eine gleiche Berechnung über die deutsche GesetzcS-Fabrikationangestellt würde, um daraus zu ersehen, um wie viel unS dieEngländer oder wir den Engländern in diesem Punkte überfind. Freilich ist der Aufwand von Zeit nicht immer der Maß-stab für die Güte des Fabrikates, aber daß gerade bei uns oftdie wichtigsten und tiesemschneidensten Gesetze große Mängelaufweisen, dürfte jedem, welcher fich nur halbwegs um dieOeffentlichkeit kümmert, klar sein. Das kann auch nicht anderssein, da wir in Deutschland an dem Parlamentartsmus gerade-zu ersticken und in sehr vielen Fällen ein und dieselbenMänner nicht nur im Reichstage, sondern auch in den Einzel-landtagen, in den Provinziallandtagcn und Stadtverordneten«Versammlungen, Kreisiagen und so weiter beschäftigtiahen. Jedoch die Arbeitsfähigkeit hat eben auch ihreGrenze und es ist deshalb durchaus kein Wunder, daßwie schon früher auch, aber auch hauptsächlich während derletzten Reichstagssesflon der wenige Besuch und die öftere Be-schlußunfähigkeit die öffentliche Aufmerksamkeit erregten. EinenTrost, wenn auch einen schlechten, finden wir auch dafür indem Buche von Bucher, denn der Ausschuß für die Geschäfts-o.'dnung sagt in seinem Bericht im Jahre 1855:„Am Schluffeder letzten Sitzung war es den wenigen Mitgliedern, die nochzur Stelle waren, klar, daß wenigstens drei Viertel deS Hauses,darunter viele der tüchtigsten, fich längst der aufreibenden Pflichtentzogen hatten, daß der Rest durch die Sitzungen ber Tagund Nacht in Kraft und Gesundheit heruntergebracht, und daßdie Geschäfte nicht mit der gebührenden Aufmerksamkeit behau-delt wurden."Diese Worte treffen mehr oder minder, sowohl beim Reichs-tag als auch beim Landtag, zu, wenn fich die VersammlungenMonate lang in die Länge ziehen.Durch die Diätenklaae aber wird die Sache noch bedeu-tmd schlimmer werden. Durch die Diätenlofigkeit des deutschenReichstags ist der oft schlechte Besuch der Sitzungen genügendzu erklären, da nur ganz reiche Leute, die nur des Geldver«zehrens wegen auf der Welt find, unausgesetzt und ohne fichum Geschäft und Familie bekümmem zu dürfen fich inBerlin aufhalten können' und daß auch diese sehr oft dieSitzungen schwänzen, da ihnen die Sache nur kurze Zeit Spaßmacht, dürfte allgemein bekannt sein.Dabei muß man andererseits sehen, wie die Leute, die mitDoppelmandaten geplagt find, an vielen Tagen von einemEnde der Leipzigerstraße nach dem anderen der Abstimmungenwegen hin und her gehetzt werden, und wie gerade deshalbdie„gebührende Aufmerksamkeit" bei hochwichtigen Gesetzes-vorlagen außer Acht gelassen wird. Sollen nun durch dieDiätenklagen einerseits die unbemittelten Leute, die etwasVerstand und Bürgerpflichtsgeftzhl befitzen, von der Volksver-tretung ausgeschloffen weroen, so wird es andererseitsbald an Leuten fehlen, die im Stande oder überhaupt geneigtwären, ein Mandat anzunehmen, wodurch ganz von selbst diekonservattven, richtiger gesagt reaktionären Elemente, wie eSschon jetzt bereits der Fall ist, den Reichstag überschwemmenwerden, und das dürfte des Pudels Kern ver Diätenklagenüberhaupt sein. mDie Reichsverfassuna, das Grundgesetz des Reiches, zeigtin ihrem§ 32, daß die Reichsboten zur Zeit viel zu Vertrauens-selig waren, als ste dem Paragraph diese Fassung gaben, undkeiner der vielen preußischen Juristen yat darangedacht, daß ein Landrechtsparagraph vorhanden ist, derfrüher oder später in der Weise zur Anwendung gebrachtwerden könnte._Uebrigens ist die Sache, daß solch alte Gesetze ausgegrabenwerden, durchaus