Beilage zum Berliner Volksblatt.

Ar. 294.

Politische Uebersicht.

A Die Stellung der Sozialdemokratie zur Sozial­reform-fo lautet die Ueberschrift eines Leitartikels der " Magd. Btg.", welcher folgendermaßen beginnt:

Die Sozialdemokraten sprechen die Anficht aus, daß die ganze Sozialreform, welche bisher theils bereits durch geführt, theils weiter vorbereitet wird, nichts weiter be Deute als ein Geschent, welches man den Arbeitern made, indem man die Mittel dazu eben den Arbeitern aus den Taschen entnehme. Ganz begründet ist diese Anschauung nicht, da die Arbeitgeber in einem ftarten Maße zur Unfallversicherung und Unfallentschä bigung herangezogen werden. Aber wenn dieselbe auch vollkommen begründet wäre, so würde man das der Geießgebung zum Grunde liegende Prinzip nicht ver werflich finden dürfen, sondern müßte es grade als einen Vorzug derselben betrachten, auch wenn man die Durchführung aus anderen Gründen für verfehlt er­achtete."

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Das Blatt führt nun weiter aus, daß der Grundsatz nach welchem die Arbeiter die Versicherung ihres Lebens und ihrer Gesundheit aus eigenen Mitteln bewirken sollen, der einzig richtige Weg jei, da die ökonomische Selbststän Digteit" und die Sicherung gegen die demüthigende Armenpflege dem Arbeiter verioren gebe, wenn er bei Unglüds. fällen auf die Mildthätigkeit seiner Mitbürger angewiesen sei. Diesem Grundfage, meint das Blatt, widerspreche es nicht, wenn die Unternehmer durch des Gesez genöthigt wer den, für Unfälle aufzukommen, welche fich bei der Benugung der von ihnen aufgestellten, durch mechanische Kräfte in Be wegung gefeßten Maschinen ereignen. Der Arbeiter, wel der hter beschäftigt wird, hat es nicht immer in seiner Gewalt, die Maschine so zu lenten, wie das handwerkzeug, welches er mit der Hand regiert. Die Gefahr, welche er läuft, wenn er der die Maschine bewegenden mechanischen Kraft fich anpaffen soll, rechtfertigt die haftpflicht dessen, dem diese Kraft gehört und dient. In diesem Falle ist es nicht die Pflicht des Arbeiters, selbst für seine Sicherung zu sorgen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil er dies nicht vermag. Naturgemäß geht damit diese Bflicht auf den Unternehmer über, der das Nifilo zu tragen hat.

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Und nun jammert das Organ der Großindustriellen dar über, daß die Unfallversicherung eigentlich zu weit gehe, man hätte den Betheiligten überlaffen sollen, fich da zu versichern, wo ihnen die meinen Vortheile geboten würden, das heißt also: Die staatliche Unfallveäficherung hätte unterbleiben den Be müffen. Man fonnte so heißt es wörtlich theiligten wohl überlassen, die Versicherung gegen die Ge fahren da zu suchen, wo es für fie am vortheilhaftesten war, und was die Versicherung der Arbeiter gegen Krankheit, Ar beitsunfähigkeit und dergleichen betrifft, so hätte es genügt, da Diese Versicherung den Arbeitern überlassen bleiben muß, die Unternehmer dafür verantwortlich zu machen, daß fie feinen Ar­beiter beschäftigen, der nicht ordnungsmäßig und genügend versichert ist."

Jm Weiteren wendet sich der Artikel auch gegen die For­derung des Normalarbeitstages, den Minimallohn 2c., welche, da durch deren Einführung den Arbeitern auf Kosten werden Anderer Geschente gemacht follen, als unsittlich bezeichnet werden. So kommt der Artikel zu dem Schluß:

Mittwoch, den 16. Dezember 1885.

einer Stufe stehen, weil sie auf Kosten ,, Anderer" ein anspruchs­volles Leben führen wollen.

