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en angerichtet. Schon während des Vormittags zogen vou Süden und Norden mächtige Wolfen heran, die sich über Ber lin zu kompakten Massen tonzentrirten und um- 3% Uhr brach das Unwetter mit einer Gewalt los, wie sie selten beobachtet ist. Hoch interessant war es, zu beobachten, wie die Wolfen zusammenstießen und wieder zerriffen. Der Regen fiel mit einer Heftigkeit, daß schon nach wenigen Minuten aus allen Theilen der Stadt Wassersnoth gemeldet werden mußte. Die Hilfe der Feuerwehr wurde in der Zeit von 3 Uhr 51 Min. bis 4 Uhr 25 Min. von 10 Stellen 14 Mal angerufen. Der Welder in der Wilhelmstraße führte die Feuerwehr zunächst nach der Buttkamerstraße 14. Es folgten dann Allarmirungen nach der Prinzessinnenstraße 18, Potsdamerstraße 113, Schönhauser Allee 181 und 187, Bischofstraße 1, Noonstraße 4 und Steinmeßstraße 4. Ueberall waren Keller auszupumpen. An verschiedenen Stellen, so in der Wilsnackerstraße vor dem Hause Nr. 1, in der Kulmſtr. Nr. 18 senkte sich der Erdboden und es entstanden tiefe Löcher, die, um Unglück zu vermeiden, schleunigst überbrückt werden mußten. Vom Hause Dennewißstraße 18 wurde das gesammte Zinkdach abgerollt und nach dem Hof zu umgebogen, wo es bis zur Höhe der zweiten Etage herabhing. Die Bauzäune wurden namentlich in der Potsdamer Vorstadt wie Papier niedergelegt, an der Großgörschenstraße eine der alten Pappeln entwurzelt und in dem östlichen Theile der Bülowstraße die armdicken Alleebäume ausnahmslos schräg gedrückt, so daß sie mit dem Erdboden kaum einen Winkel von 20 Grad bilden. Ein eigenartiges Schauspiel bot der Kreuzberg dar. Schien es doch, als ob er vom Winde gen Himmel gehoben würde. Bald darauf löste fich eine mächtige schwarze Sandwolfe ab, wurde nach der Grimmstraße zu getragen, fam in eine andere Luftströmung, welche die schwarze Masse nach dem Marheinickeplatz führte, wo sie wie ein Trichter gedreht wurde und schließlich nach der Boffener straße zu zerstäubte. Auf dem Marheinickeplas wurde der 6jähr. Knabe Lorenz vom Winde emporgehoben und auf das Pflaster geschleudert. In der Viktoria- Brauerei drang das Waffer aus den überfüllten Sentgruben mit solcher Gewalt in die im Keller belegenen Küchenräume, daß zweimal der Betrieb eingestellt werden mußte. Auch am Abend kurz nach 9 Uhr wurde die Feuerwehr noch zwei Mal wegen Wassernoth allarmirt und zwar nach der Viktoriastraße 4 und nach der Beethovenstr. 1. Nach dem ersten Gewitter fiel in der südlichen Umgebung ein Nebel, so stark, daß man kaum wenige Schritte weit sehen fonnte. Während dieser Nebelzeit herrschte ein geradezu er drückende Schwüle. Auch nach dem zweiten Gewitter fühlte es fich nur unmerklich ab. Nachts fiel das Thermometer nur bis 13 Grad. Das Schlußtableau bildete ein elektrisches Feuerwerk, ein Wetterleuchten von seltener Schönheit. Die Kanalisation hatte während der Unwetter eine Hauptprobe zu bestehen, die Nothausläffe mußten in ganz außerordentlicher Weise in Funktion treten und thatsächlich sind denn auch die Hauptmassen des Regens in der Spree gelassen. Wie es schien, Wie es schien, folgten die Gewitter namentlich in den Abendstunden den Flußläufen der Spree und der Havel .
