auftellen und Abhilfe zu ermöglichen, denn es sei doch ein eigenthümlich Ding, bak in allen Erwerbsbranden die Arbeits angebote größere find und nur das öffentliche Fuhrwesen hierin eine Ausnahme zu machen scheint, die der Ausübung des Gewerbes so überaus hindernd und hemmend in den Weg fich ftellt.

R. Gin unfreiwilliges Wasserbad, welches gestern Abend um 7 Uhr ein Bootfahrer an der Spreeterraffe nabm, verursachte einen großen Menschenauflauf. Beregter Waffer fabrer, welcher fich durch Schwimmen rettete, war durch einen nicht aufgeklärten Umstand mit seinem Boote umgeschlagen. Jedenfalls spricht auch dieser Umstand auf das Evidentefte für Die schlechte Bauart unserer Spreeboote und es ist jedenfalls an der Beit gegen ein Vermiethen von Wasserfahrzeugen, die obne Riel gebaut find und demnach Unglüdsfälle nur be günftigen fönnen, energisch Front au machen.

Zwei anscheinend recht gefährliche Subjekte wurden vorgestern in das Untersuchungs- Gefängniß am Landgericht II gefesselt eingeliefert. In Schönhausen   wurden am Montag awei 16 und 17jährige Burschen beim Betteln ertappt und ins Gefängniß gestedt. Sie gaben an, daß fie zusammen vor 14 Tagen aus dem Kotrettionshause in Angermünde   außge brochen seien, und nannten sich Adolf Eschert und Auguft Heise. Beide gestanden auch zu, fchon vielfach wegen Dieb ftabs bestraft zu sein. Der lettere ist angeblich auch in Berlin  an verschiedenen Stellen Haut diener gewesen, aber überall wegen Diebstahls baoongejagt worden. Im Schönhauser Amts gefängniß haben beide wiederum einen Fluchtverfuch gemacht. Der Amtsdiener überraschte fte in der Nacht, als fte schon ver fchiedene Steine aus der Mauer gebrochen batten. Deshalb wurden fte fofort nach Berlin   transportirt. Es wird nun feft zustellen sein, ob die Angaben über ihre Persönlichkeiten richtig find, und was fte während der Tage ihrer jüngsten Freiheit an Verbrechen ausgeführt haben.

Ausweisung. Der Klempnergeselle Franz Rauch aus Graz  ( Desterreich) ist durch Verfügung des Königl. Polizei, Präfidiums aus dem gesammten preußischen Staatsgebiete aus gewiesen worden. Rauch war erst vor sitla 3 Wochen aus Defterreich fommend hier eingetroffen und stand bei dem Hof­Klempnermeister Herrn Thielemann in Arbeit.

Ein spekulativer Gymnastast. Am schwarzen Breit der Universität prangte vorgestern folgender verlockender Anschlag: Ein guter Lateiner für täglich 1-2 Stunden gesucht. Ho norar monatlich 100 M.!! Als Probe ift furs, aber Alles umfaffend zu behandeln: Quae sint virtutes et vitia veterum Germanorum nach Tacitus Germania. Ein erfahrener Musen sohn hatte indeffen bald den Blan durchschaut und kommen. tite das xorbitante Preisangebot saleunigst mit der Blei fliftrandgloffe: ,, Ein schlauer Gymnaftaft will auf diese Weise feinen lateinischen Auffaz gemacht haben." Der ertannie Spiegelberg   ließ gestern seinen durchsichtigen Anschlag her. unternehmen.

r. Der unfreiwillige Humor flieht wohl noch nirgend in so üppiger Blüth, als in denjenigen Klaffen unserer Schul anstalten, wo die Schüler ihre geistigen Erflinge mit Feder und Tinie zur Welt bringen, mit denen oft die fünfte Bhan­tafte des geistreichsten Humoristen nicht immer Schritt halten tann. Ein Tertianer lieferte dieser Tage in einem deutschen  Auffat, welcher eine Beschreibung des zwischen dem Luftgarten und dem Thiergarten gelegenen Staditheils von Berlin   ent halten sollte, unter Anderen auch folgende svet Säße: Die Wefifront des Opernhausplages nimmt die fönigl. Blibliothek ein, welche im Munde des Voltes die Geftalt einer Kommode bat Jm Thiergarten erblidt man ein Denkmal, wo Goethe in stehender Stellung ausgehauen tft.