Es ist zwar nach Ben Aliba schon Alles dagewesen, aber schwerlich schon einmal eine solche Logit. Bis jetzt war man selbst in Unternehmerkreisen darin einig, daß der Arbeiter seiem Arbeitgeber durch seine Leistung erst zu dem Profit verhilft, mithin also niemals der Arbeiter auf Kosten An derer, wohl aber Andere auf Kosten der Arbeiter leben tönnen. Welcher Unterschied besteht aber zwischen dem Arbeiter, der das hin strebt, fich und seine Familie ehrlich durch die Welt zu bringen und daher eine zeitgemäße Arbeitszeit sowie einen austömmlichen Lohn ve langt, und einem Unternehmer, welcher aus der Arbeitstraft seines Arbeiters Profit schlägt, fich aber weigert, für den seinen Reichthum Mehrenden im Falle des Unglücks einzutreten? Auf welcher Seite liegt die Unfitt lichkeit hier fann tein Zweifel obwalten; der Unternehmer, welcher den Nugen aus der Arbeitskraft des Arbeiters zieht, hat mindestens auch die Pflicht, für den in seinem Dienst Ver. unglüdten die Kosten und zwar vollständig zu tragen. Von Mildthätigkeit tann nirgends die Rede sein, da das Geld, welches der Unternehmer zahlt, doch nur in der ausge­nugten Arbeitskraft seinen Ursprung hat. Der Artikel der Magd. 3tg" zeugt angesichts der Wirklichkeit von einer grenzenlosen Rohheit, die glücklicherweise immer seltener zu werden beginnt.

Parlamentsberichte.

Deutscher Reichstag .

18. Sizung vom 15. Dezember, 12 Uhr. Am Tische des Bundesrathes Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff und Kommiffarien.

Das Haus genehmigt zunächst in erster und zweiter Lesung den Gefeßentwurf, betr. Die Kontrole des Reichshaus. haltsetats und beginnt dann die Berathung des Etats der Verwaltung des Reichsheeres. Referent v. Köller.

Kap. 14 der fortdauernden Ausgaben( Kriegsministerium) wird mit folgenden zwei Aenderungen bewilligt: die 900 M. Dienstzulage für den Generalstabsarz: der Armee werden ge­strichen und statt der geforderten 9 neuen Kanzleisekretärstellen nur 5 bewilligt, beides den Anträgen der Budgetlommission gemäß.

Die Dienstzulage von 900 M. für den Generalfiabsarzt bat der Kriegsminister Bronsart von Schellen. borff, entgegen dem Antrage des Referenten, zu be willigen. Das Haus entscheidet fich gegen die Bewilligung. Kap. 17( Militärgeistlichkeit) wird bewilligt.

Bei Kap. 19( höhere Truppen befehlshaber) beantragt die Kommission, statt der verlangten 3 Landwehr Inspekteure nur 2 zu bewilligen und den betr. Titel um 10548 Mart zu türzen.

Kriegsminister Bronsart p. Schellendorf bittet, diese Pofition entgegen dem Antrage der Kommission anzu­nehmen.

Das Haus, mit Ausnahme der Konservativen und Nationalliberalen, lehnt die Mehrforderung nach dem Kom­missionsvorschlage ab.

Jm Kapitel 22( Generalstab und Landesvermessungswesen) werden für 52 Offiziere im Nebenetat für wissenschaftliche Bwede( darunter 7 neu beantragte Stellen) 1 002 345. ver langt. Die Kommission beantragt, nur 2 von den 7 neuen Stellen zu bewilligen und demgemäß jene Summe um 10 800. zu ermäßigen.

Kriegminister Bronsart v. Schellendorf : So Dankbar ich auch das Entgegenkommen der Kommission gerade diefem Rapitel gegenüber anerkenne, so bin ich doch verpflichtet, hier nochmals die Bitte auszusprechen, die geforderten Mittel für diese fünf Rekognoszenten zu bes willigen.

