bel den sonst noch im oberschlesischen Industriebezirk lebenden rufftsch polnischen Unterthanen balb Nachahmung finden.
Eine neuerliche Nachricht aus Sanfibar läßt das Gefchrei der Deutsch . Ostafrikanischen Gesellschaft über Gebiets verlegung durch den Sultan in einem recht eigenthümlichen Lichte erscheinen. Ein Herr Kurt Zoeppen, welcher seiner Beit von dem Hause Hanfing u. Ko. in Sanftbar mit Lebensmitteln und Waaren abgesandt worden war, um die in Noth befindliche Expedition unter Dr. Peters( Geschäftsführer der oben genannten Gesellschaft) zu unterstüßen, theilt in einem längeren Schreiben an die Boff. 3tg." mit, daß die von Dr. Peters annektirten Landftriche dem Sultan von Sanfibar gehörten. Das habe Dr. Peters nicht gewußt. Der Sultan habe im Thale von Motondogwa( wegen dessen Besetzung durch fansibaritisch: Soldaten der Sultan bekanntlich gezüchtigt werden follte), seinen Vertreter, einen Radi( Richter), seine Soldaten und sogar einen Lehrer, dem die Erziehung der dortigen arabischen Rinder obliege. Kapitän Bloyet, welcher nun feit 5 Jahren die wissenschaftliche Station in Rondoa leite, sagte Herrn Toeppen, ehe er von den Plänen der Gesellschaft etwas wußte, daß das Land ohne Frage dem Sultan gehöre. Man babe ihm erzählt, daß der alte Muingi- Msagara, mit welchem Dr. Peters einen Vertrag abschloß, seiner Beit zu einer mehr jährigen Kerterhaft verurtheilt worden sei und er habe wirklich dieselben im Fort von Sanftbar abgefeffen. Der alte chr würdige" Muingi. Migara sei ein heilloser Säufer, der seiner Sinne fait gar nicht mehr und der Sprache nur noch wenig mächtig sei. Dr. Peters sagte, er überrage all die anderen Sultane, mit welchen er sontratte geschlossen habe, allein in Wirklichkeit befize Muingi Migara gar teine Macht. Und mit folchen Leuten feten die Verträge abgeschloffen worden.- Man wird gut thun, Näheres abzuwarten.
Die Idee, daß der Tabat mehr bluten muß, ist noch immer nicht ganz aus den Köpfen berer, welche das Glück eines Bolles nur in möglichst hohen Steuern zu finden wissen, verschwunten, und nachdem das Monopolprojekt Fiasko ge macht hat, nachdem der Versuch, durch Schutzoll Petitionen die Labatsteuerfrage wieder in Bang zu bringen, gescheitert ist, Tommt man wieder auf das amerikanische Besteuerungssystem zurück und sucht den Boden für dasselbe in Deutschland zu ebnen. Die ersten Schritte geschehen durch die Empfehlung des amerikanischen Systems der Zabalernte, teffen Einführung eine Umgestaltung der jest giltigen Rontrolbeftimmungen noth wendig machen würde. Es ist nun nicht zu leugnen, meint Die Bolls Beitung", daß das amerikanische System der Tabat ernte mancherlei Vorzüge vor unserem hat, und schon vor wanzig Jahren ist ein Pfarrer in Thüringen , Namens Holz Schuber , für daffelbe aufgetreten und hat es zur Einführung in Deutschland empfohlen; es ist aber zu berücksichtigen, Daß diese Art der Ernte nicht für Tabakbau in Kleinen Bar aellen, wie er sich in Deutschland vielfach findet, an wendbar ist. Würde also der Bundesrath dem Drängen nach Abänderungen des Regulatios vom Jahre 1880 nachgeben und die Kontrolvorschriften für die Besteuerung des inländi fchen Tabals so einrichten, wie fie die Ernte nach amerikanischer Manier erfordert, so würde dadurch, wie jest die Ernte nach amerikanischer Manier, so später die Ernte nach alter deutscher Art unmöglich sein, und der ganze Zabatbau in fleinen Bar ellen müßte bei uns aufgegeben werden. Will der Bundes rath bie Tabalernte nach amerikanischer Art ermöglichen, und wir können dies nur im Intereffe der deutschen Zabaltuitur wünschen, so soll er ein dafür bestimmtes Regulatio publiziren, aber ohne das alte Regulativ aufzuheben, so daß beide neben einander bestehen und es jedem Tabalpflanzer gestattet ist, nach alter oder neuer Art zu ernten. Geschieht dies nicht, bebt man bei Pablitation des neuen Regulatios das alte auf, fo vernichtet man den gesammten Tabalbau im Kleinen und beseitigt so eins der wesentlichsten Hindernisse für die Ein führung des in Amerita herrschenden Systems der Fabritat fteuer.
