufen hörte. Hallo Schaller, wohin?" Al» er aussah, stand Rauten vor ihm. Guten Morgen, Rauten I Wohin? Zu Eolberg«. Woher? Von Dürrbeck'« Leiche. Haben Sie die Geschichte schon gehört?" Es wurde heute Morgen davon in der Stadt ge« sprachen. Er hat fich erschossen." Ja, aber»««halb? Kein Mensch hat eine Ahnung." Graf Rauten zuckte mit den Achseln.Wie«ir heute Morgen gesagt wurde, vermuthet«an, daß Reue über die geschlossene und nicht mehr rückgängig zu«achende Verbindung die Schuld gewesen. Wer weiß denn, wa« ihn dazu getrieben, denn ohne Grund schießt fich kein Mensch eine Kugel durch den Kopf." Sie waren nie befreundet mit Dürrbeck?" Besonder» befreundet, nein. Wir sind un« auch nur wenig begegnet; aber»a« wollen Sie so früh bei Sol- berg«?", t Einen Brief an Han« nbgeben, der auf Dürrbeck'« Schreibtisch lag." Einen Brief an Han»? Zeigen Sie einmal," sagte Rauten, viel rascher und theilnehmender, al» er bi« j-tzt gesprochen. Schaller nahm ihn ihn au» der Tasche. Er bestand augenscheinlich nur au» einem in ein Kouvett eingeschlosse- nen Blatte, und Rauten hielt den Brief eine« Moment wie nachdenkend in der Hand. Ich will Ihnen etwa» sagen, Schaller," bemeekte er endlich,ich«erde den Brief selber an seine Adresse«b- geben." Schaller sah ihn rasch an.Der Bnef ist mir über- geben und ich habe e« übernommen," sagt« er endlich;«» wäre«ir sehr unangenehm, wen»..." Rauten steckte dm Brief ruhig in seine Tasche.Haben Sie kein« Sorge, Ei« sind von aller Verantwortung frei, wenn Sie ihn mir übergebe« haben, denn ich gehöre jetzt mit zum Solbenj'schm Hause, und ich gebe Jhnm«ei» Wort, Han» soll ihn bekommm."