Beilage zum Berliner Volksblatt.Kr. 159.Sonnabend, de« 11. Juli 1885.II. Jahrg.Ferien Kolonien.Wer würde die Idee nicht mit Freuden begrüßen, dieAinder der Armen in den Städten und Jndustricgcgendmjedes Jahr im Sommer in's Freie zu schicken und sie Land-und Berglust genießen zu lassen. Es ist gewiß eine schöneThat, wenn die Privatwohlthätigkcit, die doch meist auf denSchultern der Bemittelten ruht und ruhen muß, an den Kind-lein auch nur ein wenig wieder gut macht, was die Privat-wirthschast, die Privatproduktion und Privatspekulation an denErwachsenen, und damit indirest auch an eben diesen Kindern,sündigt.Aber wie gelangt diese Privatwohlthätigkeit zum Ausdruck?,„ So unendlich primitiv, so winzig und klein, daß nur einäußerst geringer Bruchtheil der ärmeren Schulkinder der Wohl-*hat, einige Wochen in Waldesfrische aufathmen zu können,theuhastig wird. Bei der Auswahl der Ferienkinder aber waltenfo verschiedene und eigenthümliche Motive, daß von einem be-summten, auf Gerechtigkeit bafirten System gar nicht die Redesem kann.Augenblickliche Stimmungen des auswählenden Komites,Neigungen der Lehrer zu den Kindern, ein blasses, hübscheshen. ein sogenanntes treuherziges Auge und, was vielschlimmer ist, daS„Betragen der Eltern" geben bei der Wahlder Ferienkmder vielfach den Ausschlag. Das„Betragen derEltern" wird mancher fragend ausrufen? Gewiß! Irgend einArbeiter hat einmal mitgestrcikt oder er gehört gar einem Fach-verein an, hat am Ende wohl noch sozialdemokratisch gewählt,oder eine Arbeiterfrau ist nicht genügend höflich gegen denHerrn Lehrer gewesen, hat sich am Ende gar über denselbenbeschwert wegen einer ungerechten Züchtigung, die derselbe demkleinen Töchierchen hat angedeihen lassen— das find dannvielfach Gründe, weshalb die Kinder solcher„bösartiger" Eltembei der Auswahl nicht berücksichtigt werden.Zunächst also giebt uns die Privatwohlthätigkeit gar keineGarantien bei der Auswahl, dann aber auch ist es ein ent-schiedenes Unrecht, daß eine Auswahl überhaupt stattfindenmuß. Eine solche Wohsthat müßte von Rechtswegen allenKindern zu Gute kommen.Darüber äußert sich ein konservatives Blatt allerdings recht„bescheiden", doch im Allgemeinen wohl zutreffend:„Eine noch nicht öffentlich erörterte,?a, kaum ins Augeßie, aber doch sehr wichtige Frage ist die, wie weit manDie Wohlthat der Ferienkolonie ausdehnen soll. Im Anfangbeantwortet sie sich natürlich nach dem Maße der vom Publi-kum gewährten Mittel von selbst. Aber wenn, je länger destomehr, die Unternehmer als öffentliche Vertrauensmänner ge-achtet und dadurch thatsächlich mehr oder minder schrankenlosüber Geld zu verfügen in den Stand gesetzt werden, danntritt doch ihre eigene Vorstellung von dem Nothwendigen undGuten in den Vordergrund. Heute hört man in ihren Kreisennoch überwiegend den Gedanken heraus: Lieber Wenigentüchtig vorwärts helfen, als Vielen einen geringen Dienst er-weisen. Vom Stande der sozialen Gleichberechtigung indessenließe sich auch allenfalls das Umgekehrte fordern. Es mag fürdie Leiter von Ferienkolonieen selbst, als gründlichedeutsche Männer, die sie sind, befriedigender sein, rechterfolgreiche Leistungen aufweisen zu können an einer,wenn auch kleinen Schaar: und anfänglich mag dies auchder Sache nach schlechthin nothwendig gewesen sein, umdie öffentliche Meinung erst für die ganze Sache zu erwärmen.Allein, wenn es daraus nickt mehr ankommt und das Publikumsich gewöhnt hat, gewisse Männer, ein bestimmtes ständigesKomitee als Träger dieser ihm an's Hei? gewachsenen Einrrch-tung anzusehen, ändert sich das Verhältniß. Alle der Sommer-frische auf fremde Kosten bedürftigen Schulkinder tteten nunmrt an sich gleichen Ansprüchen auf, und nach Möglichkeit mußihnen allen diese Bürgschaft eines gesunden, guten, glücklichenLebens