Die Moralstatistik ist zu dem Schluffe gelangt, daß die Selbstmordfrequens in den einzelnen Monaten mit der Sonne steigt und finkt, d. h. daß nicht die als spleenös verschiieeren grauen Herbst und Wintermonate, sondern die lichten Tage des Juni und Juli die meisten Dofer fordern. Diese Erscheinung ist für eine ganze Reihe von Bezitten be obachtet worden. Wir stellen in Folgendem die Ergebnisse für Stalien( 1875-1877) und für Wien ( 1859-1878) au sammen. Es vertheilten fich 10 000 Selbstmorde auf die ein zelnen Jabreszeiten: Stalien( 1875-77) Wien ( 1859-78) 2214 2191
Jahreszeit Januar- März
3407
2544
1835
2926
2504
2379
April- Juni Sult- September Dttbr.- Dezember Der Einfluß des klupalischen Faktors auf die Gebirnorganisation und folglich die Willensbestätigung tann nicht geleugnet werden. Die heiße Bett fördert bei den zum Selbsts mord Disponirten sichtlich die Tendenz zur Ausführung, die talte Jahreszeit wirkt berubigend, zurückhaltend. mächtig aber das soziale Motto witft, zeigt die inter
Wie
baß wir in allernächster Zeit auch wieder eine Gesellschaft geben sollen, bamit fie fich vor Schluß der Saison noch einmal ordentlich austanzen kann."
Aber dazu wird ihr ja wohl heut Abend Gelegenheit gegeben," sagte Hans, der die Herren absichtlich noch eine turze Zeit hier unten zu halten wünschte.
Den älteren Damen?" fragte Schaller zweifelhaft. Möchte sich doch nicht so gut machen. Als Frau vom Saufe dagegen hat sie sämmtliche Tänzer als Frohnarbeiter zur Verfügung, und ich gebe Ihnen mein Wort, daß sie oft grausamen Gebrauch davon macht."
In diesem Augenblid bog Mur , mit einer Dame im Geleit, um die Ede, stieß aber rasch die Thür auf, als er die Herren hier bemerkte, und ließ die Dame eintreten. Es war eine schlanke, eble Gestalt in einem klein ge musterten, sehr eleganten Rleibe, vor dem Gesicht aber einen fchwarzen, kurzen Schleier, eben lang genug, um ihre Büge zu verbeden.
Schaller hatte sie gar nicht beachtet und Hans fich ebenfalls halb abgebreht, Rauten sah ihr aber ganz erstaunt nach, und wie fie taum im Hause verschwunden war, rief er aus: Hans, haft Du die Dame nicht bemerkt, die da zben eintrat?"
„ Eine Dame? Ach ja! Es ist mir so; aber ich habe nicht auf fie geachtet."
„ Das ist merkwürdig," sagte Rauten, welche Aehn lichkeit sie mit Fränzchen hatte und genau dieselbe Kleidung, außerdem bas nämliche Tuch, nur im Gang Schien sie mir etwas schwerfälliger. Wo mag fie hingegangen fein 8"
Trat fie nicht hier in's Haus?" Gewiß!"
Nun, dann wird fie auch wahrscheinlich hier wohnen, vielleicht im obern Stod ; aber was fümmert uns die Dame?"
Ich hätte fie auch gar nicht beachtet," erwiderte Rauten, wenn ich nicht im ersten Augenblid wirklich geglaubt, daß es Fränzchen sei; es ist doch rein merkwürdig, genau derfelbe Anzug.
