Einzelbild herunterladen
 
Annahm» lediglich deZ AiitrageS MunSel zu schassen. während jedermann weiß, daß sein Inhalt fast über. flüssig und daß die Presse vor allem Schutz gegen Zeugnißzwang in s o g e n a n n t e n D i s z i p l, n a r. fachen verlangen muß. Sollte aber auch der Zeugnißzwang gegen Redakteure bleiben nun so liegt eben ein fruchtloser Versuch mehr vor, einen Preßknebel zu schaffen. Der Redakteur einer Zeitung, der Prinzipien vertritt, wird sich zum Zeugniß trotzdem nicht zlviugen, sondern lieber 6 Monate ein­sperren lassen. Mebevlkchk. Berlin  , 16. November. 9Im8 dem Reichstage. Der erste große Tag nach Wiederaufnahme der Arbeiten. Die Gallerien sind über« füllt und besonders die Diplomaten- und Hoflogen schillern von Uniformen. Im Saale   unten dagegen ist trotz der Wichtigkeit der Tagesordnung mancher Platz unbesetzt. So fehlt Bennigsen, der nationalliberale Hinterfrontmarschall, dafür aber ist Herbert Bismarck   anwesend und haben damit diejenigen einen Vorsprung gewonnen, welche aufmter- essaute Zwischenfälle" hofften. Der Bundesrath ist unter Führung des Reichskanzlers vollzählig vertreten. tur Begründung der Interpellation über den Verrath taatsgeheimnissen nahm der Führer des Zentrums, Graf v. Hompesch, das Wort. Der Redner hielt, was die Zentrumspresse in den letzten Tagen zugesagt hat: er nannte den Namen des Fürsten Bismarck nicht; sonst hielt er sich knapp an den Wortlaut der Interpellation, welche unsere Leser kennen. Der Reichskanzler beschränkte sich darauf, daß er ab- lehnte, zu beantworten, ob bis zum Jahre 1890 ein Geheim- bund niit Rußland   bestanden habe; was die Regierung aber sonst noch zu sagen hatte, das überließ der wortkarge Kanzler dem wortgcläufigeren Staatssekretär v. Marschall  . Dieser erging sich dann auch in längeren Ausführnngen über die auswärtige Politik, in denen es an scharfen Wendungen und verdeckten Spitzen gegen die Bismarck- Anzapfungen nicht fehlte. Freilich waren dieselben mit Ausdrücken der höchsten Bewunderung für denSchöpfer des Reiches" ver- bunden, aber über die wirkliche Stimmung, die im Aus- wärtigen Amte über den ersten Kanzler des Reiches herrscht, täuschten die gestreuten Rosen nicht hinweg. Dr. Lieber beantragte die Diskussion der Interpellation und nahm dann als erster Redner selbst das Wort. Es war recht wenig was er zu sagen hatte, das beste waren seine Schluß- worte, worin er kräftig betonte, daß es mit der Vertrags- treue gegen die Dreibundsgenossen unvereinbar sei, in der Weise, wie es im Assekuranzvertrag geschehen ist, hinter dem Rücken der ersteren zu mogeln. Den Kartellparteien war die Interpellation ersichtlich sehr unangenehm. Sie hatten beschlossen, sich auf Er- klärungen zu beschränken, aber nur die Reichspartei blieb dem Vorsatz treu und auch aus ihren Reihen sprach später Kardorff doch noch. Was im übrigen die Redner dieser Parteien zu sagen hatten, wurde treffend dahin zusanimengefaßt: wir wissen zwar nicht, was Bismarck   veranlaßt hat, unter Bruch von Staatsgeheimniffen den Verlrag bekannt zu geben, aber wir billigen seine That, denn was Bismarck thut ist wohl- gethan. In einzelnen Partien recht scharf und treffend war die Rede Richter's  . Direkt warf er dem Einsiedler in Friedrichs- ruh groben Vertrauensbruch vor, demgegenüber man aber um seiner früheren Verdienste willen wohl Gnade für Recht ergehen laffen könne. Köstlich war die Schilderung des Redners, wo er von dem Haus- meierthum des gewesenen Kanzlers sprach, der in seinen Nachfolgern nurFremdherrschaft und Eingriff in den familienbesitz" erblicke. Richter provozirte auch den Grafen erbert Bismarck scharf und