verschafft werden, nicht einzelnen Lieblingen nur, auchnicht den rn der Schule bestbewährten, denn diese, möchte manfast sagen, können füglich noch eher sich selbst überlaffen bleiben.Die jeweils ttchttge Gleichung herzustellen zwischen dem be-rechtigten Streben nach wirklichem der Mühe werthen Erfolgund der Gerechtigkeit gegen alle glcichbcdürftigen Kinder derArmuth:st eme emste Aufgabe, deren Lösung gewiß gewinnenwürde, wenn dre Erfahrenen sie einmal öffentlich eingehend be-sprächen.". rWir sehen, das konservative Blatt ttifst hier in mancherBeziehung den Nagel aus den Kopf, doch geht es in dem wich-ttgsten Punkte einen völligen Irrweg.Bis jetzt sind nämlich sämmtliche Privatwohlthättgkeits-institute mehr oder weniger von der Mode abhängig gewesen.Welche großen Erfolge hatten z. B. im Anbeginn ihres BestehensMufft«.Nach dem Englischen.II.Die Geschwister schritten einsilbig nach der Gasse, wodie Tante wohnte. Die Frau war Spitzenwäscherin; siehatte einen Gang vor das römische Thor zu machen undLolo hatte inzwischen ihre Wohnung zu bewachen. DieStube war dunkel und eng, man konnte nicht spielen inderselben und hörte nichts als das Gebimmel der Glockenund das Rufen der Limonadeverkäufer.Es war spät, als Lolo zu Hause eintraf. Er stampftetraurig die Treppe hinauf, eine dunkle Ahnung preßte ihmdre Brust zusammen.„Musslu! Mufflu!" Kein freudiges Gebell. Wo warMufflu? Sonst flog ihm der Pudel beim ersten Ruf ent-gegen.„Mufflu! Mufflu! Mufflu!" schrie er immer lauter.umsonst.„Mutter, wo ist Mufflu?" fragte er fast wirren Blickesbeim Betteten der Stube. Die Mutter stockte, ihr Gesichttrug den Stempel der Unruhe.„Mutter, was— was hastDu mit Mufflu gethan?"„Verkauft," lautete die kurze Antwort.„Für tausend Franks," rief die kleine Dina.„Verkauft!" stammelte Lolo. Er entfärbte sich, schlugdie Hände über'm Kopfe zusammen, rang nach Athem, tau-melte und fiel ohnmächtig nieder.Als Carlo erschien, fand er den Bruder in völligemFieber, laut jammernd.„O Mutter, wie konntest Du Sol-ches thun!" sagte er tiefbewegt.„Armer Mufflu... undLolo liebte ihn so sehr!"„Er verhalf uns zu dem Gelde, das ich brauche, umDich vom Milstärdienst loszukaufen. Was liegt auch sovielan einem Pudel, wir können einen andern kaufen."„Du hast im Grunde Recht," versetzte Carlo, den schließ-die„Vereine gegen Armuth und Bettelei", die jetzt so tief gesunken sind, daß man ihrer längst vergessen hätte, sähe mannicht die zahlreichen Hausschilder gegen Armuth und Bettelet,die aber jetzt lediglich gegen die Bettler genchtet find.So wird es auch der Piivatwohlthätigkeit in Bezug aufdie Ferienkolonien ergehen. Dieselben sind jetzt Modesache ge-worden und sie werden wie die gegenwärtigen Kleidermodenwieder verschwinden. Die Hoffnung des konservativen Per-faffers, daß die Zett kommen müsse, wo den Leitern dieserKolonien mehr oder minder unbeschränkte Geldmittel zur Ver-sügung ständen, wird deshalb immer eine Hoffnung bleiben.Wenn solchen Anstalten wenigstens ein großer Fondszur Verfügung stünde, an den sich die Sammlungen anlehnenkönnten! Wenn die gesammte Bismarckspende— 2 700 000 M.— als Grundfonds zur Errichtung von Ferienkolonien für armeSchulkinder besttmmt worden wäre!— doch,„es war' so schöngewesen, es hat nicht sollen sein!"Ja, wenn die vielen„Wenns" nicht wären, denen natür-lich auch immer die unangenehmen„Abers" folgen.