handlungen, außer von den Blättern, welche den Antisemitis mus geschäftsmäßig betreiben, Notiz genommen, daher glauben diefe Leute auch, fich ungeftraft alle möglichen Frechheiten her. ausnehmen zu dürfen. Diebstahl und Lüge",- mit diesen beiden Schlagworten eröffnet der Herr Stadtverordnete die Distusfion der Wahlkampagne. Herr Pickenbach ist ein konser vativer Herr, er muß wissen, was sich schickt, Herr Pickenbach wird sich daher wohl freiwillig oder unfreiwillig für die Ehre bedanken müssen, fernerhin sich noch in der Gesellschaft von Dieben und Lügnern aufzuhalten. Herr Pickenbach hat fich nämlich richt entblödet, seine Kollegen in der Stadtvertres tung mit diesen Ehrentiteln zu belegen. Der Musterstadtverordnete äußerte in der vorgestrigen Standal Versammlung der Antisemiten, über welche wir bereits berichtet haben, Folgendes:
-
-
Wenn es wahr ist, daß Herr Singer behauptet, er habe den Antrag auf Gehaltserhöhung der Laternenanzünder gestellt, so bat er einfach gelogen. Es muß überhaupt endlich einmal ausgesprochen werden, daß die Arbeiter ein eigenes Programm nicht zu Stande gebracht, daß fie nur abgeschrieben haben. Ehe an die Arbeiterpartei zu denken war, habe ich dieselben Forderungen gestellt, und der einzige neue Antrag, der Antrag Singer, ist mir gestohlen. Ich hatte näm lich Herrn Tugauer Mittheilung gemacht, daß ich einen folchen Antrag stellen würde."
Was den ersten Antrag anbetrifft, so ist noch niemals von irgend Jemand, der die einschlägigen Verhältnisse nur einiger maßen fennt, behauptet worden, daß derselbe vom Stadtverordneten Singer gestellt worden wäre. Herr Singer selbst wäre jedenfalls der Leyte , dem es einfiele, fich eine derartige grobe Unwahrheit zu Schulden kommen zu lassen. Herr Pickenbach hat thatsächlich den Antrag für die Laternenanzünder trog tros des Protestes seiner eigenen ParteiGanz anders es fich verhält genoffen eingebracht. jedoch mit dem zweiten Antrage, dem Antrage Singer", der bekanntlich auf eine Vermehrung der Berliner Reichstagswahlkreise hinauslief. Herr Bickenbach scheint wie alle großen Männer an zeitweiliger Gedächtnißschwäche zu leiden, wir find daher so frei, den wirklichen Thatbestand dem geehrten Herrn hier ins Gedächtniß zurückzurufen. Herr Pickenbach hatte mit Herrn Tuzauer eine Privatunterredung, in deren Verlauf lepterer Herr sich über die Wahlkreiseintheilung Berlins im Sinne des Singer'schen Antrages äußerte. Herr Pickenbach faßte sofort die dee auf und erklärte fich zur Einbringung eines solchen Antrages bereit. Selbstredend verzichtete man auf eine derartige unberufene Einmischung, der Antrag wurde von Seiten der Arbeiterpartei gestellt, in welcher er auch entstanden war. So verhält sich die Sache thatsächlich und es kann nur als ein Zeichen der allbekannten antisemiti schen Unverfrorenheit betrachtet werden, in einem solchen Falle von einem Diebstahl" zu sprechen. Herr Bickenbach ist wahrscheinlich darüber indignirt, daß man seine Beihilfe von vornherein unzweideutig ablehnte und heute nennt er das einen Diebstahl". Das ist gewiß bürgerparteiliche Logit, wir unfererseits haben gegen dieselbe nichts einzuwenden, so lange die Herren unter sich bleiben und sich gegenseitig mit ihren Schmeicheleien regaliren; wenn dieselben jedoch makellose Ehrenmänner in den Bereich ihrer schmußigen Schimpfereien ziehen, so müssen wir ein derartiges Vorgehen ganz energisch zurückweisen. Herr Pickenbach ist jedenfalls nicht dazu berufen, fich zum Richter über Andere aufzuwerfen. Das Programm der Arbeiterpartei war übrigens bereits fertig, als Herr Pickenbach seine Windeln noch beschmußte.