a. Der bei dem Pächter der hiesigen fiskalischen Ab. deceret in Stellung befindliche Scharfrichtereigebilfe Otto Winter, welcher mit dem Schild Nr. 10 und 10 Quittungen über Hundeauslösungsbeträge versehen war, hat sich seit dem 20. b. M. an seiner Dienfistelle nicht wieder sehen lassen, об gleich er verpflichtet ist, dort täglich ameimal, Morgens und Mittags zu erscheinen. Man vermuthet, daß W. mit dem Schild und den Quittungen Wigbrauch treibt und das von ihm eingenommene Fanggeld unterschlägt. W. tft inzwischen aus seiner Stellung entlassen worden.

a. Eine gefährliche Räuberin, welche Kindern ihre goldenen Dbringe und das ihnen anvertraute Geld( zum Ein holen von Waaren) stiehlt, ist in der unverehelichen Maria M. vorgeftern zur Haft gebracht worden. Die M, eine wegen Diebstahls mehrfach vorbestrafte Person, bat 12 derartige Straf fälle eingeräumt, vermuthlich aber hat sie noch bedeutend mehr berartige Diebfähle ausgeführt.

R. Eine üble Angewohnheit ift die, den Kindern zu geftatten, Gegenstände zum Durchbeißen der Zähne zu geben, welche abbiödeln. In die Gefahr des Erstickers lam gestern auf diese Weise das 2jährige Kind der in der Weißenburger ftraße wohnenden Restaurateursfrau V. Nur mit äußerster Mühe gelang es, den fremden Körper aus dem Halse zu entfernen und so das Kind von einem schrecklichen Tode zu befreien.

Gerichts- Zeitung.

Entrüftet darüber, daß ein Mann in der Näbe feines Hauses badete, schlich fich ein dadurch in seinen Gefüblen Berlegter an das Waffer, in welchem fich der Badende luftig tummelte, nahm ihm seine Kleiter fort und rief ihm au, er Tönne fich dieselben bei ihm abholen. Damit begab er fich ganz gemüthlich in sein in der Nähe belegenes Haus. Der Badende war über diese Bergewaltigung nicht sehr erbaut. Er troch aus dem Waffer nach einer trodenen verfte den Stelle und rief von dort aus flehentlich nach seinen Kindern; jedoch erft nach geraumer Beit ließ fich der Feind des Badenden im Freien erbitten und brachte dem Unbefleideten sein Eigenthum zurüd. Dieser wollte sich durch einen Sirafantzag wegen Freiheitsberaubung rächen, erreichte aber feinen Bwed nicht, da das Gericht, wie folgt eilannte: Wer vorfäßlich und wider rechtlich einen Menschen einsperrt, oder auf andere Weise des Gebrauchs der persönlichen Freiheit beraubt, wird mit Ges fängniß bestraft. Daß die auf andere Weise bewhite Freiheits beraubung äußerlich der Einspeirung oder Gefangenhaltung nicht ähnlich zu sein braucht, tann angenommen werden; noth wendig erfordert der Begriff der Beraubung aber, daß eine, wenn auch vorübergebende, doch in ihrer Whlung vollständige Aufhebung der persönlichen Feiheit stattgefunden hat. Eine bloße Beschränkung in der Wahl des Aufenthalts nach dieser oder jener Richtung bin, eine bloße Erschwerung der freien Bewegung genügt nicht zur Bestrafung; deshalb tann eine Be­raubung ber periönlichen Freiheit eines Menschen nicht schon barin erblickt werden, daß derselbe behindert war, fich anzu fleiden und angekleidet die Badeftelle zu verlassen. Nicht das Antleiden und der angefleidete Bustand steht in Frage, sondern die Aufhebung der persönlichen Freiheit. In dieser legteren war ber durch die Handlungsweise des Angeklagten Betroffene wohl beengt, feineswegs jedoch derart vergewaltigt, daß er als Gefangener oder abfolut Unfrcier angesehen werden fonnte. Ec blieb unbehindert, sich nach Wiafür im Waffer weiter aufzuhalten, das Waffer ohne die Kleider zu verleffen, fich feine Kleider aus dem wenige Minuten entfernten Hause, wo fie niedergelegt waren, wiederzuholen. Er hat thatsächlich fich aus dem Wasser fortbegeben und in einem trockenen Graben versteckt, wo er furze Zeit gewartet hat. bis ibm die Kleider zurückgebracht find. Dies alles find teine Umstände, die fich als Freiheitsberaubung rechtlich qualifiziren laffen. Es fann Daher dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte vorfäßlich und wiberrechtlich gehandelt, oder ob er einer Verlegung der öffent, lichen Schambaftigteit bat entgegentreten und nur die Ber ön lichkeit bes Uebeltyäters hat feststellen wollen; denn der Frel verantwortlicher Hedaiteur R.