verlangte von ihm besonders eine Erklärung darüber, was man in Friedrichsruhe unter denenglischen Einflüssen" verstehe, die von dort aus fort- gesetzt in einer Weise als vorhanden geschildert werden, daß Regierung und Krone als Marionetten erscheinen müssen. Nach einer vollständig gleichgiltigen Plauderei des Grafen Mirbach erhielt unser Liebknecht das Wort. Der- selbe konstatirte zunächst, daß unsere Partei wohl am wenigsten von allen von den Enthüllungen überrascht worden sei. Es sei die alte Politik des Fürsten Bismarck, welche sich auch hier zeige. Treulosigkeit nach allen Seiten. Diese Treulosigkeit sei aber der Diplomatie der alten Schule überhaupt eigen und Bismarck habe nur gethan, was er im Dienste seiner, der herrschenden Klasse thun mußte. Diese kann ohne gegenseitige Uebervortheilung und Treubruch nicht auskommen und da Bismarck   in diesen Uebungen eine besondere Virtuosität entwickelte, deshalb verzieh ihm die Bourgeoisie seine Junkerrüpeleien und feierte ihn als den größten Staatsmann des Jahrhunderts. Nach einem ge- schichtlichen Ueberblick über die Aera Bismarck  , welche ihre größten Triumphe darin feierte, ehemalige Freunde hinters Licht zu führen, sprach sich Liebknecht für die Politik der Offenheit und Ehrlichkeit aus, die aber erst platzgreifen werde, wenn die Arbeiter maßgebenden Einfluß gewonnen haben werden. Erst dann werde die Spitzbuben- und Räuberpolitik verschwinden. Es folgten noch diverse Redner, von denen nur die Abgeordneten Liebermann von Sonnenberg   sowie der Demokrat Haußmann und Rickert Erwähnung verdienen. Liebermann bewährte sich auch heute wieder als der Klown der Rechten, der, wie Richter ganz richtig bemerkte. die Späße zu machen hat, welche die Herren der Rechten zwar aus vollem Halse belachen, die sie aber selbst zu machen sich für zu gut halten. Haußmann griff Bismarck nock scharf an, während Rickert nachwies, daß es mit der deutschen   Einheit schlecht stände, wenn Bismarck   die Politik derKreuz-Zeitung  ", das heißt der Rechten, befolgt hätte. tn einer persönlichen Bemerkung suchte Graf Bismarck chweigen   zu rechtfertigen. Bei seinerVergangenheit  " konnte er sich an einer Debatte nicht betheiligen, der that- sächliche Unterlagen fehlten. Der Herr Gras hat recht, seine Vergangenheit ließ nichts anderes erwarten, als daß er sich mit der Vorsicht des Ritters Falstaff aus der Schuß- linie drückte. Morgen Duelldebatte. Zur Reform deS Militär-Strafprozeffes. Die Naumann'scheZeit" brachte in ihren letzten Nummern eine Artikelreihe: Erfahrungen aus dem Amtsleben eines ehemaligen Militärgeistlichen. Die Artikel stammen aus der Feder des Pfarrers Hermann Camilla Graefe, der noch im vorigen Jahre in Dresden   als Divisionsprediger thätig war. Als solcher kam er in Konflikt mit der Militärbehörde. Es wurde ihm der Prozeß gemacht. Wie es dabei zuging, darüber berichtet Pfarrer Graefe folgendes: Es war der 13. Dezember 1895. Ein sächsischer evan- gelischer Militärgeistlicher saß auf der Anklagebank eines sächsische» Mililärgerichls. Als Beisitzer fungirten ein Major und em Hauptmann. In die zwischen dem Audileur und dem An- geklagten statlfindenden Auseinandersetzungen greift der beisitzende Major etliche Male ein, sodaß der Angeklagte schließlich a» den Audileur die Frage richtet, wer eigentlich hier Unter- suchungsrichler sei. Jnfolgedeffen entspinnt sich ein ziemlich erregtes Rededuell zwischen dem beisitzenden Major und den, Angeklagten, in dessen Verlauf der letztere den ersteren auf ߧ 83, 84 der M.-Slr.