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Mittwoch, den 16 Dezember 1883.

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MerVMKIi Krgan für die Intrrkffen der Ardeiter.

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Da» �Berliner BolksblatS«

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Pf. SomrtagS-Nummer mit illustr. Beilage 10 PostzeitungSpreisliste für 1885 unter Nr. 746.)

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Redaktion: Kenthstraße 2« Expedition: Zimmerstraße 44.

Die A«s»iMi>rr«lizssmheit. Die Konservative« find im besten Zug, da» Wort Börne'» wahr zu mache», daß jeder Deutsche seinen Gendarmen mit sich in der Brust herumtrage. Zwar giebt e» glücklicher Weise Deutsche genug, die von den konservativen Be- strebunge« nicht» wissen wollen; e« fehlt den Junkern und Troßgrundbefitzern aber nicht an dem aufrichtigsten Willen, da» Rad der moderne« Entwickelung rückwärts zu drehe« Und un» i« mittelalterliche Zustände zu versetzen. Da» wird nicht gelingen, wenigsten» niemals auf die Dauer, aber die Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, sie sind vorhanden und bleibe» ei« mahnendes Zeichen dafür, was an der Schwelle de» zwanzigsten Jahrhundert» noch Alle» wöglich ist. Al» jüngst der Bruder de« Minister» von Puttkamer, der Herr von Puttkamer- Plauth, gegen die AuswanderungSftei- heit sprach, da dachte man so recht der Heine'sche» Verse: Da» mahnt an da» Mittelalter so schön, An Edelknechte und Knappen" Und wenn man die Rede de» Herr« von Puttkamer- Plauth wit den modernen Anschauungen vergleicht, so findet ma» b« dasselbe Verhältniß, wie zwischen dem Brummen eine» Mittelalterliche» Nachtwächterhorn» und dem Pfiff einer fiotten Lokomotive. Ja, e« war eine schöne Zeit für die Herren Junker, al« Deutschland auf der Karte einst wie ein buatgeflickter Zappen aussah und Hunderte von kleinen Staatche« ihre �ntereffea mit einander kreuzten. Da saßen sie M ihren Burgen und Schlössern, die kleinen Terri« UUialfürsten, oder die geistlichen Herren in ihre» Palästen. Der Bauer, dem sie angeblich ihre«.Schutz" verliehen, tzatte diesen.Schutz" theuer zu bezahlen; besser hatte e» schon der Städter, der sich in starken Gemeinschaften hinter testen Mauern barg. Der Bauer aber hatte den Zehnten su geben Frohndienste zu leisten und Steuern sowie die »Underterlei Abgaben zu zahle», welche die erfinderische Habgier der Feudalherren forderte. Natürlich mußte dem Walherrn daran gelegen sein, daß seine Bauern ihm nicht *»00» liefen, denn wen« er sie nicht m fernemSchrrm" hatte, konnte er ihnen weder Zehnten noch Zinsen Abnehme» und sie konnten auch nicht für ihn ftoha. be«. Da kam es vor, daß solch ein Gewaltiger, der über kine Ouadratmeile Gebiet herrschte, seinen Unterthane« die "«Wanderung bei Todesstrafe verbot. Wirksam waren solche Verbote freilich nicht immer.. Der Standpunkt de» Herrn von Puttkamer ,» der Wanderungssrage ist nicht sehr verschieden von dem der Mittelalterliche« Feudalherren. Allerdings steht der Bruder *« Ministers damit nicht vereinzelt da; ferne Ansichte«