heitsberaubung ist er nicht schuldig. Es fragt fich aber nun, ob der seiner Kleider beraub'e hätte bestraft werden können, wenn er in seinem adamitischen Roftüm fich einer öffentlichen Schamverlegung schuldig gemacht hätte.

Ein eigenthümlicher Diebstahlsprozeß wurde vor dem Schöffengericht, Abtheilung 89, verhandelt. Auf der Antlage bant mußten awet Frauen Plas nehmen, die unverehelichte Rarft und eine Frau Becker. Erftere hatte in mehreren hie figen Geschäften als Verkäuferin gedient und war geständig, in dreien derselben Waaren und Geld, das Einemal sogar in dem Geschäft des Drechslers Heinemann 180 Wit. veruntreut zu haben. Dffen iäumte fte jeben Diebstahl ein und beklagte fowohl den Leichtfinn, der fie dazu veranlaßt, vornehmlich aber auch den Umstand, daß fie die Beder fennen gelernt, denn nur durch deren Bureben sei fie auf die Bahn des Verbrechens gerathen. Sie batte nämlich in einem Geschäft mit der Beder gemeinschaftlich Stellung gehabt. Diese war jedoch die Leiterin Dieses Bweiggeschäftes. Die Bider habe sie an fich gezogen und ihr Grundsäge beigebracht, wer den Vortheil, den er unter den Händen babe, nicht wahrnehme, der werde es nie zu etwas bringen. Als die Karst später in dem Heinemann'schen Laden Beschäftigung gefunden batte, sei die Bider zu ihr gelommen und habe fte um ein Elfenbeinkreuz für fich und eine Bigarren fpige für ihren Mann gebeten. Anfänglich habe die Karst fich geweigert, diefe Gegenstände hinzugeben, aber bei wiederholten Bitten und Befuchen der Becker habe fte fich bereden laffen. Nachdem die Diebstähle der Karst entdeckt waren und fte vers haftet war, wurde auf Grund der obigen Beschuldigungen bei ber Becker Haussuchung gehalten und man fand babet zwei Bigarrenetuis, die aus dem G: schäfte herrührten, in dem sie angestellt war. Sie ist die Frau eines faufmännischen Beamten, ber eine sehr auslömmliche Einnahme hat, man ließ fie baber auf freiem Fuß, aber es wurde gegen fie wegen Hehlerei und Diebstahls Antlage erhoben. Im Termin behauptete fte, die fte betreffende Aussage der Karst sei vollständig fte, die fte betreffende Aussage der Ratst sei vollständig aus der Luft gegriffen. Welches Motiv die Karst babe, fie in dieser Weise zu verdächtigen, sei thr nicht flar, aber an der ganzen Erzählung set tein Wort wahr. Die beiden Bigarren etuis   habe fie ehrlich getauft, wie schon manches andere, wie Daß der Befizer des Geschäftes bezeugen müffe. Letzteres gab Dieser zu, ersteres vermochte er nicht zu bestätigen. Der Staats anwalt hält Beide für schuldig und beantragte gegen die Karst vier Monat, gegen die Becker vier Wochen Gefängniß. Der Bertheidiger der Karft, Rechtsanwalt Holz, bat für seine Klientin um mildere Strafe, Rechtsanwalt W: onter nahm sich der Becker in sehr warmer Weise an. Er schilderte das unbescholtene Leben der geachteten, älteren Frau, daß fie nicht nöthig habe, Stellung zu nehmen und dies nur thue, um eine Beschäftigung zu haben, fie werde nicht stehlen, um sich verhältnismäßig so geringwerthige Objekte anzueignen. Mit Spannung sah man dem Spruch des Gerichtshofs entgegen. Durch ihn wurde die Becker freigesprochen, da der Gerichtshof fich den Ausführungen des Vertheidigers anschloß, und die Karst zu brei Monaten Gefängniß verurtheilt.

