itd« Redner zu verhaften begannen. Sobald ein Redner am-im war, nahm ein anderer seinen Platz ein. Mnf Sozialisten,die rothe Abzeichen trugen, wurden ebenfalls festgenommenund das Banner der sozialdemokratischen Föderation wurde mitBeschlag belegt. Auf Antrag Dr. Aveling's wurde eine Re°solulion gefaßt, die„gegen die Versuche der Polizei, auf dasGeheiß der privilegirten Klaffen, die Redefreiheit zu beeinträch-tigen", protestirte. Die Polizei rechtfertigt ihr Einschreitengegen die Sozialisten, daß sie durch das Abhalten von Ver-sammlungen in, den Straßen Verkehrsstörungeu verursachen.Die Ealutisten, die Temperenzler und die Straßenvrediger, dieebenfalls große Menschenmaffen um sich versammeln, laßt fiemdeß ruhig gewähren. Die verhafteten Sozialisten, darunterzwei Deutsche, Namens Simon Kohen, ein Stockmacher, und«ermann Bachan camp, ein Zigarrmmacher, wurden gesternNachmittag dem Richter des Themse-Polizeigerichts vorgeführtunter der Anklage, der Polizei Widerstand in der Erfüllungihrer Pflicht geleistet zu baden. Sechs wurden zur Zahlungeiner Geldbuße von 40 Schillingen oder einem Monat Ge-fängniß, ein siebenter zu zwei Monaten Zwangsarbeit verur-theilt.Frankreich.Pariser Blätter dringen einen Protest von 23 rumelisch-griechischen Studenten in Paris gegen die Nachricht,„daßauch die griechischen und türkischen Minoritäten Deputationengeschickt hatten, um der provisorischm Regierung zu danken."Dergleichen Zustimmungen könnten nur erpreßte sein. Esheißt dann in dem Proteste weiter: Diese griechische Minoritätiählt nicht weniger, als 60 000 Seelen. Entrüstet über dieVerletzung des Berliner Vertrages durch die Behörden derautonomen Provinz, müde der unablässigen Verfolgungen derBulgaren gegen die griechischen Schulen des Landes, zieht fietausend Mal die türkische Herrschaft vor. Leider kann sichunsere Stimme kein Gehör verschaffen, aber man stelle unsdoch wenigstens nicht in den Augen Europas als bereit hin,die Vermenaung der Racen in dre panslavistische Maffe anzu«nehmen. Wir ziehen vor» Türken zu bleiben, wenn man unsnur manchmal in unseren Schulen die ruhmreiche Geschichteund die Traditionen unserer Vergangenheit laut lesen läßt.9n dem Augenblick, da wir unS zu Bulgaren insgesammt um-gewandelt sehen, wenden wir rumelisch-griechische Studentenuns an die französische Presse, für unsere Landsleute, die, vonder erdrückenden Majorität der Slaven bedrängt, nicht ihreStimme zu erheben wagen."— Die„Köln. Ztg." meldet, der Kriegs- Minister habe be-fohlen, den Offizieren bis auf neue Weisung keinen Urlaub zuertheilen.Bei der Beerdigung des Kommune-Mitgliedes Arnaudentriß die Polizei Longuet, dem Redakteur des„Justice",die rothe Schärpe, weshalb sich ein kleines Handgemengeentspann..Spanien.Die Palao-Jnseln find von Spanien okkupirt. Nach einerMadrider Meldung englischer Zettungen ist das Panzerschiff„Arragon" von den Karolinen-Jnseln nach Manila zurückge-kehrt, nachdem es alle die wichtigeren Inseln der Palao-Gruppeokkupirt und mit Garnisonen versehen. Der spanische Befehls«haber meldet, daß Spuren von Deutschen auf keiner der Inselnzu sehen waren.Rußland.Die„Politische Korr." enthält folgende wichtige Meldung:Der Zar verbot den Zuzug von Volontären nach Ostrumelienund die Theilnahme russtscher Offiziere an der dortigen Bewe-gung.Moskau, 23. September. Die heutige„Moskauer Zei-tung" spricht sich sehr entschieden gegen den Fürsten Alexandervon Bulgarien und dessen Regierung, welche das bulgarischeVolk unter dem Teckmantel des angeblichen Willens des Kaisersvon