795 955 r. 157.

380 406

132( 150)

68866

369 745

709( 150) 111 311

118 224 5. 72173

919( 150) 825 197 1980 151 513 471

855( 150

546 248 67 6208 1713 971

410 371 373( 150) 2. 79000 939 181

1833 10

722( 150 2 470 4 61 83

404 53 32 38 9349 49 895( 500 475( 150 150) 71 1550 91

8851 293( 30 14.

6

Donnerstag, den 9. Juli 1885.

II. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

.

Das Berliner Volksblatt" erscheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Pf. Bostabonnement 4 Mt. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags- Nummer mit illuftr. Beilage 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1885 unter Nr. 746.)

Redaktion: Beuthstraße 2.-

Wieder ein Kurpfuscher.

Da kommt schon wieder Einer, der die Grundursache 8 326 48 der übeln Lage der Arbeiter entdeckt hat und auch gleich 29 855 vorschlägt, wie Alles besser gemacht werden kann. ( 150) 50 macht sich seine Arbeit leicht, aber sie ist auch darnach. Er ( 150) 20 885 89 3u Lindau am Bodensee hat ein Herr Schindler einen 8 107 39 Preis von 4000 Franks für Pläne von zweckmäßigen 3 174 30 Arbeiterwohnungen ausgesezt und sein Bruder, 126( 15 der österreichische Konsul in Zürich , hat dem Preisausschrei­51. 961 ben eine Begründung beigegeben.

98242 76

5 986( 20 87 597

4 439 8 Wir unterschäßen die Frage der Arbeiterwohnungen 7 996 31 nicht und glauben auch, daß Herr Schindler es ganz gut gemeint hat. Die einfachste Lösung der Wohnungsfrage für die Arbeiter wäre freilich gefunden, wenn die Arbeiter eine ausreichende Einnahme hätten, dann könn­ten fie fich freundliche Wohnungen miethen und dieselben auch behaglich einrichten.

23

bi

Menschenfreunde haben immer gute Absichten, allein r ereign fie find zuweilen recht recht naiv naiv und unpraktisch. So on N. glauben Viele, dem Arbeiter sei die größte Wohlthat er­Brunne wiesen, wenn man ihm fleine Häuschen baut, die er durch it werd Abzahlungen allmälig zu seinem Eigenthum machen kann. so ist An fich ist das schon richtig. Allein man vergißt, daß einer De der Arbeiter den Fluktuationen des wirthschaftlichen Lebens Gang Srit, be ausgesetzt ist. Wie nun, wenn er nach jahrelangem Mühen um bie 3-4000 Mart, die solche Häuschen mindestens idel erfa fosten, abbezahlt hat nnd in Folge. schlechten Geschäfts­ückte font ganges oder aus einer der tausend anderen Ursachen an seinem Wohnorte keine Arbeit mehr findet? Dann sißt er erst in rathlos da mit seinem Häuschen und ist übler daran als Gefängniß die Schnecke, die ihr Haus auf dem Rücken mit sich fort­Dr. Jest nehmen kann. dankte i Der österreichische Konsul in 3ürich scheint von diesen blieb a Dingen keine Ahnung zu haben und wir sagen offen, daß unschuld wir Jedem das Recht absprechen, in diesen Dingen zu ur­auf Gr theilen, der über die praktischen Erfahrungen der Arbeiter n Revi in solchen Angelegenheiten nicht hinreichend unterrichtet ist. einreid Das ist der österreichische Konsul in Zürich offenbar nicht. Gr von b giebt aber noch einen weiteren Beweis seiner völligen Unkenntniß zu wolle in diesen Dingen. Er meint, die Arbeiter sollten, anstatt er beam in den Städten, wo die Miethe und alle Lebensbedürfnisse Ste verta am theuersten sind, auf dem Lande wohnen und Morgens träglich t die Blazur Stadt in die Fabrik fahren, Abends wieder heimkehren. Die Eisenbahn", sagt er, vermittelt solche Fahrten um billigen Preis. Die Abonnementskosten zahlen sich, wenn Frau und Kinder draußen auf einem Stüd Land einen Theil ber Nahrungsmittel bauen helfen und die billige Fahrgelegen­überſand heit könne in gewissem Sinne dazu dienen, die Vortheile der entaffe ni Dtsvere Pausindustrie mit denen der Fabrikarbeit zu verbinden." ollen. D Doch dürf

angehöradbrud verboten.] nicht an 78]

darf m

ten, es

teren,

en Sie a

Sie in ei

Feuilleton.

Im Eckfenster.