Die Zeugnißzwangs- Affaire gegen den Redakteur des B. T." hat nunmehr ihren Abschluß gefunden. Herr Perl iſt, nachdem er 26 Tage in Haft gehalten worden, am jüngsten Sonnabend Nachmittag auf freien Fuß gesezt worden. Die von ihm verlangte Aussage hat er nicht gemacht.
Von den Gegenständen, welche von dem Unglücksfall bei Tabbert's Waldschlößchen verloren oder zurückgelassen und später aufgefunden und dem Restaurateur Münchenberg zur Aufbewahrung übergeben sind, haben die Eigenthümer eine beträchtliche Anzahl bis jetzt noch nicht reklamirt. Darunter befinden sich vorzugsweise Kleidungsstücke, Leibwäsche und sonstige Garderoben Gegenstände, Hüte, Schirme, Stöcke 2c. Die Verlierer werden wiederholt aufgefordert, zur Wiedererlangung ihres Eigenthums fich an das Amtsbureau von Schönweide , zur Oberförsterei Köpnic, zu wenden.
V
Daß es im Grunewald noch immer Kreuzottern giebt, mußte kürzlich der Kandidat der Medizin B. aus Berlin erfahren. Derselbe hatte einen Spaziergang nach dem Grune wald unternommen und sich in der Nähe von Paulsborn am See gelagert. Im Begriff, nach seinem Hut zu fassen, der neben ihm lag, fühlte er etwas Schlüpfriges über seine Hand gleiten und erblickte darauf im Hute, am Rande des Unterfutters, eine etwa einen Fuß lange Schlange. Herr B. tödtete sofort mit seinem Regenschirm das Reptil und nahm es mit nach Haus. Es wurde konstatirt, daß die Schlange eine Kreuzotter ist.
a. Berlin bei Nacht. Ein in der Prinzenstraße wohnen der Maurer begegnete in der Nacht zum 29. d. Mts. gegen 2 Uhr auf dem Wege nach seiner Wohnung an der Bärwaldbrücke und dem Kohlenufer einer Frauensperson, die mit ihm ein Gespräch begann. Hierbei machte das ,, Dämchen" eine Bewegung, als wenn sie den Mann umarmen wollte, griff aber in Wirklichkeit nach seiner Busennadel und entwendete diese. Der Maurer, der den Diebstahl sofort bemerkt hatte, hielt die Person solange fest, bin sie die Nadel herausgab, wobei sie sagte, daß dies etwas für ihren Bräutigam sei. Die Frauensperson entfernte sich und der Maurer ging ihr nach und ver anlaßte in der Gitschinerstraße durch einen Nachtwächter ihre Sistirung zur Revier- Polizeiwache. Hier nannte sie sich anfänglich Auguste Schulz. Bei der weiteren Verhandlung entpuppte sie sich als eine Mannsperson, die in Frauenkleidern Männer anspricht, in der Absicht sie zu bestehlen. Der Sistirte ist der obdachlose ,, Arbeiter" Sch., welcher schon mehrfach wegen Bettelns bestraft, nunmehr wegen Diebstahls, Verübung groben Unfugs und Beilegung eines falschen Namens heut verhaftet worden ist.
R. Tausende von Fischleichen bedeckten gestern die Spree und die angrenzenden Gewässer. Als Ursache dieser für die Fischzucht traurigen Erscheinung, gilt der starke Gewitter
regen.
b. Eine der verlockendsten Lektüren bildet die Rubrik ,, Verkauf von Restaurants" in den Zeitungen. Für ein derartiges Lokal in der Zoffenerstraße forderte der Inhaber von einem Kaufluftigen 2000 Mart. Das Gebot deffelben lautete schließlich nach Prüfung der Sachlage auf 500 Mark. Darauf ging der Besizer jedoch nicht ein. Da er jedoch zwischen Baum und Borte saß, so gelangte das Inventar zur Auktion, welche ganze 134 Mark brachte, auf die der Wirth für die Miethe fogleich Beschlag legte. Als Miether für das Lokal fand sich freilich auch ein Nachfolger, er erhielt aber nicht die Konzession, weil zweifelhafte Damen im Hause wohnten. Das war das Ende der für 2000 M. ausgebotenen Herrlichkeit.
