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habe ihn geärgert und deshalb habe er sich von dem Boltsanwalt Krischen die Anzeige gegen Kretschmer anfertigen laffen. Präs. Hatten Sie gar teine finanziellen Hintergedanken bei der Sendung ihrer Frau zu Prof. Kretsch mer? Beuge: In keiner Weise. Ich wollte ihn nur moralisch abftrafen. Auch bei der Entsendung seiner Frau zu Prof. Graef will der Beuge fein Geld gewünscht haben, er giebt je doch zu, daß er seine Frau autorifirt habe, für den Fall, daß ihr Geld angeboten werden sollte, daffelbe anzunehmen. Bräs.: Sie wünschten also auch Herrn Prof. Graef nur mora lisch zu bestrafen, obgleich Sie bei Kietschmer wenig Glück das mit gehabt haben? Beuge: Ja wohl. Aus den ferneren Erzählungen des Beugen geht hervor, daß derselbe, seitdem seine Frau in Strafhaft genommen worden war, Himmel und Hölle in Bewegung fette, um dieselbe aus dem Gefängniß herauszubringen. Als dieselbe wegen Erkrankung eines ihrer Kinder zeitweilig aus der Haft entlassen worden war, hat dieselbe fich auf fein Gebeiß an Graef mit der Bitte gewandt, ihr Geld zur Reise nach Amerita zu geben. Später, als die Frau ihre Strafe wieder antrat, hat er seiner Tochter die oben erwähnte Erklärung diktirt und mit dieser Erklärung in der Hand hat er unzählige persönliche und daneben auch schriftliche Versuche gemacht, die Herren Prof. Graef und Kreischmer für ein abzusendendes Gnadengeſuch zu intereffiren. Er hat jene Erklärung in welcher seine Tochter befundet, daß fie die Unwahrheit gefagt, gleich in zwei Exemplaren anfertigen lassen und beiden Profefforen gemeinschaftlich übersandt. Es haben dann mit Graef viele Verhandlungen in Sachen des Gradengesuchs und stattgefunden es ergiebt fich, daß beide Professoren nicht abgeneigt waren, ihre Hilfe zu einem Gnadengeſuch zu leihen, schließlich find die Verhand lungen aber abgebrochen worden. Graef behauptet, der Zeuge, der von den beiden Profefforen schon mehrfach ein schriftliches Beugniß dafür verlangt hatte, daß Frau Hammermann wahr scheinlich in gutem Glauben gehandelt habe, sei schließlich in seinen Forderungen und Zumuthungen so maßlos geworden, daß die Verhandlungen fich damit zerschlagen mußten. Der Beuge Hammermann giebt zu, daß er die Denunziation gegen Graef wegen Meineids erst eingereicht habe, nachdem die Mitwirkung bei einem Gnadengesuch abgelehnt worden war. Ebenso giebt derselbe zu, daß er die verschiedensten Bemühun aen unternommen hat, um so viel Material als möglich gegen Graef zusammen zu bringen. Als seine Frau schließlich auf Anordnung der Staatsanwaltschaft aus der Strafhaft entlassen worden war, hat er an Prof. Kretschmer gewissermaßen als Menetetel geschrieben: Meine Frau ist jest frei und Herr Prof. Graef fist!"- Justiz ath Simson: Ein Fräulein Fran ziska Lehmann hat auf Asstiften des Zeugen eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Ich frage den Beugen, ob er noch andere Personen zu solchen falschen eidesstattlichen Verficherungen angeftiftet hat. Beuge: Darüber verweigere ich die Aussage. Justizrath Simson: Der Zeuge hat ver schiedene Briefe des Prof. Graef an die Familie Rother und andere Schriftstücke dem Staatsanwalt eingesandt. Ich wünsche eine Auskunft darüber, wie der Zeuge in den Besitz dieser Schriftstücke gelangt ist. Dem Beugen entschlüpft im ersten Augenblick die Antwort ,, durch Lift", dann aber macht er auch in dieser Beziehung von dem Rechte der Zeugnißverweigerung Gebrauch.
