beamter und müffe fte zur Wache fiftiren, da fie fich foeben eines groben Verstoßes gegen die Sittlichkeit habe zu Schulden Tommen lassen. Die so Apostrophitte versuchte im Gefühle ihrer Unschuld, allerlei Einreden, doch da tam der zweite An getlagte hinzu und sprach die gewichtigen Worte: Hier hilft Alles nichts, der Herr ist ein Kriminalbeamter und Sie müssen ihm gehorchen." Nunmehr ergab fich das Mädchen weinend in thr Schicksal und folgte den Pseudobeamten zur Wache. Vor der Tbür zum Polizeibureau angekommen, hielten die beiden An getlagten es doch für gerathen, bes grausamen Spiels genug fein zu laffen und ließen das Mädchen laufen. Am nächsten Morgen erzählte es aber ihrem Bräutigam das Erlebnis und diesem gelang es, die beiden falschen Beamten ausfindig zu machen, denen dieser Spaß" theuer zu stehen fommen sollte, benn nach erstatteter Anzeige batte gestern die erfte Strafe Tammer des Landgerichts I in dieser Sache das Schlußwort zu sprechen. Die Angeklagten blieben dabei, daß fie fich nur einen Jur hatten machen wollen, während die Beugin Dinge er säbite, wonach die Ersteren unzweifelhaft Swede unlauterer Natur verfolgt hatten. Diesen Umstand zog der Gerichtshof gebührend in Baüdfichtigung, als er dem Angeklagten Hauch fechs Wochen, dem Ehrlich drei Wochen Gefängniß zu Diktirte.

Vor dem Altar vergiftet. Vor dem Schwurgerichtshofe zu Innsbrid standen am 19. b. Die vierundzwanzig Jahre alte hübsche Bäuerin Amalie Stockmair, geborene Nesfina, aus Wenns und ihre zweiundzwanzig Jahre alte, ledige Dienste mago Marie Wille aus Kaunsesberg im Ober- Innthal, Beibe unter der Anklage des Giftmordes, verübt an dem Ehegatten der Erstgenannten. Joseph Stockmair, Bauer zu Larchach bei Wenns , fiebenunddreißig Jahre alt, gutmüthig, aber etwas geistesschwach, batte fich schon vor einigen Jahren in die dralle Dirne malie Neffing verliebt und brachte es nach mehr­fachen Schwierigkeiten am 11. November vorigen Jahres zur Heirath. Diese Ehe war aber teine glückliche. Das junge, felbfifüchtige Weib gefiel fich zwar als wohlhabende, an gesehene Bäuerin, fühlte jedoch nie ein Herz für ihren Mann, der ihr zu wenig schön und zu dumm" war, sondern empfand nur Abneigung, ja Haß gegen ihn. Seine An näherungen nach der Hochzeit wies fie oft so berb zurück, daß er gezwungen war, auf der Ofenban fein Nachtlager zu nehmen. Alsbald ging fte felbft zum Pfarrer, um wegen Scheidung von Tisch und Bett zu sprechen, erhielt aber die Antwort, so jung verheirathete Leute trenne man nicht. Joseph Stocmair wollte die Liebe seines Weibes gewinnen, indem er thren öfter geäußerten Wunsch erfüllte und sie testamentarisch zur Erbin seines Vermögens einsette. Er theilte ihr eines Tages bies mit, fügte jedoch die Bedingung bei, daß fie nur ihm angehören und auch keine zweite Ehe eingeben dürfe. Amalie Stocmair, darob erbittert, faßte nun den Gedanken, fich ihres Gatten zu entlebigen, und zog ihre Dienst mago Marie Wille hierbei ins Vertrauen, der fte für thre Hilfeleistung 100 fl. als Geschenk versprach. Marie Wille Taufte in der Apotheke zu Imst sogenannten Fliegensand ( 97,4 pct. Arfenit und 2,6 pCt. Eisen) und es wurde be fchloffen, den Bauer mit diesem Fliegenmittel, wenn es auch etwas langsam wirke, au vergiften. Im März dieses Jahres lub Josep Stocmair seine Gaitin ein, mit ihm eine Wallfahrt zurwunderthätigen Muttergottes" nach Strengen zu unters nehmen, um eine glückliche Ehe zu erbitten. Dies schien nun ber Bäuerin die richtige Gelegenheit, obigen Plan auszuführen. Sie bestärkte den Gatten in seinem Wallfahrtsvorhaben, erklärte jedoch, thn nicht begleiten zu können, dafür aber die Magd Marie Wille mit ihm zu schicken. Auf seinen Wunsch wurde ein halber Liter schwarzer Raffee zur Reise hergerichtet. In diesen Kaffee that nun Marie Wille einen Löffel voll Fliegensand" und Amalie Stocmair noch einen Löffel voll, weil es sonst au wenig wirle." Am 10. März trat Stodair die fromme Wallfahrt an; feine Begleiterin trug in der Tasche den vergifteten Kaffee und noch ein Pädchen Fliegensand. Vor der Abreise ertheilte die Bäuerin der Magd den Auftrag, den Mann im Wallfahrts­orte Strengen ja gewiß vorher beichten und fommunisiren zu laffen, che fte ihm den vergifteten Kaffee gebe. In Strengen empfing am 11. März nicht nur Johann Stedmair die Safra mente, fondern auch Marie Wille beichtete und trat, mit der Giftflasche im Sacke, neben dem Bauer vor die Rommunion­bant. Dann begaben sich Beide in ein nahes Haus, wo nun Marie Wille ihrem Dienstgeber ben vergifteten Raffee nebft vergiftetem Brodgeröftel" als Frühſtüd bereitete. Arglos af und trant Stocmair, mußte fich aber bald erbrechen. Wegen Unwohlfeins ging die Heimteise nur langsam von flatten. Zu Hause lag er dann frank im Bette, und während er über heftige Schmerzen tlagte, reichte ihm durch mehrere Tage bald seine Frau, bald die Magd noch vergiftete Speisen und Getränke, bis erstere meinte: Sest tönnt es ihn boch nehmen," und bis am 24. März auch wirklich der Tod eintrat. Alsbald verbreitete fich der Verdacht eines Verbrechens,