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IeuMeton. Die Hand der Kemefis. Roma« von Ewald August König . (Fortsetzung.) ..Und hat er auch gesagt, wie er i« den Besitz diese« Feldes gekommen ist oder zu komme» gedenkt?" .Er will eine Erbschaft gemacht haben." .Da» ist ein« wohlfeile Ausrede ihm nachgewiesen werde» können, daß er eine so be- Utende Erbschaft nicht gemacht hat, aber er kann n, cht ge- chtlich gezwungen werde«, den Erwerb des Geldes nach- jWstn, wenn nicht ein bestimmter Verdacht gegen ,h« vor- k.Er wird das Geld von Rabe erhalte«, e» ist der Preis , �Kaa?ftm�abe?Äe wollen Sie e» beweisen? Rabe 1%* diese Summe seinem ftühere» Kammerdrener gegen m Bürgschaft und landesübliche Zinsen leihen, dagegen Niemand etwa» einwenden." . Qfr r-rtn-iJUi I'

ä«r.si'te£ aber ewen Beweis finden wrr ra ihnen --Wir werden auch Beweise finden/ »Vertraue « Sie darauf so zuversichtlich?" st;,. zweifle jetzt nicht mehr daran", erwiderte Sieg- 1%'»Sch bitte Sie noch einmal, fitzen Sie Jbre Beobach- fort, ich werde ebenfalls fortfahren, der Sache meine ie Aufmerksamkeit zu widmen. Die Entscheidung hoffe

werden von Vielen getheilt und die AuSwanderungSfteiheit ist leider muß ma» e» sagen noch keine alte Er- rungenschaft. Sah sich doch«och das Frankfurter Parlament 1849 veranlaßt, die AuSwanderungSfteiheit ausdrücklich zu dekretiren! Herr von Puttkamer-Plauth meinte, in Ostpreußen liefen die Tagelöhner den Gutsherren davon und wanderten aus; diesem Zustande müsse man mit gesetzlichen, resp. Polizei lichen Mittel» entgegentreten. DaS Zugeständniß ist recht interessant. Warum laufen denn die Tagelöhner und Knechte davon? Doch jedenfalls nur deshalb, weil die Bezahlung und Behandlung bei den hochkonservativen Großgrund- besitzen» eine solche ist, daß sie e» nicht aushalten können. Man weiß, daß diese Leute sich nicht allzu leicht zur Au» Wanderung entschließen und oft nur mühsam die dürstigsten Mittel dazu aufbringen können. Wenn sie also dennoch massenhaft auswandern, so ist das ei» sehr schlechtes Zeug viß für ihre Arbeitgeber. Wenn Herr von Puttkamer sich auch über die zu- nehmende Auswanderung von Militärpflichtigen beklagte, so wolle« wir ihn ein sehr einfaches Mittel angeben, das voll» auf genügt, um da Wandel zu schaffen er sorge nur da» für, daß die Dienstzeit abgekürzt wird. Wenn die Dienst- zeit nicht länger wäre, als zu den Zeiten von Scharnhorst und Gneisenau, würde man keine solche Massenflucht von Militärpflichtigen sehen. Wer möchte überhaupt die Massenauswanderungen anders auffassen als soziale Erscheinungen, die mit de« jeweilige» soziale» Erscheinungen in Wechselwirkung stehen? Dagegen helfe» keine Polizeimaßregela, wie sie Herr von Puttkamer-Plauth verlangt. Da war sein Parteigenosse, der ältere Minister Euleaburg, doch ein weit einsichtigerer Mann. Dieser erfaßte das Wesen und die wahren Ursachen der Auswanderung. Auch er war konservativ, allein er sah die Vergeblichkeit von Polizeimaßregeln gegenüber der massen» haften Auswanderung ein.Wenn man das Volk von der Auswanderung abhalten will", sagte er,so m u ß m a n ihm seine Heimath lieb mache n." Ein wahres Wort. Allerdings sind die Puttkamer» Plauth und Genossen nicht geeignet, dem Volke die Heimath lieb zu machen; sie bewirken, wie sie selbst eingestehe», das Gegentheil. DaS ist bezeichnend genug.