b. Immer femithlich! In der jegt vielgenannten Villen Kolonie Südende findet nur täglich einmal, Wochentags, eine Briefbestellung statt, nachdem der Briefbeutel aus dem Zuge auf den Perron gepflogen ist. Dieser Tage sandte ein Ber liner eine Postkarte dahin ab, mit der Meldung, er werde am folgenden Tage einen dortigen Villenbefizer besuchen. Als er am nächsten Nachmittage daselbst ankam und auf dem Bahnhofe nach seinem, Gastfreunde fragte, bat man ihn, doch eine Bostkarte dahin mitzunehmen. Als er dieselbe in die Hand nahm, war es seine eigene, in welcher er seinen Besuch anmeldete. Eine andere Familie erhielt am Sonntag einen Avis, Am Dienstag früh daß eine Tante für sie angekommen sei. wartete man noch immer auf ihre Ankunft. Merkwürdig an dieser Kolonie ist ferner, daß an allen Straßen, Privat- Eigenthum" steht. Man ist also in jedem Augenblick in Gefahr, gepfändet zu werden, wenn man hier Jemand besucht.
Time is money. Zeit ist Geld. Das englische Sprichwort hat sich auch bei uns eingebürgert. In der Schule buchstabiren es die kleinen Fibelschüßen, später im Leben lesen und wiederholen sie es gedankenlos unzählige Male, und wie wird
die darin enthaltene Wahrheit, die den geschäftstüchtigen Engländern und Amerikanern in Fleisch und Blut übergegangen ist, bei uns zu Lande befolgt? Auf einer der verkehrsreichen Straßen der Großstadt find in dem lebhaften Gewühl, welches das Ausweichen erschwert, zwei Wagen aneinander gefahren. Unter Schelten und Toben sucht ein jeder der beiden Roffe lenter seinem Gegner die Schuld an dem Unfall beizumessen. Kraftworte, die man vergebens in einem Lerifon suchen würde, fliegen hinüber und herüber. Nicht lange währt es und man geht von dem Wortgefecht zum thätlichen Angriff über. Mit den derben Fäusten bearbeiten sich beide Gegner in außer ordentlich erfolgreicher Weise. Das Schauspiel, das sich soeben auf dem Proszenium der Straße abspielt, verfehlt seine Wirkung auf das vorbeigehende Publikum nicht. Wie das auf die wogende Brandung gegossene Del die Kraft der Wellen bricht, so übt der Vorgang auf der Straße seine Wirkung auf das rastlose Gewühl des Verkehrs der Großstadt. Schon längst sind einzelne der Fußgänger stehen geblieben und haben mit innigem Behagen der Entwickelung des unblutigen Dramas auf dem Kutscherbock beigewohnt. Immer größer wird der Kreis der Neugierigen, welche bald die ganze Paffage sperren. Auch die Pferdebahnwagen und Omnibus können nur mit Mühe durch den dichten Menschenfnäuel gelangen und ihre Passagiere laffen es sich angelegen sein, von dem Spektakelstück so viel wie mög lich zu erhaschen. Jegt ist die Passage vollkommen gehemmt. Im weiten Umkreise stehen Männlein und Fräulein, Jung und Alt, Arm und Reich dicht neben einander, um das Schauspiel für Götter, deffen Beugen fie find, in Ruhe zu genießen. Welch ein verschiedenartiges Publikum! Nicht weit von dem Kaufmanne, der von ferne dem Handgemenge der beiden Kämpfenden zuschaut, amüsirt sich ein Jünger Stephans, der seine Tour auf einige Minuten unterbricht, über den Vorfall. Neben dem schnoddrigen" Barbier mit seinem Kästchen unter dem Arm, dessen Kunden vergebens schmerzlich auf sein Erscheinen warten, reißt ein Schusterjunge, der natürlich allezeit dabei sein muß, wo etwas los" iſt, ſeine Wize. Das Dienstmädchen läßt Küche, Küche sein und steht, ihren Korb am Arm, inmitten der Uebrigen. Das Publikum lacht, johlt, schreit und amüsirt sich kostenlos auf's Beste. Den Schluß des