und blidte ben Fremden an- wohl entfann sie sich der Mahnung der Mutter, mit keinem Fremden zu sprechen, indeß unter so ungewöhnlichen Verhältnissen durfte sie wohl eine Ausnahme machen und so sagte sie bedrückt: Mein Herr, Sie find sehr gütig, sich eines rathlosen Mäbchens anzunehmen- ich bin vorhin mit dem Schnellzug ange Tommen und wollte ein Billet nach Newyork lösen, aber im Gedränge ist mir mein Taschenbuch, welches mein Reise gelb enthält, abbanden gekommen und in Folge dessen tann ich weder nach Newyork noch zurück nach Hause, denn hier in Albany bin ich völlig fremb." De: Fremde blickte bas schöne junge Mädchen theilnehmend an und sagte bann haftig: Hoffentlich ist diesem Unglüd noch ab­zuhelfen darf ich Sie bitten, gnädiges Fräulein, über meine Reisetasche zu verfügen?" und damit hielt er der jungen Dame mit bittender Miene ein wohlgefülltes Porte­Monnaie entgegen.

Milly meinte vor Scham in die Erde finten zu müssen und boch, wenn sie nicht rath- und hilflos in der fremben Stadt bleiben wollte, hatte sie keine Wahl fie mußte bas Anerbieten annehmen. Der Fremde bemerkte ihr Bögern und sagte fanft: Ich hoffe, mein Vorschlag hat fie nicht beleidigt, gnädiges Fräulein? Glauben Sie meiner Versicherung, daß ich sehnlichst wünsche, Ihnen aus der Verlegenheit zu helfen und bedienen Sie sich ungenirt meiner Raffe."