nichts neues. Ist doch noch vor gar nichtlanger Zeit ein Paragraph aus einem allen Gesetz aus demAnfang der vierziger Jahre auch gegen Leute, die nur wegenpolitischer Vergehen bestraft worden find, zur Anwendung ge-kommen, wonach bestraften Personen der Zuzug in einen Ortverweigert werden kann, weil fie eine Strafe erlitten.Das alles erinnert, um bei Bucher's Buch zu bleiben, anfolgendes Beispiel. Im Jahre 1855 machte vor einem Lon-doner Bagatellaericht Jemand, der auf Bezahlungeiner Kleider- Rechnung verklagt war, den Ein-wand, daß nach einer nicht aufgehobenen AkteGeorgs N. zur Beförderung der Industrie von Birmina-ham, ein Schneider, der einen Tuchrock ohne Mesfingknöpfemache, in eine Geldstrafe verfallen solle: daß der in Redestehende Rock besponnene Knöpfe habe, die Anfertigung des-selben also eine unerlaubte Handlung sei und dem Schneiderkeine Rechte gebe."«Der Richter", sagt Bucher,„half fich da-mit, daß er auf sehr gezwungene Weise die zivilrechtlichen Fol-en des Gesetzes wcginterprctirte, und verurtheilte den Ver-.lagten. Wenn dieser aber seine ausgesprochene Abficht aus-führt, den Schneider zu denunziren, so ist nur mit einer Be-gnadigung zu helfen. Und wie viel ähnliche Gesetze bestehenrn voller Uebung, die gegen viel mächtigere Interessen, abernicht gegen eine so absolute Herrscherin wie die Mode ver«stoßen�£erl. Sucher gar nicht mehr als Berather deSReichskanzlers thätig ist?ffj» ihr darüber zu)elle Schadenfreudeunheimlich düsterenfort.„Bei der Verschiedenartigkeit der Charaktere wäre esdoch nie ein gutes Verhältniß zwischen ihnen geworden, undich liebe die Tochter meines früh verstorbenen Bruderszu sehr, als daß ich sie den Launen einer nicht immerliebenswürdigen Person unterworfen oder vielmehr voll-ständig preisgegeben wissen möchte. Der Prophet hat meineGründe der Beachtung werth gehalten und sich dafür ent-schieden, sie Holmsten, dessen Vermögeniverhältnisse durchdie reiche Erbschaft einen so bedeutenden Aufschwung er-halte«, anzusiegeln."„Haltet Ihr e» für gerathen,sprechen?" ftagte Elliot, und eineblitzte ganz verstohlen aus seinen2lUSe%(jt besitzt in manchen Dingen eine klarere Einsichtals ich, mein Bruder," gab Jansen zur Antwort, indem erdie beiden versiegelten Packete mitten aus de« Tisch legte,so daß die Blicke eines Eintretenden sogleich aus dieselbenfallen mußten;„handelt nach eigenem Ermessen; ich selbstwürde ihr gegenüber einräumen, daß auf ihren Wunschund Antrag voraussichtlich zu ihrer Zuftiedenheitverfügt worden sei, doch würde ich noch mitdem Namen zurückhalten. Sendet mir also baldmöglichstmeine Nichte, der Abend sinkt, und eh' die Nacht weit vor-geschriiten ist, muß ich die drückende Last von meiner Brustgewälzt haben."Elliot blieb noch eine Weile stehen, wie um sich, nach-dem er während seiner Unterhaltung mit Jansen hin undwieder seine Leidenschaften hatte durchblicken lassen, miteinem feierlichen, undurchdringlichen Ernst zu umgeben, unddann entfernte er sich schweigend.Sobald Jansen allem war, stand er auf, und die Armeüber der Brust in einander verschränkend, begann er mitlanasamen Schritten auf und ab zu wandeln. Man sahes ihm an, daß wichtige Gedanken seinen Geist beschäftigten.Seine breite Stirn war in tiefe Falten gelegt; sein mitgrau gemischtem blondem Haarwuchs bedecktes Kinnschien auf seiner hohen Brust zu ruhen, und un-beweglich starrten die kaum sichtbaren Augen nieder-wärtS Ob aber Gedanken fteundlicher oder feindlicherPolitische Ueberstcht.Die Nachricht, daß die Dampfer-SubventionS-Vor-läge in der nächsten Eesfion des Reichstages einen Nachtragdurch eine Geldforderung für eine ostafrikanische Linie er-halten werde, ist, so schreibt man, mit Vorsicht aufzunehmen.An Stellen, welche darüber unterrichtet sein müßten, will manvorläufig nichts davon wissen und die Nachricht auf Wünscheder Ost-Afrikanischen Gesellschaft zurückführen.