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Ein tiefes Mitleid ergriff die Anwesenden, als im Gerichtssaal vor dem Schöffengericht, Abtheilung 92, gegen Die 17 jährige Marie Schaue wegen Diebstahls verhandelt wurde. Der Vorsitzende hielt es für seine Pflicht aus den Aften die Schöffen von den Familienverhältniffen der Anges flagten in Kenntniß zu setzen. Des Mädchens Bater batte feine Familie plöglich verlaffen und diese dadurch in die fümmerlichfie Lage versest. Später war die Mutter der jugendlichen Angeklagten, mit dieser und einem Mann, ber an geblich ihr Bruder sein soll, den fte aus der Frrenanstalt in Dalldorf   abgeholt nach der Schweiz   gereift. Dort wurden fle fämmtlich unter dem Verdacht, einen Mord begangen zu haben, verhaftet und nach einiger Beit, da durch die eingeleitete Untersuchung ihre Schuld nicht nachgewiesen werden konnte, nach Deutschland   zurüdtransportirt. Die 17 jährige Schaue wurde in ihrer Heimaty bier, von ihrer Mutter getrennt und zu ihrem Vormund in die Erziehung gegeben. Am Ende Mai hat fie diesem und seiner Frau gehörige Kleidungsücke, Schmudgegen stände und baares Geld en wendet und ist davon gelaufen, angeb lich weil fie von der Frau des Vormundes Schläge bekommen sollte. Im Termin geftand fte reumüthig unter Thränen den Dieb­ftahl ein und so nahm denn auch der Staatsanwalt, indem er namentlich die traurigen Familien verhältnisse berücksichtigte, mildernde Umstände an und beantragte eine Woche Gefäng niß, welche durch die seit Ende vorigen Monats dauernde Untersuchungshaft für verbüßt zu erachten sei. Der Gerichts hof entschied demgemäß. Auf die Frage, wohin fich die Ange hof entschied demgemäß. Auf die Frage, wohin fich die Ange flagte, bie bald darauf aus der Haft entlassen ward, wenden würde, erklärte fie, fte werde fich beffern und eine Tante um Aufnahme bitten, die hier wohne.

Soziales und Arbeiterbewegung.

Shuk der nationalen Arbeit. Die Innungsmeister des Bau, Maurer und Bimmerergereits zu Berlin   sollen beschlossen hater, italienische und polnische Maurer zu engegiren, um ben fireifenden deutschen   Arbeitern die Spize zu bieten. Vielleicht ist es nur ein Schreckschuß, um die Gesellen mürbe zu machen. Wäre es aber wabr, so würden die Innungsmeister eine antinationale Gesinnung befunden, welche fte nimmermehr weguai chen im Stande wären, felbft menn fie tausend Hochs auf den Fürsten Bismarck und das Deutsche Reich ausbrächten. Die nationale Gesinnung Dieser Herren reicht bekanntlich nur bis an die Tasche, aber niemals bis in die Tasche.