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Während Milly immer noch zögerte, erklang bas Ab fahrtszeichen mit bebender Hand griff fie in die wohl gefüllte Börse ihres Retters, entnahm derselben zwei Bant­noten und eilte an den Billetschalter, der jett völlig leer war. Sobald sie ihr Billet gelöst hatte, trat fie auf ben Fremben zu und sagte mit niedergeschlagenen Augen: Ih werbe Ihre große Güte nie vergeffen bitte, fagen Sie mir, an wen ich das Geld zurückzahlen darf? Ic

Einsteigen, meine Herrschaften einsteigen," ließ sich Hier bie Stimme des Schaffners vernehmen; ber Frembe half Milly in's Rupee, welches schon sehr besetzt war, und fagte haftig: Hoffentlich haben Sie teine weiteren Fährlichkeiten zu bestehen- ich wollte, ich könnte Sie begleiten, aber das ist mir leiber unmöglich, da ich foeben erft von Newyork hierher gereift bin, um ein drin gendes Geschäft zu erlebigen."

( Fortsegung folgt.)

und der Obduktions Befund und die chemische Untersuchung tonftatirten zweifellos Arsenit- Vergiftung. Amalie Stodmair und Marie Wille find dieser That geständig, und legtere er zählt heute umständlich ihre Wallfahrtsreise, wie sie den Weg zählt heute umständlich ihre Wallfahrtsreise, wie fte den Weg zur Gnadenmutter im Wechselgebet mit Stocmair zurücklegte, mit der Giftflasche in der Tasche zur Kommunion ging, nach her dem Bauer das Gift reichte und wieder betend den Heim weg antrat. Beide Angeklagte wurden auf Grund des ein stimmigen Geschworenen Berdiktes zum Tode durch den Strang verurtheilt.

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Soziales und Arbeiterbewegung.

Anfeuf an die Schloffer und Berufsgenossen Berlins ! Kollegen! Es dürfte Euch jest nicht mehr unbekannt sein, daß wir in allernächster Belt die Einführung der 10stündigen Arbeitszeit zur Wirklichkeit machen wollen. Die Kommission hat schon vor längerer Beit den 29. Juni als den geeignetsten Tag zur Proklamirung des 10ftündigen Arbeitstages angesehen; es haben seitdem eine Generalversammlung und zwei Delegieten Versammlungen stattgefunden. Die legte Delegirtenversammlung war eine außerordentliche und war gut besucht; wir haben die Gründe für und wider genau geprüft, und war es namentlich der Streit der Maurer, welcher und zu bedenken gab, wodurch unsere Arbeit, welche vorhanden ist, vielleicht etwas Aufschub erleiben tönnte. Es wurden aber die Bedenken, welche ein Kollege äußerte, daß die Meister, welche die betreffende Arbeit übernommen haben, nach Pro' lamirung ber 10stündigen Arbeits­zeit durch den Streit der Maurer in der Lage wären, diese Arbeit einige Wochen aufzuschieben, dadurch widerlegt, daß ein anderer anführte, daß die Meister eben so gut während des Maurerftreils die Arbeit fertig machen laffen lönnten, und wenn wir dann nachher mit der Einführung der zehnftündigen Arbeits­zeit beranträten, so würden die Meister die Arbeit schon fertig haben, und fie ebenfalls in der Lage sein, es einige Wochen mitanzu feben. Kollegen, obwohl wir der festen Ueberzeugung find, daß unser geringes Verlangen nicht auf große Schwierigkeiten stoßen wird, so dürfen wir uns doch nicht der Hoffnung hin geben, daß es ganz glatt abgehen wird. Darum eifuchen wir Euch, in der Opferfreudigkeit nicht nachzulaffen, damit wir auch in der Lage find, diejenigen, welche gezwungen werden sollten, in ihrer Werkstatt die 10ftündige Arbeitszeit mittelst Arbeits nieberlegung einzuführen, auch unterstüßen zu können, wie es fich gehört. Darum, Kollegen, legen wir Euch nochmals an's Hers, tommt am Sonntag, den 28. D. M., alle in die Generalvers fammlung, welche endgiltig bierüber beschließen soll, und zeigt, daß auch wir Schloffer im Stande find, das durchzuführen, was andere Gewerte schon längst burchgeführt haben. Mit kollegialischem Gruß die Lohnfommission der Schlosser und Berufsgenossen.