Dramas vermittelt ein Schußmann, der, wie gewöhnlich, etwas zu spät erscheint. Er sistirt die beiden Kämpfenden zur Wache. Wie schade, das war ein Heidenspaß", hört man ausrufen. Endlich besinnt sich die vielköpfige Menschenmenge, die eine Viertelstunde hier verbracht, daß fie noch etwas anderes zu besorgen hat, als müßig zu gaffen und einzelne suchen durch beschleunigtes Tempo die verlorene Zeit wieder einzuholen. Diejenigen jedoch, welche sich an dem gehabten Schauspiel noch nicht genügen laffen, geben der von dem Schußmann geführten Eskorte das Ehrengeleit bis zur Polizeistation und stellen sich hier wiederum so lange auf, bis sie sich über das Schicksal der Arrestanten vergewiffert haben. Erst dann zerstreuen sie sich langsam nach verschiedenen Richtungen. Auch der unbedeutendste Vorgang auf der Straße findet ein großes und dankbares Publikum. Ein Geldschrank, ein Piano oder ein Tisch, der in eine Etage gewunden wird, ist im Stande, Leute stundenlang von ihrer Beschäftigung fernzuhalten. Mit gespanntester Aufmerksamkeit folgt das verehrungswürdige Publikum allen Vorbereitungen und entfernt sich nicht eher, als bis es den be= treffenden Gegenstand sicher an Ort und Stelle weiß. Das Einsetzen einer Spiegelscheibe insbesondere übt eine Hauptanziehungskraft aus. Wie höchst merkwürdig ist es auch, wenn Arbeiter ein großes Stück Glas behutsam vom Wagen felben. Sicherlich verursacht es den meisten der ganz unbenehmen. Kein Auge verwendet man von jeder Hantirung der theiligten Umſtehenden starkes Herzklopfen, wenn der feierliche Moment nahegerückt ist und die mächtige Spiegelscheibe in die Richtung des Rahmens gebracht wird. Erleichtert athmet man auf, wenn die nicht leichte Operation glücklich von statten ge= gangen ist und das Glasquadrat fest und sicher in der Einfaffung fist. Sobald jedoch ein Unglück eintritt, die Scheibe durch einen Zufall zerspringt und klirrend in tausend Stücken zu Boden fällt, dann starren die theilnahmsvollen Gaffer die Glassplitter so durchdringend an, als könnten sie sie dadurch wieder zusammenſeßen. Das Aushängen eines fesselndes Bildes in dem Schaufenster einer Buchhandlung, eines Beitungsladens und so weiter bringt auf lange Zeit Baffagestörungen hervor. Man drängt, schiebt und stößt sich, tämpft förmlich um einen Platz und die Hintenstehenden fommen in Gefahr, fich den Hals auszurecken, nur um besser sehen zu können. Der Hundefänger, wenn er mit seinen Gehilfen durch die Straßen geht, um die herrenlosen Hunde und solche ohne Steuerzeichen als Arm der Gerechtigkeit einzufangen, sieht im Augenblick ein Gefolge von Hunderten von Personen um sich, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen und anscheinend gar nichts Besseres zu thun haben. Ein Trunkener, der des süßen Alkohols voll durch die Straßen wankt, darf seines Publikums sicher sein, das ihn nicht eher wieder verläßt, bis ihn die löbliche Polizei unter ihre Fittiche nimmt und in den schützenden Hafen der Polizeiwache geleitet. Ein Knabe, dem das Malheur widerfahren ist, das Geschirr fallen zu lassen, in dem sich dos Mittagessen seines Vaters befand, eine Ratte, die harmlos unter einer Brücke spielt, die Durchschleusung eines Kahnes u. s. w. sind Stoffe, deren sich müßige Gaffer zur Befriedigung ihres Neugierhungers sofort bemächtigen. Frauen wenden feierlichen Zeremonien ihr Augenmerk zu. Die Hochzeit einer Nachbarin oder eine Beerdigung nimmt ihre ungetheilteste Aufmerksamkeit in Anspruch. Man würde