Roman von Friedrich Gerstäder. ( Fortseßung.)

Vorher habe ich noch hier ein Geschäft zu ordnen, das folglich Dich vielleicht sogar beruhigt, Papa, indem ich von da an brigens ein so wildes Leben mehr führen werde." ndung.

un

,, Und was ist das?" sagte sein Vater und sah erwar= tungsvoll zu ihm auf.

" Ich will heirathen, Vater."

,, Dich vermählen?" rief der Baron erstaunt aus.

"

Wenn Dir das besser klingt-ja."

Und mit wem? Ich habe gar keine Ahnung, welcher Familie Du Dich zugewandt!"

Uhr, Reiner, Papa," sagte Hans ruhig; ich heirathe ein tenstr. 77/ alleinstehendes, armes, aber braves Mädchen." Refere

" Hans!" rief der Baron erschreckt.

Wolltest Du lieber, daß ich mich um eine adelige Dame beworben hätte," sagte Hans bitter zum Beispiel Ra­thinka von Schaller, so brav und ehrenwerth sie sonst sein erufe mag, aber mit ihr einen Betrüger und Schwindler zum Schwiegervater befáme?" ler

Den.

Der alte Baron seufzte tief auf.

"

Oder eine der leichtfertigen jungen Damen Klin­genbruch, die mir die Heimath zu einer Hölle machen wür­Aber, Hans, es giebt auch noch Andere!" rief Herr " Ja," lachte Hans, von den Anderen" habe ich mir eben eine ausgesucht, und ich glaube, Du wirst mit ihr zu­Confrieden sein."

Well

Bereins

[ 1on Solberg.

"

I baben Dich ihrer?"

Deman

Rist

Stra

Rönigi

ftr. 24

tobftr

Und darf ich ihren Namen nicht wissen? Schämst Du Bei Gott nicht, Vater," rief Hans bewegt aus. Aber Mutter hat ihr Herz daran gesetzt, daß die Verbin­bung ihrer Kinder auch an ihrem eigenen Hochzeitstage ge­schlossen werde, und wenn das nun auch morgen mit un­erer Trauung nicht möglich ist, so wollen wir doch wenig

Insertionsgebühr

beträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Pf.. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 üht Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., 3immerstraße 44, sowie von allen Annoncen Bureaux , ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Expedition: Zimmerstraße 44.1

Daß das Familienleben schon halb zerstört ist, wenn der Vater nicht zu Tische nach Hause kommen kann, daran denkt der biebere Herr Konsul offenbar nicht. Und daß ge­rade die Hausindustrie, die dem Gesez unerreichbare, es ist, welche die Löhne auf das niedrigste Niveau drückt, woher sollte der Herr Konsul das wissen?

Er bemüht sich, dem Arbeiter den Aufenthalt auf dem Lande mit den glänzendsten Farben auszumalen, ohne dem Arbeiter zunächst zu sagen, woher er die Mittel nehmen soll, um sich ein Grundstück zu erwerben, von dessen Bewirthschaftung durch Frau und Kinder des in der Stadt beschäftigten Arbeiters sich, der Herr Konsul so viel verspricht. Dann fährt er fort:

"

Ein braver und sparsamer Arbeiter ist auf dem Lande ein geachtetes Gemeindeglied, während sich die vielen Arbeiter ein geachtetes Gemeindeglied, während sich die vielen Arbeiter in der Stadt gegenseitig kaum kennen. Auf dem Lande können sich Frau und Kinder mit Feldbau befassen, ein paar Biegen und Hühner halten, ein Schwein mästen und allerlei für den Haushalt erwerben. In der Stadt dagegen soll der Mann Alles, Nahrung, Kleider, Arzt, Miethe, Steuer und oft noch unnöthige Dinge für Frau und Rinder oben­drein herschaffen. Das drückt und verstimmt ihn, während gemeinsames" Erwerben erfreut und bindet. Auf dem Lande set die Arbeiterfamilie gesünder, weil sie sich vom Eigenen set die Arbeiterfamilie gesünder, weil sie sich vom Eigenen besser ernähre und weniger Epidemien ausgesetzt sei, dazu weniger Anlaß für Ausgaben bei Anlässen und Festen aller Art. Frau und Kinder sind auf dem Lande geachtet auch ohne theure Modehüte."

Der Herr Konsul beruft sich auf deutsche Verhältnisse und da muß man sagen, daß seine Unkenntniß eine geradezu verblüffende ist. Es gehört viel Kühnheit dazu, mit solchem Mangel an Sachkenntniß ein Preisausschreiben motiviren zu

wollen.