Ich bleibe dabei, daß die an mich gerichtete Frage anders gelautet| breffiren. Beigen Sie mich meinefwegen an!" Dies hat. Ich bin damals überhaupt zum ersten Mal in meinem Leben vor Gericht gewesen und habe den Inhalt jener Frage entschieden nur in dem Sinne aufgefaßt, wie ich angegeben habe. Justizrath Simson: Ich bitte den Beugen, daß er sich über den Eindrud äußern möge, welchen die Helene Hammermann auf ihn gemacht hat?- LandgerichtsDirektor Bachmann: Jch dächte, wir sind hier, um uns über Thatsachen auszulaffen, nicht aber über Eindrüde.- Juſtizrath Simson: Es handelt fich hier auch über eine Thatsache. Sie haben Ihren Eindruck dem Erkenntnisse einverleibt und insofern handelt es sich um eine Thatsache. Ich muß daher darauf bestehen, daß Sie hier befunden, welchen Eindruck das Mädchen auf fie gemacht hat. Bitte, antworten Sie, Herr Beuge. Landgerichts. Direttor Bachmann: Ich bin schließlich auch bereit dazu und erkläre also, daß der Eindruck des Mäd chens fein günstiger war.- Justizrath Simfon: Damit bin ich vollkommen befriedigt. Kammergerichtsrath Kandelhardt, welcher s. 8. das Erkenntniß gegen die Hammermann verfaßt hat, fann fich der einzelnen Worte bei der fritischen Frage ftellung nicht mehr erinnern, glaubt, daß die Frage nicht im Präsens, sondern im Berfeftum gehalten war, und erinnert fich, Daß Graef allerdings zugegeben, daß er aus Mitleid und wegen der Dürftigkeit der Verhältnisse, in denen die Familie Rother lebte, dieselbe unterstüßt habe. Die Helene Hammermann hat auf den Beugen einen sehr unglaubwürdigen Eindruck gemacht. Auch der Landrichter Dieß weiß sich mit pofitiver Bestimmtheit der einzelnen Worte nicht mehr zu erinnern, doch hat auch auf ihn die Helene H. den Eindruck gemacht, als ob ihre Befchuldigungen eingelernt waren. Referendar Berg hat nur den allgemeinen Eindruck, daß Prof. Graef sein Verhältniß zur Bertha Rotber als ein unschuldiges bezeichnet hat.- Hieran schließt sich die Verlesung der Erkenntnißgründe in dem Prozeffe gegen Frau Hammermann. Helene Hammermann, ein nicht unschönes, jezt noch nicht 16 jähriges Mädchen gehört einer ganzen Modellfteh Familie an. Ihr Vater steht Modell, die Schwester ihrer Mutter bes schäftigt sich gleichfalls damit und Helene ist auf des letteren Empfehlung mit faum 12 Jahren ebenfalls als Modell zu den verschiedensten Künstlern gekommen, zuerst zu Prof. Thumann und dann auch zu Prof. Graef. Sie macht den Eindruck eines sehr geweckten Mädchens und ihre Befundungen find sehr prompt und bestimmt. Auf die nachdrückliche Ermahnung des Vorsitzenden zur Wahrheit verfichert sie, daß ihre Eltern ihr feinerlei Instruktion ertheilt haben. Sie bleibt bei ihren Beschuldigungen gegen Graef und behauptet, daß Sie bei dem behaupteten Attentat desselben im Atelier geschrien habe; Per sonen, welche unmittelbar neben dem Atelier waren, scheinen jedoch von einem solchen Schrei nichts gehört zu haben. Bräf.: Sie haben zwei Briefe an Prof. Graef geschrieben, in welchem Sie ihm Vorwürfe machen. Haben Sie diese Briefe aus eigenem Antriebe geschrieben? Beugin: Gewiß. Bräs. Nun so selbstverständlich ist dies doch von einem so jungen Mädchen nicht. Beugin: Es ließ mir feine Rube. Präs.: Wie kommt es denn aber, daß Sie später eine Er tlärung geschrieben haben, wonach alle Ihre Entschuldigungen erfunden waren. Beugin: Das habe ich auf Befehl meines Vaters gethan. Derselbe fam einmal mitten in der Nacht, wedte mich und sagte: Helene, Du mußt aufstehen, es muß jezt etwas unternommen