Die Mehrforderung wird gegen die Stimmen der Konser­vativen und Nationalliberalen abgelehnt.

Welcher Unterschied besteht ferner zwischen dem Arbeiter, der auf Kosten Anderer höheren Lohn er­preßt, und zwischen dem Feudalherrn, der seine Leib­eigenen und Fröhner für sich arbeiten und steuern lägt, um gemüthlich auf ihre Roften ein anspruchsvolles Leben führen zu fönnen? Der sozialdemokratische Staat ift genau eben so unfittlich, wie es der Feudalstaat ge­wesen ist, und die Forderungen, welche jetzt von Seiten der Sozialdemokratie aufgestellt, von Anderen unterſtüßt werden aus allerlei Gründen, find dazu bestimmt, diesen unfittlichen Staat vorzubereiten, und darum find ste selbst ihrer Natur nach unfittlich und verderblich, abge fehen davon, daß fie ohne eine völlige Zerstörung der Gesellschaft und des Staates undurchführbar find. Wir haben leine Veranlassung, uns mit dem Organ der Rommerzienräthe in eine Diskussion über den sozialdemokrati­ichen Bufunftsstaat einzulassen, wohl aber glauben wir, dem Blatte auf die sonstigen Ausfälle gegen die Arbeiter eine Ant­wort geben zu müssen. Wir sind auch der Ansicht, daß das lonnte, auf die Art, wie das geschehen mußte, ist ot genug Krankenversicherungsgesez einfacher und freier geschaffen werden aus Arbeiterkreisen hingewiesen worden. Aber gerade die Partei, welche die Magdeb. 8tg." vertritt, hat mit aller Macht Abstrich von 900 Mt. für einen Setondelieutenant( in Ronse quenz der Ablehnung des dritten Landwehr Inspettors) be einer freieren Geftaltung des Krantenlaffenwesens entgegen willigt. gearbeitet, und so das feßige Gesez mit zu Stande ge

bracht.

Bei Kap. 24( Geldverpflegung der Truppen) bringt Abg. Fthr. v. Buol wie im vorigen Jahre die Quartier und Lebens, mittelentschädigung während der Manöver zur Sprache. Die Preise der Lebensmittel in den einzelnen Landestheilen find sehr verschieden und die Entschädigungen für die gebotenen Leistun gen in Folge dessen häufig ganz unangemessen. Es bestätigt fich, daß selbst kleinere Gemeinden ihr Budget ganz bedeutend belastet haben, um ihre Quartiergeber zu entschädigen für das Manto an Verpflegungsgeldern. Es ist eine Unbilligkeit, daß die wegen ihrer geographischen Lage zu Manöver vorzugsweise be nugten Gegenden die Haupttoften tragen. Die Kosten müßten

Im Tit. 3 figuriren 605 8 ab Imeister mit einem Ge balt von 1650 bis 2700 Mart, durchschnittlich 2044,46 Mart, 300 M. mehr als im vorigen Etat. Die Kommission beantragt, Diese Erhöhung des Minimalgehalts abzulehnen und den Durch

Wie nun das Blatt dazu kommt, zwischen den Arbeitern, bie an Maschinen tbätig sind und jenen, welche das Hand­wertszeug mit der Hand regieren", in Bezug auf die Unfall versicherung einen Unterschied zu machen, ist uns unerfindlich. schnittsgehalt auf 2000 m. zu normiren. Abgesehen davon, daß bei den Maschinen doch auch die Thätig wollen, daß Dachdecker, Maurer und Zimmerleute nicht ebenso gelehnt. der Gefahr, zu verunglüden, ausgefeßt find, wie die Ar­beiter, welche an Maschinen hantiren müssen. Freilich wird die Gefahr nicht überall eine gleiche sein, aber das ist doch fein Grund, eine weniger gefahrvolle Branche von der Verfiche­

Die Mehrforderung wird gegen die Stimmen der Konser vativen, Nationalliberalen und des Abgeordneten Lipfe ab­

rung auszuschließen.