— Wenn keinanderes Dementi erfolgt, so kann man wohl annehmen, daßwirklich eine neue Linie geplant wird.Die Kommisston für die Ausarbeitung eines dür-gerlichen Gesetzbuches hielt, wie die„N. Pr. Ztg." meldet,am vorgestrigen Tage unter dem Vorsitz des Wirklichen Ge-Heimen Rathrs Dr. Pade ihre erste Sitzung nach Ablauf derFerien ab. Ursprünglich sollte diese Sitzung bereits am 2.stattfinden. Wegen oeS Sedantages war fie jedoch verschoben.Die Kommission wird nun wieder regelmäßig allwöchentlichMontags, Mittwochs und Freitags Sitzungen abhalten. Wiees heißt, hofft die Kommisston, ihre Gesammtarbeiten binnenzwei Jahren zum Abschluß bringen zu können.Zu de« Diätenprozessen find bis jetzt Termine anbc-räumt: gegen den Reichstagsabgeordneten Hasenclever intalle am 21. Oktober, den dcuschfreistnnigen Abgeordnetene r ch e in Nordhausen am 6. November, dem deutschfreistnnigcnAbgeordneten W a n d e r in Tiifit am 25. November. DieKlage des Fiskus ist nicht bloS auf Herausgabe der Diäten,sondem auch auf Verzugszinsen gerichtet. In der Klage-schrift gegen Wander heißt es wörtlich, daß derselbe jene Ent-schädigunq von je 500 MI. pro Eesfion„nicht blos erhalten,sondern auch in seinem eigenen Nutzen verwandt hat." HerrWander hat die Erklärung abgegeben, daß er niemals Diätenempfangen hat, ebenso Herr Lerche.DaS Oberverwaltungsgericht hat soeben, wie die„Wes.-mittheill» eine in vieler Hinficht interessante Ergänzungerhalten. Geheimer Oberregierungsrath Hahn aus Blombergist zum Mitaliede des Oberverwaliungsgerichts ernannt wor-den. Herr Hahn, der Bruder des langjährigen Letters deroffiziösen Presse, Geheimer Oberregierungsrath Dr- LudwigHahn, gehört im Abgeordnetenhause, in welches er 1879 fürBromberg gewählt wurde, der äußersten Rechten an.Zur Karolinenfrage verlautet» daß Deutschland undSpanien dahin übereingekommen find, die Entscheidung einemSchiedsgericht zu unterbreiten. Tettens Spaniens soll derKönig Leopold von Belgien als Schiedsrichter vorgeschlagensein. Daß übrigens die Manifestationen, welche in Spaniengegen Deutschland statt gefunden haben und noch stattfinden,nicht immer den gehäsfigen Charakter gehabt haben, der ihnenvon verschiedenen Zeitungen nachgesagt worden ist, geht auseinem Bericht über die Demonstration in Valencia hervor.Es heißt in diesem Bericht:„Statt wüsten bedrohenden Ge-schreies, statt ausgestoßener Herausforderungen, statt der aufSchädigung der deutschen Handelswelt abgesehenen Aufmunte-rungrn, waltete hier das Bestreben vor, alles Beleidigende zuumgehen und eS namentlich nicht die vereinzelt im Lande le-benoen Deutschen entgelten zu lassen, was die Politik Ent-zweiendes mit fich gebracht. Hatte schon auf dem HauptplatzeHerr Pirineta in einer Rede die Erwartung ausgesprochen, daßlein unziemliches„Wieder mit den Deutschen!" ausgestoßenwerde, so drückte sich der Univerfitäts. Professor und PublizistDon Eduards Perez Pujol auf dem Balkon des„Athenäums"in seiner patriotischen Ansprache an das nach Tausenden ver-sammelte Volk unumwunden also aus:„Unsere Würde erheischt es, daß Niemandem ein Unrecht angethan werde, daßkeinem Deutschen eine Beleidigung