DaS dritte und letzte Motiv aber spricht am allerentschie- densten gegen den Arbeiterbeitrag. Es wird nämlich auf die großen Gefahren der Schifffahrt, Schiffbrüche, andere Unfälle, auf die Schädlichkeit des Klimas in den tropischen Gegenden, in Westafrika , Westindien u. s. w. hingewiesen. Gerade des- halb ist der Urternehmer verpflichtet, seine Leute auf's Beste zu schützen. Leider ist es eine Erfahrung, die nicht vereinzelt dasteht, daß die Jurisprudenz dem damit Behafteten eine gesunde sozial- politische Auffassung leicht unmöglich macht. Exempla docent! Hier und bei Anderen. Auf die weiteren technischen Vorschläge Silbcrschlags, be- treffs Bildung einer zentralen Berufsgenossenschaft mit See- mannskasse u. s. w., hier einzugehen, ist nicht nothwendig. S. fordert, daß die Seeleute ihre eigene Vertretung haben unter den Rhedern, wünscht die gleiche Fixirung der Unter- stützungssumme, wie sie im Unfallversicherungsgesetz festgestellt wurde u. s. w. Uns kam es hauptsächlich darauf an, daß die Frage der Unfallversicherung der Seeleute einmal wieder öffent- lich, und zwar in einem Arbeiterblatt diskutirt wurde. Ihre Nothwendigkcit ist einleuchtend. An die Arbeit, ihr Herren Gesetzgeber! Kommunales. Zu botanischen Untcrrichtszwecken werden in der Woche vom 24.-29. August in den städtischen Unterrichts- Anstalten, sowie in einigen Privatschulen von blühenden Pflanzen vorausfichlich zur Vertheilung gelangen: A. In sämmtlichcn Schulen: Ochsenzunge, Türkischer Drachenkopf, Garten> Bohnenkraut, Pfeffenraut oder Kölle, Mermuth , Beifuß, Mais, Welschkorn; B. In den höheren Schulen: Stechapsel(sehr giftig), Trauben- Gänsefuß, Schild- Ampfer, Sonnenrose. w. Nach dem Berichte des Magistrats über die selbst- ständigen Hospitäler und Stiftungen städtischen Pro- tektorats pro 1884 ist folgendes zu berichten: Das Stiftungs- vermögen des Nikolaus Büraer-Hospitals betrug am Schlüsse des Berichtsjahres außerdem Grundstücksvermögen 66�2211,76 M. Die Zahl der am Schlüsse des Jahres 1884 in der Anstalt befindlich gewesenen Personen betrug 89. 2) Im Stistungs- hause der J- H. Wedinger'schen Stiftungen befanden sich am 1. Januar 1885 22 Männer und 25 Frauen. Das Durch­schnittsalter der Benefiziaten betrug bei 22 Männern mit einem Gesammtalter von rot. 1612 Jahren 73% Jahr und bei 25 Frauen mit einem Gesammtalter von rot. 1878 Jahren= 75% Jahr. DaS Stiftungsvermögen betrug ultimo 1884 310 660,89 M. 3) Die Hollmann'sche Wilhelminen-Amalien- Stiftung hatte ult. 1884 einen Bestand von 126 Bcnefiziatinnen. Die Ausgaben für dieselben betrugen im Jahre 1884 in Summa 25 274,34 M, während das Kapitalvermögen der Stiftung ult. 1884 auf 1 043 145 M. festgestellt worden ist. Der mit der Stiftung verbundene Hollmann'sche 2000-Thaler Fonds, welcher nach der Bestimmung des Stifters zur Vermehrung des Siifwngsvermögcns 100 Jahre hindurch zinsbar anzulegen ist und erst im Jahre 1950 zur Verwendung kommen darf, betrug ult. 1884 29 100 Mk. 4) Die Hospitäler zum Heiligengeist und Et. Georg verpflegten im Jahre 1884 151 Personen, für welche eine Summe von 37 052,09 Mk. verwendet wurde. Das Kapitalvermögen der Hospitäler stellte sich ult. 1884 auf 1 222 367,91 Mk. 5) Das Jerusalemhospital hatte im Jahre 1884 eine Einnahme von 5977,90 Mk, das Kapitalvermögen des Hospitals bestand am Schlüsse des Jahres 1884 aus 386 257,83 Mk.- 6) Das St. Gertraudt-Hospital hatte Ende 1884 einen Bestand von 101 Hospitaliten, das Kapital belief sich zur selben Zeit auf 1 224 375 Mk., wozu noch der Haus- fonds mit einem Kapital von 83 250 Mk. tritt. 