Polttifche Weberstcht. Der Reichstag wird sich nach Ansicht deS Präsidiums am Donnerstag bis zum 8. Januar 1886 vertagen. Auf die Tagesordnung der ersten Sitzung nach den Ferien wird vor- oussichtlich die erste Berathung der Vorlage betreffend den Nordostseekanal gesetzt werden.

ich in dem umfassende» Zeuzenverhör zu finde», welche« ich nach einigen Tagen anordnen werde." Der Polizeipräsident hatte gedankenvoll seine Hand- schuhe angezogen, er nahm jetzt seinen Hut, und auch Sieg- ftied traf Anstalten, das Bureau zu verlassen. Noch Ein«," sagte der Präsident, rasch das Haupt er» hebend,.darüber, ob Rabe Gift besessen hat, und wie er in den Besitz desselben gekommen ist, habe ich nichts erfah- ren können. Rabe soll in früheren Jahre» sich viel mit chemischen Experimenten beschäftigt, auch ei» kleines Labora« torium besessen haben, Sie wisse« ja, daß er Medizin studiren wollte, und da mag die Chemie ihn besonders angezogen haben. Wie weit seine Kenntnisse auf diesem Felde gediehe» sind, und ob er auch in der jüngste» Zeit noch experimentirt hat, weiß ich freilich nicht." Es genügt, daß er chemische Kennwisse besitzt und selbst Präparate mache« kann." Sie habe» die Seznung der Leiche nicht beantragt?" Nein, ich wollte den Wunsch der Generali» ehren, da» Gutachten des Arztes genügte mir, die Richtigkeit desselben werden die Richter auch später nicht bezweifeln." Der Präsident entfernte sich, bald»ach ihm verließ auch Siegfried das Gerichtsgebäude. Er war seit einige» Tagen nicht mehr in der rothen Traube gewesen, heute zog eS ihn hin, er hoffte Bekannte dort zu finden, mit denen er eine Stunde verplaudern konnte. Er fühlte da» Bedürfniß, seinen Gedanken eine andere Richtung zu geben, sich zu zerstreue« und zu erheitern, und da» konnte er am besten, wen» er vor einem Glase Wein saß. Wie er e» erwartet hatte, traf er den Justizrath Walther bereits in der Gaststube, und der alte Herr schien sehr erfteut, ihn wieder einmal zu sehen. Haben sich lange nicht sehen lassen," sagte er, während er dem Assessor die Hand drückte,wohl bei der künstigen Gemahlin gewesen, wie?" Nein, da» nicht!" lachte Siegftied.So weit find wir noch nicht, und wer weiß, ob wir auch bald dazu kommen! Es war eben viel zu thu»: ein Raubmord, zwei Einbrüche, ein betrügerischer Bankerott und eine schwere

Die feindliche Stellung zu dem allgemeinen gleiche» Wahlrecht, welche der konservative Herr v. Helldorff im Reichstape einnahm, hat in der Presse eine lebhafte Diskussion wachgerufen. Während einige konservative Organe den Ad- eordneten von Helldorff wegen seiner Stellungnahme zu der Trage des allgemeinen Stimmrechts geradezu zu verleugnen suchen und ausdrücklich konstatiren, daß Herr von Helldorff bezüglich dieses Punktes nicht im Namen der konservativen Partei gesprochen, während dieN. Ä. Z." im Namen deS Herrn von Helldorff selbst seine Aeußcrungen zurück» deutelt, fehlt eS im Lager der Konservativen auch nicht an Etimnien, welche sich offen zu der Anficht deS Herrn von Helldoiff bekennen und deffen Ausspruch zu dem ihrigen machen; nur dagegen glauben sie sich verwahren zu müssen, daß es in der Absicht der Konservativen läge, schon alsbald gegen das allgemeine, gleiche Wahlrecht Sturm zu laufen. So erklärt die konservative Wahl-Korrespondenz ganz offen, daß die Konservativen ohne Ausnahme keine Freunde dieses demokratischen Wahlrechts find, nur bei der gegen- wältigen Lage der Dinge denken sie nicht daran, die Ersetzung desselben durch ein anderes Verfahren vorzuschlagen. DaS heißt doch mit anderen Worten nichts anderes, alS, so lange wir der Majorität deS Reichstags für eine Beseitigung dieses unsympathischen Wahlrechts nicht sicher sind, werden wir an demselben nicht rütteln. Eine Berufsvertretung sei das eigent- liche Ideal der Konservativen, lieber das, was diese Herren wollen, kann wohl kaum noch ein Zweifel obwalten.