Wie dem Publikum Sand in die Augen gestreut wird. Die Demokratischen Blätter" ertappen die„ Freis finnige Beitung" auf einem recht plumpen Schwindel und fer tigen das anmaßende Organ des Herrn Richter in folgender derber Weise ab: Wer, wie wir aus psychologischem Intereffe, die Freifinnige Beitung" aufmerham liest, wird mit Ver gnügen bemerkt haben, mit welcher Eifersucht die Redaktion. darüber wacht, daß bei einer jeden Notiz unbedeutend wie fie auch sein mag die fich etwa in eine andere Beitung verliert, die Freifinnige Beitung" und zwar voll ausgedruckt als Quelle angegeben werde. Wenn nun auch die Freifinnige Beitung" noch nicht eine einzige Nachricht, noch nicht ein einziges Urtheil gebracht hat, welches des Abdruckens werth gewesen wäre, und die von anderen Zeitungen aus ihr übernommenen Notizen wohl nur als Lüdenbüßer reproduzirt find, so ist es doch immer hübsch, wenn auch bei dem geringfügigsten Anlaß der Unfitte entgegengetreten wird, daß die Beitungen fich gegenseitig ausplündern und daß die eine Zeitung, indem ste aus der andern abdruckt, in ihren Lesern den falschen Glauben zu erwecken sucht, der Inhalt jener Beitung wäre ihr Eigenthum. Wir waren, wie gesagt, erfreut, unseren Sittenverbefferer hier gegen ein in der That eingeum so wurzeltes Uebel zu Felde ziehen zu sehen; unangenehmer indeß war die Enttäuschung, als wir auch in diesem Falle inne wurden, daß die Freifinnige Beitung" öffentlich Waffer predigt und selber heimlich Wein trinkt. Warum giebt die Freifinnige Beitung" nicht die Quelle ihrer Inserate an? Von befreundeter Seite auf dieſe merkwürdige Gigenart
Der Freifinnigen Zeitung" aufmerksam gemacht, haben wir eine beliebige Nummer derselben herausgegriffen, ihre Inserate auf die Quelle hin studirt und, erstaunt über das befremdliche Resultat, die Probe auf das Erempel noch bei einer Reihe von anderen Nummern gemacht. Es blieb indeß immer dasselbe. Hier ist es:
Freis. 3tg." v. 12. September.
,, Vossische Ztg." v. 11. Septemb. Riefengebirgs- Fruchtsäfte. Riesengebirgs- Fruchtsäfte. Für 4 Mt. 50 Pf. sende eine Für 4 Mt. 50 Pf. sende eine Postliste v. 10 Pfd. franco unter Bostliste v. 10 Pfo. franco unter Nachnahme, enth.: 8 Fl. Him Nachnahme, enth.: 8 Fl. Himbeer, Johannisbeer, Brom- beer, Johannisbeer, Brombeer, Preißelbeer- u. Kirschsaft; beer, Preißelbeer- und Kirsch. 3- Liter- Faß obig. Säfte f. 5 Mt. faft; 3 Liter Faß obig. Säfte 30 Pf. Preiselbeeren, start m. für 5 Mt. 30 Bf. Preißelbeeren, Buder, 10 Bfd. Faß, franco start m. Buder, 10. Pfund- Faß, unter Nachnahme 4 Mt. franco unter Nachnahme 4 Mt. 50 Pf. Fabrit spritfreier 50 Pf. Fabrik spritfreier Buckerfäfte. Buderjäfte
Kur u. Tafeltrauben, täglich frisch geschnitten, versen det aus seinen eigenen Weinbergen, 5 Kilo franto 4 Mt.