---Diese„Abers" aber vei derben uns schier den ganzen Ge-schmack an der so ungemein schönen Idee der Ferienkolonienfür arme Schullinder.Auch hier, wie bei vielen anderen Dingen, kann nur derStaat helfen, oder die durch den Staat wirksam unterstützteGemeinde.Der Staat hat Geld zu vielen anderen, wenig nützlichenZwecken, der Staat hat die Macht, gute Organisationen zuschaffen, der Staat aber hat auch schon um der„ausgleichenden Ge-rechtigkeit" willen die Pflicht, in solchem Falle seiner hohenAufgabe sich bewußt zu fühlen und im Interesse der Gemein-samkeit einzugreifen.Auch hier, wie in vielen anderen Dingen, kommt es nurauf das Pflichtgefühl des Staates an, ob er gewillt ist, die soüberaus mangelhafte Privatwohlthätigkeit abzulösen und eineschöne Idee zur Durchführung zu bringen.Lokales.er. Die jetzige Lohnkommission der Berliner Tischlerhat vorläufig einen Bundesgenossen und Protektor gefunden.Vielleicht hat sie diese plötzliche Hilfe gar nicht einmal da ge-sucht, wo sie dieselbe überraschender Weise gefunden hat,wenn aber irgend etwas geeignet ist, in Arbeiterkreisen Miß-trauen zu erwecken, so ist es ver erbetene oder unerbetene Bei-stand einer Zeitung wie des„Berliner Tageblatt", welche anoffener und versteckter Arbeiterseindlichkeit, an fanatischer De-nunziationssucht alle anderen Preßerzeugnisse tief in denSchatten stellt. In seiner gestrigen Abendausgabe bricht dasBlatt ganz offen eine Lanze für oie Rödel'schen Tendenzen undTheorien, und die Unkenntniß der einschlägigen Verhältnisse»welche hierbei entwickelt wird, kommt höchstens noch der Auf-dringlichkeit gleich, mit der man hier eine im Grunde genommenunbedeutende Sache für eigene Zwecke auszubeuten versucht.Nachdem man in dem„Die schwankende Volksgunst" über-schriebenen Artikel einige Quartaner-Weisheit, die wahrschein-lich dem seligen Cornelius Nepas entnommen ist, vom Stapelgelassen hat, wärmt man die von Blättern aller Partei-schattirungen wirklich bis zum Ekel abgedroschene Materiewieder auf, daß einzelne Leute, die in der Arbeiterbewegungheworraaend thätig gewesen sind, sich durch die Macht derVerhältnisse schließlich nach anderen Stellungen und Beschäf-tigungen haben umsehen müssen, und es ist wahrhaftig keinZeichen anständiger Gesinnung, daß man immer und immerwieder auf diesen erklärlichen und durch die Umstände geböte-nen Punkt hinweist. Vielleicht erinnert sich das„Berl.'Tage-blatt" der letzten Kommunal- Wahlen, wo die gesammte Ber-liner Presse in unermüdlicher Weise den Arbeitern einzuredenbestrebt war, daß es thöricht wäre, einen Mann aus ihrerMitte zu wählen, da derselbe doch niemals die Zeit habenwürde, an den Stadtverordneten- Versammlungen Theil zunehmen, sich an den übrigen Arbeiten zu betheiligen, um sodie Interessen seiner Wähler in wirksamer Weise wahrzuneh-men. Man kann es ja nicht wissen, vielleicht ist aber heutedie einigermaßen gesicherte Stellung dieser Männer manchenFortschrittsheloen ein Dom im Auge, und in diesemFalle allerdings kann gamicht laut genug dattibergezetert werden, daß in Berlin auch Leute geduldetwerden und ihren Lebensunterhalt finden, die nicht zur Gefolg-schaft des„Berliner Tageblatt" gehören. Aus den ganzeneinleitenden Ausfühmngen interesstrt eigentlich nur folgenderPassus, der bei unseren Lesem gewiß Belustigung hervormfenwird.„Eine Anzahl Männer, so schreibt das„Berliner Tage-blatt", die von der Arbeiterbcvölkemng vor kaum Jahresfristlich doch das Bewußtsein, freigekauft zu sein, mit so über-mächtiger Freude erfüllte, daß er wie trunken von seinemGlücke war und der Mutter nicht zu zümen vermochte.„Herr Gott, tausend Franks!" rief er einmal über's andere.„Wer hätte das gedacht, daß man so viel für einen Pudelkriegte! Dafür hätte der fremde Herr ja die Kirche sammtdem Tabemakel bekommen."