Rt, 147.Sonnabend. 27. Jnni 1885n Jahrg.I(riiterMJlOrgan für die Interessen der Arbeiter.Das..Berliner Volksblatt"«scheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. AbonnementSpreiS fürVetlin frei in"s H-uS vierteljährlich 4 Mark, monatlich 1,35 Mark, wöchentlich� SS Pf.Postabonnement 4 Mk. Einzelne Nr. 5 Pf. SonntagS-Nummer mit llluftr. Beilage 10 Pf.(Eingetragen in der PostzeitungSpreiSlist« für 1885 unter Nr. 746.)Jnsertionsgebührbeträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Bf.Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden btS 4 Uh»Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Zimmerstraße 44, sowie von allen Annonce».Bureaux, ohne Erhöhung deS Preises, angenommen.Redaktion: Kenthstraße 2.— Grpeditio«: Zimmerstraße 44.Abonnements- EinladungZum bevorstthenden BitrtcljahrSwcchsel eilauben wir unS,NN« Arbeiter Berlins zum Abonnement auf da»„Berliner Bottsblatt"Mit der M'atiS Beilaae.�llustrirtes Sountagsölatt"einzuladen.Wer der Lache der ArbeUer dienen will, helfe ein Unter-Nehmen befestigen, welche» bestimmt ist, die berechtigten For«derungen und Wünsche der Arbeiter zum Auivruck zu bringen.»®U(bt«in jeder von unseren bisherigen Anhängern, in demseiner Freunde und Bekannten da»„Berliner Volks-S0iL'u verbreiten und sehe darauf, daß jeder neu gefundeneMsmnungSgtnoffe sein Bei sprechen, zu adonniren, auch wirk-«ch halt.»>..unsererseit» werden wir bemüht sein, den Inhalt unsere»Watte» immer reichhaltiger zu gestalten.Da»„Berliner Volksblatt"... Bestellungen werden von sämmtlichen Spediteuren, sowieExoedttion, Zimmerstraße 44. angenommen.Mr Außerhalb nehmen alle Postanstaltm Abonnement»''----- m— lr'-4 9 AMfHjv nC�IilCTß W Wt m[»m i.•wr-*'—�4 nächste Vinteljahr zum Preise von 4 Mark entgegen.«»d Expedition de»„Berliner B-lttblatt".heutigen Nummer liegt für unsere auswärtige»blatt die Nummer 30 de«„Jllustrirtes Sonntag«.Die französischen KadiKale«.In Frankreich rüstet man sich auf die herannahendenNeuwahlen zur Deputirtenkammer und die einzelne»Parteien beginne» ihre Wahlprogrammt zu entwerfen.Wir folgen dit»«al de« Gang der Dinge in Frankreich mit** so größerem Interesse, al» von dem Au»fall dieserWahlen sehr viel abhängt. E» muß sich nun zeige», wa»da» französische Volk von den Leistungen der Herren FerryUnd Genosse» hält, ob«» mit der abenteuerlichen PolitikAuer gewissen Klique, die i« Namen der Republik da»iiand al» ihr« Beute betrachtet, brechen will, oder ob«»Ait der Regierung de» Herrn Brisson zufrieden ist. WennvnrFeny der Repiäsentant der»outinirten Mittelmäßigkeit***, so scheint un« Herr Brisson der Repräsentant derdornirte« Mittelmäßigkeit zu sein.E» giebt eine starke Partei im Lande, die auf Herrnw—wrbotm.] Ieuill'eton.Im Eckfenster.Roman von Friedrich»erstäcker.r!rnrts«auna.1en hob.„Hab' trogen 3/iu»v,,........—,Verbrecher zu entlarve«, dann darf auch Fränzche»einmal um ihn weine», denn sie muß Gott nurt*/M daß er sie vor der Verbindung mit diesem Menschen„Und»a» wird die Stadt, der Hof sagen?"„Sie»erden Dir gratuliren, daß Du einer solche» Gc«noch rechtzeitig entgangen bist.— Und jetzt an dieit. Nicht wahr. Du riegelst wieder zu?