A. Bartsch, Warmbrunn i./Schl. A. Bartsch, Warmbrunn i. Schl. Cur- und Tafeltrauben, täglich frisch geschnitten, versendet aus seinen eigenen Weinbergen, 5 Rilo fr. 4 Mr. C. Landgraf, Dürkheim . Höhere Töchterschule und Penfionat in Eberswalde . Näheres durch die Prospekte. M. u. A. Meffert. Französische Str. 40. 41. Eine hochherrschaftliche Wohnung für ein linderloses Ehe paar in der 3 Etage, Aussicht nach dem Schillerplay, ist per 1. Oktober zu vermiethen. Das Nähere Martgrafenstr. 53. 54. beim Verwalter.
C. Landgraf, Dürkheim . Höbere Töchterschule und Penfionat in Eberwalde. Näheres durch die Prospekte. M. u. A. Meffert. Franzöfifche Str. 40. 41. Eine hochherrschaftliche Wohnung für ein kinderloses Che paar in der 3. Etage, Aussicht nach dem Schillerplat, ist per 1. Oktober zu vermieten. Das Nähere Markgrafenstr. 53. 54. beim Verwalter.
In der Potsdamer Vorst. In der Potsdamer Vorst. wird von 2 Herren ein gr. möbl. wird von 2 Heiren ein gr. möbl. 2 fenstr. Bimmer mit 2 Schlaf- 2 fenstr. Bimmer mit 2 Schlaftab. u. Dienerz. für 2. D. tab. u. Dienerz. für 2 D. zum 1. Oftober gesucht. Off. zum 1 Oftober gesucht. Off. Baumeister Zimmermann, Kur Baumeister Zimmermann, Kur fürstenstr. 88. fürstenstr. 88.
Eine Wohnung, 3 Bimmer u. Zubehör, Preis 600 bis 700 Mr., in der Louisenstadt gelegen, fofort zu miethen gesucht. Gef. Adreffen beim Portier des City Hotels abzugeben.
Für nur 140 thlr. jährlich hübsche Hofwohnung mit 2 Zimmern, 1 Kammer, Küche 2c. im 1. Stod, f. 1. Dttober oder auch früher Anhaltstr. 3.
Als Lehrling findet Sohn anständiger Eltern, mit guter Schulbildung, Stell. im Komtoir u. Lager meiner Fabrit wie Geschäft Friedrichstr. 68.
M. H. Burchardt.
Für m. Spezialgeschäft für Mühlen Fabrikate juche p. 1. Oftbr. e. Lehrling mit guten Schulfenntniffen.
Eine Wohnung, 3 Bimmer u. Zubehör, Preis 600 bis 700 Mt., in der Louisenstadt gelegen, fofort zu miethen gesucht. Gef. Adressen beim Bortier des CityHotels abzugeben.
Für nur 140 thlr. jährlich hübsche Hofwohnung mit 2 Zimmern, 1 Kammer, Küche 2c. im 1. Stock für 1. Oktober oder auch früher Anhaltstr. 3.
Als Lehrling findet Sohn anständiger Eltern, mit guter Schulbildung, Stell. im Kom toir u. Lager meiner Fabrit wie Geschäft Friedrichstr. 68.
M. H. Burchardt.
Für m. Spezialgeschäft für Mühlen- Fabritate suche p. 1. Ofibr. e. Lehrling mit guten Schultenntniffen.
W. M. Hinze, M. M. Hinge, Potsdamer Straße 21a. Potsdamer Straße 21a. Bum 1. Oftober suche für Zum 1. Oktober suche für mein Material Eisenkurz mein Material, Eisenkurz waaren- u. Destillations- Gesch. waaren u. Destillations. Gesch. einen tüchtigen jungen Kommis einen tüchtigen jungen Kommis und einen Lehrling. und einen Lehrling. Boffen. W. Göze. Zoffen. W. Göze. Verlangt für das Comtoir Verlangt für das Komtoir meines Möbel und Decoras meines Möbel- und Dekorations Geschäfts einen Lehrling tions- Geschäfts einen Lehrling gegen monatl. Vergütung. W. gegen monatl. Vergütung. W. Raschly, Hoftapezirer, Leipziger Raschky, Hoftapezirer, Leipziger
Str. 94. I.
Str. 94. I.