H
Aber, Nauten," lachte Hans, glaubst Du etwa, daß
I
effante Thatsache, daß die von uns oben tonftatirte durch den Sonnenlauf bedingte Regelmäßigkeit in der Weltstadt Berlin gekreuzt und gehemmt wird. Es nahmen fich z. B. im Jahre in Berlin das Leben:
1880
1881
Prozent: Prozent:
Januar.
8,1
7,5
Februar
6,8
9,8
Märs
12,4
10,4
April
11,5
10,7
Mai.
10,1
9,2
Juni
10,3
11,9
Jult.
7,2
4,7
Auguft
5,5
58
September
6,8
7,2
Oktober.
8,4
8,6
•
November
5,8
7,8
•
7,1
6,4
Dezember Die heißen Monate Juli und August zeigen die allerniedrigfte relative Frequenz( 5-6 pCt.), der März und De ember steigen verhältnismäßig hoch( bis zu 12 pet.!) Das find aber diejenigen Monate, in denen die Arbeitslosigkeit am häufigsten eintritt. Die induftrielle Reservearmee schwillt an, und zugleich steigert fich die Bahl der Selbstmordkandidaten, die darauf verzichten, einen vergeblichen Kampf ums Dasein Die wirthschaftlichen Motive be zu führen. ftimmen überall vorwiegend das Leben des Einzelnen und der Gesellschaft. Die moderne Produktionsweise bat den Selbstmord als Klaffenerscheinung thatsächsich gezüchtet, und die Großstädte find das beste Barometer für die soziale Wetter. funde. Das Studium der Polizeiberichte ist allen denen zu empfehlen, welche die Welt noch durch die rosenrothe Brille eines findlich satten Optimismus betrachten. Wer freilich als Vertreter der zahlungsfähigen Moral über Selbstmord, Ver brechen und andere Phänomen urtheilt, ist rasch fertig mit einem verdammenten Spruch. Aufgabe eines ehrlich Streben ben, eines aufrichtigen Menschenfreundes ist es aber, nicht blos zu urtheilen und zu verurtheilen, sondern auch zu begreifen. Dazu bedarf man aber sozialwissenschaftlicher Elementarfennt nisse. Wann wird der Boltsunterricht das ABC der Volks. wirthschaft in fein Programm aufnehmen?
Kommunales.
Zu den diesjährigen Stadtverordnetenwahlen. Die Vorlage des Magistrats, betreffend die Wahlen zur regel, mäßigen Ergänzung der Stadtverordneten Versammlung, lag der am Donnerstag, den 25. Juni, stattgebabten legten Sigung der Stadtverordneten Versammlung vor den Ferien zur Kennt nißnahme vor. Da sich ein großer Theil unserer Leser für die tommunalen Angelegenheiten sehr interesfirt, so wollen wir die wichtigsten Punkte dieser Vorlage hiermit veröffentlichen:
Die Wahlen zur regelmäßigen Ergänzung der Stadt. verordneten Versammlung an Stelle des nach Ablauf von zwei Jahren ausscheidenden Dritttheils der Mitglieder haben nach § 21 der Städteordnung vom 30. Mai 1853 im November b. J. ftattzufinden. Da in Folge der durch Allerhöchste Verordnung vom 23. April 1883 verfügten Auflösung zum 1. Januar 1884 eine vollständige Neuwahl der Mitglieder auf sechs Jahre erfolgt ist, so müssen nach§ 18 die nach zwei, be siehentlich vier Jahren Ausscheidenden für jede Abtheilung burch das Loos bestimmt werden. Diese Berloosung stellt sich als ein Theil der die Neuwahlen vorbereitenden Maßregeln dar, und weil diese Maßregeln gefeßlich vom Magiftrat zu treffen And, auch die nach§ 22 vorzunehmende Be ftimmung derjenigen Wahlbezirke, in benen nur Hausbefizer wählbar find, vom Magistrat durch das Loos erfolgen soll, so werben wir die jest erforders liche Verloosung nicht mehr, wie es in frühe ren Fällen von uns geschehen, der Stadtverordneten Versammlung anbeimgeben, son bern fie durch die hand unseres Borsigenden felbst be wirten.