in Bezug auf die freien Kassen in Form einer Petition vorzu- legen, insbesondere aber, um Beschwerde über daS Verhalten der sächsischen Behörden den freien Kassen gegenüber zu führen» Bekannllich wollen die Ortskassen in Dresden die freien Kassen nicht anerkennen, die Behörden, welche diese Kassen in Dresden verwalten, verlangen von den Mitgliedern der freien Kassen, daß sie auch in die Ortskassen zahlen sollen und drohen im Weigerungsfalle mit Exekution. Nach Angabc der Deputation % der Herr Minister hierzu folgendermaßen geäußert: Die Mitglieder der fteien Kassen in Dresden brauchten nicht die zu Unrecht von ihnen verlangten Beiträge zur Ortskaffe zu zahlen: sie sollten, wenn sie bei den sächsischen Behörden kein Recht bekommen könnten, es allenfalls auf Exekution ankommen lassen und mit gerichtlichen Klagen vorgehen; die abgepreßten Beitrage müßten ihnen schließlich(natürlich sammt den Unkosten) zurückerstattet werden, einerlei, ob sie inzwischen Unterstützung der Orts Krankenkasse erhalten hätten oder nickt."

aus

unangenehm und der Vorfitzende des Veib'a'ndes Ter"' Orts! folgende Antwort erfolgt ist: Berlin , 8. Dezember 1885. Dem Vorstande erwidere ich auf die gefällige Eingabe vom 3. d. M., betreffend das dem

Mißhandlung, ich denke, daS waren Sache» genug für die wenigen Tage." Hm, eigentlich zu viel. Verbreche« und Rohhnte« nehmen überhand, Kerle aufhängen, wäre das Beste!' Wenn sie alle gehangen würden, verdienten Sie gar nichts!" Unsinn, außerdem«och Prozesse genug!" Dann müßte der Amerikaner auch schon baumeln!" Der?" erwiderte der Justizrath ärgerlich.Können sagen, was Sie wollen, er ist schuldlos. Wolle» uns nicht aufrege», Assessor, Endresultat abwarten. Oberst jetzt mit der Generalin ausgesöhnt?" --Es scheint, daß er sogar sehr mit ihr befreundet rst," sagte Siegftied, während er sei« Glas erhob, um die Farbe des Weines zu prüfen;seitdem er in sei» Stammschloß übergefiedelt ist, habe ich ihn nicht wieder ae» sehen. Er fehlte sonst nie auf der Parade" Verwaltungsgeschäfte I" »Zch kann nicht wohl glauben, daß er ihnen de» ganze» Tag widme« wird, überdies steht ihm ein Verwalter zur Seite." Hat einen brauchbare» Mann gesunden?" Ja, wenigstens glaube ich, daß der Mann in seinem Fache tüchtig rst!" Uebernahme der Verwaltung glatt abgelaufen?" forschte der Justizrath. Da- weiß ich nicht, wie gesagt, ich habe meine» Vaier seitdem mcht mehr gesprochen. Haben Sie nichts mehr über de» Wechsel gehört, den die Generalin von Ihnen reklamwte?"' Nein, Generalin seitdem nicht mehr gesehen. Wird sich Mit ihrem Bruder wohl auseinander gesetzt haben." In einer Weise, die zum Bruch geführt hat!" er» widerte Siegfried mit gedämpfter Stimme.Der Bruch ist eine Thatsache, es war vorauszusehen, daß e« so weit kommen würde." Mit den Lossows wird's auch nicht lange Stand Glaube ich auch nicht." Haben Sie Näheres gehört?" Nein Teufel, was will Der hier?"