( Neun andere Annonzenplagiate gleichen Datums laffen wir zurück.) Nun könnte man vielleicht sagen, es ist doch eigentlich entgegenkommend gegen das Publikum, wenn die Freifinnige Zeitung", offenbar um dem Mangel an Stoff ab zuhelfen, den leeren Raum ihres Blattes mit Inseraten der Bosstischen Zeitung" ausfüllt und so denselben eine noch grö Vosfischen Zeitung" ausfüllt und so denselben eine noch grös Bere Verbreitung giebt, ohne daß den Inserenten Kosten er wachsen. Indeß die Sache liegt doch mannigfach anders. Bunächst liegt hier offenbar ein großer Schwindel vor. Es soll dem Leser weiß gemacht werden, daß das inserirende Publikum fich bereits der Freifinnigen Beitung" bedient. Schulze soll fich sagen, wenn Müller damit Kunden fängt, dann muß ich es auch thun. Das nennen die Juristen Vorspiegelung falscher Thatsachen, um sich einen Vortheil zu verschaffen. Wird fomit den Interessenten übel mitgespielt, so geht es dem Theil bes Publikums, auf welches die Inserate berechnet sind, noch schlimmer. Alle diejenigen, welche eine Stellung, eine Wohnung, oder sonst etwas suchen, was ihnen im Inseratentheil der Freifinnigen Beitung" angeboten wird, und die thöricht genug find, zu glauben, daß die Inferate echt seien, laufen nach der angegebenen Adresse hin, schicken ihre Zeugnisse ein u. f. w., um demnächst zu ihrer Betrübniß und argen Enttäuschung zu erfahren, daß die Stelle schon am vorigen Tage vergeben, die Wohnung schon vermiethet ist u. s. w. Derjenige aber, welcher die Stelle zu ver geben, die Wohnung zu vermiethen hat, und schon am Tage zuvor überlaufen ist, ist nicht wenig erstaunt, wenn die Geschichte noch einmal von vorne los geht. Das ist eine arge Belästigung des Publikums, sowohl des anbietenden, wie des nachfragenden, und es wird für Herrn Emil Barth vielleicht nicht ohne Interesse sein, wenn wir seiner journalistischen Unerfahrenheit mit der Mittheilung zu Hilfe kommen, daß im Jahre 1874 ein neugegründetes Blättchen, welches auf dem felben Wege zu Inseraten zu kommen versuchte, indem es den Arbeitsmarkt einer andern Beitung abdruckte, wegen groben Unfugs verurtheilt ist. Weiß Herr Emil Barth( dieser Herr ift der verantwortliche Redakteur der Freifinnigen Beitung. Die Demokr. Blätter" nennen den Namen dieses Herrn statt der Freifinnigen Beitung", weil es in dem Richter'schen Organ zur ständigen Unfitte ausgeartet ist, stets Personen an Stelle der Sache zu seßen. Red. des ,, Boltsbl.") fein anderes Mittel, seinen leeren Raum zu füllen, dann thäte er doch beffer, die für die Inserate bestimmten Seiten weiß zu lassen und einfach mit der Inschrift zu versehen: Hier werden später einmal Das wäre immerhin beffer, als Inserate zu finden sein. fremde Inferate abzudrucken und das Publikum zu täuschen und zu beläftigen. Das beste freilich wäre, wenn Herr Emil Barth die Zeit, welche er auf die Kontrolle der obskurften Blätter verwendet, um irgendwo eine verlorene Notiz der Freifinnigen Beitung" zu entdecken, lieber dazu benußen wollte, seine tausend öden Rubriken mit Nachrichten zu füllen." Das genügt!
th. Die Bierfrage ist für viele Menschen eine Lebensfrage, unbedingt aber für die Bierverleger, in deren Kreiſen frage, unbedingt aber für die Bierverleger, in deren Kreisen fich eine große Unzufriedenheit bemerkbar macht. Die Spize der sich fett entwickelnden Bewegung unter dieser Kategorie von Geschäftsleuten richtet sich hauptsächlich gegen die Brauereien und deren Konkurrenz durch ihr Versandt Biergeschäft( laschenbier), welche nach Ansicht der Bierverleger diesen ausgedehnten Geschäftszweig mit der Zeit vollständig ruiniren und gänzlich unmöglich machen muß, da die Brauereien ihr Flaschenbier direkt an Kaufleute, Grünframhändler und Private abgeben und zwar zu einem Preise( einzelne Brauereien 36-40 Flaschen für 3 M.), wie es den Bierverlegern nicht möglich ist. Sollen diese mit den Brauereien fonfurriren und ebenso viel oder noch mehr Flaschen liefern für eine bestimmte Summe, so müßten dieselben vielfach das Bier verschlechtern. Die natürliche endliche Folge hiervon würde sein, daß die Bierverleger ihre jetigen Kunden vollends verlieren und diese sich insgesammt ben Brauereien zuwenden würden. Gegen dieses Verschleudern der Waare energisch Front zu machen und, wenn möglich, Brauereien zu veranlaffen, ihren Flaschen Bier verkauf an Kaufleute, fleine Händler und Private ein aber weniger fürs Geld zuschränken, zum mindesten
die
zu liefern und gleichzeitig dieses auch den Bierverlegern zur Pflicht zu machen, ist der Bielpunkt der entstandenen Agis tation, welche zum ersten Male am 23. d. M. durch eine nach Buldermann's Salon, Kommandantenstr. 72, einberufene Ver sammlung von Bierverlegern, zu welcher die Einladungen per Postkarte ergangen waren, sichtbaren Ausdruck fand. Die Versammlung war sehr zahlreich besucht, verlief aber ziemlich refultatlos, doch erkannte man die Nothwendigkeit, vor Allem eine feste Organisation zu schaffen und einen Verein der Bierverleger zu gründen und einigte man sich dahin, zu diesem Bwede zum nächsten Mittwoch eine neue Versammlung einzuberufen, zu welcher der Zutritt nur auf Grund einer Legitimation als Bierverleger gestattet sein soll.
Was heut zu Tage nicht Alles verlangt wird! In der dritten Beilage zu Nr. 222 des Berl. Intelligenz Blati" findet fich folgende Annonce: Ein Tischler, der gut poliren fann und mit Hundefuhrwerk Bescheid weiß, als Hausdiener verlangt Rosenthalerstraße 50, I. Lohn 5% Thlr." Wayr scheinlich soll dieser hausdienende" Tischler für 5% Thlr. in dem Hundefuhrwerk spazieren gefahren werden.
Holzmarktstraße von der Seite nach dem Geleise zu in dem Augenblicke, als von der entgegengesetten Seite ein Tramway um die Ecke der Schillstraße bog. Die alte Dame gewahrte die Gefahr, wurde ängstlich, lief, den Knaben frampfhaft fefthaltend, zurück, dann in der Bestürzung wieder vor und geraden Wegs in die Pferde des in voller Fahrt befindlichen Wagens. Jm Augenblid hatten die Pferde beide zu Boden geriffen, und noch ehe es gelang, den Wagen zum Stillstand zu bringen, waren die Räder deffelben der Unglücklichen über beide Beide gegangen. Als es gelang, die vor Schmerz und Angst Ohnmächtige aufzuheben, konstatirte man, daß die Vers unglückte mehrere Knochenbrüche erlitten, während der Knabe mit unbedeutenden Hautabschürfungen davontam. Die erfte Frage der Greifin, als sie das Bewußsein wiedererlangte, war nach dem Kinde. Als man ihr daffelbe unversehrt zeigte, lächelte fie trotz des brennenden Schmerzes unter Thränen. Dann schwanden ihr wieder die Sinne. Die Schwerverlette wurde in ein Krankenhaus überführt.
Um den Prozeß des Malers Prof. Graef gruppirt fich schon eine ganze Mythenbildung, und fast täglich werden unrichtige Nachrichten in die Presse gebracht. Nach den von uns an authentischer Stelle eingezogenen Erfundigungen wird der Prozeß zweifellos ohne Vertagung zu Ende geführt werden; ebenso zweifellos erscheint es, daß die Deffentlichkeit ausges schloffen wird. Ganz falsch ist die Nachricht, daß gegen die Mutter der beiden Schwester Rother eine Anklage nicht erhoben worden sei; im Gegentheil ist dieselbe am allerschwersten belastet. Neben Brof. Graef , gegen den fich die Anflage auf Meineid richtet, hat sich die Anna Rother gleichfalls wegen Meineides, die Schwester derfelben wegen Anstiftung zu diesem Verbrechen, und die Mutter Rother wegen schwerer Kuppelei und Anstiftung zu verantworten. Die Bertheidigung des Prof. Graef führen Justizrath Simson und Rechtsanwalt Kleinholz, die der Schwestern Rother die Rechtsanwalte Dr. Sello und Caffel, während die Mutter Rother von dem Offizialvertheidiger Rechtsanwalt Voigt vertheidigt wird. Die Verhandlung wird am 28. d. M. im fleinen Schwurgerichtssaale beginnen und vier Tage hindurch dauern, da die Verlesung zahlreicher Schriftstücke und Korrespondenzen eine geraume Zeit in Anspruch nimmt.
g. Ueber die Berliner Spielerwelt verlautet jett feltener etwas in der Deffentlichkeit. Es rührt dies, einestheils daher, daß viele der Größen der Berliner Spieler sich schon feit längerer Zeit auf sog. Kunstreisen im Auslande befinden, andererseits aber die Spiel- Abende mit großer Vorsicht nach außen hin abgehalten werden. Das Schleppenthum hat nur geringe Erfolge zu verzeichnen, weil die Bahl der nach Berlin kommenden plünderungswürdigen Fremden auffallend gering ist. Das Spiel wird daher größtentheils nur unter den professionellen Spielern im Beisein eines oder des anderen wohlhabenden Mannes gemacht, der im Spiel eine Aufregung sucht, wie man fte in den Personen des Restaurateurs Reinert und des Kunsthändlers Lepke kennen gelernt hat, welchen beiden der Spielteufel zum bösen Verhängniß wurde. Am Tage fteht man die Berliner professionellen Spieler in mehreren frequentirteren Wiener Café's, wo fte sich beim Billard , Schach Stat oder sonstigen Spiel gegenseitig das Geld abnehmen oder auch durch kleinere Wetten diesem oder jenem Gast das Portemonnai ein wenig erleichtern. Einzelne der Spieler sollen in diesem Jahre während ihres Aufenthalts in den deutschen und franzö fischen Bädern bedeutende Summen gewonnen haben, die ihnen hier während der Winterkampagne ein sehr angenehmes Leben geftatten. Die Herren wissen sehr gut zu leben und sind in Den feinen Restaurants der Friedrichstadt sehr gern gesehene Gäste.
g. Auf einem der hiesigen Kirchhöfe ereignete sich vora gestern Nachmittag folgender aufregender Borfall. Ein in der Neuen Hochstraße wohnender Hauseigenthümer war am Sonntag gestorben und wurde vorgestern Nachmittag beerdigt. Bei dem Leichenbegängniß, wobei ein Prediger der Danteskirche die Gedächtnißrede hielt, wurde die hinterbliebene Wittwe plößlich derartig unwohl, daß fie in die Laube des Todtengräbers ge führt werden mußte. Da der Zustand sich nicht befferte, mußte der Sarg ohne Beisein der trauernden Wittwe in die aufgeworfene Gruft gesenkt werden. Nach ihrer Wohnung überführt, ist die noch ganz rüftige Witwe, wie wir hören, in der vergangenen Nacht an den Folgen eines Herzschlages verstorben. Die armen Kinder haben in drei Tagen den Vater und die Mutter verloren.
Eine fatale Verwechselung. Am 21. d. M. traf aus Bommern ein junger Mann aus seiner Heimath auf dem Stettiner Bahnhofe hier ein, der die Absicht hatte, am andern Tage nach dem Rheine weiter zu reisen, und begab sich zu nächst zu einer in der Gartenstraße wohnenden bekannten Familie, um daselbst zu übernachten. Seinen Koffer, in welchem sich Werthpapiere im Betrage von zirka 90 000 M. befanden, hatte er auf dem Bahnhofe einem Gepäckträger gegen Marke übergeben und später diese Marke der erwähnten Familie behändigt, welche den Koffer vom Bahnhof abholen lassen sollte. Mit der Abholung wurde ein Dienstmann betraut, der den Koffer an eine falsche Adresse abgegeben hat. Zufälliger Weise hatte lettere Familie ebenfalls Besuch aus Pommern zu er warten und nahm ohne Anstand das Gepäd in Empfang in der Annahme, daß es von dem Besucher vorausgeschickt sei. Der junge Mann machte Anzeige bei der Polizei, der es ge lang, den Koffer zu ermitteln und ihn unversehrt dem geäng. stigten Eigenthümer wieder zuzustellen.
b. Die Wintergäste aus der Vogelwelt beginnen allmälig fich einzustellen. Der prachtvolle Eisvogel, smaragdgrün und pfirfichroth, ist schon seit einigen Wochen wieder an den Ufern der Oberspree fichtbar. Seit einigen Tagen treiben auch schneeweiße Möven auf dem Waffer ihr Spiel. Ein schwalbenähnlicher Vogel, nur etwas größer und mit abgeſtumpften Flügeln, ebenfalls einer unserer ständigen Wintergäfte, zeigt fich als Dritter im Bunde. Die geheimnißvollen Instinkte, welche man der Thierwelt zuschreibt, scheinen fich im Wesent Seit dem lichen auf den Nahrungstrieb zu beschränken. 23. Auguft bört man feinen Frosch mehr, und am 24. Auguft waren die Störche abgezogen. Die Beobachtungsgabe der Vögel ist auch eine sehr beschränkte. Ein schwimmender Mensch 1. B. kann sich dem scheuesten Vogel wie dem Storch und dem Eisvogel bis auf wenige Schritte nähern, ohne daß dieser die geringfte Notiz von ihm nimmt. Eine Weihe tann einem Schwimmer sehr läftig werden, weil ste ihn für eine gute Beute anfieht. Ein schrilles Pfeifen, welches beim Schwimmen sehr schwer ist, verscheucht den bedenklich niedrig freisenden Vogel.
Der Halsbandschloffer Wilke, welcher vorgestern auf dem Transport nach Sorau auf dem Bahnhofe ,, Alexanderplat" entsprungen ist, wurde gestern hier wieder ergriffen und wird heute unter sicherer Bedeckung in die Jrrenanstalt zurüd gebracht werden. Vor seiner Ergreifung hat er an das PolizeiPräsidium eine Postkarte geschrieben, des Inhalts, daß es ein Ünverstand sei, gesunde Leute in eine Frrenanstalt zu schicken, er werde in Berlin bleiben, der Polizei ein Schnippchen schlagen und alle Kriminalisten auf den Beinen halten, bis er vollständig Amnestie erhalten habe. Den Beamten der Kriminal Polizei hat er erzählt, daß er es bei Konstruirung und Erprobung des Halseisens nicht auf ein Verbrechen ab gesehen habe, sondern nur die Aufmerksamkeit auf sich habe lenten und seine Befähigung für die von ihm erstrebte Stellung eines Kriminalbeamten darthun wollen.
In der letzten Zeit ist es auf den Stadtbahnhöfen wiederholt zu erregten Szenen gekommen, die meist durch orts und sprachunkundige Ausländer herbeigeführt worden find. Ein derartiger Fall, wo ein Fremder aus Unfenntniß mit den be stehenden Vorschriften in Konflikt gerieth, hat sich an einem der
Die leidige, oft genug gerügte Angewohnheit der Damen, den Pferdebahnwagen von der linken Seite zu verlassen, hat Dienstag Abend wiederum einen schweren Unfall zur Folge gehabt. Troß der Warnung des Kondukteurs verließ eine sechszigjährige Dame mit einem Knaben von sechs Jahren Ede Lugowplay und Schillstraße einen Wagen der Linie Boologischer Garten- legten Nachmittage auf dem Berron des Bahnhofes Friedrich
URATIO
n
f
C
11