Ueber das von der Arbeiterpartei im Reichstage eingebrachte Arbeiterschutzgesek lamentizen und zetern be­sonders die liberalen Beitungen. Sie nebmen es den Arbeitern außerordentlich übel, daß dieselben in ihren Petitionen neben Der Forderung des Berbots der Sonntagsrube auch die Forderung eines Normalarbeitstages stellen. Hören wir die zwischen den Nationalliberalen und den Deutsch­Freifinnigen stehende Weserzeitung". Dieselbe schreibt: Der Normalarbeitstag bat zehnmal mehr Gegner als der Sonntags. zwang; viele, die den letteren bewilligen möchten, werden fich zurüdieben, wenn sie zugleich den Westeltagen ihre Freiheit absprechen sollen. Auch stehen beide Fragen auf wesentlich verschiebenem Boden. Die Sonntagsruhe ist schon jetzt ein Theil dessen, was man die gute Sitte" nennt, awar nicht ein Rechtsinstitut, aber doch eine Inftitution öffent lichen Charakters, und es läßt fic prinzipiell rechtfertigen, wenn das Gesetz der Sitte zu Hilfe tömmt, um fie gegen brutale und ärgerliche Berleugnung zu schüßen. Auf das Maß fommt es da vor Allem an, damit nicht der neue Schaden größer werde als das alte Uebel. Eine vernünftige Sonntageordnung ift zu vergleichen mit denjenigen Veranstaltungen, welche Die öffentlichen Gesundheitszustände, Den öffentlichen Anstand, die nächtliche Nube den firchlichen Sinn gegen ten Mißbrauch der ind viduellen Freizeit Freiheit sicherstellen. Der Normalarbeitstag ist dagegen eine rein so sialistische Forderung, nicht eine bloße Abwehr des Mißbrauchs der Freiheit, sondern eine Aufhebung der Freiheit selbst. Er nimmt erwachsenen selbstständigen Männern eines der vornehmsten Naturrechte, das Recht, über ihre Beit so zu verfügen, wie es ihnen am besten scheint. Er nimmt ihnen Das Recht auch da, wo es du: chaus nicht die Rechte Dritter beeinträchtigt, und wo die Beit nicht vom Staate selbst in An spruch genommen wird." Der Normalarbeitstag ist eine rein sosialistische Forderung, so sagt das liberale Blatt. Hätte es recht, so tönnte niemand froher sein, als die Sozialisten, ta fie dann Anhänger in fast allen Barteten hätten. Nicht nur Robbertus, sondern auch der alte Geheim taib Hermann Wagener( nicht zu verwechseln mit dem Anti femiten Adolf Wagner), ein Ronservativer, der die gegenwärs

um

tigen Parteihäupter weit überragt, find Anhänger des Normal arbeitstags. Und selbst der verstorbene Dr. Laster war fein prinzipieller Gegner deffelben. Wir wollen leine weiteren Namen nennen, die in dieser Richtung Bugeständnisse machen, aber eins steht fest, daß auch die W: fers Belitung" nicht weit um fich zu blicken braucht, prinzipielle Anhänger des Normalarbeitstags zu finden. Daß aber das ganze Arbeiterschußgefeß ein Meffer obne Klinge wäre, an dem das Heft fehlte, wie der Humo: ift Lichtenberg fich ausbrüdt, wenn die Forderung eines Normalarbeitstages ( Marimalarbeitstag ist richtiger) nicht darin enthalten wäre, das wiffen die Gegner der Arbeiter sehr gut, deshalb gerade bekämpfen fie so energisch die lettere Forderung.