7) Das St. Jakobi-Hospital beherbergte am Schlüsse des Rechnungsjahres 1884,85 23 Hospitalitinnen und betrug das Gesammtvermögen zur selben Zeit 124787,29 Mk. Iokales. Für Mitglieder der Ortskrankenkaflen. Die§§ 19 und 63 des Krankenverficherungsgesetzes bestimmen, daß der Austritt aus den Zwangskassen versicherungspflichtigen Personen mit dem Schluß des Rechnungsjahres zu gestatten ist, wenn sie denselben mindestens drei Monate vorher bei dem Vorstande beantragen und vor dem Austritt nachweisen, daß sie einer dem§ 75 des Krankenverficherungsgesetzes entsprechenden freien oder eingeschriebenen Hilfskasse als Mitglied angehören. Der Schluß des Rechnungsjahres tritt in den meisten Ottskassen am 31. Dezember ein, folglich muß bei denselben die Kündigung spätestens bis zum 30. September angezeigt sein; in den Kassen, welche das Rechnungsjahr schon am 30. November schließen, muß die Kündigung spätestens bis zum 31. August erfolgen, widrigenfalls der Versicherte auf ein weiteres Jahr bleiben muß. Der Nachweis, daß man einer anderen Kasse angehört, man könnte ordentlich in Verlegenheit gerathen, sie aus- reichend zu erklären. Nehmen wir einen Fall, wie er tausendfach beobachtet werden kann. T. ist ein gesellschaftliches Genie und er führt auch bei der Tafel das große Wort. Er beherrscht die Situation und ist der Held der Gesellschaft. Er hört überhaupt nicht auf zu reden, alles hängt an seinen Lippen; er hat zündenden Witz und eine verblüffende Schlag- fertigkeit. Die vergnügten Zuhörer stoßen sich an und während ihnen vom ununterbrochenen Lachen die Thränen in die vorgehaltenen Taschentücher laufen, rufen sie sich zu: Heute ist er wieder köstlich!"Er ist außerordentlich, geradezu bewunderungswürdig!" lautet die zustimmende Ant­wort. Man kann schon nicht mehr weiter, da» Lachen thut weh, die Damen bitten förmlich um Gnade. Aufhören! Man erhebt bittend die Hände: Genug, genug! Aber der glänzende Wortführer schüttelt nach wie vor die Witze aus dem Aermel, feine Beredsamkeit ist nicht einzudämmen. Das Bewußtsein, daß aller Augen auf ihn gerichtet sind, daß sich alle Aufmerksamkett auf ihn konzentrirt, erhöht ihn, be- feuert ihn. Er ist nicht der Mann, der außer Fassung ge- bracht werden könnte und doch! Einer der Gäste hatte die unglückliche Idee, ihm inS Ohr zu flüstern, er möchte doch die herrschende gute Stimmung denutzen und einen kurzen Toast auf den Herrn des Hauses ausbringen. Welche Veränderung plötzlich!Wie anders wirkt dies Bildniß auf mich ein!" Der Löwe ist plötzlich stumm ge- worden?, er denkt nach. Es ist unfaßbar; der Mann, der noch vor einer Minute durch nichts aus der Fassung zu bringen war, der mit der Schlagkraft seiner Rede die Ge- sellschaft souverän dominirte, er ist durch das Bewußtsein, daß er nun einige Worte stehend sprechen soll, einige harm- lose Worte konventtonellster Färbung, um all seine Mann- braucht nicht bei der Kündigung, muß aber wohl am Schlüsse des Jahres beigebracht werden. Wird dieser Nachweis ver- säumt, fo ist die voraufgegangene Kündigung wirkungslos, und bleibt man weiter in der Ortskasse. Ob das Rechnungsjahr einer Kasse mit dem 30. November oder mit dem 31. Dezember schließt, ist aus den Statuten zu ersehen. Berliner Heirathen aus derGesellschaft". Der Berliner zeichnet sich in der ganzen Welt dadurch aus, daß sein höchstes Streben darauf gerichtet ist, seine Söhne und seine Töchter in eine andere Gesellschaftssphäre herein zu erziehen, als die ist, in welcher er Vermögen und Ansehen erworben hat. Der Bäcker, der ein gut gehendes Geschäft hat, trachtet danach, seinen Sohn Jurist, ja, wenn