— Schön I• Andere überlasse jetzt mir—" und mit leichtenn» sprang er hinau«, denn der Moment zum Handel»gekommen, und so fröhlich»ar er in dem Augenblick,er hätte laut aufjubeln mögen.Nur erst als er vor FrSnzchen» Zimmer kam, nahmch zusammen, holt« sein Taschentuch herau», wickelte es»» den rechten Zngefingcr und betrat dann der'ester kleines Boudoir, die er emsig beschäftigt fand,Toilette für den heutigen Abend zurecht zu legen.«Ach, FrSnzchen," sagte er,„hast Du einen Brief-i bei der Hand?"„Gewiß, Han». die Menge; wa» willst Du? Meine5 Reisemoppe liegt ja hier schon bereit"„Willst Du mir einen Gefallen thun?"«Gern; aber wa» hast Du mit Deinem Finger ge-t?"„Ungeschickt war ich, geschnitten Hab' ich«ich eben, undbat mrch Pepa, ich möchte ei» paar Zeilen an Raute«den. Er selber ist gerade eifrig beschäftigt, bestimmtechpa piere ,u ordnrn, und läßt Such auch bitten, ihnvicht zu stören."„Mit Vergnüge», Hau»; aber ich weiß ja gar nicht,— in de« Vater« Namen?"Clemenceau und seine Freunde blickt undvon dieser Seite ein Verhalten erwartet, da»Sum Heil de» Lande» ausschlagen könnte. Herr Clemeeceauiat vergangen« Woche da« Wahlprogramm seiner Parteientwickelt und seine Freunde haben ihm zugestimmt. Manfindet darin die Forderung, alle Wahlkörperschaften—also auch den Senat— durch allgemeine» Stimmrecht zuernennen— ganz gut! Dan» wird Trennnng der Kirchevom Staat und direkte progressive Einkommensteuer v«r>langt— auch ganz gut l Dann sollen keine Expeditionennach überseeischen Ländern mehr unternommen werden—auch ganz gut!— Dan» wird für all« Franzosen drei-jährige Dienstzeit verlangt, was zwar«ine Verminderungder gegenwärtig in Frankreich eingeführten Dienstzeit de«deutet, aber doch im Munde de» Führers der radikalenLinken sich seltsam ausnimmt; zum Schlüsse wird dieganze sozial- und wirthschaftSpolitsch« Welt abgespeist mitder Phrase:„Schutz der Arbeit I" Hoffentlich solldiese Phrase keine Erhöhung der Schutzzölle bedeuten, undwir nehmen an, daß Herr Clemenceau damit seinen Willen>at kundgeben wollen, eine Gesetzgebung zu Gunsten derIrbeiter zu fördern.Aber wie entsetzlich wahr ist dieses„radikale"Program« gegenüber den ungeheuren Kalamitäten, welch«Frankreich bedrängen. Die direkte progressive Einkommen«steuer ist eine vortreffliche wirthschastlich« Reform; allein»ir erfahren nicht einmal, ob sie all einzige Steuerverlangt wird, denn wenn noch andere Steuern nebenherbestehen, verliert sie ihre Bedeutung. Ei« kann auch nurd nn zu Gunsten der Masse wirke», wenn die niedrigstenEinkommen ganz nnbelastet bleiben, die höheren Einkommenaber progressiv immer stärker herangezogen»erden. Wiesich Herr Clemenceau die» Verhältniß denkt, darüber er»fahren wir auch Nichts. Mit de« bloßen Wort„pro-gresstve Einkommensteuer" ist aber an und für fich nochnicht viel gesagt.Und nun zum„Schutz der Arbeits!" Darunter kannman fich alle» Mögliche denken. Diese Phrase wurde imJahre 1848 viel gebraucht, und namentlich von Demo«traten, welche die Wichtigkeit der wirthschaftlichen Fragen»ohl ahnten, aber noch nrcht zu irgend einer klaren An«schauung durchgedrungen waren. Diese Phrase siadetman». A. in dem große« Antrage, den Gustav Struoede« Frankfmter Vorparlament unterbreitete. Allein,«assollen»ir heute mit solchen unbestimmten Phrasen? Selbstwenn man fich auldrLckte:„Schutz den Arbeitern I" so»äre damit»och keine Klarheit vorhanden. Di» Phrasetritt heute zurück;«an will wissen,»orin der Schutzbesteht und auf wen und wieweit er fich er«strecken soll. Leider ist in Frankreich gerade in diesem„Da« kommt gar nicht darauf an; Du kannst«» auchin dem Deine» thun. Papa will ihm Deine Mitgift schonheute aulzahlen, und da die Sache in aller Form Rechten»geschehen muß, so sollst Du ihn nur bitten, punkt halb einUhr bei Notar Püper zu sein, wohin Pap, ebeafall«kommen wird."