Der Streit der Weber in Schleften scheint größere Ausdehnung zu gewinnen. In Erdmannsdorf haben fich auch die Arbeiterinnen dem Streit angeschlossen, von denen Vertreterinnen in das Streiffomitee gewählt worden find. Neuer Streit in England. Die Arbeiter der Maschinens fabriken und Eisengießereien von Boldow, Vaughan u. Co haben in einer von 3000 Personen besuchten Versammlung be schloffen, die Arbeit niederzulegen. Der Grund des Streits ift Verweigerung einer geforderten Lohnerböhung von 4 Shilling per Woche, sowie die unbegründete Entlassung von 20 Arbeitern. Man hofft, den Streit durchzusehen, da Geldmittel jeg zur Genüge vorhanden sind und unter den Arbeitern große Einig teit herrscht.

Vereine und Versammlungen.

th. Die öffentliche Versammlung der Schmiedegefellen, welche am 25. b. M. bei Keller( Andreasplay) tagte, beschäf tigte fich mit der Streitbewegung der Schmiede. Trogdem die Forderung der Sonntagsruhe eine voll berechtigte, sollen, wie mitgetheilt wurde, dennoch 36 Meister die Forderung nicht bewilligt baben. Diese Verzögerung des allgemein durch schlagenden Erfolges der Streitbewegung führte Herr Müller in seinem Referate auf die beschlossene Unterstüßung der Arbeitslosen zurück. Dies sei ein Fehler. Die Gewerkschaft sei außer Stande, neben den Streifenden auch die Arbeitslosen zu unterstügen. Durch die gewährte Unterstützung würden aber viele arbeit lose Gesellen nach Berlin   gezogen, die Herbergen, welche sonft um die Beit leer ständen, selen thatsächlich überfüllt, das Ans gebot von Arbeitskräften übertreffe die Nachfrage um ein Bes deutendes, so daß der Streit vollständig illusorisch gemacht werde. Es sei daher, um diese Gefahr abzuwenden und den Arbeitsmarkt, sowie den Unterstüßungsfonds zu entlasten, durchaus nothwendig, daß ble unverheiratheten Gesellen Berlin  die auf etliche Wochen verlassen, wie es die Maurer gegenwärtig Thun  . Das Herbergswesen berührend, e: achtete Referent eine Reform des Arbeitsnachweises, welcher jest ledig lich in den Händen der Herbergswirthe ruhe, für dringend erforderlich. Um aber etwas erreichen zu fönnen, müsse eine fefte Organisation die ganze Gewertschaft wie ein eisernes Band umschließen und dies set der Fachverein. Die Lohnkommission allein tönne nichts erreichen. Beide, Lohntommiffton und Fach verein, müßten hand in hand gehen, nicht getrennt, nur fo tönne eine Berbefferung der Lage herbeigeführt werden. Im Laufe der Diskussion, in welcher die Situation noch näher be sprochen wurde, wurde auch ein Antrag gestellt, daß die unvers beiratheten Gesellen bis zum 28. b. D. auf Roften der Kome mission Berlin zu verlassen hätten, doch blich die Beschluk­faffung hierüber der am Sonntag stattfindenden Generalvers fammlung vorbehalten.

Eine Versammlung des Verbandes deutscher Zimmer leute( Lolalverband Berlin) fand am Mittwoch, den 24. Juli, in ben Arminhallen, Kommandantenstraße 20, ftatt. Die Tagesordnung war folgende: 1. Besprechung über einen Statutenentwurf für eine Sterbefaffe der Bimmerer Deutsch lands. 2. Der Streil der Berliner   Maurer. Zum ersten Buntt verlas der Vorfigende mehrere Baragraphen aus den betreffer den Statuten. Eine Disfuffion lonnte bes zweiten Bunttes wegen nicht stattfinden. Bum zweiten Gegenstand der Tagesordnung fprach Herr Schöppe fich dahin aus, daß der Verband sich verpflichte, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln materiell wie moralisch die Maurer in ihrem gerechten Lohntampfe zum Stege zu verhelfen. Redner reicht eine hierauf bezügliche Resolution ein, welche einstimmig von der sehr zahl reich besuchten Versammlung angenommen wurde. Nach diesem Borfigende noch mit, daß am Mittwoch, den 8. Juli, eine wurden gewerkschaftliche Sachen erledigt. Darauf theilte der Generalversammlung des Verbandes bebufs Neuwahl des Lokalvorstandes stattfindet.