widerfahre. Die Deutschenfind nicht das Deutsche Reich. Wer heute die Ordnung stört,wer einen Deutschen beleidigt, der handelt nicht als Spanier,er macht fich vielmehr zum mehr oder weniger bewußten Werk-zeuge der Gegner Spaniens. Die unter uns lebenden Deut-schen stehen unter der Aegide unserer Ehre, unter dem Schutzeunserer Würde." Die ritterlichen Worte fanden in der StadtdeS Cid die beste Aufnahme, und die Zurufe der Menge, anwelcher der Zug vorüberging, galten allein der Unabhängigkeitdes Landes."Von der 32. Generalversammlung, welche die Ultra-montanen in Münster abgehalten haben, brachten wirbereits in der Donnerstag-Nummer unseres Blattes einenlängeren �Bericht, dem wir heute noch Einiges hinzufügenwollen.zeugenaus Au�vvm� viuiiiiuut mit un wm m lunwwdie lange schwebende Heiligsprechung der Maria Eres-centia aus Kaufbeuren begehrt wird. Der Präsident Dr. Lieberbemerkt, daß ein solcher Antrag der Entscheidung deS heiligenStuhles vorgreife, und daß er daher peisönlich um Uebergangzur Tagesordnung bitten müsse. Fürst Löwenstein opponinledhaft gegen die Bedenken Lieber's, es bandle fich nur umeine Bitte der Beschleunigung des Heiligsprechungsprozesses,um die höchste kirchliche Auszeichnung für eine Tochter Deutsch-lands, um eine klare Sache, derentwegen er selbst beim Papstund den Kardinälen Schritte gethan habe. Dr. Lieber erblicktArt sein Gemüth bewegten, das hätte der schärfste Beobachternicht zu entdecken vermocht, so hart und regungslos bliebendie scharfen Züge, welche seine männliche Physiognomiecharakterisirten.Zn seinem Aeußern lag jene imponirende Einfach-heit, die wieder an Stolz grenzt, und wohl paßte seineganze Erscheinung zu den roh behauenen Balken, die, schwerauf einander ruhend, die schmucklosen Wände des Ge-machs bildeten, und zu den eben so bescheidenen Möbeln,welche die Einförmigkett der Wände nur ganz nothdürfttgunterbrachen.RynoldS hatte mit ihm zusammen dieses Gemach be-wohnt. Die Abgelegenhett desselben hatte ihren Wünschenvollkommen entsprochen, namentlich aber, weil sie aus demselben ebensowohl direkt in'S Freie, als auch durch einenschmalen Gang in die Hertha und ihrer Erzieherin einge-räumte Wohnung gelangen konnten.Mehrere Minuten waren verstrichen, da öffnete sich leisedie nach den zuletzt erwähnten Gemächern führende Thür, undbehutsam, als ob sie zu stören befürchtet hätte, trat Herthadurch dieselbe ein.Als sie ihren Onkel so ganz in sich versunken auf undab schreiten sah, glitt ein Zug inniger Thcilnahme über ihr,trotz deS in demselben vorherrschenden wehmüthigen Ernstes,überaus liebliches Antlitz, und fast eine Minute zögerte sie,eh' sie eS über sich gewann, ihn in seinen Betrachtungen zuunterbrechen.„Du hast mich rufen lassen, lieber Onkel," begann sieendlich mit schüchterner Freundlichkeit, indem sie, als Jansen,vor ihr angekommen, eben wieder umkehren wollte, ihrebeiden Hände auf seine verschränkten Arme legte.Der Angeredete stand still und heftete einen langen,tiefen Blick auf Hertha'S große, unschuldvolle Augen, wieum durch dieselben in ihrem Herzen zu lesen.„Ich habe Dich rufen lassen, mein Kind," sagte»r dann,seine Hand leise auf ihr schönes Haupt legend;„ich habeviel und über wichtige Dinge mit Dir zu reden, denn seitRynoldS ein so unglückliches Ende genommen, ruht die ganzeVerantwortlichkeit für Dem Wohl und Wehe auf, meinenSchultern. Auch ich kann plötzlich abgerufen werden; noth-in diesen Aeußerungen eine Kritik seiner Geschäftsführung,waS Fürst Löwenstem bestreitet. Der Schriftsteller Wasser»bürg wünscht die Bedenken Lieber's nicht so geringschätzig de-handelt zu sehen. Die Angelegenheit wird schließlich nachlängerer Debatte an den Ausschuß zurückverwiesen.