werden! Dann hat mir mein Vater fene Erklärung vorgelegt. Ich habe zuerst gesagt, daß dies ja nicht die Wahrheit sei, nachher habe ich aber die Erklärung abgefchrieben, weil ich dachte, meine Mutter würde gerettet werden. Präfident: Da ist noch eine Erklärung eines Fräulein Lehmann. Hat dieselbe auch auf Geheiß Ihres Vaters geschrieben? Beugin: Ich glaube, daß fie auch meinem Vater diesen Gefallen gethan hat. Der Angeklagte Graef erklärt diese ganze Darstellung, zu welcher übrigens zu be. merken ist, daß nach dem in dem Hammermann'ichen Erkennt nig enthaltenen Gutachten der Sachverständigen dieselbe schon physische Unmöglichkeiten enthält, für absolut unwahr.- Auf Wunsch des Staatsanwalte tritt Prof. Graef aus den Schranken und das Mädchen wiederholt ihm ihre Beschuldigungen nochmals ins Gesicht und meint: Was ich im Atelier erlebe, das weiß ich ganz genau." Auch bei ihren Beschuldigungen gegenüber dem Prof. Kretschmer bleibt sie stehen, andere Künstler Dagegen hätten sich nie in dieser Weise an ihr vergangen.
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Die Aussagen der Mutter des Mädchens, Frau Hammermann, lauten begreiflicher Weise sehr belastend für den Anges tlagten Graef . Sie behauptet, daß, als ihr das Mädchen weinend ihr Abenteuer im Graef 'schen Atelier erzählt habe, fie ben Angeklagten Graef aufgesucht und ihm Vorwürfe gemacht habe. Sie habe ihm erzählt, daß fie schon gegen einen anderen Professor eine Denunziation erlaffen habe; der Ange tlagte habe sich so gut wie möglich entschuldigt, fie gebeten, ihn nur nicht zu blamiren und ihr für ihr Schweigen 10 Mt. geboten. Sie sei nicht zu Graef gekommen, um von demselben Geld zu erpreffen.- Dem gegenüber bleibt Prof. Graef dabei, daß die Frau an ihn das Verlangen nach 1000 Mark gestellt habe. Er sei zuerst sehr grob gewesen und habe der Frau,
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Franziska Lehmann, eine 15 jährige Verwandte der Frau Hammermann, bekundet, daß sie nach einer Vorschrift des Herrn Hammermann eines Tages in ihrem Namen eine falsche Erflärung dahin abgegeben habe, daß Helene Hammermann ihr gegenüber die Beschuldigung gegen Graef als eine erfundene bezeichnet habe.
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Der nächste Zeuge ist der R. A. Bernstein , welcher s. 3. die Vertheidigung der Frau Hammermann geführt hat. Der selbe hat in dieser Eigenschaft die Frage nach dem Verhältnisse des Prof. Graef zu Bertha Rother zuerst zur Diskussion ges bracht als er die bezüglichen Zeugen vorlud, auch Der thema Staatsanwaltschaft das probandum, dieselben über welches vernommen werden sollten. Ueber den Wortlaut der damals an Professor Graef gerichteten Fragen und die Art der Fragestellung steht R.-A. Bernstein mit den Vorzeugen, namentlich aber mit dem Direktor Bachmann in unlösbarem Widerspruch. Während der Zeuge nach seiner Erinnerung glaubt, daß er die bezügl. Fragen an Prof. Graef gerichtet hat, bleibt Direktor Bachmann dabei, daß die Fragestellung von ihm ausgegangen ist. Der Vorfigende befragt auch die Angefl. Anna Rother danach und die selbe entscheidet sich dahin:„ Ich weiß nicht, wer die Fragen gestellt bat; ich glaube aber, der erlauchte alte Herr!"- Der Angell. Graef macht immer wieder geltend, daß er befragt wor den sei: Haben Sie die Bertha Rother verführt und stehen ( nicht standen") Sie in einem Verhältniß zu derselben?" Direktor Bachmann bestreitet, das Wort verführen" überhaupt gebraucht zu haben. ( Fortfegung folgt.)