Rußland zu dem jüngsten thörichten Schritte verleitet habe,aus. Die ganze Angelegenheit dürste in Nichts verlaufen,wenn die Türkei ihre Truppen einstweilen noch nicht ein-rücken lasse und Rußland energisch auf dem statu» quo antebestehe.Serbien.Belgrad, 22. September. Die Führer der radikalen Parteibeschlossen, das Organ Odjek eingehen zu lassen, weil in Folgedes in den radikalen Bezirken publizirten Standrechtes allerVerkehr im Innern des Landes abgebrochen und ein Rapportweder mit der Partei noch mit der Redaktion möglich ist.Die„Polit. Korrcsp." vom 23. September bringt folgendeMeldung aus Belgrad: Die Mobilifirung und anderweitigeMaßnahmen des serbischen Kabinets bezwecken, Serbien inBereitschaft zu setzen, um für die Erhaltung des durch denBerliner Vertrag geschaffenen statu» quo auf der Balkan-Halbinsel einzutüten, oder, falls es zu einer neuen Gruppirungder Interessen auf dem Balkan kommt, Serbien in den Standzu setzen, seine vitalen Interessen in ernste Erwägung zuziehen. Der Minister deS Auswärtigen hat in diesem Sinneein Rundschreiben an die Vertreter Serbiens im Auslande ge-lichtet._sie von dort vertrieb, nur eine kurze Sstecke nach demnächsten Bergabhange hinaufzustreigen brauchten, um einen»och viel bessern und genauen» Ueberblick über das dicht-belebte Thal und die vorläufige Truppenaufstellung zu ge-Winnen. Außerdem war ja noch Friede, wenn man auchschon seit Wochen der Ankunft des Kuriers entgegensah,welcher den längst ersehnten Befehl zur gewaltsamen Besitz-ergreifung des Gebirgspasses und zum demnächstrgen Ein-warsch in das Salzseethal überbringen sollte...Welch eigenthümliche« Anblick gewährt das Thal,"bemerkte Hertha träumerisch, halb zu ihrem Onkel gewendet,"wie Alles glänzt und flimmert, und welcher Frohsinn»nben Reihen unserer Feinde zu herrschen scheint! O, eS sindlhrer viele, zu viele, als daß unser Volk ihnen lange Wlder-stand zu leisten vermöchte!"..„Zu viele?" fragte Jansen düster, und etwa» vonseinem ftüheren Fanatismus sprach auS serner Physiognomie,'»dem er, wie um die Stärke der Truppen abzuschätzen, seineBlicke langsam von Süden«ach Norden herumgleiten ließ.viele?" wiederholte er,„glaube daS nicht, mein Kind,% sind Söldlinge, die, weil sie zur Arbeit zu träge find,geringen Lohnes willen die Waffen ergriffen haben.und wären es ihrer noch zehnmal so viel, waS»vollen sieAusrichten gegen diese Streiter unseres Volkes, dieihren Herd, für ihre Familie und ihren GlaubenKämpfen? Der Geist des Herrn ist mit unserm Volke,■wb das wiegt in der Wagschale des KriegiglückeS schwerer,®18 ihre wohlgeschulten Regimenter, und zählen dieselben54 Tausenden. Laß sie heranrücken gegen unsere Pässe.,» hast ja gesehen, wie jeder Fußbreit in denselben von5seren mörderischen Kugeln beherrscht werde« kann. LaßJw heranrücken, ja, ganz durch die engen Felsschluchtennachdringen, und von alle», welche Du hier vor Dirwird es nur wenigen vergönnt sein, einen Blick auff-, r 6 heilige Stadt zu werfen, um diesen Genuß aber auch'gleich mst dem Leben zu bezahle«. Fürchte daher nicht»,cSW-JiebeS Kind, baue mit frommer Hingebung auf dieiviZr�igkeit unseres Erlösers. Höre, wie fie singen undc, in, die Amalektiker. In ihrer Vermessenheit erkennen»'cht, daß die strafende Hand des Herrn über ihnenTürkei.Aus Konstantinopel kommen folgende Nachrichten:„Tur-guie" erklärt, daß der Ernst der Ereignisse in Ostrumelien diePforte zum Eingreifen nöthigen werde; die Pforte werdeihre Pflicht mit eben so viel Festigkeit wie Mäßigung er-füllen.In Folge der aus Rumelien eingegangenen