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bie eigene Person abstimmen zu lassen, aber Herr Rödel weiß es entschieden beffer, wie man sich in einer Vers sammlung zu verhalten hat, denn die Lohnkommission und die Delegirten Bersammlung beugt fich demüthig vor ihm. Läßt es nicht tief blicken, wenn Herr Rödel auftreten darf und sagen: Wenn ich mir 500 Mart zur persönlichen Verfügung stellen laffen will, so bewilligt mir die Delegirten- Versammlung die felben ohne Weiteres?" Begen eine solche Ueberhebung giebt es nur einen Proteft, einen Protest, der Herrn Rödel von der Bildfläche verschwinden läßt. In jener Versammlung nun mußte fich Herr Rödel von der Polizei fagen laffe, was er ge sprochen habe, sei unwahr. Die Polizei hat bekanntlich nur das Recht aufzulösen, aber nicht das Recht zu bestimmen, ob ein Redner zur Tagesordnung spricht oder nicht. Dann kam der Antrag, einen Vorfigenden an Stelle des Herrn Röbel zu wählen, der das Korreferat halten wollte. Hier ist Geltgenbeit, denen ins Gewissen zu reden, welche noch zu Herrn Rödel halten. Herr Rödel widersetzt sich dem Antrage, aber in welcher Weise: Herr Bubeil, ich werde mich durch Sie nicht zu ungefeßlichen Handlungen hinreißen laffen!" Beigt sich hier in diesen Worten nicht deutlich ein verstedter Charakter? Bunächst ist der Antrag durchaus nicht ungefeßlich. Solange das Bureau fich zum bemokratischen Brinzip bekennt, hat die Allgemeinheit zu entscheiden. Es giebt viele Anlässe, den Vorfizenden zu wechseln. Und nun die Form, in der die Abweisung des Antrages durch Herrn Rödel gefchab! Seht her," wollte er mit seinen Worten sagen, ,, das find jene Leute, die zu ungeseslichen Handlungen auf reizen, aber ich bin geseglich." Er brauchte wahrhaftig seine Gefeßlichkeit nicht so zu betonen, von der find wir genügend überzeugt!( Stürmische Heiterkeit und Bravo!)- Dann tam Der Antrag auf Auslieferung des Ueberschusses der Tellers fammlung an die streitenden Maurer. Bisher war es Usus, daß alle Anträge, welche einlaufen, der Versammlung zur Distuffton und Abstimmung gestellt werden. Herr Rödel aber sagt: Ich, ich habe allein das Recht, au verfügen und zu bestimmen! Schließlich gerieth die Versammlung über alle diese Vorfälle so in Aufregung, daß fie aufgelöst wurde. Was bringt die beeinflußte Presse: Goerdi hat die Versammlung gesprengt." Sch frage Sie alle, habe ich den Anlaß gegeben ( Nein, nein) Am Montag hielt Herr Rödel eine Tischler Bersammlung bei Reller" ab. Da sagte er: Was haben Möbelhändler, Bigarrenhändler und Budiler bei den Arbeitern zu thun?" Nun, ich meine: D5 Millionär oder Handwerker, ob Beamter oder Ingenieur, ob Reffelflicker oder Lehrer, ob Profeffor oder Biegelstreicher; ein Jeder, der gewillt ist, sich au uns zu schaaren, ist berufen, das Banner der Arbeiter zu tragen, allerdings nicht in der Weise, wie Herr Rödel es auf faßt.( Bravo ). Und diese Anschuldigungen hat Herr Rödel nicht einmal aus fich selber. Er wandelt hier nur auf dem Pfade, den die Gegner eingeschlagen und die Worte hat er Der Voff. 3.", dem ,, Berl. Tgbl." der Staatsb. 3." abgelesen. Jest wählen Sie, m. Q., so schloß Redner, und sprechen Sie Thr Verdikt. Milde ist hier nicht mehr am Blaze. Derjenige, welcher in schwierigen Verhältnissen in gefährlicher Belt die Arbeiterbewegung auseinander zu sprengen sucht, hat sein Ur Wie aber Ihre Ent theil verdient und wird es erhalten.