Mangel an Arbeitskraften geflagt. Weber Gesellen noch Lehrs linge find trop wiederholten Aufrufs zu erhalten. Fleißige Gesellen werden von den Meistern festgehalten; andere, die mit der Arbeit auf gespanntem Fuße stehen, ziehen es vor, ein lustiges Wanderleben, wenigstens den Sommer über, zu führen. Die Verpflegungsstationen bieten ihnen hierzu die passendste Gelegenheit. So gut diese Anstalten einerseits find, indem sie dem Fechtwesen ein Ende bereiten, ebenso nachtheilig find fie andererseits, indem sie der Faulheit Vorschub leisten. Es ist eben nichts Vollkommenes auf der Welt."-Daß sich nach Lübbenau teine besonders tüchtigen Schneider- und Schuhmachergesellen verirren, liegt in den jammervollen Lohnverhält niffen in dortiger Gegend, besonders für die Handwerksgesellen. 3-4 Mart Wochenlohn bei 12-13 stündiger Arbeitszeit, einem recht fläglichen Essen und einer Bodenlute als Schlafstelle, das ift teine Seltenheit, so daß gerade diejenigen Gesellen, welche nicht mit guter Arbeit auf gespanntem Fuße leben, jene Begenden meiden. Was die Verpflegungsstationen in jener Mittheilung überhaupt zu thun haben, ist nicht recht klar, da jeder weiß, daß auf denselben für ein färgliches Geschenk" schwere Arbeit verrichtet werden muß. Dadurch soll der Faulheit Vorschub geleistet werden? Daß nichts Vollkommenes auf der Welt ist, ist gewiß wahr und ein ebenso neuer, als tiefsinniger Gedanke den Beweis dieser Unvolltommenheit aber an den Verpflegungsstationen zu führen, ist übrigens dieselbe Arbeit, als wenn man Eulen nach Athen trägt.
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Der volkswirthschaftliche Kongreß, der von 20. bis 23. September in Nürnberg tagte, hat, wie nicht anders zu ers warten, den gefeßlichen Marimalarbeitstag verworfen. Dagegen wurde erklärt, daß eine Reduktion der Arbeitszeit, soweit fie unbeschadet der industriellen Leistungsfähigkeit möglich, als ein wichtiger Kulturfortschritt anzuerkennen und anzustreben sei und daß auf eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse durch Abkürzung der Arbeitszeit hingewirkt werden müsse, insofern in einzelnen Gewerbebetrieben die regelmäßige Tagewertszeit eine zu lange sei. Wenngleich die Herren hier den Pelz zu waschen suchen, ohne ihn naß zu machen, wenngleich die ganze Erklärung verschwommen ist und an bekannter liberaler Halbheit nichts zu wünschen übrig läßt, so erkennt man doch, daß die Manchesterleute unter dem Drucke der gegenwärtigen Ar beiterbewegung stehen. Niemals haben die Herren bis jept fürzere Arbeitszeit empfohlen, sie haben früher immer die Forderung der Abkürzung der Arbeitszeit als eine Prämie für die Faulheit bezeichnet und wie die damaligen Phrasen alle heißen mochten. Es hat zwar keine praktische Bedeutung mehr, was die Herren Braun, Bamberger und Genoffen sagen, aber immerhin ist eine solche Erllärung zu registriren als ein Zeichen der Zeit.
In Leipzig mischt sich jetzt die Polizei mit großer Energie in die Arbeiterbewegung. Sie hat auf Grund des sächsischen Vereinsgesezes die Streifkomitees der Former und Buch binder aufgelöst und damit gezeigt, wie es mit der Koalis tionsfreiheit in Deutschland steht. Ferner duldet die Amtss hauptmannschaft nicht, daß auf öffentlicher Straße Personen vor Etablissements, wo ein Streit ausgebrochen ist, sich aufstellen und die fortarbeitenden Arbeiter zur Theilnahme an der Arbeitseinstellung zu überreden suchen. Das ist ein direkter Eingriff in das Koalitionsrecht! Gendarmerie und Ortspolizei find zur strengsten Vigilanz angewiesen. Außerdem werden zahlreiche Versammlungen der Gewerbe, welche fich im Streit befinden, auf Grund des Sozialistengefeßes verboten. man steht, stellen fich die Polizeiorgane dort direkt auf Seite der Unternehmer.