— Die„Heiligsprechung" scheint demnach vertagt!— Später sprachdann der päpstliche Archivar Hergenröther aus Rom angeblichunter lebhaftem Beifall der Versammlung für die Wiederher»stellung der weltlichen Herrschaft des Papstes.— 0 sankusimplicitas!(O heilige Einfalt!)Zn welchen Konsequenzen der Jnnungs-Fanatismusführen kann, ergiebt fich aus einer Mittheilung, welche der„Franks. Ztg." aus Mainz zugeht. Dieselbe lautet: Wie manderen Städten Deutschlands macht auch die hiefige Bäcker-Innung Anstrengungen, die Ausbildung von Lehrlingen alsein ausschließliches Privileg der Jnnungsmeister zu erstreben.In einer soeben erschienenen Bekanntmachung erklärt der Vor»stand der Mainzer Bäcker-Jnnung im Anschluß an den allge-meinen deutschen Bäckerverband„Germania", daß vom1. Januar 1886 ab nur noch solche Gehilfen Germania- Arbeits-bücher erhalten würden, die bei einem Verbandsmitglied dieLehrzeit und Gesellenprüfung bestanden haben. Der Germania-Verband zähle zur Zeit über 18 000 Mitglieder und seien die-selben verpflichtet, möglichst nur mit dem Arbeitsbuch diesesVerbands legittmirte Gesellen einzustellen. Ferner sei aufallen Herbergen der bedeutenderen Städte dafür gesorgt, daßGehilsen ohne Germaniabuch weder Geschenk noch Arbeit er-halten. Der Vorstand der Bäckerinnung glaubt deshalb,Eltern und Vormünder ersuchen zu sollen, junge Leute, diedas Bäckerhandwerk erlernen wollen, im Interesse ihres späterenFortkommens(?), nur bei Verbandsmitgliedern unterzubringen.— Das riecht stark nach dem Mittelalter!A«S Greiz bringt die„Gemeinde-Ztg." folgende lehrreicheNotiz:„Von dm hiesigen Gemeindebehördm ist ein Otts-statut beschlossen, wonach von jedem neuen Bürger ein Bürger-geld von 20 M.(bisher 25 M.) erHoden werden soll. Wennes vielleicht befremdlich erscheint, daß man dem allgemeinenVerlangen nach möglichster Beseitigung des Bürgergcldes nichtbesser gefolgt ist, so dürfte zu beachten sein, daß bei der GreizerBeschlußfassung die Erwägung maßgebmd gewesen, daß man beider hier stark fluttuircnden Jndustricbevölkerung eine Schrankegegen die Gefahren(!) des hier bestehenden gleichen unddirekten Wahlrechtes der Bürger nicht entbehren zu könnenglaubte. Keinen Augenblick würde man an der Erhebung einesBürgergeldes festhalten, wenn man das Dreis lassen-Wahlsystem, wie in Preußen, hätte und wenn die Bürger-weister nicht direkt gewählt würden."— Die guten GreizcrSpießbürger haben wenigstens den Vorzug vor andern, daßfie offen aussprechm, warum fie Bürgergeld erheben wollenDaß die„Jndusttiedevölkerung" leider gezwungen ist, oftihr„Heim" zu wechseln, scheint den„Bürgern" unbekanntzu sein.Oesterreich-Ungar».Welche Kreise die nationale Aufregung bereits erfaßt hat,mag man aus einem Vorkommnisse entnehmen, welches allae»mein als wahr erzählt wird. Gelegentlich der Manöver beiPilsen kam es eines Abends in einem Gasthause zwischen Sol-daten eines deutschen und czcchischen Regiments aus nationalerAntipathie zu einer solchen Rauferei, daß vom deutschen Regi>mente 10 bis 15 Verwunde in das Garnisonsspital transpottittwerden mußten, darunter drei Echwerverwundete und einer mit30 Stichwunden. Wie Viele von dem czechischen Regimentc„gefallen" find, war nicht zu erfahren. DerStreit begann deshalb, weileiner der deutschen Soldaten die anwesenden Ezcchen, welche derdeutschenSprache