-G-O. verweisen muß, wonach dieser während der Verhandlung lediglich die Aufgabe habe, aus Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung bedacht zu sein, nicht aber in den Gang der Untersuchung einzugreisen. Hierauf hat der Angeklagte sich zu den Aussagen des einige Tage zuvor vernommenen Zeugen Lei... zu äußern. Angeklagter hat ausdrücklich beantragt gehabt, Lei..., einen in Chemnitz   wohnenden Tischler, durch das zuständige Amts» gerichl vernehmen zu laffen. Trotzdem hat der Audileur den- selben persönlich in Chemnitz   vernommen, und zwar hat er Lei... durch das Chemnitzer   Bezirkskommando vorladen lassen, welch' letzteres dem Lei... eine Gestellungsordre ohne Angabe des Sachbelreffs hat zugehen lasse». Der Angeklagte erklärt, daß Zeuge Lei... auf unzulässige Weise für den betreffenden Tag zum Soldaten gc> macht worden sei, da derselbe weder direkt durch das Militärgericht noch auch dies ist das allein Richtige durch Vermittclung des zuständigen Zivilgerichrs, sondern mittels dienstlichen Befehls durch das Bezirkskommando vor- geladen worden sei. Der Auditeur erwiderte, daß er dies immer so mache". Worauf der Angeklagte antwortet, daß ihm völlig gleichgiltig sei, wie der Auditeur dies sonst mache: jeden- falls lasse er in seinem Prozesse derartige Ungesetzlichkeiten nicht zu; ob Lei... an dem betreffenden Tage Löhnung er- hallen habe? Auditeur: Nein; er hat doch Zeugengebühren erhallen! Angekl.: D a d u r ch ist bewiesen, daß Lei... an dem betreffende» Tage nicht Militär-, sondern Zivilperson war, da Mililärpersonen nach M.-Str.-G.-O. Z 279 keinen Anspruch auf Zeugengebühren haben. Ich bitte Sie also, zu Protokoll zu nehmen, daß ich diese ganze Angelegenheit für ungesetzlich erkläre. Der Auditeur muß dies thun. In diesem Augenblicke läßt jedoch der beisitzende Hauptmann es sich in den Sinn kommen, laut zu lachen! Da niemand hiergegen ein- schreitet, so stellt der Angeklagte selbst den Offizier zur Rede. Letzterer erwidert jeooch, daß es den Angeklagten nichts an- gehe, wenn er lache; er könne lachen, wann er wolle! Natiir» lich erklärt der Angeklagte, daß er dem betreffenden Herrn noch beweisen werde, ob dieser vor Gericht lachen dürfe, wenn es ihm beliebe, oder ob nicht." Am nächsten Verhandlungstage lehnte der Angeklagte den betreffenden Hauptmann für die Zukunft als Beisitzer ab, und der Beschwerde wurde auch Folge gegeben. Wer traut sich zu glauben, daß ein Unteroffizier oder gar ein einfacher Soldat, wenn er ans der Anklagebank hinter ver- schlossenen Thüren gesessen hätte, ebenso energisch seine Sache vertreten hätte, wie dieser Divisionspfarrer? Und andererseits: Wenn sich schon ein Geistlicher so fest auf die Beine stellen mußte, welche Umstände mögen da manchmal mit dem gemeinen Mann gemacht werden? Zum Schlüsse mag noch bemerkt werden, daß, nach derZeit", Pfarrer Graefeder Politik gänzlich fern steht". Vierter Stand und Klassenkampf. Vor einigen Tagen berichteten wir über einen Artikel des national- sozialen Herrn Pastors Göhre, in dem er erNärte, daß dieNational- Sozialen" ausschließlich für den vierten Stand arbeiten wollten, wozu vor allen Dingen gehören sollte, daß die für das national-soziale Programm gewonnenen Arbeiter den sozial- demokratischen Gewerkschaften zugeführt würden. Wenn irgend- wo, dann wird natürlich in unseren Gewerkschaften der Klaffe»kämpf geführt und man konnte also annehmen. daß Herr Göhre diesen Klaffeukamps für etwas sehr nothwendiges ansähe. Wir schrieben zu diesen Erörterungen, daß jemand, der mit diesen Dingen Ernst machen wolle, in der bürgerlichen Gesellschaft bald recht vereinsamt sein und keine Gegenliebe finden werde. Etwas ähnliches scheint Herrn Göhre mittlerweile auch aus eben diesen bürgerlichen Kreisen heraus klar gemacht