Zum Kapitel der Enquete über die Sonntagsruhe dürfte folgendes erheiternde Stückchen von Interesse sein. In Chemnitz legte der Inhaber eines Damenmantelgeschäfts die Fragebogen auch seinen Arbeiterinnen vor. Auf die Frage der Mädchen, was dieselben bedeuteten, gab der. Prinzipal die er läuternde Erklärung: Ihr sollt antworten, ob Ihr fünftig noch Sonntags arbeiten wollt, verneint Ihr dieses, so dürft Thr fünftig am Sonntag Euch weder die Strümpfe stopfen, noch einen Unterrod flicken. Darauf erklärten die Arbeiterinnen einstimmig, daß fie ein Verbot der Sonntagsarbeit nicht wünschten. Es geht doch nichts über die aufklärende Belehrung" eines menschenfreundlichen Unternehmers!
Grubenunfallstatistit. Im Oberamtsbezirk Dortmund find im verflossenen Jahre bei der Bergarbeit im Ganzen 356 Arbeiter tödtlich verunglückt; im Oberbergamtsbezirke Bonn 143, Breslau 138, Halle 62 und Klausthal 16. Im ganzen preußischen Staat waren 291 901 Arbeiter auf den unter staatlicher Aufsicht stehenden Bergwerken thätig, von denen 715 Mann oder je 1 von 408 gegen 7 2 oder 1 von 381 im Jahre vorher tödtlich verunglückten. Beim Steinkohlenbergbau, der 190 707 Arbeiter beschäftigte, verunglückten 567 Mann oder je 1 von 336 gegen 601 Mann oder 1 von 435 im Jahre vorher. Auf 1 Verunglückten entfallen beim Steintohlen und Erzbergbau im Oberamtsbezirk Breslau 118 862 T. mit 555 457 M. Werth, in Halle 209 545 T. mit 832 034 M., in Dortmund 81 512 T. mit 389 402 M., in Bonn 80 242 T. mit 649 536 M. und in Klausthal 68 959 T. mit 616 275 M. Uebrigens ist es sehr bezeichnend, daß bei solchen Statistiken das Menschenleben mit dem Werthe der geförderten Produkte in Vergleich gestellt wird.
um fie endlich los zu werden, schließlich 10 M. gegeben, welche Soziales und Arbeiterbewegung.it 649 530
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als Honorar für die Tochter betrachtet werden sollten. Vater Wilhelm Hammermann ist ein äußerst lebhafter Mann. Er ist, wie er angiebt, früher Dachdeckermeister ge= wesen, hat aber Unglück gehabt und dann in Fürth mit einem Verwandten, welcher Bauberfünfiler war, eine Schaubude be trieben. Er hat aber dabei keine Wolle gesponnen und siedelte Deshalb nach Berlin über, um sich hier als Modellsteher zu ernähren. Bräs.: Wie sind Sie denn auf diesen Berufs zweig gekommen?- Beuge: Na, das lag so in unserer Fa milie. Man hatte auch mir schon immer gesagt, daß ich mich gut zum Modell eignen würde und da ich einen fräftigen Körperbau habe, so habe ich es mit diesem Geschäft versucht und habe auch darin Glück gehabt, denn ich bin eins der be fchäftigsten Modelle. Präi.: Jezt auch noch?