„Abcr wie schreibt ich da»?"„Setze Dich nur hin, Närrchen, ich diktire e« Dir;also:„Mein lieb« Herr Graf..."„Aber ich werde doch an Leopold nicht„mein lieberHerr Graf" schreiben sollen?" lachte Franzilka.„Also machen«ir e» ganz kurz," nickte Hanl—„Lieber Leopold I Vater hat fich entschlossen, Dir«eineMitgift schon heute Morgen aulzuzahlen, damit Du»ochDeine Verfügung darüber trrffen kannst und morgen nichtgezwungen bist, an Geschäfte zu denken. Sei punkt halblein Uhr bei Notar Püster, in der ersten Etage d,s Eck«fenster«. Papa und Hanl»erde« Dich um die nämlicheZeit dort treffe«.„Hochachtunglvoll..„Ja wohl, hochach:ung»voll!" lachte Fränzche».„LaßDu mich jetzt nur mache«, den Schluß schreibe ich selber,und sieh mir nicht auf die Hand. Du brauchst gar nichtzu wissen, wie Brautleute an einander schreibe»; da«magst Du selber versuchen— ich habe e« ebenfall» lerne«müssen."Mit flüchtigen Zügen warf sie noch ein paar Zeilenauf da« Blatt, faltete e» dann zusammen, fiegelt« undadressirt« es und sagt« jetzt:„So, Hab' ich da» so rechtgemacht?"„Du bist ei» herziger Schatz," rief Hau», in diese«Lugenblick abcr wirklich kaum im Stand«, seine Bewegungzu verbergen—„Du hast keine Ahnung,»eichen wichtigenDienst Du Dir selber dabei geleistet r„Ich. Han?— mir? Da« blieb fich doch mit de«Geld, gleich..„Nicht so ganz, wie Du glaubst; doch j tzt will ichde» Brief rasch an seine Adnss« befördern, damit er Rautennoch zu Hause trifft, denn sonst verfehle»»ir un» am Endein der Stadt."„Nein." sagt« Franzilka;„er hat mir bestimmt«klärt,Augenblicke der Mangel an Klarheit größer denn je, undstatt einer große» geschlossenen Arbeiterbewegung hat mandort eine Nlenge von Sekten, die sich über die entferntestenProblem« der Zukunft streiten und sich mit Aulnahm« vonwenigen um die praktischen Forderungen der Gegenwartgar nicht kümmern.Herr Clemcnceau kümmert sich um diese praktischenForderungen noch weniger; sonst würde er endlich einmaldaran denken. den Normalardeitltag. der seit 1848 inFrankreich auf dem Papier besteht, zu ein« Wahrheit z«machen. Damal« dekretirte man den zwölsstündigen Nor«malarbeitltag, der so gut»i« keiner ist, und an di«Ausführung de« Dekret» dacht« Niemand. Aber sollteman glauben, daß unter den sSmmtlichen im französische»Parlament vertretenen Parteien e« kein« giebt, die sich de»Ruhm erwerben möchte, durch Einführung eine» z»eck«entsprechenden Normalarbeit« tage» de» nothleidenden Ar«beitermassen Hilfe zu bringen? Und doch ist e» so, wen»wir nicht da« merkwürdige, aber nicht neue Scbausptel er«leben sollten, daß die Reaktionäre, um di« Republikanerunpopulär zu machen, den Arbeitern mit großem Phrasen«aufwand einige unbedeutende Konzessionen machen!Buch an Beschränkung der Frauen- und Beseitigungder Kinderarbeit denkt man nicht; im Gegentheil beschäftigtdi« Regierung in der Monopolist rten Tabakindustrie vrr»bältnißmähig wenige Männer und desto mehr Frauen undKinder.So finde» wir bei de» große» und einflußreichen par»lamentarischen Parteien in Frankreich keinen fruchtbarenGedanken zur Bekämpfung der große««irthschaftlichmMisere. Denn wenn Herr Clemenceau schon wenig weiß,wa» will«an dann von den Republikanern ä In Grevy,orn... fT_._ �"— nY__ �— o � � � � t. c.