Indem wir dies der Stadtverordneten Versammlung mit theilen, bemerken wir zugleich, daß wir es auf Grund der im Jahre 1883 stattgefundenen neuen Eintheilung der Kommunal Wahlbezirke für amedentsprechend halten, in der I. und II, Ab, theilung, welche in je 14 Wahlbesirten drei Stadtverordnete au wählen haben, aus jebem Wahlbesik in diesem Jahre einen, und nach zwei Jahren unter den noch verbliebenen zwei Stadt verordneten abermals einen durch das Loos zum Ausscheiden au bestimmen, damit in allen Bezirken ein gleichmäßiger Tur nus für die Ergänzungswahlen hergestellt wird. Hiermit im Einklang werden wir bei der III. Abtheilung, welche in 42 Wahlbezirken je einen Stadtverordneten wählt, 14 Gruppen von je 3 aneinandergrenzenden und mit den Wahlbezirken der I. und II. Abtheilung möglichst übereinstimmenden Wahlbezirken bilden, bei denen dann in derselben Weise die Ausloosung des für das nächste Jabr, beziehentlich nach Ablauf der folgenden zwei Jahre ausscheidenden Stadtverordneten vorzunehmen ist.
Es würde durch diesen Modus der Verloosung, den wir Fränzchen ganz besondere Kleider trägt, die nur auf der Fabrit allein für sie gemacht werden?"
Wenn fie aber jetzt zum Notar gegangen ist," fagte Schaller, fo ftört fie unsere Verhandlung, und überdies find frembe 8eugen bei etwas Derartigem nicht angenehm."
Notar Büßter wird jekt, bis er unsere Geschäfte erledigt hat, wohl schwerlich Jemanden annehmen," sagte Hans; übrigens glaube ich, daß es Zeit ist, hinauf zu gehen. Es muß schon halb vorbei sein."
" Es hat eben halb Eins geschlagen."
" But, also en avant, meine Herren! Es wird viel leicht eine etwas trodene Sigung werden, aber desto rascher tönnen wir fie dann ja auch beenden."
Dhne weitere Umstände schob er die Thür auf und trat hinein, und Schaller und Rauten folgten ihm, Beide sehr damit zufrieden, daß jeßt das bewußte Geschäft ges regelt werden sollte.
Jm Edfenster oben.
Als der Notar den jungen Handorf in bas Rabinet gelassen hatte, betrat Baron Solberg das Zimmer, und Büfter erschrat darüber etwas. Er hatte die frembe Dame erwartet, die noch immer nicht kam, und jest traten schon die Herren ein. Was wurde dann aus seinem ganzen Plane! Der alte Baros Solberg ließ ihm aber keine Zeit, darüber zu grübeln, denn auf ihn zugehend, sagte er, und stand fo steif aufgerichtet wie auf Parade:
" Herr Notar, Sie wissen, welcher unglückselige Verbacht mich heute in Ihr Haus führt?"
Ich weiß Alles, Herr Baron," nickte der kleine Mann ich muß alles wissen, oder ich würde gewiß nicht ge= wagt haben, so auf einen bloßen Verdacht hin zu handeln. Ja, ich weiß sogar noch mehr, als Sie jest nur vermuthen, und zwar die ganz bestimmte Thatsache, daß Herr von Schaller, der intime Freund des Grafen Nauten, ber ihn auch, wenn ich nicht irre, in Ihrem Hause eingeführt hat, ein ganz gemeiner Betrüger und Schwindler ist."
Schaller? Es ist nicht denkbar!" ftöhnte der Baron . " Nicht denkbar?" meinte achselzuckend der Notar.„ Wir
nicht als dem Gesetz widersprechend ansehen können, auch für die Uebergangsseit der ersten vier Jahre der Thätigkeit der neu gewählten Stadtverordneten Versammlung der wichtige Vortheil erreicht sein, den wir nach Jabalt unserer Vore lage vom 24. November 1881 bei dem Vorschlage, Die Wahlabtheilungen nicht wie früher, sondern durch Die ganze Stadt einzurichten, ins Auge gefaßt hatten, daß nämlich alle zwei Jahre in jedem Wahlbezirk jeder Abtheilung neu gewählt und so das Wahlintereffe durch die Berufung der ganzen wahlberechtigten Bevölkerung zu den städtischen Wahlen ftets erhalten und voraussichtlich erhöht werde."