worden zu sein; denn in der heutigen Nummer derZeit" findet er bereits, daß der Klassenkampf doch eigentlich etwas sehr»ebensächliches fei, und daß er unterviertem Stand" nicht nur die besitzlose» Arbeiter, sondern auch die kleine» Hand« werker, Bauern. Beamten. Kaufleute, Volksschullehrer, die Frauen und endlich alleGebildeten und Besitzenden" verstehe,deren Herzen aufrichtig und ehrlich mit dem Volke schlagen". Und bann schreibt er: Scbon scheint die Sozialdemokratie mit ihrer ganzen inneren Entwicklung auf das tobte Geleise geralhen. Wir nationalen Sozialisten stehen schon als Erben vor ihrer Thür. Wir muffen den größeren und reineren Sozialismus der Zu- kunft herbei- und durchführen helfen mit und für den vierten Stand." Auf denSozialismus" der oben aufgezählten Volkskreise, die Herr Göhre alsvierten Stand" zusammenfaßt, darf man wirklich gespannt sein. Und ferner darf man den Artikel wohl als eine kleine Abwiegelung auffaffen, dazu dienend, die eben- -alls zumvierten Stand" gehörendenGebildeten und Be- ätzenden" nicht graulich zu machen? Der Friedensabschluß zwischen dem RegnS Menelik und dem italienischen Unterhändler Nerazzini ist am 26. Oktober erfolgt. Die Hauptpunkte des Uebereinkommens sind folgende: Ter Bertrag von Utschialli, der Italien   eine Art Schutzherrschaft über Abessynien zugesprochen, wird aufgehoben und die vollkommene Unabhängigkeil Aethiopiens   anerkannt. Bis zur endgiltigen Festsetzung gilt die Mareb-Linie als Grenze. Bis zur endgiltigen Grenz festsetzung darf Italien   keine Gebiets- abtretung an eine fremve Macht vornehinen; giebt sie einen Gebietstheil freiwillig auf, so fällt dieser unter die äthiopische Herrschaft zurück. Binnen eines Monats wird der Vertrag ratifizirt. Für den Unterhalt und die Zusammenziehung der italienischen Gefangenen zahlt Italien   eine angemeffene Ent- chädigung. Der Vertragsabschluß soll in Rom   einen aus- gezeichneten Eindruck gemacht haben. Das kann nur möglich sein, wenn man hier entschlossen ist. die ganze afrikanische Kolonie iahren zu lassen. Auf so etwas kommt der Vertrag in Wirklich« keit auch hinaus. Das ganze Gebiet, das man seit Crispi er- obert hatte es ist cks kaoto schon lange wieder verloren gegangen giebt man aus und auch alle Ansprüche auf dasselbe. Was übrig ileibt, ist als Kolonie nicht lebensfähig. Aber man darf es nicht einmal verkaufen oder vertauschen. trotz der hundert von Millonen, die man hineingesteckt. Man kann es höchstens frei- willig aufgeben. Dann fällt es Aethiopien   zu. Mit einem Wort: Mit dem vorliegenden Friedensabschlnß bat die italienische Kolonialpolitik öffentlich ihren Konkurs erklärt. Und deshalb hat man den so schon ausgeschundenen Bauern und Arbeitern den letzten Heller erpreßt und abertausend junge kräftige Männer in den Steinwüsten Abeffyniens hinschlachten lassen?! Wie sehr sich übrigens der Menelik bereits fühlt, zeigt das Telegramm, das er anläßlich des Friedensschluffes an den Präsidenten Faure  gerichtet und in dem es heißt:Unter Gottes   Beistand haben wir unserm Volke den Frieden wiedergegeben. Indem wir heute den Friedensvertrag mit dem Bevollmächtigten Sr. Majestät des Königs von Jtal-en unterzeichnen, schätzen wir uns glücklich, daß unsere Freunde sich mit uns darüber freuen." Chronik der MajestätsbekeidigungS« Prozesse. Aus Rache hatte der Arbeiter Brandlstedter die am Spitzengang in Kiel   wohnende Ehefrau Lewandowsky wegen Majestät»- beleidigung denunzirl. Der Ausdruck, den die Frau gebraucht. ist jedoch nach Ansicht des Kieler Gerichts überall beim Volke gebräuchlich und nicht beleidigender Natur, auch wird die Absicht der Beleidigung nicht