*.Brisson, F-rr, oder Spuller erwarten? Und doch find die»inh'chafilichcn Kalamitäten, namentlich IN de, äußerlich soläazendeu, innerlich aber von Elend starrenden Stadtan« so groß, daß man meinen sollte, st« müßt«»den französischen Staatlmännnn endlich näher gehe»al» Tonkin, Madagaskar oder Tun»». Und so großda» Elend, so groß auch die Flachheit der Auf«fassung. Man denke noch an Herr» Feny, al» dieArbeitslosigkeit in Paris so groß wurde, daß man endlichin der Kammer darüber sprechen mußte; er wollte damal» Pari»und da» Land damit trösten, daß die Anzahl der Pfänder in denLeihhäusern sich nicht verringert hätte. Man fand die»mehr al» trivial, aber e» wußte Niemand unter de« Re«publikanern in der Kammer etwas Bessere» zu sagen.Da» wird schlimm, wenn«an nicht bald zu anderenAnschauungen kommt. Di« in Frankreich herrschenden Par«teien machen e» sich zu bequem und nehmen die ganz«Situation zu leicht. Glauben denn die Herren Grevy,daß er bis gegen zwölf Uhr zu Hause bleibe» würde, wennich ihm vielleicht noch etwa« zu sagen hätte— also e»erwartet den Brief."„Desto besser; und nun, mein Schatz, auf Wieder«sehen!"— Damit nahm er sie in di« Arme, wa» er sonstnur selten that, und drückte einen herzlichen Kuß auf di«ihm gebotenen rosigen Lippen.„Du bist ja heute so zärtlich, Hau« l" lächelte FrSnzchen.„Ach, weißt Du, Schatz, e« gehen mir doch jetzt ein«Menge von Dingen durch den Kopf, aber wa« sich nichtändern läßt, muß eben ertragen werden"— und ihr nocheinmal freundlich zunickend, verließ er rasch ihr Zimmerund versäumt« jetzt auch keinen Moment«ehr, den Briefdurch«inen der Diener direkt zu befördern.„Der Brief ist von meiner Schwester," sagte«r de«Manne;„(I liegt ihr daran, zu wissen, ob Sie den HerrnGrafen noch zu Hause getroffen haben. Bitte, bringenSie recht bald Antwort."„Zu Befehl, Herr Baron!"— und durch die freund«liche« Worte, welche nur selten an die Solbergsche Diener«schaft verschwendet wurden, angefeuert, lief der Mannmehr al» er ging, u« den erhaltenen Auftrag aulzuführe«.Für de» jungen Henn wären überhaupt sämmtlich« Dienst«boten mit Vergnügen durch» Feuer gesprungen.Han» verbrachte indessen eine pnnliche Viertelstundein quälender Ungeduld, bi» er nämlich erfuhr, ob derBrief wirklich in Rauten'« Hände gelangt sei. Et»»ärezu fatal gewesen, wenn ihn der Bote nicht mehr zr& lausegetroffen hätte. Er ging in seinem Zimmer mit uAter«geschlagenen Armen rasch auf und ab. und sprang jedesmalnach der Tr-ppe, wenn unten die Thür klinkt«. Endlichkehrt« der Bote zurück; er hatte den Auftrag in unglaub«lich kurzer Zeit ausgeführt, und trotzdem erschien«» Han»wie eine Ewigkeit.„Nun, haben Sie ihn gefunden?"„Ja, Herr Baron; e, war gerade im Begriff, au»«zugehen."„Hat er den Brief gelesen?"„Zu Befehl, Herr Baron; aber«r meint«,«in»