- Beuge: Erst seit der Verhaftung Graef's ist die Nachfrage nach mir seitens der Künstler geringer geworden, nach der Verurtheilung meiner Frau aber war ich noch sehr Präsident: Sie haben also ein ganz beschäftigt. Beuge: Ich habe ein sehr gutes Geschäft gemacht?- schönes Geld verdient.- Präs.: Und da haben Sie gedacht, baß auch Ihre Tochter damit Geld verdienen fönnte?-Beuge: Jawohl!- Bias: Hat Ihnen denn das bei solchem Kinde paffend geschienen?- Beuge: Wir haben diese Beschäftigung nicht für unanständig gehalten und das fann ich Ihnen fagen, daß in unserer Familie fein unzüchtiges Wort gesprochen wird. Präs.: Nun, das ist sehr löblich, im Gegensat dazu be haupten nun aber einige Leute, daß Ihre Kinder gewissermaßen an den Anblick des Nackten gewöhnt worden seien. Präs.: Es wird behauptet, daß in Ihrer Beuge: behüte! Wohnung ein nacktes männliches Modell zu Jedermanns Ans ficht gestanden habe. Beuge: Das war ja meine eigene Ge stalt, welche von einem Künstler modellirt worden war. Bräs.: Das ist um so verwunderlicher.- Beuge: Bei mir gilt im er der Grundfag: so wie der Mensch ist, so fann er fich auch geben. Präs.: baben Sie Ihrer Tochter denn feine guten Lehren auf den Weg in's Atelier mitgegeben.- Beuge: Ei freilich! Ich habe ihr gesagt, daß sie beim Modell stehen sich nicht anfassen laffen solle. Der Zeuge erzählt Der Beuge erzählt dann sehr ausführlich und lebhaft seine Differenzen mit den Profefforen Kretschmer und Graef . Als das Mädchen ihr Abenteuer bei Kretschmer erzählt hatte, habe er seine Frau zu Se cefchidt, um demselben die Wahrheit zu sagen. Das Mädchen hatte nämlich behauptet, daß sie von Professor moleſtirt worden sei. Brofeffor Kretschmer zweimal Kretschmer habe aber seiner Frau beinahe die Thür gewiefen und sie gleich mit der Bemerkung empfangen: Ach Sie wollen wohl Geld expreffen? Sie scheinen Ihre Kinder dazu zu
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Zum Streit in der Erdmann'schen Kistenfabrik wird uns geschrieben: Der Streit ist vollständig zu Gunsten der Arbeiter ausgefallen und find nunmehr mit der schon erwähn ten Riftenfabrik von Fugh, Lindenstraße 35, Unterhandlungen angeknüpft worden. Herr Fugh erltärte, er habe mit der Kommission nichts zu schaffen und bezahle, wie es ihm paffe. Wem der Lohn nicht genüge, der fönne ja geben. In Folge dessen haben sämmtliche Arbeiter der Fabrik die Arbeit eingestellt. Herr Fugh erklärte weiter, daß er, wenn seine Arbeiter nicht gleich die Arbeit wieder aufnehmen würden, am nächsten Tage neue Arbeiter in seiner Fabrik einstellen würde. Darum appelliren wir an das Solidaritätsgefühl aller Kollegen und Berufsgenoffen und ersuchen bringend, den Zuzug von bes nannter Fabrit streng fern zu halten. Streits stehen weiter in Aussicht bei Herrn Vallentin, Neue Jalobstraße 6, sowie bei Herrn Alterthum, Beuthstraße 3. Die Kommission.