Tit. 8 enthält unter Anderem die für Kommandozulagen beantragte Mehrforderung der Regierung von 684 252 Mart. Die Kommission beantragt 479 000 Mart, d. h. die Vermehrung Der Kommandozulagen für die höheren Chargen zu streichen und nur die Erhöhung der Kommandozulagen für die Sub alternoffiziere von 1,20 M. auf 2 M. pro Tag mit 205 252 zu bewilligen.

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Der Antrag der Kommission wird mit großer Mehrheit nur einzelne Konservative stimmen dagegen angenommen; und werden in Folge deffen im preußischen Etat 479 216 M., im fächsischen 36 600 M. und im württembergischen 28 002 m. gestrichen.

Die ganze Bosheit, welche in diesem Artikel zum Vorschein tommt, refultirt daraus, daß die Unternehmer einen Theil zu den Kosten der Unfallversicherung beitragen sollen. Das ist für die Magdeb. 3tg." natürlich die reine Ungerechtigkeit; fa noch mehr, es ist unfittlich". Welch ein Hohn! Frisch weg heißt es: Die Arbeiter müffen aus eigenen Mitteln die Rosten für ihre verunglüdten Kollegen aufbringen, dadurch Brigen sie ihre ökonomische Selbstständigkeit( als ob von fein tönnte!), und die Unterstüßten entgehen dem demütht Frage. einer ökonomischen Selbstständigkeit der Arbeiter die Rede genden Gefübl der Armenpflege, weil sie dann nicht auf die Milbthätigkeit" ihrer Mitglieder angewiesen find. Wirklich, ein herrlicher" Gedante, wie er auch wohl nur einem echten nationalliberalen Gemüth entspringen fann. Die

Bei Kap. 25( Naturalverpflegung) erwidert auf die vorhin bei Kap. 24 vom Abg. von Buol angeregte

Kriegsminister Bronsart von Schellendorff , daß er die Klagen nicht für gerechtfertigt halte, doch sei er bereit, die Frage von Neuem in Erwägung zu ziehen.

Es befindet sich ferner in diesem Kapitel bei Titel 4 ( Brod und Fourageverpflegung) zur Erhöhung der täglichen

II. Jahrg.

im fächsischen Etat 67 305 Mart und im württembergischen 45 121. geftrichen.

Bei Kapitel 26 Titel 6( Beschaffung des Bedürfnisses an Tuch für die Truppen) werden 431 000 Mt. meniger gefordert, als im Vorjahre. Das Kapitel wird bewilligt.

Bu Kap. 31, Verpflegung der Ersaß- und Reservemann­schaften auf dem Marsche" beantragen die sozialdemokratischen Abgeordneten:

a) als Titel la einzufügen: für die Familien der zur Uebung einberufenen Reservisten und Landwehr­Ieute: für Preußen 2 000 000 M., für Sachsen 100 000 D., für Württemberg 50 000 M.;

b) unter Titel 1 a folgende Anmerkung aufzunehmen: Anm. Das Geld wird als Berechnungsgeld bes willigt. Die Kriegsministerien haben auf Ansuchen der Betheiligten nach Bahl der Familienglieder und nach der Vermögenslage aus diesen Fonds einen ausreichenden Unterstügungsbeitrag zu leisten, dem der Verdienst der zu den Truppen eingezogenen Reservisten oder Land­wehrleute zu Grunde zu legen ist."