es möglich wäre, Offizier werden zu lassen. Ein gut besuchter Laden wird selten vom Sohne, vielleicht einmal vom Schwiegersohne übernommen. Die erste Generation dieser Beamtenfamilien hat ein wenig Geld, bei der zweiten Generation ist es bereits durch Theilung verschwunden, oder so verkleinert, daß man es eigens lich als verschwunden betrachten kann und so kommt es denn, daß es gerade unter den Beamten sehr viele giebt, die von großem Haß gegen die Finanzleute erfüllt sind. Dieser eigenthümliche soziale Mißstand hat die fast feindliche Stellung der gebildeten Nichtwohlhabenden zu den gebildeten Wohlhabenden gestaltet, die sich freilich mehr im Leben als in der Gesellschaft zu erkennen giebt. Aber den Urkcim dieses Fehlers pflanzt der Finanzmann wiederum von neuem und schafft den künftigen Generationen aus seiner eigenen Nachkommenschast eine erneute Legion von Gegnern. Statt daß sich die Plutokratie durch ihren eigenen Nachwuchs stärkt, statt daß der Familien- stolz darin läge, das begründete Geschäft weiter auszubilden, ge- schicht dies nur in den Fällen, wo auf den ersten Anlauf das Haus ein Welthaus geworden war; im Allgemeinen handelt der Finanzmann wie der Bäcker und greift in andere Sphären, und der Sohn des Finanzmanncs wird, falls er ein spezifisches Ta- lent hat, vor allem einmal zur Ausübung desselben erzogen, zum Musiker, Maler, Schriftsteller. Hat er kern derartiges spezifisches Talent, aber einen guten, intelligenten Kopf, so betritt er die Gelehrten-, die Do entenkarriere. Ist die Begabung nicht bei ihm vorhanden, so wird er prattischer Junst, nicht Professor der Junsprudenz; hat er aber im Ganzen keinen Kopf zum Studiren, so ist am Ende mit dem Jungen nichts anzufangen, als daß er in Papa's Geschäft eintritt. Recht gern möchte der Sohn Offizier werden und er hat auch das Zeug dazu, er hat körperlich und geistig in vielen Fällen die nöthigen Eigen- schaften, die letzten Kriege haben ihn als unerschrockenen Rc- serve Offizer oft genug auf dem Kämvffclde gezeigt und sich bewähren lassen; aber die sozialen Anschauungen der maßgeben- den Kreise schließen ihn von dem Beruf in erster Generation aus. Nicht so die Töchter, welche als Gattinen der Offiziere recht sehr in der Armee beliebt sind, und es kommt das Wort- spiel, daß die einen die Bons, die andern die Fonds lieben und sich daher kriegen müssen, häufig genug zur Anwendung. Der Entschluß des Finanzmannes, seine Tochter in eine andere Be- rufssphäre zu verheiratben, ist wohl durch mancherlei nchlige Reflexionen begründet. Ein Lieutenant, ein Assessor, ein Künstler, ein Schriftsteller, ein Gelehrter kann vielleicht viel Geld aus- geben, aber das Vermögen des Kindes ist keineswegs so ge- fährdet, wie in der Hand eines intelligenten, gelderwerbenden Kaufmanns, der bei aller richtigen Kombination ganz leicht sein und der Seinigen Vermögen verlieit, und es ist Unrecht, das Motiv einer derartigen Verbindung von Seiten der Väter immer auf Eitelkeit zu schieben. Auch wünscht besonders der Self-made- man, der sein Kind innig liebt und es als ein höheres Wesen betrachtet, wenn es sich in einer höheren geistigen Sphäre, den glücklichen materiellen Behältnissen entsprechend, akklimatifirt hat, was fast immer geschieht, auch ihm diejenigen Sorgen und den- jenigen Kummer zu ersparen, die er selbst im Ringen um Geld und Ansehen ausgestanden- Natürlich giebt er denen den Vorzug, die aus seiner Sphäre hervorgegangen sind. Am liebsten würde er sein Kind dem Künstler, dem Gelehrten, dem Beamten geben, dessen Vater gleichfalls Finanzmann gewesen, nicht