Nachrichtenwurde in einem bereits am Sonnabend unter dem Vorfitze desSultans stattgehabten mehrstündigen Ministerrathe die Fragediskutirt, ob die Pforte kraft des»hr durch das organische Sta-tut zugesprochenen Rechtes Truppen nach Rumelien entsendensolle. Die Meinungen der Minister waren getheilt; einigebefürworteten die Entsendung von Panzerschiffen mit 2000Mann Truppen nach Burgas(Ostrumelien), sowie den Ein-marsch nach Macedonien; andere waren der Anficht, daß zu-nächst die Vertragsmächte konsultirt werden müßten. Vor-läufig wurden einige Bataillone von Adrianopel in der an derGrenze liegende Stadt Mustapha- Pascha zusammengezogen.—Die Pforte hat an die Eignatarmächte des Berliner Vertragesein Rundschreiben gerichtet, in welchem fie gegen das Verbal«ten des Fürsten von Bulgarien und die Verletzung des Ver-träges Protest erhebt und erklärt, der Sultan habe beschloffen,die ihm laut Artikel 16 des Berliner Vertrages zustehendenRechte effektiv auszuüben.Aus Salonichi wird unterm 21. d. gemeldet: Nach Berichten aus Prisrend in Ober- Albanien haben Zusammen-stöße zwischen den türkischen Truppen und den Aldanesen desDistrikts Djakovo stattgefunden. Beißet Pascha, der türkischeTruppenkommandant in Prisrend, begab sich sofort mit fünfBataillonen Infanterie nach dem Schauplatz der Feindselig-ketten.Lokales.t. Von einem tragischen Schicksal ist die Familie desStenographen H. heimgesucht worden. H. hatte den Feldzuggegen Frankreich als Einjährig-Freiwilliger mitgemacht und daseiserne Kreuz erworben. Einige Jahre nach dem Feldzugestellten fich bei H., der sich inzwischen verheirathet hatte, dieSymptome eines schweren Nervenleidens ein, das H. fich nachder Vermuthung der Aerzte bei den Strapazen des Feldzugeszugezogen; ein Anspruch auf Jnvalidenpenfion stand dem Un-glücklichm, der in Folge seines Leidens auch seinem Berufenicht mehr nachgehen konnte, nicht zu, da die Krankheit erstspäter als ein Jahr nach Beendigung des Feldzuges zu Tagetrat. Unter diesen traurigen Verhältnissen fand er vor etwaanderthalb Jahren Aufnahme in der Anstalt zu Dalldorf. Daendlich erschien im vorigen Jahre die bekannte Kabinetsordre,welche die Prüfung solcher Jnvaliditäts Ansprüche anordnete,die nach dem Gesetz zwar nicht zu begründen find, deren Be-rechtigung aber aus Billigkeitsgründen anerkannt werden müsse.Auch H. machte nunmehr seine Ansprüche geltend. Alles warin Ordnung und nur sein Gesundheitszustand mußte noch vonSeiten des Militärarztes festgestellt werden, zu welchem Zweckefich dieser nach der Anstalt in Dalldorf begab. Der inzwischenin völliges Siechthum verfallene H. wurde von dieser ÄztlichenUntersuchung derart erregt, daß er dem untersuchenden Militär-Arzte fast unter den Händen starb. Durch diesen Zwischenfallscheinen nun weitere Formalitäten nothwendig gewordenzu sein, um eine Unterstützung der Familie des Ver-storbenen zu erreichen; Recherchen der Militärbehörde habenzwar nach dieser Richtung hin stattgefunden, aber bisher ist dieFamilie noch immer ohne jede Unterstützung aus Reichsmittelnf blieben. Man ficht, das Loos mancher unser tapferstenitkämpfer im letzten Kriege ist für fie und ihre Nachkommenein recht bedauerliches.Zwei interessante Fälle von Hypnotismus(schlaffähnlicher Zustand) gelangten vor kurzem auf der„Nervenabtheilung" der löuigl. Charitee zur Beobachtung. Der erste Falldetraf eine 19 jährige Kindergärtnerin, welche im vergangenenJahre in Folge Ueberanstrengung bei den Vorbereitungen zumLehrerinnen Examen von Krampfanfällen heimgesucht wurde,die