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Abg. arm: Der von uns eingebrachte Antrag entspringt einer dringenden Nothwendigkeit. Ich bin verwundert, daß er nicht längst von Seiten der Rechten gestellt worden ist, die fortwährend auf die Schlagfertigkeit des Heeres und die Ges fahren einer Verminderung hinweist. Nach Absolvirung der dreijährigen Dienstzeit tritt der größte Theil der Wehr pflichtigen, vor Allem die Arbeiter, in geregelte Verhältniffe, und die Einziehung zu den 12tägigen Uebungen bringt einen Ausfall an ihrem Arbeitsverdienst mit sich, den sie ihrer Familien willen durchaus nicht ertragen fönnen. Müffen fte 12 Tage ihre Erwerbsthätigkeit ganz und dem Staate opfern, so ist der lettere auch verpflichtet, fie einigermaßen dafür zu entschädigen. Ebenso steht es mit den Geschäftsleuten, die für dieselbe Zeit aus ihrem Wirkungs­freise herausgeriffen werden. Wir müssen den Reservisten und Landleuten wenigstens die Berechtigung geben, diese Entschädi­gung zu fordern. Wenn sie aus Patriotismus darauf Verzicht leisten, so steht dem ja nichts im Wege. Wenn Sie dem An­trage beiftimmen, so werden Sie( nach rechts) sowohl bei dem Arbeiterstande als bei den Geschäftsleuten im Kredit entschieden fteigen. Die Mittel für die Durchführung des Antrages tönnten sehr leicht durch Ersparung von anderen Stellen des Militairetats, z. B. durch Reduktion der Rationenzahl bei den Offizierpferden, aufgebracht werden.

Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff: Dieser Antrag, ob er nun angenommen wird oder nicht, fann nach meiner Meinung niemals zu einer Belastung des Militäretats führen. Denn die Frauen, die Familien der zur Uebuug ein­Militärverwaltung, und zwar aus einem sehr einfachen Grunde. gezogenen Mannschaften stehen in gar leinen Beziehungen zur Wir sorgen( und es ist ja sogar in diesem Etat eine besondere For berung dafür eingestellt und ihr auch von Ihnen zugestimmt) für die Frauen der aktiven Militärs, und zwar aus dem sehr guten Grunde, weil wir es in der Hand haben, durch Genehmigung oder Verweigerung des Konsenses diese Sache in einer ge wiffen Grenze zu halten. Jeder Mann des Beurlaubtenstan des ist vollständig frei in der Eheschließung, und es ist also eine Berbindung mit dem Militäretat meiner Meinung nach absolut nicht anzuerkennen. Sollte dem Antrage überhaupt eine Folge gegeben werden ich bin garnicht in der Lage, mich für oder gegen ihn auszusprechen; mir find die Verhält niffe garnicht bekannt, ich habe mich um die Frauen der Mann schaften des Beurlaubtenstandes, denen ich ja selbst­verständlich alles Gute wünsche, nicht zu bekümmern. In den Militäretat gehört die Sache meiner Meinung nach absolut nicht.

Abg. v. Köller: Dieser Antrag hat der Kommission nicht vorgelegen, ich kann mich deshalb in meiner Eigenschaft als Referent über denselben nicht äußern. Der Antrag, der wohl auf den Beifall der Maffen berechnet ist, geht für diesen Bwed eigentlich nicht weit genug. Jeder Mensch weiß, daß 90 bis 95 pCt. der Ersagreservisten weder Frau noch Kinder hat. Auf dem Lande heirathet mit 22 Jahren nur ein verschwin bend fleiner Theil und mit 23 Jahren nur 15 pCt. Die Landwehrleute aber werden auf etwa 14 Tage, also eine so turze Zeit eingezogen, daß bei ihnen ein wirklicher Nothstand gar nicht vorliegt. Man fönnte höchstens eine Resolution an nehmen, in der ein solcher Wunsch für das nächste Etatsjahr

ausgesprochen wird. Möchten die Herren fich doch lieber an Der Kommission betheiligen, damit würden fte der Sache einen größeren Dienst leisten, als mit solchen Plaßpatronen, die fie in die Luft schießen.