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Die Kommission der Tischler Dresdens veröffentlicht folgenden Aufruf: Kollegen! Arbeiter! Genossen! Wir liegen die fünfte Woche im Rampf und noch immer ist teine Aende rung zum Befferen eingetreten. Die Jnnung will sich zu nichts berbellaffen, trotzdem dieselbe erklärt bat, wohl einige Gefellen in ihren Werkstätten zu haben, diesen aber feine größeren Arbeiten geben tann, weil dieselben nicht leistungs fähig genug find. Kollegen! Der Kern, die intelligenteren Ar beiter, 500 an der Bahl, stehen hinter uns und diese werden Die Werkstatt, ebe fie nichts errungen, nicht wieder betreten, fte erklären einfach, eher hungern zu wollen, als in das alte Joch zurückzukehren. Kollegen! Nachdem wir nun einmal in den Kampf eingetreten, ist es Eure Pflicht, uns auch nach Kräften zu unterstüßen; glaubt wohl, es fällt und schwer, fortgesezt von Euch zu verlangen, bebenti aber auch, daß, wenn die Jnnung einen Sieg über die Arbeiter- Organisation zu verzeichnen hat, wir unsere Kollegen nicht unterstüßen können. Das ist der Kern ber ganzen Sache, fallen wir, so find die Kollegen, welche wir erst zur Organisation herangezogen haben, fofort zurückgeschredt, und für uns verloren, fe werben nach unglüdlichem Ausfall der Schlacht der Organisation den Rücken tehren und unsere schwere Arbeit beginnt von Neuem. Darum, Kollegen, bedenkt, daß Ihr im Stande seid, dieses zu verhüten und glaubt, daß Ihr alle im ähnlichen Falle auf Dresden rechnen tönnt, da wir stets große Dpfer gebracht haben, wenn unsere auswärtigen Kollegen im Kampfe lagen. Darum sorgt, daß die Innung feinen Sieg erringt fendet Hilfe in materieller Beziehung und haltet Buzug fern! Mit follegialischem Gruß und Hand- legenheit war die Tischlerversammlung, die bier am Dienstag schlag die Kommission der Tischer Dresdens . Sendungen, Anfragen u. f. w. an G. Schiblowsty, Galerie straße 15, 5 Tr. Alle Geldsendungen aber an W. Weidner, Self's Gasthaus, Kleine Brüdergasse 9, I.

Briefe und

Vereine und Versammlungen.