„Narren und Geld," murmelte die Mutter verächtlich,„scheiden leicht von einander."Während Lolo und Mufflu im Garten lagen, wo Carloarbeitete, war der Engländer gekommen, um den Hund zuerwerben, nach dem sein kranker Knabe ungestüm verlangte.Nun hätte die Frau daS Ansinnen zu jeder andem Zeitzurückgewiesen; jetzt aber dachte sie nur an die tausendFranks, mit welchen Carlo loszukaufen war. Bei den erstenWorten des reichen Fremden durchzuckte sie eine wilde Freude.Als listige Tochter des Volkes ließ sie nichts davon merken,im Gegentheil that sie, als hätte sie keine Lust, das ge-scheidte Thier zu verkaufen, für welches ihr, wie sie andeutete,von einem Zirkusdirektor bereits eine hohe Summe angebotenworden war� unter tausend Franks sei kein Handel möglich.Der Herr gmg so willig darauf ein, daß sie recht bedauerte,nicht mehr gefordert zu haben, und er wies sie alsdann an,ihm Nachmittags den Pudel zu schicken und das Geld in Em-pfang zu nehmen. So schickte sie denn unter verschiedenenVorwänden ihre Kinder weg und ttug Mufflu nach demGasthofe. Sie traute ihren Augen nicht, als sie das Geldbekam; sie kritzelte hastig ihren Namen, Rosa Calabucci,auf den Empfangschein und eilte die Treppe hinunter. Siehörte auf der untersten Stufe noch das WehklagenMufflu's.Ihr war nicht wohl zu Muthe.„Es ist mir, als hätteich einen Christenmenschen verschachert," sagte sie zu sichselbst.Und doch, welch Glück, daß sie nun ihren Aeltesten,mit Begeiftemna auf den Schild erhoben wurden, find beieinem großen Theil eben dieser Arbeiterbevölkerung plötzlich mUngnaoe gefallen, und aus ihren schier unabsehbaren Anhänger-schaaren find im Handumdrehen ebensoviele Gegner geworden."Woher diese Weisheit stammt, ist uns unerfindlich, auKpraktischer Anschauung kann sie unmöglich entstanden sein, oderman müßte gerade die bekannte Vcrgrößerunas drille getragenhaben, der man sich in der Jerusalemer Straße so häufig be-dient. Wir können dem gegenüber nur konstatiren, daßbeispielsweise die„große öffentliche Tischler-Versammlung", dieam vergangenen Montag von Herrn Rödel nach dem Lokalvon Rothacker, Belle-Alliancesttaße 5, berufen war, einschließlichder Polizeibeamten von wohlgezählten 56 Personen bei Eröffnung der Verhandlungen besucht war.„Unabsehbar" dürftendaher wohl schwerlich die Änhängerschaaren des Herrn Rödelsein, und man kann hieraus auch einen Schluß auf die Anzahlder Gegner der Albeiter- Vertreter ziehen. Solche Flunkereieniniponiren keineswegs. Dann kommt das„BerlinerTageblatt"auf den wirklich neuen Einfall, daß der Fachverein der Tischlerauf die Erfolge des Herrn Rödel neidisch geworden wäre, undnebenbei wird die Organisatton, welche Herr Rödel geschaffenhat, als ein wahres Muster von Klugheit und diplomatischerVoraussicht hingestellt. Diese unnatürlichen Schmeicheleien er»halten dadurch einen ganz eigenartigen Werth, daß das„Berliner Tageblatt" hier einen Mann gewissermaßen ver-hätschelt, der am liebsten den Stteik in Permanenz erklärte,während es auf der anderen Seite nicht müde wird, die strei-kendcn Maurer als verbrecherische Rebellen bei jeder Gelegenheitzu denunziren! Wenn man freilich im Trüben fischen kann, sokommt es auf ein so zweideutiges Verhalten garnicht an, unterUmständen ist der profesfionsmäßige Streikende sogar ein„gemäßigter Arbeiterparteiler"! Dem„Berliner Tageblatt"bleibt dieser„Kampf" in den Arbeiterkreisen interessant, unSist die chamäleonartige Geschmeidigkeit einer Zeitung inter-essanter, die von sich selbst behauptet, die gelesenste ZeitunaDeutschlands zu sein. Es will uns scheinen, als ob das„Berk.Tagebl." gamicht weiß, um was es sich eigentlich in dem vor-liegenden Fall handelt. Klassisch ist übrigens auch die Entdeckungwelche das Blatt macht, indem es behauptet, an Herm Rödelsei von Leitern des Fachvereins das Ansinnen gestellt, dieWerkstätten-Organisation aufzulösen. Das ist einfach unwahr,es ist überhaupt Niemandem eingefallen, gegen die Kommissionals solche vorzugehen, man weist nur die Agitation der äugen-blicklichen Kommission gegen den Fachverein zurück. Wie dieSache eigentlich enden wird, möchte das„Verl. Tgbl." gernwissen. Wir fühlen kein Bedürfniß, hierüber jetzt schon unsereMeinung