Zum Formerstreit in Leipzig . Die Streitlommission ist am Donnerstag, den 24. September, von der Behörde aufgelöst worden. Der Beschwerdeweg gegen diese Verfügung ist betreten. Am Freitag, den 25. September, fand eine Verfammlung der Former Leipzigs statt, welche nach genauer Prüfung der Sachlage einstimmig beschloß, den Streit weiter zu fügren, weil die Prüfung ergab, daß der Stand deffelben für die Streifenden ein günstiger sei. Die strengsten Maß regeln werden von Seiten der Behörden ergriffen; einen Bei trag hierzu giebt folgendes Schreiben der Amtshauptmannschaft an mehrere Schantwirthe: In Ihrem Schankwirthschaftslokale finden von Seiten solcher Arbeiter, welche die Arbeit eingestellt haben und die Wiederaufnahme der Arbeit zu verhindern suchen, Auflagen statt. Da Sie zu diesem Zwecke die Erlaubniß, Schanfwirthschaft zu betreiben, nicht erhalten haben, durch die Duldung solcher Auflagen aber das Verhältniß zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erschüttert und Die öffentliche Wohlfahrt gestört wird, so wird Ihnen hiermit
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Nahrungsmittelverbrauch. Der Jahresbericht des Chefs des Ballen und Marktdienstes auf der Seine - Präfeftur, Herrn Morillon, über den Nahrungsmittelfonsum von Paris stellt folgenden Vergleich zwischen dem Brod und Fleischkonsum von Paris und den übrigen größeren Städten des Landes auf: in Paris entfallen 152 Kilogramm Brod jährlich auf den Einwohner und damit gehört die Hauptstadt zu den zehn Städten des Landes, die den geringsten Brodkonsum haben: Orleans 132 Kilogr., Versailles 134, Belfort 138, Valence 147, Laon 152, wie Paris , Digne 155, Montpellier 156, Angers 157, Moulins 159. Die zehn Städte, in denen der Brode fonsum am stärksten ist, find: Le Puy 334 Kilogr., Mende 296, Saint L6 293, Clermont- Ferrand und Tarbes 291, Tourcoing 282, La Roche- sur- Yon 272, Nantes 271, Evreux 235, Tulle 252. In den volfreichsten Städten Frankreichs verhält es fich mit dem Fleischkonsum wie folgt: Baris 84 Kilogr. per Einwohner, Bordeaur 81, Lyon 73, Marseille 69, Rouen 63, Toulouse und Saint- Etienne 58, Lille 53. Am meisten Fleisch wird verzehrt in Pau , 93 Kilogr. per Ein wohner, Melun 91, Beauvais und Perpignan 87, Guéret, Besancon , Chaumont und Belfort 86, Chalons 85, Paris 84; am menigsten in Ajaccio , 37 Kilogr., Draguignan 42, Digne 48, Nantes 50, Roubair 51, Privas, Chateaurour, Laval und Brest 52, Lille 53. Was den Weinkonsum betrifft, so stehen Paris und Lyon mit 212 Litern per Einwohner auf derselben Höhe; fie werden aber von Nizza übertroffen, das mit 279 Litern an der Spize steht; zu allerlegt tommt Privas mit 117 Litern. Schlecht leben die Pariser ficherlich nicht, wenn sie neben 168 Pfund Fleisch pro Kopf der Bevölkerung ( Greise und Kinder einbegriffen) jährlich 212 Liter Wein verzehren.
Die Duldung solcher Auflagen mit dem Bemerken verboten, Vereine und Versammlungen.
daß, wenn Sie vermöge Thres Hausrechts dieselben nicht zu verhindern vermögen, Ihre Schankwirthschaft im öffentlichen Intereffe geschloffen wird." Kollegen! Laßt uns auch fernerhin nicht im Stich, versorgt uns mit der nöthigen Munition und wir werden fiegen! Alle Sendungen bitten wir zu richten an C. Schneider, Leipzig , Schloßgaffe Nr. 11. Mit kollegialem Gruße: Die Former Leipzigs . Im Auftrage: E. Grenz. C. Schneider.
Ein naives Klagelied läßt sich die Tante Vog" von irgend einem Gevatter Schuster oder Handschuhmacher aus Lübbenau vorsingen: Von unseren Handwerksmeistern, namentlich Schneidern und Schuhmachern, wird vielfach über
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H- n. Herr Reichstagsabgeordneter Paul Singer hielt am Montag Abend im Louisenstädtischen Konzerthause, Alte Jakobstraße, vor einer start besuchten Volksversammlung einen höchst interessanten und instruttiven Vortrag über den fozialdemokratischen Arbeiterschutz- Gefeßentwurf. Redner, bei seinem Erscheinen auf das Freundlichste bewillkommnet, sprach fich unter stets steigendem Beifall ungefähr folgendermaßen aus: Die glorreichen Siege, welche die sozialdemokratische Partei bei den legten Reichstagswahlen errungen hat, find für die Führer derselben ein Ansporn gewesen, dem arbeitenden Volte durch Ausarbeitung und Vorlegung eines Arbeiterschutz