Abg. Haupt: Der Herr Abg. Köller scheint den Antrag nicht verstanden zu haben. Auch meine Partei ist allerdings nicht für den Antrag in der vorliegenden Form. Eine Ent­schädigung nicht für die Erfagreservisten, wohl aber für die Reservemannschaften, Die schon außer Dienst sind, halten auch wir für geboten. Es ist ja auch von der Reichs regierung ein Geses verheißen worden zur Unterstüßung der zur Fahne einberufenen Mannschaften des Beurlaubten standes; dazu gehören auch die, welche zur Uebung eingezogen werden. Wenn die Reservisten zu achtwöchentlichen Uebungen eingezogen werden, so find fte, soweit fie den ärmeren Ständen angehören, außer Stande, während der Beit ihre Familien zu ernähren, die dann der Armenpflege zur Laft fallen. Ich bes antrage Namens meiner Fraktion, den Antrag an die Budget­tommission zu verweisen.

Abg. Richter: Ich glaube auch mit dem Abg. v. Köller, daß in dem Verhalten der sozialistischen Partet ein Widerspruch liegt, wenn fie in der ersten Berathung des Etats erklärt, daß fie den ganzen Etat ablehnt und nachher einen Antrag stellt, der Regierung noch mehr Geld, als fie selbst gefordert hat, zu bewilligen. Entweder oder! Entweder müffen Sie( zu den Sozialdemokraten) den Standpunkt der Ablehnung konse quent durchführen, oder, wie andere Parteien, einzelnen For­derungen zustimmen, andere ablehnen. Diese Frage gehört vor das Reich und den Reichstag , wie irgend eine andere; es wird eine Entschädigung verlangt, weil die Leute dem Reiche Dienste geleistet haben. Wenn sie diese Dienste dem Reiche leisten, so müffen fie auch eine Entschädigung vom Reiche bekommen, es fragt sich nur, aus welcher Kaffe. Da das preußische Geset vom Jahre 1850 über die Unterstüßung der Familien der Landwehrmänner und Reservisten im Kriegsfalle durch die Verfaffung zum Reichsgesetz geworden ist, so ist dadurch ein Rechtsanspruch nach einer Richtung schon anerkannt. Unsere Reichsgefeßgebung nimmt ja auch gegenwärtig schon Rücksicht

bemerkung, in der das Streben der Arbeiter nach höherem Fouragerationen um je 250 Gramm Hafer eine Mehrforde auf die Familien der zu Uebungen Eingezogenen, indem es Lohn auf Roften Anderer als Erpressung bezeichnet rung, von welcher die Kommiffion drei Viertel( den Betrag gewiffe Ausnahmen zuläßt. Dieser Antrag ist keineswegs dem

für neun Monate), im preußischen Etat mit 895 034 Mart,

Recht, seinen Arbeitern nach Belieben ein ,, Trinkgeld" für ihre fireichen will. Außerdem hat die Kommission die Nations. Arbeit zu verabreichen, während die Arbeiter, wenn fie soviel erhöhung für sämmtliche Offizier, Militärarzt und Militär­verlangen, wie sie zum Lebensunterhalt nothwendig gebrauchen, beamten Pferde gleichfalls gestrichen. eine Expreffung" begeben und mit dem Feudalherrn, der feinen Leibeigenen und Fröhner für fich arbeiten läßt, auf

Der Antrag der Kommission wird gegen die Stimmen Der Konservativen angenommen; in Konsequenz davon werden

fozialistischen Programm allein entsprungen, es können viel­mehr alle anderen Parteien eine gleich unbefangene Stellung zu demselben einnehmen. Um Ersagreservisten handelt es sich gar nicht, wie Herr v. Köller annimmt. Wir haben alle Ursache, daß die schweren Lasten der allgemeinen Wehrpflicht nach Möglichkeit erleichtert werden.( Beifall links.)