angenommen und erfolgt deshalb kostenlose Freisprechung. Der Denunziant jedoch, welcher trotz mehrfacher Verwarnung des Vorsitzenden mit seiner eidlichen Aussage sich im direkte» Widerspruch mit zwei vom Gericht als glaubwürdig befundenen Zeugen befindet, wird wegen dringenden Verdachts des Meineides sofort in Haft abgeführt. Die Oeffentlichkeit war bei dieser Verhandlung ausgeschlossen. Deutsches Reich  . S t ö ck e r hat gegen das im Prozeß Witte gegen ihn ge» fällte Urlheil Berufung eingelegt. Sn   einer Erklärung imVolk" behauptet Stöcker, daß ihm ang der Verhandlungen ebenso unverständlich wie das Er« kenntniß sei. Hätte er anwesend sein können, so würde manches aufgeklärt sein, das im Dunkel geblieben ist. Herr Stöcker hat aber wohl gewußt, weshalb' er abwesend war. Er hat sich wohl- weislich gesagt, daß er noch beschämter dagestanden hätte, wenn er Aug' im Auge seinem Gegner gegenübergestanden hätte. Stettin  , 14. November. Eine hier heute Abend von dem Obervorsteher der Kaufmannschaft Hakel einberufene, zahlreich besuchte Versammlung hiesiger Rheder, Kaufleute und Industrieller sowie der Spitzen der städtischen Behörden begründete einen Ver- ein, welcher die Herstellung einer den Anforderungen des hiesigen Verkehrs entsprechenden Wasser st raße zwischen Berlin  und Stettin   bezweckt. Der Verein konstituirte sich mit dem NamenPommerscher Binnenschifffahrts-Verein". Eine eingehende Nachsuchung tiach sozial» demokratischen Schriften hat bei sämmtlichen T r u p p e n t h e i l e n der Garnison D a n z i g stattgefunden. Zu diesem BeHufe war durch Konnnandanturbefehl bekannt gegeben ivorden, daß niemand von der Mannschaft bis zum Feld- ivebel aufwärts die Kaserne bezw. die Privatquartiere verlassen dürfe. Ueber das Resultat der Revision, welche durch mehrere Offiziere erfolgte, ist bisher nichts in die Oeffentlichkeit gelangt. Aller Wahrscheinlichkeit wird das Ergebniß das übliche sein: Nichts oder das Auffinden eines Stückes einer alten sozialdemo- kratischen Zeitung, die von irgend einem Kaufmanne als Makulatur erworben und zum Verpacken der Waaren benutzt wurde. Wilkau  (Sachsen  ). 14. November.(Eig. Ber.) In der am 13. November abgehaltenen Gemeinderaths-Sitzung wurde auf Autrag des Genossen Müller die Einführung einer Umsatz. st euer einstimmig abgelehnt. Außer Müller sprach sich auch Gemeinde-Aeltester Fabrikbesitzer Dietel gegen die Umsatz- fteuer aus. Zwickau  , 15. November.  (Eig. Ber.) Die heute in Schedewitz abgehaltene Versammlung von Mitgliedern des Konsumvereins, welche von ca. 500 Personen besucht war, nahm »ach einem Referat des Ausstchtsrathsmitgliedes H Sachse und nach lebhafter Debatte einen gründlich ausgearbeiteten Protest gegen den Beschluß des Gemeinderaths, Auflegung einer 2prozentigen Umsatzsteuer betreffend, an; das Schriftstück wird der Amtshauplmannschaft eingereicht werden. Detmold  , 14. November. Die Landtagswahlen im Fürsten  - thum Lippe- Detmold sind nunmehr beendet. Die Fr ei« sinnigen haben zu den sechs Mandaten, die sie bereits besaßen, noch drei andere gewonnen und kommen in zwei weiteren Wahlkreisen in die Stichwahl. Sollten sie auch hier erfolgreich sein, so würden sie mit elf Stimmen die Mehrheit im Landtage haben. Es wurden ferner neun Konservative und Nationalliverale gewählt, darunter v. Stielencron zweimal. Auch Präsident v. Lengerke wurde wiedergewählt. Es ist eine große Zunahme an sozialdemokratischen Stimmen zu verzeichnen. Rudolstadt  , 15. November.