weil der zukünftige Eidam auch materiell günstiger situirt ist(diese Reflexion würde nur in zweiter Linie maßgebend sein), nein, er glaubt, sein Kind werde glücklicher, wenn es in einen verwandten Kreis kommt, der dem seinen gleicht. Ob diese Reflexion richtig ist, wer weiß? Wir haben oft genug Beispiele erlebt, daß gerade die so geschaffenen Ver- bindungen in der Sucht des Mannes und der Frau, daß man ihnen ihre Abstammung aus der Plutokratie nicht an- merken soll, in einen Zustand der Geschmacklosigkeit deS Benehmens und äußeren Erscheinens führen, der geradezu ab- stoßend wirkt. Nach den Männern, die aus der kaufmännischen Sphäre stammen, glaubt der besorgte Vater vielleicht unter den Söhnen der höheren Beamten, als ihnen am verwandtesten, scheinbar am nächsten stehend, die richtige Wahl treffen zu können. Er glaubt, da er früher diese Sphäre me so nahe zu Gesicht bekommen hat, seine Tochter werde sich in dem neuen Verwandtenkreise wohl fühlen. Hier irrt er sich leider recht oft und die beiden Schwiegermütter schließen ebenso leicht Freund- schaft, sie verstehen sich ebenso leicht, wie wenn Wasser mit Feuer sich vermischt. Die hohe Beamtenfrau sieht in der Lachen geben und er lacht selbst laut über seine Worte, aber das Lachen ist cin krampfhaft erkünsteltes, unnatür- liches, herausgequältes. Jetzt endlich lachen auch einige aus der Gesellschaft, einige auS Mitleid, um ihm den Gefallen zu thun, einige dem Hausherrn zuliebe, um die peinliche Szene einigermaßen zu maSkiren, einige aus Schadenfreude. Mit Ach und Krach kommt der Redner bis zu dem obli- gaten Hoch! Dann wischt er sich mit zitternder Hand den Schweiß von der Stirne und setzt sich gebrochen nieder. Ich bin mir bewußt, mit dieser Schilderung nichts über- trieben, nichts karrikirt zu haben, denn ich habe derlei oft genug miterlebt und mitangesehen und angehört. Es war immer schrecklich. Ganz ähnlich verhält es sich, wenn so ein glänzender Gesellschafter es sich in den Kopf gesetzt hat, auf schrift- lichem Wege Geist entwickeln zu wollen, also beispielsweise einen witzigen Brief zu schreiben. Du lieber Gott, es ist unglaublich, waS dabei herauskommt! Derselbe Mann, der in der Konversation wirklichen Geist, Geschmack und Grazie offenbart, er wird bis zum Exzeß abgeschmackt, wenn er seinen Humor zu Papier bringen will. Welch ein Abstand zwischen dem Geiste, der im Gespräch auf- leuchtet, denn der Geist ist oft unleugbar vorhanden, und den faden, geschmacklosen Zuckungen, die die Feder auf dem Papiere vollführt! ES ist, wie erwähnt, nicht leicht, für diese grelle Differenz eine ausreichende Motivirung zu finden. Durch den Umstand, daß der Redner sich zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gemacht sieht und daß er dadurch auS dem Kontext gebracht wird, ist keine genügende Aufklärung geboten. Denn der Löwe war auch früher der Mittelpunkt der Gesellschaft und fühlte sich als solcher. Vielleicht kommen wir der Erklärung durch eine Ana- logie näher. Erfahrene Kenner und wissenschaftliche Forscher von autoritativem Gewicht auf diesem Gebiete haben cS längst festgestellt, daß unter Umständen auch ein niedliches Stuben- kätzchen seine ganz besonderen Reize haben könne. Darüber hat die neuere Forschung abschließendes Material zusammen- getragen, die Akten in dieser Frage sind geschlossen, jeder Zweifel verbietet sich von selbst. Rücken wir aber nichts- Schwiegertochter immer eine Fremde, entschulvigt sich fort- während bei ihr, daß sie so eine emfache Frau ist; und wenn die Tochter nicht große Liebe zum Gatten hegt und große Objekt!