Der Herr Konful weiß also gar nicht, daß vielleicht der größere Theil der deutschen industriellen Arbeiter, sicherlich aber etwa die Hälfte derselben nicht in den großen Städten, sondern in den halb oder ganz ländlichen Vororten oder in der wei­teren Umgebung derselben wohnt, sich Morgens in die Stadt zur Arbeit und Abends wieder aufs Land nach Hause be­giebt. Hat der Herr Konsul diese Erscheinung nicht auch an seinem Wohnorte Zürich beobachten können? Die Erfahrun gen, die der Herr Konsul erst machen will, haben wir längst schon hinter uns und in Deutschland kann ihm jeder aufge­flärte Arbeiter auseinandersetzen, wie sehr er, nämlich der Herr Konsul, sich auf dem Holzwege befindet."

Die üble Lage der sächsischen und thüringischen Weber ist männiglich bekannt. Von diesen Leuten wohnen unend­lich viele auf dem Lande und arbeiten in der Stadt; ihre Familien fönnen sich mit Feldbau befassen, Ziegen und Hühner halten, ein Schwein mästen und Allerlei für den

stens morgen Abend im Freundeskreise unsere Verlobung feiern."

,, und darf ich nicht wissen, wen Du mir als Tochter zuführen willst?"

Hans schüttelte lächelnd den Kopf. Heute noch nicht, Papa," sagte er, es verdürbe mir ja sonst die ganze Üeberraschung; aber sei versichert, daß ich eine gute Wahl getroffen, und nach den Erfahrungen, die wir in der letzten Beit gemacht, glaube ich, daß ich Dir auch ein braves Bür­germädchen als Schwiegertochter zuführen darf." ,, Hans!" rief der alte Baron bestürzt.

" 1

Ueberdies," fette Hans hinzu ,,, möchte ich keine unserer stolzen, hochadeligen Damen da hinüber in jene fremde Welt führen, denn welchen Umgang fönnte ich ihr dort bieten- die Mischlingsrace von Cholus und Creolen höchstens, und meist dazu rohes, ungebildetes Volk. Nein, Papa, ich glaube, ich habe mit ihr mein Glück begründet, und möglicherweise hast Du selber Freude daran."

Der alte Baron seufzte recht aus tiefer Brust auf, aber die letzten Ereignisse hatten doch seinen alten Stolz ge brochen; er wagte feine Erwiderung dem überhaupt voll­kommen selbstständigen Sohne gegenüber, und als sich Hans bald darauf in sein eigenes 3immer zurückzog, saß er wohl noch eine Stunde allein am Tische und grübelte über den Verfall der alten Adelsvorrechte nach, die jetzt sogar von den Söhnen und Enkeln selber nnterwühlt

würden.

So kam der nächste Tag, und im Solberg'schen Hause wurden die Festesvorbereitungen erneut; aber es war doch dazu nicht das rechte Leben, denn selbst die Dienerschaft fühlte, es sei nur eine erzwungene, gewaltsam faft hervor gerufene Feier, um eben das Alles zu betäuben, was noch auf dem Herzen der Familie lag. Es schien wenigstens zu unnatürlich, daß Franziska, das gnädige Fräulein, sich so leicht über den Verlust eines Mannes hätte hinwegsehen können, den sie sich doch bis dahin als den Führer durch ihr ganzes übriges Leben gedacht.

Hans vielleicht war der Einzige, der dieses drückende und unbehagliche Gefühl nicht theilte, denn in dem Bewußt­sein, die Schwester vor einem furchtbaren Unheil bewahrt zu

Haushalt erwerben." Sie find auch sparsam und ihre Frauen tragen keine Modehüte. Und doch sind sie in der. traurigsten Lage von der Welt, denn ihr Verdienst ist oft 6 Mark pro Woche, oft noch weniger.

Wohin man heute kommt, ist unter den städtischen Ar­beitern eine Art Bestürzung darüber vorhanden, daß jezt so viele Arbeiter vom Lande, die draußen etwas Ackerbau treiben können, weil sie ein kleines Grundstück und eine Hütte darauf haben, in die städtischen Fabriken kommen oder auch als Maurer und dergl. in den Städten arbeiten. Diese Leute, denen ihr bischen Landwirthschaft die Hälfte ihrer Existenz deckt, arbeiten für Löhne, mit denen die nur auf ihre Hände angewiesenen Arbeiter absolut nicht auskommen können. So bringen die Arbeiter vom Lande die anderen ins Unglück, denn sie drücken die Löhne auf ein Minimum hinab.