Fachverein der Tischler. Diejenigen Mitglieder, welche an dem Unterricht in der Handwerterschule theilnehmen, werden ersucht, die ihnen gewährte Beihilfe am Eonntag Vormittag von dem Vo figenten Herrn Tubauer, Morisstr. 22, abzuholen. Freiwillige Beiträge aur Unter filigung der streitenden Tischler

in Königsberg   und Dresden   werben heute Sonnabend Abend in Restaurant, Alte Jakobftr. 38, angenommen. Die nächste Vereinsversammlung im Dften findet am Dienstag, den 7. Jult bet Saeger, Grüner Weg 29, statt.

Bereinigung der Metallarbeiter Deutschlands  ( Mit gliedschaft Berlin   Often). Montag, den 29., Abends 8 Uhr, in Reller's Restaurant, Andreasfir. 21, oberer Saal. Diffent liche Mitglieder Versammlung. T. D.: 1. Arbeits. Nachweis. 2. Gründung der Kaffe für Arbeitslose. 3. Verschiedenes und Fragetaften. Sämmtliche Fachgenoffen find freundlichst ein geladen.

Große öffentliche Versammlung der Schmiede Ber  lins am Sonntag, den 28. d. M., Vormittags 10 einhalb Uhr, im Königstädtischen Theater am Alexanderplatz  .

Vermischtes.

Menschenfresser in Rußland  . Die amtliche ,, Gouverne ments- 8tg" melber aus Jeniffeist, daß zu Anfang des Monats November v. Js. im Turudhanstischen ein Ditiate Namens Brotopji Kalin, durch den Hunger getrieben, feine 11jährige Schwefter Maria abschlachtete und solche in Semeinschaft mit seinem Bruder N tita verspeiste. Neite Erbfreunde" das!

Aus der Schulpraxis. Man berichtet der Frif. 8tg." aus V. in Kh. folgenden Vorfall: Der Schulinspettor 6. hielt im Do fe V die jährliche Schulp: üfung ab. Diese fiel vor trefflich aus, denn faum batte der Lebrer eine Frage geftellt, fo hoben alle Schüler den Arm. Als die Prüfung zu Ende war, lobte der Herr Schulinspektor Lhrer und Schüler mit warmen Worten. Auf dem Heimweg ging der fleine Johannes neben seinem Vater her, der auch der P.üfung betgewohnt hatte. Johannes", fagte der Vater ,,, Du baft Alles gewußt warum hat der Lehrer Dich nicht gefragt? Sch habe nichts gewußt", entgegnete der Knabe. Aber Du bast bei jeder Frage den Arm gehoben." Den linken Arm, Vater." Was soll Das heißen fuhr der Mann fein Rind an. Dieses jab ere ftaunt au dem er ürnten Vater auf und erwiderte: Der Herr Lehrer bat gefaat, bei der Prüfung heben alle Schiller den Arm. Wer die Antwort weiß, den rechten, wer nicht weiß den linken. Ich habe es recht gemacht."

Studenten- Albernheiten. In München   ließen fich für lich eine Anzahl Studenten die Kopfbaare abraftren und zogen so durch die Straßen. Es entstand in förmlicher Auflauf Wlan fiht, wie unsere germanischen Jünglinge, die einft bie Träger der Just, der Verwaltung und des Lehramts sein werben, ibre Beit verullen. Uebrigens find das die ftrengsten Lehrer, Polizisten, Richter und Staatsanwälte, die es in der Jugend am tollften getrieben und am wenigften gelernt haben.

Gronheim in Berlin  . Drud und Verlag von Mar Bading in Berlin   SW., Beuthstraße 2

Hierzu eine Betlage.