es nie verwinden, den Brautstaat einer Bekannten nicht mit eigenen Augen gemustert, den Bräutigam genau betrachtet und die Toiletten der geladenen Gäste bis ins Detail mit prüfenden Blicken betrachtet zu haben, wenn auch der Herr Gemahl in der Zeit vielleicht sehnsüchtig auf das Wiedererscheinen seiner besseren Hälfte wartete, da er nothwendig in Geschäften fortmußte. Wo sollte der Stoff herkommen für die gemüthlichen Unterhaltungen am häuslichen Herd oder bei einem Täßchen Kaffee bei der lieben Frau Nachbarin, wenn man nicht ganz genau gezahlt hatte, wie viele Kränze mit und ohne Atlaschleifen und Palmenzweige der verstorbene Rentier in dem Edhause erhälten hätte, ob seine Wittwe sehr betrübt gewesen sei, wie viel Leidtragende gefolgt seien, und ob der Pastor gut Wirthschaft auf einige Stunden vernachlässigt wird. Wer das am Grabe geredet habe, wenn darüber auch wirklich einmal die Straßenleben nur mit einiger Aufmerksamkeit beobachtet, wird Während die Wahrheit des Gesagten leicht bestätigt finden. Engländer und Amerikaner als tüchtige Geschäftsleute schnell hintereinander ihre Geschäfte besorgen, ist dem Deutschen die Neugierde angeboren. Er kennt das Sprichwort wohl, allein er handelt in den meisten Fällen nicht darnach und wiederholt gedankenlos ,, Beit ist Geld".
Wasserstand der Spree in der Woche vom 14. bis 20. Juni.( Angabe in Metern.)
14./6. 15./6.16./6. 17./6. 18./6. 19. 6. 20./6. Am Oberbaum 2,31 2,31 2,29 2,32 2,32 2,31| 2,31 Dammühle, Ober waffer 2,39 2,29 2,27 2,29 2,31| 2,30 2,30 DammühleUnterwaffer
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An
0,56 0,59 0,54 0,54 0,62 0,62 0,64 Polizei- Bericht. Am 29. v. M. lief ein 4 Jahre alter Knabe gegen einen die Andreasstraße paffirenden Rollwagen und fiel dabei zur Erde, so daß er überfahren wurde und mehrere Verlegungen am Bein und am Kopfe erlitt. demselben Tage Wittags wollte eine Frau in ihrer Grüner Weg 46, 3 Treppen hoch belegenen Wohnung den unteren Flügel eines Fensters ausheben, stieß dabei aber den oberen Fensterflügel mit heraus, so daß dieser auf den Bürgersteig hinabfiel und eine gerade vorübergehende Frau am rechten Arm
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raf. Dieselbe erlitt so bedeutende Verlegungen, daß sie nach ihrer Wohnung gebracht werden mußte. Am Nachmittag versuchte eine Frau in ihrer Wohnung in der Landsbergerstraße fich und ihr Kind mittelst Kohlendunst zu ersticken. Durch das zufällige hinzukommen ihres Ehemannes und durch Anwendung ärztlicher Hilfe wurden Mutter und Kind, welche beide bereits bewußtlos waren, gerettet. Um dieselbe Zeit wurde ein Soldat auf dem Marsche zur Ablösung der Wache im Untersuchungsgefängniß Moabit vom Higschlage betroffen und mußte mittelst Droschke nach dem Garnison - Lazareth ge= bracht werden. Am gestrigen Nachmittag und Abend wurde die Feuerwehr 17mal nach verschiedenen Stellen der Stadt zur Beseitigung durch den wolkenbruchartigen Regen entstandener Wassersnoth gerufen und war in einzelnen Fällen längere Zeit damit beschäftigt. Heute Morgen nach 3 Uhr wurden zwei unbekannte Herren unter einem Baum am Goldfischteich im Thiergarten todt aufgefunden. Augenscheinlich haben dieselben vom Gewitter überrascht, dort unter dem Baume Schuß gesucht und sind dabei vom Blize getroffen und auf der Stelle getödtet worden. Beide Leichen wurden nach dem Obduktionshause geschafft, wo in ihnen später der Musikus Koch und der Schneider Stadelmann festgestellt worden ist.