Zu einer imposanten Demonstration gegen den Vor figenden der Lohnkommission der Berliner Tischler, Hern Rödel, gestaltete fich die Volksversammlung, welche der Herr Stadtverordnete August Herold zu Mittwoch Abend nach Sanssouci einberufen hatte. Bu Tausenden waren die Ver fammelten erschienen, um faft einstimmig zu protestiren gegen eine sich im Tischlergewerbe immer mehr breitmachende Dikta tur, es war ein vernichtendes Urtheil, welches hier über einen Mann ausgesprochen wurde, der es gewagt hatte, an den Grundprinzipien der überzeugungstreuen, bemokratischen Ar­beiterschaft zu rütteln. Wir hatten gestern bereits einen furzen Bericht über die Vorgänge in der Versammlung gebracht, die Sache ist jedoch wichtig genug, hier noch einmal auf dieselbe zurückzutommen. Der Erfolg des Abends gebührte entschieden bem Stadtorrordneten Gördi. Aus den Trümmern der Jahre 1878 und 79, so begann Redner, wurde unter den äußersten Anstrengungen, mit vielen Mühen und Entbehrungen von un der jetzt aus­ferem gemeinschaftlichen Freunde Ewald gewiesen ist, ein Fachverein gegründet, aus welchem später Die ganze gewerkschaftliche Bewegnng hervorging. Damals fannte man Herrn Rödel nicht, es waren vielmehr ganz andere Männer, die in der Zeit der Gefahr den Muth fanden, fich au exponiren. Jegt allerdings, nachdem die Beiten ruhiger geworden find, nachdem das Gefühl der Zusammen gehörigkeit und Solidarität unter den Arbeitern wieder erstrebt ist, jest möchte Herr Rödel ernten, wo er nie gefät hat. Aller­dings wiffen wir, daß eine Lohnbewegung auf den Augenblick und durch den Augenblid nothwendig gemacht wird, fie aber als das legte Biel der Arbeiterbewegung hinstellen, heißt die Gegenwart der Zukunft opfern. Redner geht nun etwas näber auf die Person des Herrn Rödel ein und tritiftet sein Ver halten in der gewerkschaftlichen Bewegung der Tischler mit vernichtender Schärfe. Als der Streit auszubrechen drohte, versuchte man von allen Seiten, denselben gütlich beizulegen. Wie verhielt sich Herr Nödel dem gegenüber? Er berief eine Bersammlung gegen unseren Kollegen Herold, er vers und griff zu leinen, boshaften bächtigte denselben, Mitteln. Das war die Antwort des Diktators der Tischler Lohntommiffton. Er vermochte weiter nichts zu thun, als einen Mann zu verunglimpfen, der seit Jahren das Bertrauen der Arbeiter befigt. Unter allgemeiner Entrüftung der Versamm lung ftellte Redner dann das Verhältniß des Herrn Nödel zur gegnerischen Bresse, speziell zu dem verflossenen Bollsfreund" flar. Herr Rödel versteht es ausgezeichnet, fich aller beiden arbeiterfeindlichen Richtungen in der Breffe, der realtionären und manchesterlichen, au bedienen und in einer Rede beide augleich zu gewinnen: Schulze- Delisich hat etwas

fcheidung auch ausfallen möge, glauben Sie an die Unbefteg barkeit unseres Prinzips und glauben Sie, daß Jeber, der es ehrlich mit unserer Sache meint, andere Wege wandeln muß, als Herr Roedel.( Stürmischer, wiederholter Beifall.) - Es folgte nun eine ausgedehnte Disluffton. Bunächst unternahm es Herr Klose, berrn Möbel zu vertheidigen: Meine Herren! Ich bin der Ueberzugung, daß die Beschuldi gungen gegen Herrn Nödel nicht gerebifertigt find. Warum bringt man einer Person wegen solche Uneinigkeit in die ganze Bewegung. Hätte die Person fich wirklich so vergangen, wäre schon längst über fie zur Tagesordnung übergegangen worden. Begen die Tischlerlohnbewegung wollte man schon im vorigen Herbst losgeben. Damals unterblieb es, nun tommt es fest und das geschieht in einem Augenblick, wo die Gewerkschafts bewegung fich in einem Stadium befindet, daß nicht nur die Arbeiter Berlins , sondern ganz Deutschlands bineingeriffen find. Durch diesen Streit ist Berlin labmgelegt und ganz Deutsch land wird die Folgen spüren. Man wird nicht mehr das Bus trauen zu der Bewegung haben, wie man es früher gehabt hat.( Gelächter.) Die erste Versammlung in dieser Ange