später fich so häufig wiederholten, daß fie rn der ChariteeAufnahme nachsuchen mußte. Neben rein epileptischen undhysterischen Anfällen beobachteten die Aerzte auch, daß diePatientin, sobald man fie einen Gegenstand fixiren ließ, odereinen kurzen Druck auf einen ihrer Augäpfel übte, in einenhypnotischen Zustand verfiel und das Bewußtsein verlor, sodaß fie selbst sehr tiefe Nadelstiche nicht empfand. Bei Druckin der Nackengegend stieß die Kranke jedesmal einen eigen-tbümlichen, schnarchenden Ton aus, während Druck auf denScheitel sofort einen blitzartigen Krampf des ganzen Körpershervorrief. Das Erwachen aus der Hypnose ei-folgte gewöhn-lich von selbst nach 15 bis 20 Minuten, konnte aber durch Be-sprengen des Gesichtes mit kaltem Wasser beschleunigt werden.— Bei der zweiten Patientin, einem 18 jährigen Mädchen, dasin einer überfüllten Kirche nach mehrstündigem angestrengtenMarsche zum ersten Male erkrankte, konnten dieselben hypnotischenErscheinungen, wie bei der ersten, hervorgemfen werden. DiePatientin beantwortete sogar während der Hypnose jede derihr vorgelegten Fragen, so daß es möglich war, mit ihr trotzschwebt, und erst dann werden sie zur Einsicht ihrer eigenenErniedrigung gelangen, wenn sie mit ihren Leibern unserePässe so ausgefüllt haben, daß es unserer Schanzen undBatterien nicht mehr bedarf, um dieselben unzugänglich für fer-nere feindliche Einfälle zu machen. Darum verliere das Ver-trauen nicht, mein gutes Kind; find sie auch glänzender ge-kleidet, als unsere Gebirgsjäger, und stehen ihnen auch un-erschöpfliche Mittel zu Gebote, so müssen sie doch ohnmächtigzurückweichen, wenn der Herr an der Seite seiner Auser-wählten gegen fie ficht."Während Jansen so sprach und bei jedem neuen Wortemehr von religiösem Eifer ergriffen wurde, wich auch indemselben Grade der wohlwollende, milve Ausdruck, der seitneuerer Zett auf seinen Zügen immer dauernder zum Durch-bruch gekommen war. Als er dann endlich schloß, da hob erfeine Faust drohend gegen da» feindliche Lager, al« ob erAlles, was im Bereich seiner schwärmerisches Feuer sprühen-de« Blicke lag, hätte zerschmettern mögen.Auch HerthäS liebliches Antlitz hatte sich auf einigeSekunden erhellt, doch nur, um desto schneller wieder indie alte Wehmuth zurückzufallen und mit ängstlicher Be-sorguiß zu Jansen emporzuschauen. Sie begann zu fürchten,daß der so urplötzlich erwachsene religiöse Haß ihn bewegenkönne, jetzt noch, dicht vor dem Ziele, umzukehren undWeatherton, als einen Genttle, seinem Schicksal und Elliot'«Willkür zu überlassen.Sie lenkte daher ihr Pferd dicht an ihren Onkel heran,der noch immer wie in einer Art von Verzückung auf dielange« Reihen der Zelte hinstarrte.„Lieber Onkel," sagte sie zagend, indem sie ihre Handsanft auf seine« Arm legte, und rn dem Ton»hrer Stimmeoffenbarte sich ihre ganze Herzensangst,„Du er-mahnst mich zum Verttauen auf unfern Erlöser; glaubemir ich habe das Gottverttauen nicht verloren, undwenn ich beim Anblick unserer Feinde irgend etwas dachte,war e» der Wunsch, nein, noch mehr, ei« innige«daß der Krieg von unserm Thal, von unserm■ werden möge. Wie entsetzlich ist es,soGebet,% dgmmbdfich"-u vergegenwärtigen, daß die Unsrigen, die jetzt nochim Kreise ihrer Familien da» höchste irdische Glück genießen,im Kreis- ihrerihrer Bewußtlosigkeit ein zusammenhängendes Gespräch zuführen. Wurde fie aufgefordert, zu gehen, so erhob fie fichlangsam und ging mit Unterstützung(in Zimmer umher. E»gelang leicht, diese Patientin durch Anhauchen des Gesichts zuerwecken; fie richtete fich