- vität befitzt, so rennt sie mit Frau Schwiegermutter recht hart aneinander; die junge Frau aklomodirt sich schnell den neue« Verhältnissen, aber die Frau Schwiegermutter will dies nie zugestehen, fühlt sich nie wohl bei ihr, ja, die Enkelkinder find ihr selbst, wie sie sich ausdrückt, zu vornehm, das heißt, ihr Beamtendünkel läßt sie selbst diese nicht als voll anerkennen. Ja das, was den Fernstehenden als verkehrteste Verbindung erscheint, die Verbindung eines wirklichen Aristokraten mir einer Bankierstochter, bietet vielleicht die beste Gewähr für ei« richtiges Verständniß der Verhältnisse, wenn der Aristokrat nicht gerade ein Lump ist' dies ist freilich nicht ausgeschloffen, die fürchterlich traurigen Folgen derartig geschlossener Verbin­dungen find oft genug in den Annalen der unglücklichen Ehen verzeichnet. Auf der Stralauer Kirchwiese sah es vorgestern sehr trübselig aus. Die rigorosen Bestimmungen der Ortsbehörd« und das theure Standgeld 2 M. für den laufenden Fuß hatten schon von Anfang an viele Händler und Budenbefitzer abgehalten, denFischzug" zu besuchen. Während im Jahre 1883 die Zahl der Stände ssch auf 800 belief, sank sie im Vorjahr bereits auf 450 und betrug diesmal kaum etwas über 200. Da die Buden diesmal erst am Sonntag öffnen durften» gestaltete sich die Vorfeier, der sogenannteFischzugs Heilige- Abend ", einfacher wie sonst. Die Sommergäste halten zwar einen Fackelzug veranstaltet, der durch den bengalisch erleuchteten Ort nach der Kirchwiese zog, dort sich aber bald auslöste, da die Buden geschlossen waren und der Aufenthalt im Freien durch den Regen verleidet wurde. Die Versuche, die Dorf- straße wegbar zu machen, waren leider ohne Erfolg geblieben. Noch schlimmer sah es auf der nach Rummelsdurg zu be« legcncn, an sich schon sumpfigen Wiese aus. Während des Vormittags stockte das Geschäft fast gänzlich, erst in den Nach- Mittagsstunden belebte sich die Kirchwiese etwas. Die Würfel- buden erzielten mit Aufbietung der ganzen Lungcnkraft ihrer Besitzer einigen Umsatz. Die Schießbuden standen da» gegen fast gänzlich verödet da. Auch das Geschäft inRadau- mützen" ruhte vollständig. Vergeblich ließen die KarouffelS die schönsten Weisen ihrer Leierkästen ettönen, die Kinderwelt fehlte. Nur das als Neuheit erschienene Velonpede- Karoussel fand vor den Augen der Erwachsenen einige Gnade.Rosella, das schöne Wundermädchen", saß vereinsamt in ihrer Bude, der KastagneNenklang einer holden Spanierin vermochte dem Grand Salon du plaifir" keine Besucher zuzuführen, die Rosen von Florenz" verblüthen ungepflückt, und derSalon Ophelia" schloß schon mil Einbruch der Dunkelheit seine Pfotten. Nur Wenige verspürten Lust,5 Minuten in der Hölle" zuzubringen, hatte man doch an sich schon des Unge- machs genug zu ertragen. NurKasperle" hatte sich ein Pudli- kum erobert, doch dürfte auch er nur einen Achtungserfolg ver- zeichen; die Sammeltellcr blieben leer. DasAffcntheateck eröffnete seine Vorstellungen erst gar nicht. Das Geschäft in Kcebsen war flau, und einEishändler" mußte mit seinem gesammten Vorrath an Gefrorenem den Heimweg wieder an- treten. Ueber die Verhaftung eines Pferdediebes wird ge- meldet: Am 4. d. M. hatte, wie bereits mitgetheilt worden war. ein Handelsmann aus Weißcnsee auf dem Pferdeniarkt zu Charlottcnburg sein zum Verkauf dorthin gebrachtes Pferd einem unter dem Namen Schlächter- Gustav ihm bekannten Mann mit dem Auftrage übergeben, das Pferd nach Wcißensee zurückzuführen, hatte aber die traurige Erfahrung gemacht, daß er sein Vertrauen einem Unwürdigen geschenkt hatte, denn er sah