vor vierzehn Tagen stattgefunden hat. Bugleich mit ihr fand eine Delegirten- Versammlung ftatt und deshalb war Herr Röbel verhindert, sich zu vertheidigen. In Betreff der Tellersammlung gehe ich von der Anficht aus, Daß dieselbe nur zur Deckung der Unkosten zu dienen hat, und baß über den Ueberschuß der Einberufer wohl berechtigt ist, au verfügen.( Nein! Nein!) Sie können es übrigens einem Manne, der so heftig angegriffen wird, nicht verdenken, went er fich hinreißen läßt und in der te des Gefechts Dinge fagt, die er später bedauert gesagt zu haben.( hört! hört!) Der Angeschuldigte wird fich beffer vertheidigen, als ich es lann. Herr Tischlermeister Mitan welst jede Gemeinschaft mit derrn Rödel von fich. Herr Rödel habe gesagt, er sein ( des Redners) Lehrling; mit einem Dittator aber, der sämmt lichen Tischlergesellen Berlins ein geistiges Armuthszeugniß ausstellt, wolle er( Redner) nichts mehr zu thun haben. Welcher Tischlergeselle habe einen Delegirten mit dem Auftrage gewählt, dem Leiter der Bewegung Hrn. Hövel 500 M. zur freien Verfügung au ftellen, wenn dieser es verlange? In den Orten außerhalb Berlins set für die Berliner Bewegung zu arbeiten und 14 M. 20 Bf. babe man nach Rönigsberg gesendet und nichts nach Dresden.( 3wischentuf: In voriger Woche 300 M.) Berlin bat so gut wie alles verbraucht. Der Arbeiter aber hat höhere Biele, als eine Lobnkommission zu besolden, das ist der End groeck des Herrn Rödel. Welcher Berliner Arbeiter giebt nicht bas Legte, wenn es gilt, ben fireitenden Maurern zu helfen und da fommt dieser Ditiator! Absetzung des Vorsitzenden habe ich nicht ein Mal, sondern fünfzig tal erlebt. Stödel fteht auf abfolutifiischem Boden und den lennt die Arbeiter partel Deutschlands nicht.( Stürmischer Betfall.) Maurer Beter lehnt die Vermuthung ab, daß die Maurer auf das Geld, welches durch die Tellersammlung in der Tonhalle" eingefommen sei, spekulirt haben. Das Geld sei bei diesem Streit der Maurer die Nebensache. Wenn nicht der Geift der felbe set, wie er 1869 und 1871 unter den Berliner Maurern war, wenn der Unverstand der Maffen nicht zu beftegen fei, werde der Streil, ob mit ob obne Geld, verloren gehen. Die Kommission der Maurer Berlins verurtheile aber Herrn Roebel deshalb, well er durch die Betonung und Hervorhebung feines eigenen Schs das Volksrecht auf das schwerste verlegt und den demokratischen Standpunkt verlaffen habe.( Stürmischer Beifall.) Persönlich erwähnte Herr Beter noch, daß jedes Mitgited der Maurertommission pro Tag 30 Bf. erhalte und nicht pro Woche 30 M. wie Herr Noebel.

Herr Tischler Tusauer hob hervor, daß es ihm so scheinen wolle, als babe Röbel den Streit nur provo zirt, weil er zu der Erkenntniß gekommen, daß die Lohnbewe gung ihr Biel nicht erreichen werde. Da follten Andere nun Die Schuld tragen. Ein Armuthszeugniß für die gewefenen visoren tönnten Unterschleife nicht verhindern. Das tönne jeder Revisor. In dem Fachverein, dem er( Redner) felt fünf zu unterschlagen. Es sei unerhört, daß in Arbeiterversamm Gutes geleistet!" sagt Herr Rödel und die Berl. 8tg." lungen, wie es in der Versammlung im Alexanderplat- Hotel

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bruckt diesen Saß gesperrt; Jüdische Geschäfts. geschab, Leute als Rausschmeißer" angestellt würden. Grade pragis", das gefällt der Staatsbürger Btg." und fie sperrt Diefe Worte. Repner nun auf bas des Rödel in der Tischler Versammlung ein. Gang gewiß ents legte in dieser Hinsicht sein. Wir greifen nicht die Kommiffion, herbeigeführt. Auf alle Fälle werde diese Versammlung die spricht es dem parlamentarischen Anstande nicht, zuerst über sondern Herrn Rödel an: die anderen Lohnkommissionsmil