(Eig. Ber.) Die Parteigenossen des Leutenberger Kreises haben nach der seitens des Rudolstädter  Zentral-Agitationskomittees ausgegebenen Parole, in der am Freitag stattgehabte» Landtags- Stichwahl zwischen dem Land- wirth Weniger(freis. Vp.) und dem reaktionären Landrath v. Holleben fiir ersteren zu stimmen, gehandelt und damit einen der ärgsten Sozialistenhasser aus dem Rudolstädter   Landtage ausgeschlossen; Wemger erhielt 326, v. Holleben   nur 245 Stimmen. Dies ist die Quittung der nach Ansicht des Herrn Landraths hinsichtlich des Vereins» und Versammlungsrechts rechtlosen Sozialdemokratie! Mainz  , 15 November.(Eig. Ber.) Die Reichstag?» Stichwahl ist vorüber und endigte mit dem Siege der Zentrumspartei  . Dr. Eduard David   erhielt 10 107, der ultrainontane Rechtsanwalt Dr. Schmitt 10 287 Stimmen, die Mehrheit beträgt demnach 160 Stimmen. Der Wahlkreis Mainz  -Oppenheiin ist demnach für unsere Partei verloren gegangeu, doch bedeutet dieser Verlust keine Niederlage. Unter den denkbar ungünstigsten Umständen mußte unsere Partei in den Wahlkampf ziehen. Unter dem deprimirenden Eindruck des Falles Jöst stehend, hatte sie eine gelockerte Organisation im Wahlkampfe vorgefunden und mußte mit einem neuen, im Wahlkreis fast»n- bekannten Kandidaten ins Feld ziehen. Unser tüchtiger Genosse David wohnt erst sechs Monate in hiesiger Stadt und war bis dahin nur oen ovganisirten Arbeitern bekannt, welche der Zahl nach bei 30 000 Wählern nicht stark in betracht kommen. Wir waren zudem die Urheber des Wahlkampfes, ohne dessen Ursache aus tausend Gründen und Rücksichten motiviren zu könne» und harten zu- dem keine zündende Wahlparole, sondern nur unser Programm. Die Zentrumspartei   war dagegen weit günstiger gestellt. Sie hatte den Wahlkampf nicht verschuldet und dazu einen außerordentlich günstigen Kandidaten in der Person des Rechtsanwalts Dr. Schmitt, der, weit und breit bekannt als rechtlicher Mann, nebenbei aber als feiner Demagoge den Wählern das Blaue vom Himmel ver« sprach, ohne Rücksicht darauf, daß seine Partei nie und nimmer auf seine Versprechungen Rücksicht zu nehmen in der Lage sein oder auch nur die Lust dazu haben werde. Dabei betrieb diese Partei die Agitation in der rück» stchtsilosesten Weise und was hier in Saalabtreibung, Mißbrauch der Kanzel und sonstigem Bauernfang geleistet worden ist, spottet jeder Beschreibung. Dabei werden aus einzelnen Orte» grob« Unregelmäßigkeiten gemeldet, welche, wenn erst festgestellt, ein späteres Kapitel bilden werden. Die sozialdemokrattsche Partei halte dagegen nur ihr Programm aus der Fahne und war, ohne Bundesgenossen, auf die eigene Kraft angewiesen. Unter all diesen Umständen muß der Erfolg dieser Wahl als ein großer Erfolg bezeichnet werden, denn in der Stichwahl spielte Schmitt sich nicht als Zentrumsmann, sondern als Vertreter des Bürgerthums, als Auli- Antisemit, als Retter der Vaterstadt vor dem drohenden Umsturz, als Schützer des Reiches und eines Heeres und als alles mögliche auf und in der widerlichsten Weise buhlte er um die Gunst der liberalen Wähler. Die Wähler der Stadt Mainz   selbst gingen nicht auf diesen Leim und gaben eine impo» »irende Stimmenzahl kür Genossen David ab, welcher 6634 Stimmen erhielt, während sein schwarzer Gegner mit liberaler und antisemitischer Hilf« nur 3961 Stimmen bekam. Mainz   hat also klar und deutlich bewiesen, daß es für alle Zeit eine sozialdemokratische Stadt sein und bleiben will. Auch die umliegenden industriellen Orte Kastel  , Kostheim  , Weisenau  , Hechlsheim, Bretzenheim, Finthen  , Gonsenheim  , Marienborn und Momdach hielten sich wacker und auch das bäuerliche flache Land,(der Wahlkreis hat außer Mainz   noch 42 Orte) gab ansehnliche Stimmenzahlen für David ab. Daß David schließlich mit der geringen Zahl von 180 Stimmen