weder das Pferd noch den Schlächter-Gustav wieder. Gestern traf ein Bekannter des Geschädigten, der den da- maligen Akarkt ebenfalls besucht und dort den Führer des Pferdes gesehen hatte, den letzteren hier in der Landwehr« straße und bewirkte seine Festnahme. In seiner Perso« wurde der wegen Diebstahls bereits mehrfach bestrafte Schlächtergesclle Schlensog ermittelt. Derselbe gab an, das Pferd des Handelsmannes einem Unbekannten für 45 Mark verkauft und den Erlös in seinem Nutzen verwandt ZU haben. Nach einer der hiesigen Polizeibehörde vom Ober- Bergamt zu Klausthal zugegangenen Benachrichtigung ist auf der Lautcnthaler Hütte ein Fäßchen goldhaltiges Silber in Körnerfornr im Gewichte von 125 Kgr. und im Wetthe von etwa 20 000 Mk. vor 1014 Tagen gestohlen worden. Das Fäßchen, welches wohl von den Dieben vernichtet sein dürfte, war etwa% Mir. hoch und mit eisernen Bändern und Ver« schluß versehen. R. Eine unangenehme Ueberraschung hatte vorgestern ein in der Prinzenstt. 48 wohnender Kunsttischler K- Als der­selbe von einem längeren Geschäftsgang Abends nach seiner Wohnung heimkehrte, fand er zu seinem Schreck nichts, als die vier leeren Wände vor. Vor seinem Ausgehen hatte er allerdings einen Zwist mit seiner Ehehälfte gehabt, aber dem- selben weiter keine Wichtigkeit beigelegt und die Sache bcrertS vergessen; anders aber seine Frau, deren Zorn von der zu- fällig hinzugekommenen Schwester noch mehr angefacht wurde. destoweniger diesem wissenschaftlichen Problem auf den Leib- Ein hübsches Stubenmädchen ist als solches hübsch, also ber der Arbeit, im Hause, im Hauskleidchen. Wenn sie aber zum Ausgang den SonntagSnachmittagS-Staat anlegt, dflt Federhut, das modisch sein sollende, aber schlecht gemachst und schlecht sitzende Galakleid, dann ist sie nur noch für ihren glücklichen Schustergesellen oder für ihren etwaige« Schlachtendenker, den Herrn Korporal, genießbar, für d>e Wissenschaft, die Aesthetik ist auch eine Wissenschaft, hat M damit aufgehört, ein interessantes Objekt zu sein, und de ernste Forscher wendet sich sinnend von ihr ab. Darin stea eS. Der unglückliche Tischredner glaubt auch, sich Wl machen und seinen Sonntagsstaat anlegen zu müssen, un das ist dann das Unglück., Ein brillanter Banketttedner ist mein Freund N-, d' er ist es unter so besonderen Umständen, daß ich seiner tp gedenken muß, damit von seiner rundlichen, freundlichen�/ stalt sich ein Licht ergieße auf unser Thema. Freund Z- ein bedeutender Gourmand; ein großer Fresser, sagen ftj guten Freunde; man weiß, waS es gewöhnlich mit den gm Freunden auf sich hat! Ein gutes Menü kann ihn in ei ungeheuer rosige Laune versetzen. Wenn der Ehampagn knallt und die Zeit der Toaste gekommen ist, dann T er früher gewöhnlich durch den AuSruf überrumpelt:Freun N. hat das Wort!" Auf diese Aufforderung antwortete gewöhnlich, sitzen bleibend, durch eine kecke persönliche» merkung. Der ersten Bemerkung folgten dann andere,»? rend welcher er jich erhob, und so kam er nach und» fy ohne daß er dessen selbst recht inne geworden wäre, und er ließ nicht nach, ehe sich nicht alles vor eitel geisterung in den Armen lag. DaS waren glänzende zündende Improvisationen, auf welche er stolz sein du i Das war, und jetzt ist es anders, ganz anders, und o, sind auch nur die guten Freunde schuld! Diese ifteu Man ermesse die ungeheure Boshest, die sich aus nächst'& dem Sachverhalt ergiebt. Einer hatte herausgebracht, B. allerdings ein genialer Improvisator, aber im doch kein Redner sei. Das zeigte sich auch sehr bald, feuerscheu und wird vom Lampenfieber geplagt, wen