dann auf, kratzte mit den Händen umfich und sah fich verstört um; nach kurzer Zeit sprang sie dannplötzlich empor und war wieder bei Bewußtsein. WeitereExperimente wurden mit Rückficht auf den krankhaften Zustandder Patientinnen nicht vorgenommen. Soviel geht indeß auchaus diesen beiden dem„B. T." entnommenen Fällen hervor,daß der seinerzeit so sehr angestaunte Magnettseur„Professor"Hansen seine Experimente nicht kraft eines ihm innewohnendeneigenthümliche« magnetischen Fluidums ausgeführt hat. son«der« daß die einzige Vorbeoingung zum Gelingen seinerExperimente eine krankhaste Nervenüberreizung seiner„Versuchs,objekte" war.Ueber einen Todtschlag, welcher am Dienstag Nach»mittag in Retnickendorf verübt wurde, erhalten wir folgendeMittheilungen: Im Hause Sonntagstraße Nr. 4 wohnt die45jährige Frau Amalie Haack, verwittwete Laff. Als der eisteMann ver Frau starb, heirathete fie ihren jetzigen GattenHaack, der ein Vermögen von 4000 Thalern besaß. Nachdemfie dieses Geld„alle" gemacht, wohl auch zum großen Theilehinter fich gebracht, wurde der Haack, ein alter Mann, an dieLuft gesetzt. Darauf nahm die Frau ihren 20jährigen Sohnaus erster Eye, Namens Paul Laff, zu fich ins Haus. Derjunge Mensch, welcher Müller gelemt hat, ist in Reinickendorfals gefährlicher Schläger bekannt und wegen seines Hangeszum Äefferstechen bereits mehrfach vorbestraft. Aber auch dieMutter ist übel beleumdet und liegt mit allen Nachbarn imStreite. Unter diesen Umständen darf es nicht Wunder nehmen,daß Mutter und Sohn auch mit einem Mietber ihres Hauses,dem alten Schneidermeister Oberlein auf denkbar schlechtestemFuße standen. Wo ihnenlderselbe in den Wurf kam, wurdeer mit Schimpfworten und Thätlichkeiten überschüttet. Es kamso weit, daß fich der alte Mann nicht mehr getraute, seineWohnung zu verlassen und wenn er es that, so that er esheimlich und kehrte nie ohne Begleitung zurück. Am letztenSonnabend konnte er fich doch einer Begegnung mit seinenFeinden nicht entziehen, er bekam Prügel, genau so erging esihm am Sonntag, und am Montag wurden ihm zwei Zahneaus dem Munde geschlagen. Noch am Montag äußerte er zuBekannten:„Das Haus ist noch mein Tod, ich glaube, daßich hier nicht lebendig herauskomme!" Seine trüben Ahnungensollten fich schneller erfüllen, als er selbst geglaubt Hävenmag. Am Dienstag Nachmittag hörten die Nachbarn imHaack'schen Hause wieder Skandal, Niemand traute fich in dasHaus hinein, nur von der Straße auS sah man, daß FrauHaack nnd ihr Sohn auf Oberlein einschlugen. Das war gegen2 Uhr. Bald darauf kam der Fuhrherr Richter, vis-a-ris imtaufe Sonntagstr. 6/7 wohnhaft, und erfuhr von dem Vorfall.r wagte es, den Oberlein zu besuchen und fand denselbenam Brunnen auf dem Hofe siebend, damit beschäftigt, sich dasBlut vom Kopfe zu waschen. Richter sah auf dem Hinterkopfeeine handbreit klaffende Wunde, aus welcher Gehirnmasse her-ausquoll. Er brachte den Verletzten sofort zum Amt, von dortaus wurde er zum Bezirksarzt geschickt. Letzterer fand denganzen Körper zerschlagen und erklärte, die Kopfwunde müsse»n wenig Stunden den Tod herbeiführen, der Verletzte müsseschleunigst zur Charitee gebracht werden. Richter packte denOberlein, der jetzt erst ohnmächtig wurde, in einen Wagen undließ ihn in Begleitung der Frau Richter und zweier Knechtenach der Charitee bringen, wo es sofort hieß:„Der Mannist schon so gut wie todt!" Noch am Dienstag Abend begabsich der Ämtsvorsteher Wille— bei welchem Richter mittler-weile gemeldet hatte, daß Oberlein, ehe er bewußtlos wurde,gesagt bade, daß