mächtig waren, auffordettc, deutsch zu sprechen, damanche seiner Kollegen die czechische Sprache nicht verstehen,also von der Unterhaltung ausgeschlossen wären. Die Auffor-dcrung wurde von einem ver czechischen Waffenbrüder mit einemBierglase beantwottet, das er dem Deutschen an den Kopfwarf. Damit war aber auch das Signal zum Kampfe gegeben,jetzt fuhren auch die übrigen czechischen Soldaten auf und überdie Deutschen her, und eS entwickelte fich, da dirletzteren endlich auch loshieben, eine großattige Rauferei.Hiernach scheint es fast, als ob die Deutschen wieder die UpHeber der Affaire gewesen find, da darauf gepocht wurde, daßder Czeche deutsch sprechen sollte.— Aus einem anderen OrteBöhmens, Chrudim wird ebenfalls ein derattiger Krawall ge»meldet, daselbst sollen Deutsche zwei Czechen erstochen haben-In Wien soll steh ein Ministerrath mit den Vorgängen be»schäftigt und beschloffen haben, den Behörden anzubefehlen,weitere Ausschreitungen zu hindern, aber vorläufig noch keineaußerordentlichen Maßregeln anzuordnen.— In Pest geht das Gerücht, daß die in Berlin wohnen-den Oesterreicher nnd Ungarn ausgewiesen werden sollen. D#„Pest. Lloyd" bringt sogar einen heftigen Drohattikel, woriner Represfivmaßregeln ankündigt und behauptet, daß man amjeden ausgewiesenen Oesterreicher oder Ungarn zw« Preußenausweisen könnte, da sehr viele Preußen in Oesterreich undUngarn ihr Brod verdienen. Bis jetzt hat fich das Gerücht rnkeiner Weise bestätigt.wendig ist es daher, Dich mit Deiner ganzen Lage bekanntund vertraut zu machen, um Dich zu befähigen, schlimmstenFalls selbstständig handeln und Deine Bestimmungen treffe»zu können."„Sprich nicht so, lieber Onkel," antwortete Hertha, ihreArme zärtlich um Zansen'S Hals schlingend;„sprich nichtso; mein Wohl und Wehe ruht in Deinen Händen besserund sicherer, als in den meinigen, und wenn der armeRynoldS von einem schrecklichen und so furchtbaren Ge-schick ereilt wurde, so ist damit doch nicht gesagt, daßauch über Deinem Haupte eine unbekannte Gefahr schwebenmuß. O, mein theuerster Onkel, beschwöre doch nicht mehrböse Ahnungen und Besorgnisse herauf, als mich jetzt schonquälen!"„Komm, sei verständig," entgegnete Jansen, indem#Hertha an den Tisch führte, wo Beide einander gegenüberauf niedrigen Bretterstühlen Platz nahmen;„der Krieg Mvor der Thür, jeden Äugenblick können wir Kunde von demersten Blutvergießen erhalten. Ist eS doch kaum zu bezwei»feln, daß RynoldS' von umherstreifenden feindlichen Spione«hinterlistig erschlage« wurde, warum sollte daher nicht au«ich in der Vettheioigung unserer heiligen Lehre, zur Ehredes Erlösers und zum Frommen unserer Gemeinde, meinLebe» auf den Altar des Herrn niederlegen müssen? Bedenke das, mein Kind, und Du wirst gerechtfertigt finde»,daß ich mich auf alle nur möglichen Fälle vorbereite und r»erster Reihe mich der Pflichten gegen Dich als Onkel undVormund entledige."Bei diesen Motten blickte Hertha mit ängstlicher Spannung,aber ergeben zu Jansen empor. Sie wußte, daß, wenn#Onkel sich in dieser Weise äußette, jeder weitere Wider»spruch vergeblich sei. Ein von im gefaßter Entschluß mach?�ihn unbeugsam bis zur Hätte, ja bis zur Grausamkeit,kannte seinen eisernen Charakter, der durch religiöse Grübeleiengleichsam gestählt worden war, und eine seltsame Beklemmungbemächtigte sich ihrer, als sie deutlicher, als jemals,"Useinem feierliche« Wesen herauslas, daß er betreffswirklich zu irgend einer geheimen, aber endgiltigen Emscheidung gelangt sei.(Fortsetzung folgt.)