Die Stadtverordnetenversammlung hat nach längerer Des batte von dieser Vorlage Kenntniß genommen und den, in der betreffenden Sigung gestellten Antrag, den stenographischen Bericht der Diskussion über diese Vorlage durch das Kommu nalblatt zu veröffentlichen," abgelehnt. Wie wir bereits mits theilten, liegen die Wählerlisten für die Stadtverordnetenwahl, wie alljährlich, so auch diesmal in der Beit vom 15. bis 30. Juli im Wahlbureau des Magistrats, Breitestraße 20a ( Köllnisches Rathhaus), zur Einsicht aus. Etwaige Einsprachen gegen die Richtigkeit der Wählerliste find daselbst zu erheben. -Bur Borprüfung der etwa eingehenden Einsprachen ist durch die Abtheilungen der Stadtverordnetenversammlung ein aus 15 Mitgliedern bestehender Ausschuß gewählt worden. Der Ausschuß besteht aus den Stadtverordneten: Loewel, Schmidt, Teichert, Diersch, Friederici, Spinola, Namslau, Bernhard, Röseler, Büchtemann, Hütt, N tolat. Beeliz, Gericke und Biz mann. Sämmtliche Ausschußmitglieder gehören zu den, die Majorität bildenden Fraktionen der Stadtoerordnetenversamm lung. Von den zur Arbeiterpartei gehörenden Stadtverorda neten wurde feiner in den Ausschuß gewählt, auch die Bürgerpartel ist in demselben nicht vertreten.
Bu botanischen Unterrichtszweden tommen in sämmt lichen städtischen Unterrichtsanstalten, sowie in einigen hiesigen Privatschulen folgende blühende Pflanzen voraussichtlich zur Vertheilung: 1. Futter Hafer, 2. Gewöhnliche Gerste, 3. Dreis farbige Winde, 4. Lein, Flachs, 5. Feld Rittersporn, 6. Saata Erbse. Außerdem gelangen nur in den höheren Schulen zur Vertheilung: 1. Bittersüß, 2. Schwarze Königsterze, 3. Roth braune Taglilie, 4. Flaumhaatige Lilie, 5. Nachtlerze, 6. Groß blumige Brunelle.
Labaies.
r. Welche bedentlichen Mißverhältnisse die Braris unserer Sitten polizei bei der Kontrole der ihrer Aufsicht unter stellten Personen im Publikum hervorrufen tann, dafür liefert folgendes Vorkammnis einen Beleg. Bei einer in der Ritter ftraße wohnenden Wittwe und ihren beiden Töchtern trat Mitte Mai ein junges Mädchen in Dienst. Bald darauf wurde in deren Abwesenheit wiederholt von einem Manne nach dem Mädchen gefragt und der in diesem Punkte durch ein reiferes Alter besonders geschärfte Blick der beiden Töchter vom Hause wollte in dem betreffenden Manne einen Beamten ber Sitter polizei erkannt haben. Das nichts ahnende junge Mädchen wurde bei ihrer Nachbausetunft einem peinlichen Berhör unterzogen und die Art ihres Verhaltens hierbei rief bei ihren Jr quirentinnen die Ueberzeugung hervor, daß ihre Vermuthung richtig sei, und fte fündigten dem Mädchen deshalb an, daß sie nicht länger im Dienfte bleiben tönne. In ihrer Bedrängniß lief das Mädchen zu einem hier in Berlin wohnenden Verwandten und erzählte der Frau desselben ihr Mißgeschick; dabei stellte sich nun heraus, daß der vermeintliche Siltenpolizift tein Anderer, als der Verwandte des jungen Mädchens gewesen war, der diese besuchen wollte und die argwöhnischen Töchter mußten dies auch bei einem nochmaligen Besuche, den ihnen dieser Mann machte, zugeben. Trogdem ist das Dienftverhält niß im Einverständniß beider Theile gelöst worden. Nun muß ja anerkannt werden, daß an diesem Vorfalle der Sitten polizet tein Vorwurf zu machen ist, aber es bleibt immerhin bedauers lich, daß die polizeiliche Praxis folche Vorstellungen im Bubli lum hervorrufen kann. Diese Art der Kontrole erschwert den tontrolirten Personen ein ehrbares Fortlommen bis aur Un möglichkeit, und das Fortfallen jeder Kontrole tann nicht nach theiliger wirken, als diese Art der Kontrole. Ein Mädchen, bas den Beginn einer ehrbaren Beschäftigung nachgewiefen bat, follte von polizeilicher Beaufsichtigung frei bleiben. Größere Uebelstände, die fich aus solchem Verfahren angeben würden, könnten leicht durch andere geeignete Maßregeln beseitigt wer ben. Die strafrechtlichen Bestimmungen wegen Ruppelei ge währen in allen derartigen Fällen der Behörde eine bessere Handhabe als alle Kontrolmaßregeln.
g. Wenn man an Spätabenden, von der Hafenhaide tommend, die Grimmfirafe herunterkommt, so bemerkt man schon von Weitem im Dunkel der Nacht auf dem Rasen der bortigen gärtnerischen Anlagen Laternenlichter fast gespensterhaft fich bin und herbewegen. Es find dies Angler, welche hier mit Genehmigung des Gärtners der schwierigen Suche nach Thauwürmern( großen Regenwärmein) obliegen. Das Suchen erfolgt ganz geräuschlos, da der aus der Erde gekrochene Wurm bei der geringsten lautern Bewegung verschwindet. Wer bet
werben nicht mehr viel darüber zu denken brauchen, denn in einer halben Stunde etwa plagt die Bombe, und ich müßte mich sehr irren, wenn das nicht die beiden würdigen Herren zu gleicher Zeit auf das Trodene septe."
Sie glauben doch nicht, daß sie gemeinschaftliche Sache gegen mich gemacht haben tönnen?"
" Ich glaube das nicht allein," sagte Püfter, sondern ich bin ziemlich fest davon überzeugt; aber wir fönnen uns recht gut eine Auseinandersetzung ersparen, denn die Bes ftätigung wird nicht lange auf sich warten lassen. Ihr Herr Sohn kommt doch auch?"
„ Er steht schon unten mit Graf Rauten an der Thür." " Alle Teufel," fuhr Püfter auf ,,, das ist eine verfluchte Geschichte und die Dame noch nicht da- • jezt muß fie dicht bei den Herren vorüber!"
Welche Dame?" sagte der Baron. Auch eine Ueberraschung, verehrter Herr!" rief Püster, sich in aller Verzweiflung die Hände reibend. Ich sage Ihnen, es geht heute bei mir zu wie bei anderen Leuten zu Weihnachten, lauter Ueberraschungen, nur daß zu Weihnachten Einer Vielen bescheert, während wir Viele bas heute nur Alles für den Einzigen vorbereitet haben! Wenn nur die unglüdselige Dame täme- aber das weiß der liebe Gott, Frauen werben doch nie mit ihrer Toilette fertig; ich bin nur neugierig, wie das werden wird, wenn sie erst einmal in den Staatsdienst treten, wohinter sie jest ja aus allen Kräften her find!"
Draußen auf dem Vorsaal tönte ein leichter Schritt. " Das ist Mur ," föhnte der Notar, und wenn sie nicht mitkommt, find wir Alle miteinander gründlich blamirt!" Es war in der That Mur ; aber schon im nächsten Moment öffnete er die Thür, und Büfter stieß ein aus voller Bruft kommendes Gott sei Dant!" hervor, als er bie Frauengestalt bemerkte, welche, von Mug geleitet, das Bimmer betrat.
"
Mug fchrat zurüd, als er den alten Baron erkannte, aber er faßte fich rasch, und ihn nur ebrerbietig grüßend, was aber der alte Herr in der Aufregung gar nicht bes merite ober beachtete, sagte er leise und bringend: Sie werben gleich oben sein, Herr Notar!"( Forts. folgt.)