Gerichts- Zeitung.
Eine Anklage wegen vorfäßlicher Beibringung von Gift führte gestern den 20 jährigen Kutscher Friedrich August Linke vor das Schwurgericht hiesigen Landgerichts I. Der Angeklagte stand in dem Dienst der Milchhändlerin Wittwe Stolle in Brig und hatte diese, sowie deren Tochter jeden Morgen nach Berlin zum Austragen von Milch zu begleiten. Frau Stolle hatte mit einem Konditor Giese in der Friedrichstraße das Uebereinkommen getroffen, daß sie alle Morgen aus dem Haushalte desselben eine Kanne Kaffee erhielt, welchen sie im Laufe des weiteren Milchaustheilens zu sich zu nehmen pflegte. So geschah es auch am Morgen des zweiten März d. J., Frau Stolle sette wie üblich die Kanne mit Kaffee auf den Wagen, welcher in der Obhut des Angeklagten blieb, während sie und ihre Tochter sich noch einmal entfernten, um andere Kunden zu bedienen. Als Frau Stolle nach ihrer Rückkehr der Kaffee genießen wollte, prallte fie entsegt zurück, denn beim Lüften des Deckels entströmten der Kanne Düfte, welche selbst einen Probegenuß von selbst verboten. Die Dämpfe rochen start nach Phosphor und da der Kutscher entschieden bestritt, mit dem Kaffee irgend etwas vorgenommen zu haben, so überwand Frau Stolle ihren Widerwillen und nahm einen Schluck, um sich von dem Geschmack zu überführen. Schon diese Kleinigfeit genügte, um starfes Unbehagen hervorzurufen, und de der dringende Verdacht vorlag, daß der Angeklagte, dem Tags zuvor wegen seiner Lässigkeit der Dienst gekündigt war, cinen Racheaft ausgeführt hätte, so wurde der Polizei Anzeige erstattet und der stark Verdächtige in Untersuchungshaft genommen. Derselbe erzählte im gestrigen Termine einen ganzen Roman, um zu beweisen, daß der Kaffee nur durch einen tückischen Zufall den bedenklichen Busaz erhalten habe.
Er behauptete nämlich, daß er beim Austragen von Milch an die Kunden die Kannen verwechselt und die Kaffeekanne statt eine Milchkanne ergriffen habe. Er habe das Versehen erst ge= merkt, als er den Deckel lüftete, in demselben Augenblick sei ihm aber während des Anzündens einer Zigarre eine Schachtel mit Phosphorzündhölzchen unglücklicher Weise gerade in die geöffnete Kaffeefanne gefallen. Er habe die Zündhölzer schleunigst wieder herausgeholt und nicht angenommen, daß die Flüssigkeit bereits davon infizirt worden. Die Beweisaufnahme ließ diese ganze Geschichte jedoch nur als ein großes Lügengewebe erscheinen, denn es wurde ziemlich sicher festgestellt, daß der Angetlagte aus Rachsucht abgeschabte Zündholzköpfe in den Kaffee gethan haben muß. Dafür sprach namentlich die Analyse des Chemikers Dr. Bischof, während Geheimrath Liman sein Gutachten dahin abgab, daß die im Kaffee fonstatirte Menge Phosphor hinreiche, um schwere Verheerungen im menschlichen Körper hervorzurufen. Die Geschworenen fällten ihr Verdikt im Sinne der Anklage und der Gerichtshof verurtheilte den Angeklagten zu 1 Jahr Zuchthaus.