" 1

" 1

Schreiber dieses befand sich jüngst in einer mitteldeut­schen Stadt. Ein Arbeiter, mit dem er sich unterhielt, zeigte auf ein etwa eine Stunde entferntes großes Dorf und sagte: Das ist unser Ruin?" Warum?" ,, Nun, von dort kommen sie herein, arbeiten fast für nichts, leben deu Tag über von einem Stück Brot und Wurst, gehen Abends hinaus und wir sind zu Grunde gerichtet, denn es entgeht uns Arbeit und Verdienst. Sie tönnen's machen, denn sie haben Grundstücke und Häuschen draußen!"

Daß dem so ist, wird jeder wissen, der die Verhält­nisse bei uns einigermaßen fennt. Den Fabrikanten, In­dustriellen und Unternehmern ist es so erwünscht, denn das verringert die Produktionskosten. Der österreichische Konsul in Zürich mag fünftig seine ökonomische Weisheit für sich behalten."

Politische Uebersicht.

Die Nationalliberalen haben wieder einmal einen Partei­tag in Görlig abgehalten. Derselbe schließt sich würdig den Tagen in Heidelberg , Neustadt und Berlin an, nur daß er noch mehr wie diese konstatirt, daß die Lebenstage der Partei gezählt find. Freilich machen die Leutchen frampfhafte Anstrengungen, um wieder zur Geltung zu gelangen, namentlich haben sie in Berlin keine Mittel gescheut, um die vor allen Dingen noth­wendige Reklame für sich zu machen. Unter den üblichen Tam Tam- Klängen begann die Gründung des nationalliberalen Vereins, von dem man behauptete, daß er nur einem längst gefühlten Bedürfnisse abhelfen solle. Wie sehr man in Berlin ein solches Bedürfniß hatte, zeigt die Thatsache, daß außer den Gründern des Vereins so gut wie teine Mitglieder vorhanden sind. Die Herren Offiziere sind da, aber die Mannschaft fehlt und auf diese werden die Herren vergeblich warten müssen.

Sehr lehrreiche Zahlen weist die Kriminalstatistik auf, welche sich in dem vor Kurzem erschienenen ,, Statistischen Jahr

haben, wie in dem seines eigenen Glückes, kümmerte es ihn verwünscht wenig, was sich die Stadt darüber denken könne. Er ging seinen Weg, und Rhodenburg mochte dann sehen, wie es hinterher fam.

Uebrigens durchlief schon in aller Frühe das Gerücht die Stadt, daß ,, Graf Rauten", wie er natürlich noch allge­mein genannt wurde, mit Tagesanbruch heute verschieden sei. Er hatte gestern Abend und die Nacht hindurch noch die furchtbarsten Qualen ausgestanden, in freien Momenten aber dann so schreckliche Enthüllungen über seine verbrecherische Laufbahn gemacht, daß selbst die Wärter scheu von ihm zurückwichen. Es war das Ende eines Verzweifelten ge­wesen, der sich im Geiste fortwährend von seinen Opfern umgeben und gepeinigt sah. Seine Seele war nicht ge­schieden, sondern wie gewaltsam aus seinem Körper gerissen worden, und wenn ein Mensch schon auf Erden Höllen­qualen erdulden mußte, so hatte sie Rauten, der gewissen­lose Verbrecher, erdulden müssen.

Als Hans Kunde davon bekam, ging er hinaus in das Spital; aber der Todeskampf des Verbrechers war schon vorüber. Der Körper lag starr und kalt im Todtensaale auf seinem Stroh, und Alles, was mit ihm noch geschehen konnte, war, ihm seine Stelle an der Kirchhofsmauer an­zuweisen.

Auch die Solberg'sche Familie erhielt die Nachricht, denn wo hätte je eine Unglücksbotschaft geheim gehalten werden können! Aber auf Franziska selber übte es weit eher einen ermuthigenden als niederdrückenden Einfluß aus. Jetzt war sie frei Jest war sie frei dem Verbrecher selber konnte sie keine Thräne nachweinen, und mit dem Todten war die Schuld begraben.

Und der Nachmittag rückte vor. Hans hatte Käthchen den ganzen Tag noch nicht gesehen, aber es ließ ihm endlich keine Ruhe mehr. Konnte er denn wissen, ob sie nicht noch etwas brauchte, und es wäre ja selbst unfreundlich gewesen, sich nicht danach zu erkundigen!

Mit Klopfendem Herzen betrat er das Haus, hatte aber noch nicht ganz die erste Etage erreicht, als ihm oben der alte Oberstlieutenant begegnete und, ihm beide Hände ent­gegenstreckend, herzlich ausrief: