brütlen, ober als Zensor zu entscheiden, was in LondonerStraßen gesprochen werden soll oder nicht."— Fünf der oor-gestern verurtdeilten Sozialisten, darunter die zwei Deutschen,sind ins Gefängnis) abgeführt worden, weil sie die ihnenauferlegte Geldbuße von 40 Schillingen nicht entrichtenkonnten.Holland.Haag, 25. September. Der Finanzminister brachte in derzweiten Kammer das Budget für 1686 ein; Vasselbe weist einDefizit von 11'/, Mill. Gulden auf, trotz einer allgemeinenHerabminderung der Ausgaben. Die Erfordernisse für dasKriegs- und für das Marine Ministerium betragen allein2 Millionen mehr. Von dem Kesammtdetrage der Defizitsvon 1683 bis 1886 find 12'/- Millionen Gulden unbedeckt.Die jährliche Ammtisirung der Anleihen, welche in dennächsten Jahren nöthig werden, um die angefangenenöffentlichen Arbeiten zu Ende zu führen, wird auf dreiMillionen angeschlagen. Der Staatskredit verlangt strengsteEnthaltung von vermeidbarcn Ausgaben und neue Steuern,um wieder zu einem Gleichgewicht der Finanzen zu ge-langen.Belgien.Belgien, 24. September. Die rumelischen Offiziere,Lieutenants der Infanterie und des Geniekorps, welche dieBrüsseler Kriegsschule Studien halber besuchen, haben dietelearaphische Auffoiderung erhalten, fich sofort nach der Hei-mach zurück zu degebm. Die Depesche brachte ihnen gleichzeitigdie Ernennung zum Kapitain.— Die gesammte katholischePresse, das„Brüff. Journ." an der Spitze, greift die belgischenLehrer auf das Heftigste an, weil fie in ihrem Kongreß fichherausgenommen haben, das neue Schulgesetz„als ein wahresUnglücksgesetz für die Zukunft des Landes" scharf zu kritistren.Was es aber mit der Gesetzlichkeit der frommen Presse auf fichhat, dafür gicbt es im ganzen Lande ein erbauliches Schau»spiel! Sie greift nicht nur das zu gleichem Recht bestehendeBeervigungsgesetz an, sondern verhöhnt die Gerichte, die dasGesetz ausführen, preist und beglückwünscht die verurtheilten„Märtyrer" und fordert alle„wahren" Katholiken auf, dasGesetz nicht zu befolgen. Ter klerikale Bürgermeister von Na-zareth, Baron de Volklaerke, auS einer der ältesten Familienves Landes war wegen Verletzung dieses Gesetzes rechtskräftigzu 8 Tagen Gefängniß verurtheilt worden. Der Elaatsan-walt fordert denselben auf, fich zur Verbüßung der Strafe inGent einzufinden. Aber der edle Baron findet unter demJubel der klerikalen Presse, daß die Verurtheilung ungerechtist und er nur seine katholischen Pflichten erfüllt hat) er wei-§ert fich zu kommen und stellt anHeim, ihn durch Gendarmenazu zu zwingen. Das wird geschehin und nun tobt die kleri-kale Presse wre rasend.„Das sind die Folgen, daß die Mi-nister nicht den Rathschlägen der Parteiführer gefolgt find,"ruft der„Bien public". Ja, die Minister hätten schon gerndas Gesetz beseitigt, aber fie find klüger als die Parteiführer.Sie wissen sehr wohl, daß derartige Maßregeln den Sturm imLande heraufbeschwören, welcher der klerikalen Herrschast ein Endemacht.Frankreich.Aus Paris wird vom 25. September gemeldet, bis jetztsei noch keinerlei formeller Vorschlag für eine Verständigungüber die rumelisch-bulgarische Frage gemacht, der Meinungs-aus tausch daure fort, von den Mächttn scheine Rußland einegewisse Initiative in den Verhandlungen zu nehmen, das Zielder Mächte sei der baldige Zusammentrrtt einer Konferenz.Ein Wiener Telegramm sagt. Frankreich habe den Mächtenvorgeschlagen, bei Serbien, Rumänien und Griechenland aeeig-nete Schritte zu thun, damit jeder Agitation in anderen Tyeilendes türkischen Reiches vorgebeugt werde.Paris, 24. Sept. Nach dem amtlichen Berichte über denVerbrauch von Lebensmitteln hatte 1884 jeder in Paris Lebendedurchschnittlich 152 Kilogr. Brot, 84 Kilogr. Fleisch und 212Liter Wein verzehrt. Wohl manche Pariser werden fich aberfragen, wer ihren Theil Wein getrunken hat.Italien«Aus Italien kommende Nachrichten erzählen von offenemWiderstand auf der Insel Sizilien geaen die von der Regie-rung gegen die Cholera ergriffenen Maßregeln. ZahlreicheStädte haben sanitarische Kordons aufgestellt, die jeden Per«lehr abschließen. Die Regierung hat das Syndikat vonMesfina abgesetzt und sandte je drei Bataillone nach Mesflna,Catania, Girgenti, Trapani, sowie zwei nach Caltanisetta;ferner bleiben zwei Bataillone als Reserve in Reggio. Seitherherrscht in Palermo und Caltanisetta Ruhe.Die Cholera-Unruhen auf Sizilien, von denen in denletzten Tagen der Telegraph berichtete, find jedenfalls vielernster gewesen, als es die offiziösen Berichte aus Rom wahrhaben wollen. Die Ursache der Unruhen ist auf eine Forderungzurückzuführen, wonach die Stadt Mesfina und andere durchdie Ersendahn mit Palermo verbundene Städte sich zur Ver«Hinderung der Ausbreitung der Cholera von der Provinzial-Hauptstadt vollständig abschließen wollten. Die Regierungglaubte diese Forderung ablehnen zu müssen, worauf die Exze-denten in Mesfina und einigen anderen Städten den Versuchmachten, den Eisenbahnverkehr mit Palermo gewaltsam zu be»hindern. Der Bürgermeister von Mesfina legte fern Amtnieder; die Regierung beschloß jedoch, die Demission nicht an-zunehmen. Neuere Nachrichten aus Rom besagen, daß dieStimmung in Sizilien besser geworden sei; die MinisterTajani und Ricotti werden fich dorthin begeben; der Verkehrder Eisenbahnzüge sei wieder hergestellt. Im Ganzen seienfür Sizilien 17 Bataillone Truppen bestimmt, doch solle dieüberflüssige Mannschaft sobald wie möglich zurückberufen wer-den. Eine solche Verstärkung der ohnehin in Sizilienstehenden Truppen läßt darauf schließen, daß die italienischeRegierung weiteren Exzessen mit Energie entgegen zutreten entschlossen ist. Im Uebrigen rst die Stellung deritalienischen Regierung kaum viel geficherter als die derspanischen.Türkei.Konstantinopel, 25. September. Der Botschafter in Berlin,Said Pascha, ist zum Minister des Auswärtigen ernanntworden.- Die Türken haben zur Wahrung ihrer Rechte einrumelisches Dorf unweit der Grenze besetzt, beabfichtiaen aber«icht, vor einer Verständigung mit den Mächten in Rumelienweiter vorzugehen. �— In Adrianopel wird eine Steuer zum Unterhalt vonvorläufig 7000 Mann erhoben. Die von den Vortruppen deStürkischen zweiten Armeekorps besetzte rumelische Ortschaft heißtKarnmanlar. Die Türken besetzten außderdem die Orte Chizia,Agai und Karidelad. In Sofia ist eine Deputation auSMakedonien eingetroffen.Lokales.Da» Unfallverficherungsgesetz vom 6. Juni 1884 tritt<rm I.Oktober in Kraft; für alle diesem Gesetze unterliegendenUnfälle wird also von diesem Termine ab nach Maßgabe des-selben Entschädigung geleistet. Daß dem durch Unfall beschä-digten Arbeiter eine ausreichende Entschädigung gesichert wer»den müsse, darüber find alle Parteien einig. Di dieser Ge»danke in dem Gesetze richtig durchgeführt ist, darüber herrschtStreit. Wir wollen heute darauf nicht eingehen, sondern dieEntscheidung darüber der Erfahrung überlassen; es kommt unsheute nur darauf an, die davon vetroffezren Kreise über ihrehauptsächlichsten Rechte und Pflichten zu unterrichten. DasGesetz bezieht sich nur auf geweibliche Arbeiter und auch nurauf einen Theil derselben, nämlich auf die in Bergwerken,Salinen, AufbereilungSanstalten, Steinbrüchen, Gruben, Werf»ten und Bauhöfen, in Fabriken und Hüttenwerken und beiAusführung von Maurer-, Zimmer-, Dachdecker-, Eteinhauer-und Brunnenardeilen, sowie im Echornsteinfegergewerbe beschäftigten Arbeiter. Außerdem fallen unter das Gesetz nochalle Betriebe, in welchen Dampfkessel oder durch elementareKraft bewegte Triebwerke zur Anwendung kommen. AlsFabriken gelten diejenigen Betriebe, in welchen mindestens10 Arbeiter regelmäßig beschäftigt werden. Das Kleingewerbeist also ebenso wie Land- und Foiftwirthschast ausgeschloffen.Auch ein Theil deS Gesetzes über die Ausdehnung der Unfall-Versicherung vom 28. Mai d. I tritt bereits am 1. Ottober inKraft, nämlich die Ausdehnung auf den Betrieb der Posten.Telegraphen- und Eisenbahnverwaltungen, einschließlich derBahnen nniergeordneter Bedeutung und der Straßenbahnen,die Betriebe der Marine- und Heeresverwaltung. Damit istauch die Einführung der Krankenversicherung für diePost- und Tclegraphenbeamten verbunden, welche bei denEisenbahnen und bei der Marine« und Heeres-Verwaltung großentheilS schon durchgeführt ist. Für dieübrigen Gewerbe, auf welche die Unfallversicherungaußerdem noch durch das Gesetz vom 28. Mai diesesJahres ausgedehnt ist, nämlich für die Baggerei,das Fuhrwerk, die Binnenschiffahrt, Flößerei, den Prahm- undFährbetrieb, Schiffsziehen, die Spedition, den Speicher- undKellerbetrleb und auf das Geschäft der Güterpacker, Güterlader,Schaffer, Bracker, Wäger, Messer, Schauer und Stauer ist dieOrganisation der Berufgenossenschaften noch nicht vollendet,und daher muß die Einführung noch ausgeätzt bleiben. DieEntschädigungen, welche nach dem Unfallverstcherungsgesetze gewährt werden, find folgende:„Von der 14. Woche nach Eintritt des Unfalls an übernimmt die Unfallversicherung die Kostendes Heilverfahrens und für die Dauer der Erwerbsunfähigkeiteine Rente, welche bei völliger Erwerbsunfähigkeit 2/$ des Arbeitsverdienstes beträgt, bei theilweiser entsprechend ermäßigtwird. Im Todesfalle wird an Beerdigungskosten der 20facheBetrag des täglichen Arbeitsverdienstes des Getödteten, min-bestens aber 30 Mark gewährt. Die hinterlassene Wittwe er-hält eine Rente von 15 pCt.— also etwa den siebenten Theil,genau 3/2o— des Arbeitsverdienstes, für die Wittwe und alleKinder zusammen soll die Rente aber nicht mehr als 60 pCt.(='/») betragen. Eltern und Großeltern, welche von demGetödteten unterhalten find, bekommen ebenfalls 20 pCt.—den fünften Theil seines Arbeitsverdienstes. Bis zum Endeder 13. Woche haben die Krankenkassen nach dem Krankerver-ficherungsgesetz die Heilung zu besorgen und das vorgeschriebeneKrankengeld zu gewähren. Von der 5. Woche an wird aberdas letztere auf Kosten der Unfallversicherung soweit erhöht,daß es statt der Hälfte zwei Drittel des Arbeitsverdienstes be-trägt. Diese Entschädigungen werden nur dann nicht gewährt,wenn der Verletzte seinen Unfall vorsätzlich herbeigeführt hat,also auch dann gewährt, wenn er fich Unvorsichtigkeiten hat zuschulden kommen lassen. Der von einem Eisenbahnzuge über«fahrene Arbeiter erhält also keine Entschädigung, wenn nach-gewiesen wird, daß er fich absichtlich, um sich zu tobten, demZuge in den Weg gestellt hat; wohl aber erhält er fie, wenner bei der Arbeit an den Geleisen auf das Herrannahen des Zugesnicht geachtet hat, und infolge solcher Unachtsamkeit zu Schaden ge-kommen ist. Die Entschädigung hat nicht der Arbeitgeber zu zahlen,bei welchem der Verletzte beschäftigt ist. Zum Zweck der Unfallver-ficherung find nämlich alle Betriebsunternehmer eines zu-sammengehörigen Gewerbes für das ganze Reich ober für einzelne Theile desselben zu großen Genossenschaften vereinigt,diese haben gemeinschaftlich dre Entschädigungen zu tragen,und gegen diese haben die Arbeiter ihre Rechte geltend zumachen.— Bei jedem nicht ganz unerheblichen Unfälle findetnun zunächst eine vom Betriebsunternehmer selbst zu veran-lassende polizeiliche Untersuchung statt, zu welcher auch Ver-treter der Krankenkasse des Verletzten und sonstige Betheiligtezugezogen werden. Die Entschädigung wird von dem Vor-stände der Berufsgenoffenschast festgesetzt. Gegen dessenEntscheidung kann ein, aus Vertretern der Berufsgenoffen-schaffen, der Arbeiter und einem Unparteiischen bestehendesSchiedsgericht angerufen werden. Von diesem ist dann nocheine Berufung an das Reichsversicherungsamt in Berlin zu-lässig. Dies sind die hauptsächlichsten, unfere Leser interessi-renden Bestimmungen des Gesetzes.Der„Metallarbeiter", Jahrgang IX., Nr. 36., Berlin,4. September 1885, schreibt:„Die Bleirohre der Wasserleitungen. Die Untersuchungen des Waffers aus der 39 M. langenBleileitung des hygienischen Instituts zu Budapest ergabennach einer Mittheilung von S. Steiner im„Archiv für Hygiene"nach der„Chemn. Ztg." folgende Bleimengen: Wasser nachreichlichem Auslaufen unter rafchem Strömen 0,085 Milligr.pro 1 Ltt., Waffer nach reichlichem Auslaufen unter langsamenStrömen 1,04 Milligr. pro 1 Str., 24 Stunden im Rohre ge-standen 1,224 Milligr. pro 1 Str., 48 Stunden im Rohre ge-standen 1,7 Milligr. pro 1 Str., 7 Tage im Rohre gestanden3,25 Milligr. pro 1 Str., 1 Monat im Rohre gestanden 4,7Milligr. pro 1 Str. Da die für den menschlichen Organismusals unschädliche zuläsfige Maximal. Bleimenge 0,7 Milligr.vro 1 Str. beträgt, und das Gros der Bevölkerung jedenfallsnicht stets darauf achtet, nur nach reichlichem Auslaufen inraschem Strome aus der Bleileitung entnommenes Wasser zutrinken, sollte die Verwendung von Bleiröhren ganz eingestelltober nur auf unvermeidlich kurze Verbindungen beschränktwerden."Trotz aller getroffenen Vorkehrungen ist es einem dergefährlichsten„wilden Männer" in Dalldorf geglückt, aus deroorttgen städtischen Irrenanstalt zu entspringen. Den viel-fach bestraften Arbeiter Emll Lasche hatte man m den PavillonVIl untergebracht. Kürzlich war er eines Tages aus der An-statt spurlos verschwunden. Lange hatte er fich jedoch derFreiheit nicht zu erfreuen. Er wurde bald von der Kriminal-volizei ermittelt und in die Anstatt zurückgeliefert. Man be-schäftigte ihn im Freien; doch war dies nicht von langer Dauer,denn in der vorigen Woche verschwand er wiederum, ohne daßes bis jetzt gelungen ist, seiner wieder habhaft zu werden.—Um das Entspringen auS Pavillon V(für tobsüchtige und irreschwere Verbrecher) zu erschweren, sind dort die Keller massivgewölbt worden. Als der hier untergebrachte berüchtigte HalS-band den Maurern bei der Arbeit zusah, rief er einem derselben die Worte zu:„Na, macht es nur ordentlich; sechsmalbin ich schon rausgekommen, und das siebente Mal komme ichauch noch rauS!"Der bei der Explosion de» Feuerwerker Massow'schenLaboratoriums mitverunglückte Feuerwerks- Lehrling Kaufmannbefindet fich auf dem Wege der Besserung, so daß seine Ver-nehmung, ohne nachtheilige Folgen für seinen Zustand be-fürchten zu lassen, hat stattfinven können. Nach seinen Angabenhaben die verunglückten Arbeiter lediglich sich selbst das Unheilzuzuschreiben. Kurz vor der Katastrophe war er mit den beiden in der Charitee Verstorbenen innerhalb des Gebäudes mitAnfertigungvonFeuerwerkskörpern beschäftigt, während Grauschersich außerhalb desselben befand. Die ersteren sollen bei ihrerArbeit indessen so leichtsinnig verfahren sein, daß Grauscherihnen, als er auf einige Augenblicke daS Laboratorium be-treten, die bittersten Vorwürfe mit dem Hinzufügen gemacht:„Laßt nur Herrn Massow kommen, der wirft Euch hinaus."Kaum hatte er fich umgewendet, so erfolgte auch schon dieExplosion.Da» kommt von den Ueberraschungen! Ein jungerhiesiger Kaufmann P. in der B.straße hatte fich vor Kurzemmit einer jungen Dame in Bromberg, Tochter eines dortigenBeamten, verlobt. Das Pärchen schwamm in Seligkeit. Eswar verabredet worden, daß der Bräutigam alle vier Wochendes Sonntags die Verlobte in Bromberg besuchen solle— undmit dieser Hoffnung als dem einzigen Tröste trennten fich diesoeben Versprochenen. Drei volle Wochen hielt eS der Glückliche ober Unglückliche aus, ohne sein Liebchen zu sehen; dapackte es ihn wie mit Gewalt; und der Kurierzug führte ihnmit Windesschnelle am Sonnabend Abend— acht Tage vordem verabredeten Termin— der Heimath seiner Braut zu.Aber auch diese hatte es nicht länger ohne„ihn" auszuhaltenvermocht' ihrem Vater erschien es schier, als ob sie vor Sehn-sucht nach dem Geliebten krank werde; kurz entschlossen setzteer fich am nämlichen Sonnabend mit Frau und Tochter inBromberg auf die Bahn, um— bei seinem Eintreffen in Berlinerfahren zu müssen, daß der Gesucht» nach Bromberg gereistsei. Tableau! Beide Theile aber find um die Erfahrungwenigstens reicher geworden, daß es mit den Ueberraschungenso eine eigenthümlrche Sache sei und haben fich vorgenommen,auS eben diesem Grunde ihren Gefühlen der Sehnsucht inZukunft lieber die„vierwöchentlichen Schranken" zu setzen.Ein Opfer der neueren Orthographie. Der PosteleveHähdach, der erst vor wenig Wochen die Mütze de»Primaners mit der Uniform eines königlichen Posteleven ver-tauscht hatte, stand rathlos vor dem verschlossenen Spinde, inwelchem die Druckformulare des Postamts zu N. aufbewahrtwurden. Der heimtückische Schlüssel hatte nämlich nachdemHerr Hähbach verschiedene erfolglose Drehungen mit ihm vor»Benommen, zuletzt den Gehorsam ganz versagt und in starrerlnbeweglichkeit seinen Platz im Schlosse behauptet.„Dich willich schon kriegen, murmelte ingrimmig Herr Hähbach und schobein eisernes Lineal als Hebebaum durch den Griff des Schlüssels.Ein kräftiger Hebeldruck rief ein mißmuthiges Knacken des de-siegten Schlüssels hervor, welcher sich nun mit Leichtigkeit nachjeder Richtung bewegen ließ. Aber der erfindungsreiche Postjünger bemerkte bald mit einigem Schrecken, daß diese Beweg»lichkeit auf Kosten des Schlüsseldatts erkauft war, welcher imSchlosse festgeklemmt zurückblieb, während der bartlose Schlüsselohne Mühe das eiserne Gefängniß verließ.Am nächsten Morgen lag, wie die„Deutsche Verkehrs«zeitung" erzählt, unter den Eingängen auf dem Arbeitstischedes Postamts-Vorstehers folgende Meldung:Dem Kaiscrilchen Postamt zeige ich hierdurch gehör»samst an, daß der Schlüssel zum Druckformularspind inFolge gewöhnlicher Abnutzung seinen Barth verlorenhat und der Erneuerung bedarf.Hähbach, Posteleve.Bereits an demselben Vormittag sah Herr Hähbach seineAnzeige wieder. Dieselbe trug nachstehendes Handdekret vonder Hand des Herrn Postdirektors:„Herrn Posteleven Hähbachzur näheren Erklärung, wie der Bart eines Schlüsselsin Folge„gewöhnlichem Abnutzung" verlorengehen kann.Im Uebrigen werden Sie darauf aufmerksam ge»macht, daß wohl der Aftikareisende Batth, aber nichtder Schlüsielbatt am Schlüsse mit th zu schreiben ist.Es wird Ihnen empfohlen, fich in der Orthographie dieerforderliche Festigkeit zu erwerben."Herr Hähbach war außer fich. Nicht sowohl über dieschwierige physikalisch technische Frage wegen der Erklärung deSSchlüsselbart-Abnutzungsproblems, als über die Vorhaltungseines orthographischen Defekts. Sehr aufgeregt setzte er fichund brachte die verlangte Erklärung zu Papier, in welcher erauch ein glänzendes Licht auf das überflüssige h im Schlüssel»harte fallen ließ.„Zweimal," hieß eS darin,„bin ich auf dem Gymnafiumin der Orthographie fest gewesen: erst in der alten, mit denTehnungsbuchstaben, dann in der neueren, welche solche durch»weg verwirft. Seit Beginn meiner Postlaufbahn muß ichwieder die im Bereich der Post geltende ältere Orthographieanwenden, welche mir fremd geworden war, und da passirtes mir denn zuweilen in der Eile des Dienstes, daß ich eindehnendes h auch da setze, wo es nicht ganz am Platz ist.Auch bei dem überflüssigen h im Bart des Schlüssels bin ichlediglich ein Opfer der neuen Orthographie geworden."Der Herr Postdirektor lächelte, als er das Schuldbekennt-niß des Herrn Posteleven Hähbach las..Lassen Sie denSpindschlüssel auf Kosten der Kasse erneuern," sagst er zu demDberfekretär, unter dessen Obhut Herr Hähbach und das un-glückliche Spind fich befanden,„wir wollen das Opfer derneueren Orthographie nicht weiter kränken."„Vorsicht l— Detektive 1" wird es bald allgemein heißen.Es kann niche Wunder nehmen, daß in unserer Zeit der Spio-nage und des Denunziantenthums Einrichtungen entstehen, dieman unter normalen und gesunden sozialen Verhältnissen füreine Unmöglichkeit halten würde. Wir wollen hier nicht vonden Geheimvolizisten sprechen, die überall Verbrecher, Anar»chisten und andere Zerstörer der bestehenden Staats- unb Ge»sellschaftsordnung wittern. Die Leute handeln„von Amts-wegen" und es dürfte fie wohl schwerlich Jemand wegen ihre»Berufes beneiden. Neuerdings haben aber auch mehrfach Hri»vatpersonen öffentlich ihre Dienste als Spione ausgeboten. Eolesen wir in einem hiesigen Blatte folgendes Inserat:„Ge-wanvter, diskreter Privatdetektive empfiehlt sich zur Ausführungvon Aufträgen jeder Art, speziell den geehrten Damen."—Hier bietet fich in der That dem Ehemann und solchen, die eSwerden wollen, eine erfreuliche Ausficht. Sobald fie ihreGattin zu ihrer eigenen Erholung ins Bad geschickt haben,heftet fich irgend ein schwarzbärtiger Privatdetektive an seineSohlen, der den ahnungslosen Errohwittwer, einem Schattengleich, überallhin verfolgt: in die Theater, Konzerte, Tanz»lokale u. s. w. u. s. w. Und wehe dem Liebhaber, der eS sicheinfallen läßt, neben dem angestammten Schatz noch ein Reserve-Liebchen zu haben. Der Bedaucrnswcrthe wird auf Schrittund Tritt verfolgt werden, bis er seiner Sünden überführt ist.Wehe auch dem Backfisch, der heimlich hinter dem Rücken derEltern mit irgend einem„schneidigen Kameraden" ein Ver»hältniß anbandelt. Sobald die Kleme die— natürlich„post»lagernven"— Patchoulibriefe an dem Postschalter in Empfangnehmen will, wird fich plötzlich die rauhe Hand des Privat»detektiven auf ihre Schulter legen und der grimmige Mannwird sprechen:„Im Namen des Vaters nehme ich diese Ekrip-turen in Beschlag." Eo spaßhaft die Sache auch klingen mag,so hat fie doch auch ihre ernste Seite. Die Herren Privatspione,in dem natürlichen Bestreben, die Auftraggeber von ihrer Tüch-tigkeit zu überzeugen, werden überall Gespenster wittern, werdenin der unschuldigsten Handlung der Beaufsichtigten ein Ver»gehen finden und somit Zwist, Hader und Unglück in mancheFamilie bringen. Deshalb wollen wir hoffen, daß das Publi»kum von der Jnstttution der Privatdetettives keinen Gebrauchmachen möge.R. Ein ganz großer Zopf zeigt fich uns noch in denSchifffahrtsverordnungen, den Aufenthalt der Kähne(spez.Obstkähne) innerhalb der Stadt betreffend.— Es besteht daz. B. die Verordnung„ein Kahn darf nicht länger wie achtTage innerhalb der Weichbildgrenze Berlins liegen, darausfolgt, daß ein Obstkahn nur während dieser Frist seinen Stand-platz einzunehmen und dann das Weichbild Berlins zu ver»lassen hat. Da hilft fich nun/ der Schiffer ganz einfach, erbleibt die acht Tage liegen, fßbrt dann bis in die Obeifpre«und legt fich einige Tage östlich der Sachs'schen Badeanstalt,vor der Beermann'schen Fabrik, vor Anker,(denn der Fluth-graben zwischen Badeanstalt und Fabrik bezeichnet die Weich-bildgrenze), und fährt dann wieder auf die vorgeschriebeneZeit nach der Stadt.— Was ist nun die Folge obiger Ver»Ordnung? Daß der Obstschiffer 2—3 Tage Verdienst verliertund die Verordnung einfach umgangen wird.Da» Stabsquartier deS zweiten Bataillons(Teltow)7. Brandenburgischen Landwehr- Regiments Nr. 60 wird am30. Juni k. g. von Teltow nach Steglitz verlegt werden, jedochbehält das genannte Bataillon vorläufig die Bezeichnung„Teltow".