abzugeben, die Partei der notorischen Doppelzüngig-keit soll aber jedenfalls keinen Vortheil bei den demnächsti'genKommunalwahlen aus der Affaire ziehen. Viel interessanterals das Ende des Streites ist die Entstehungsgeschichte deffelben-Schon lange bevor die Ocffentlichkeit etwas von den schweben-den Differenzen erfuhr, erschienen in der gegnerischen Preffegehässige Artikel, welche die Fachvereine als sozialdemokratischevinstellten und als deren intellektueller Urheber allgemein HerrRödel bezeichnet wurde. Als die Herren Mitan und Heroldden Herrn Rödel aufforderten, diese Artikel zu widerrufen,lehnte er dieses Ansinnen mit der Bemerkung ab:„Wie kämeich denn dazu!" Herr Rödel wurde darauf aufmerksam gemacht,daß, selbst wenn die bewußten Zeitungen die Aufnahme einerdiesbezüglichen Erklärung ablehnen sollten, ihm jeder Zeit dieGelegenheit geboten sei, sich im„Berliner Volksblatt" von demVerdacht zu reinigen; trotzdem hielt er es nicht für nöthig,irgendwie zu dieser wichtigen Frage Stellung zu nehmen.Wahrscheinlich trägt ihm dieses Verhalten die Gunst des„Berliner Tageblatt" und Genossen ein, bei der Berliner Ar-beiterschaft hat es ihn unmöglich gemacht.*ar. Mit der Mittheitung über einen Vorfall aus demPhysiologischen Institut ist einer unserer Berichterstatter in un-verantwortlicher Weise mystifizirt worden. Der unglaubwürdigeGewährsmann, welcher pro poeva genannt zu weroen verdient,ist der Btud. rnath. Emil Stephan, Alte Jakobstt. 13. Derselbeerklärte auf Verlangen, für die Wahrheit seiner Angaben ein-stehen zu wollen. Unser Berichterstatter bedauert, dem Studentenmehr Glauben geschenkt zu haben, als er verdient.Zu dem Artikel„Einen treffenden Blick in dieLohnfrage" m der vorgestrigen Nummer wird uns noch etwasMltgethcilt, was einen noch treffenderen Blick in die Lohn-vertältniffe der Berliner Frauenarbeit wirft. Nicht nur 80 Pf.giebt es für einen Anzug, sondem 50 Pfg. werden gezahlt fürgroße und kleine Knabenanzüge, wofür die Arbeiterin den An-m auch noch zu bügeln hat. Diesen Lohn bezahlt z. B. die>rma Moral, Jerusalemerstraße 48; femer zahlt Stern in derSihren Carlo behielt; sie weinte und lachte auf dem Heim«wege so laut, daß die Vorübergehenden sie für eine Irr«sinnige hielten...Lolo aber hatte seinen Frohsinn gänzlich eingebüßt.Traurig lag er auf seinem Lager; manchmal erfaßte ihneine wilde Phantasie und dann sprang er einmal über's an«dere auf und flehte, mit Mufflu gehen zu dürfen. Manhatte dann alle Mühe, ihn festzuhalten und zu beruhigen.„Mufflu! Mufflu!" stöhnte er unablässig. Schließlich brachein heftiges Fieber aus, der Arzt schüttelte den Kopf undäußerte Besorgnisse.Mutter und Carlo durften dem Bette sich nicht nahen,ihr Anblick erbitterte den Patienten.„Deinetwegen wurdeMufflu verkauft," sagte er zu Carlo, ballte die Hände undknirschte mit den Zähnen. Carlo war das schmerzlich, un-erttäglich, und als sich diese Anfälle bei dem Bruder wiederholten, ging er nach dem Hotel, um den Mylord zu bitten,ihm Mufflu auf ein halbes Stündchen zu überlaffen, damiter ihn zu dem kranken Lolo bringe und diesen vielleicht be»ruhige. Allein im Hotel erfuhr er, der reiche Eng-länder sei abgereist, nach Rom, Neapel und Gott weiß wo»hin noch.„Und Mufflu mit?"„Der Pudel? Natürlich," erwiderte d« Portier.„DaSabscheuliche Vieh hat den ganzen Tag geheult und gewinseltund die Salonthüre gänzlich zerkratzt."Carlo war nun erst recht bettübt.„Ach was," suchteihn daheim die Mutter zu ttösten,„ein Hund ist ein Hund.In wenigen Wochen hat er uns vergessen bei dem feinenFutter, das man ihm dort reicht." Aber Carlo wußte wohl,daß Mufflu den Lolo und Lolo seinen Mufflu nicht ver»gessen werde.Der Arzt kam täglich zweimal, verordnete EiSumschlägeund Lolo lag jetzt zumeist ganz apathisch und regungSlo»