Frau Haack ihm die Wunde im Kopf miteinem Meffer beigebracht und der Sohn mit einem Zimmer-mannShammer auf ihn eingeschlagen hätte— in Begleitungdes Gendarmen Schönholz und der Wächter Klose und Scholzin daS Haack'fche HauS und verhaftete Mutter und Sohn.Beide wurden gefesselt ins Amtsgefängniß gebracht. GesternVormittag wurde Paul Laff, ein bartloser, rothblonder Bursche,dem Rohheit und Wildheit aus dem Geficht leuchten, gefesseltder Staatsanwaltschaft am Landgericht II. eingeliefert. DieMutter— deren Haus gestern zwangsweise subhastirt worden ist— folgte im Laufe des Tages nach. Wenn auch das Schicksaldes Oberlein allgemeine Theilnahme erregt, so freut fich dochdie ganze Einwohnerschaft, daß Frau Haack und ihr Sohn fürlange Zeit unschädlich geworden find.r. Die Leihpferde, deren fich unsere Sonntagsreiter zubedienen pflegen, mögen zu den oft belachten Unfällen dersel»ben durch ihre schlechten Gewohnheiten nicht wenig beittagen.Der Wcrlführer einer hiesigen Hutfabrik, ein gedienter Kavalle-rist, beschloß an einem der letzten schönen Tage einen Rittdurch den Grunewald zu machen und entlieh zu diesem Zweckeaus einem der bekannten hiefigen Reit-Jnstitute ein Pferd, dasden Eindruck eines durchaus frommen und mhigen Thieresmachte. Es lief auch ganz mhig bis etwa nach dem großenStent im Thiergarten; hier aber machte es Halt und als derReiter es energisch zum Weitergehen veranlaßte, machte es ziem»ihre Brust den feindlichen Geschossen darbieten sollen; wieentsetzlich, zu bedenken, daß die Leute, die dort drüben singenund jubeln, in einen gewissen Tod hineingetrieben werdensollen. O, eS kann nicht der Wille Gottes, des allgüttgenVaters aller Welten sein, daß die Menschen, die er zuseinem Ebenbilde schuf, sich gegenseitig oerfolgen und zer-fleischen. Gewiß, lieber Onkel, eine Religion, welche lehrt,„Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie Dich selbst," kannnicht zu gleicher Zeit ihren Anhängern da« Schwert in dieHand drücken und ihnen schonungslose» Blutvergießen gebieten!"„Die Religion gebietet e» auch nicht, sondern die ent-fesselten Leidenschaften der Menschen thun e«," sagte plötzlich eine wohltönende sanfte Männerstimme hinter ihnen,und als sie überrascht zurückschauten, erblickten sieeinen ältlichen Mann, der, nach seiner Stellung zuschließen, den größten Theil ihres Gesprächs gehörthaben mußte. Derselbe hatte sich ihnen von der Seite,wo ihn einige vorspringende Felshügel verbargen, ge,nähert, und dem Umstände, daß er indianische Mocassin«von weichem Wildleder an den Füßen trug, war eSwohl vorzugsweise zuzuschreiben, daß während ihrer Unter-Haltung seine leisen Tritte ihrer Aufmerksamkeit entgange«waren.Als Jansen sich nach dem Fremden umwendete, schwebteihm eine unfreundliche Antwort auf den Lippen, indem ervoraussetzte, derselbe habe sich nur, um zu lausche«, so heim-lich herangeschlichen. Kaum aber hatte er einen Blick aufihn geworfen, so fühlte er auch seinen Zorn, der schon durchHertha'« fromme Worte besänftigt worden war, vollständigschwinden.Der Fremde nun, ein Mann in Jansen'« Alter, zeigteeine mittelgroße, schlanke Gestalt, die weder ungewöhnlichekörperliche Kräfte, noch hervorragende Gewandtheit vermuthenließ, die aber nichtsdestoweniger wie zum Ertragen von Be»schwerden und Entbehrungen geschaffen schien. In wiehohem Grade er aber mit den Widerwärtigkeiten des Leben«zu kämpfen gehabt, da« stand auf dem freundlichen, wetter»gebräunten und von Runzeln durchfurchte« Antlitz mit un-auSlöschliche« Züge« geschrieben.(Forts, folgt.)