Eine Entscheidung des Kammergerichts, wonach Märsche von Turnern als öffentliche Aufzüge im Sinne des § 9 des Vereinsgefeßes anzusehen find, welche nur mit vorher eingeholter polizeicher Genehmigung stattfinden dürfen, versezte gestern die sechste Straffammer hiesigen Landgerichts I in die Nothwendigkeit, zwei jugendliche Turner wegen Bergehens gegen das Vereinsgefeß mit Strafen zu belegen. Am 11. Mat vorigen Jahres machte eine Lehrlingsabtheilung des Turnvereins Frisch und Froh" in der Stärke von 30 Mann eine Turnfahrt über Spandau hinaus und marschirte auf Kommando ihres Führers unter Trommel- und Pfeifenschall durch die Stadt. Noch bevor dieselbe wieder verlassen war, intervenirte ein Polizeisergeant und nahm von den Trommlern und Pfeifern, neun an der Zahl, sowie von dem Führer der Abtheilung das Nationale auf. Diese Personen, von denen nur zwei ein Alter von 19 Jahren überschritten haben, wurden nun sämmtliche Führer der Abtheilung wegen Veranstaltung, die übrigen Turner wegen Betheiligung an einem öffentlichen Aufzuge, zu welchem die polizeiliche Genehmigung weder nachgesucht noch ertheilt war, unter Anklage gestellt. Der Vertheidi ger, Rechtsanwalt Moller, machte im Termin geltend, daß eine Turnfahrt wohl mit einem Hochzeitszug, zu welchem nach dem Gesetz eine Genehmigung nicht erforderlich ist, nicht aber mit einem einen politischen Hintergrund habenden öffentlichen Aufzug zu vergleichen sei. Im Termin wies er zum Beweise dieser Behauptung auf die Entstehungsgeschichte des Vereinsgefeßes hin. Das Schöffengericht zu Spandau erkannte unter Adopfirung dieser Auffassung auf Freisprechung der Angeklagten und die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung wurde vom hiesigen Landgericht II verworfen. Dagegen hob der Strafsenat des Kammergerichts auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Berufungsurtheil auf und verwies die Sache zur anderweiten Entscheidung vor das hiesige Landgericht I. Dieser Gerichtshof nahm an, daß der von den Angeflagten bewirkte Durchmarsch geeignet und darauf berechnet war, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu lenken, daß er somit zu den in§ 9 des Vereinsgefezes gedachten Aufzügen zu rechnen sei. Im heutigen Termin beantragte der Staatsanwalt gegen den Führer des Kommandos 15 Mark, gegen die übrigen Angeklagten je 3 Mart. Rechtsanwalt Doller hob aber hervor, daß die unter 18 Jahr befindlichen Angeklagten ficherlich nicht die Einsicht von der Strafbarkeit ihrer Handlung besessen haben, da ja selbst die früheren Gerichte diese Turn fahrt nicht für strafbar erachteten. Der Gerichtshof folgte dieser Auffassung, verurtheilte nur die über 18 Jahre alten Ange flagten zu 15 resp. 3 Mark und sprach die übrigen mangels Unterscheidungsvermögens frei.
Soziales und Arbeiterbewegung
Ueber den Einfluß des Berufes auf die Gefund heitsverhältnisse haben wir bereits zu wiederholten Malen statistisch belegte Mittheilungen gebracht. Recht drastisch kann man die Wirkungen, welche die Arbeit in einer bestimmten Profession ausübt, z. B. an den englischen Bergleuten in Cornwall beobachten. Das Aussehen derselben ist schlecht; sie unterscheiden sich durch ihren ganzen Habitus scharf von der übrigen Bevölkerung. Die verheiratheten Weiber das gegen, die sich daheim aufhalten, sehen gesund und blühend aus während die Bergleute früh altern. Die Kinder find durchs gängig gesund. In anderen Fällen wird der Arbeiter und feine Familie in gleichem Grade von den äußeren Verhältnissen
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