Donnerstag, den IT Dezember 1883.
II. Jahrs»
trinirr WbMI Brgan für dir Intrrrssen der Arbritcr.
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Bai»Berttuer Volksblatt« Festtage«. Wovsementipreis' ch 1,35 Mar!, wöchentlich 35* Em»el»e Nr. 5 Pf. SonntagS-Nummer mit illustr. Beilage 10! (Eingetragen in der Postzeiwngipreiiliste für 1885 unter Nr. 746.)
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Redaktion; Kenthstraste 58.— Grpeditio«: Zimmerstraste 44.
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Das»llgemme Uahlrecht itnh die Es ist wohl allgemein bekannt, auf welche Weise das gegenwärtige Wahlrecht zum deutschen Reichstage entstanden ist; doch wollen wir hier mit einigen Worten zunächst noch darauf hindeuten. Nach Gründung des Norddeutschen Bunde« wurde da» allgemeine gleiche Wahlrecht von dem Trafen Bismarck für die Wahl zum konstituirenden Reichs« tage diese« Bundes festgesetzt in der Erwägung, daß die »el schieden artigen Steuersysteme in den Einzelstaaten ein «inheitlicheS Klassen- oder Zensuswahlrecht nicht möglich «achten, in fernerer Erwägung, daß durch das allgemeine Wahlrecht der Reichsgedanke gestärkt und die Erwählten der Ration dem Hauptförderer dieses Gedankens unweigerlich Heeresfolge leisten würden. Das waren die Triebfedern zur Einführung de« all- leinen gleichen und direkten Wahlrechts mit geheimer >stimmung. m Doch es kam ander», als Graf Bismarck gewünscht hatte. Zunächst allerding«, unter der Herrschaft de» Na- tionalliberaliSmuS, leistete der Reichstag dem Kanzler immer und zu jeder Zeit unbedingte Heeresfolge. Die paar Fort« schrittSleute und Altkonservativen kamen eben so wenig in trage, als das kleine Häuflei« der Sozialdemokraten. Das entrum existüte noch nicht. Fürst Bismarck , der sich damals einen liberalen An- strich gegeben hatte— im Herze« war er immer hochkonser- vativ— brachte, getragen von einer hochgehenden nationalen Bewe—-... �------..-x—it-ii— w Fr. Kapila ....„..p..... p-,,-—--------— die Arbeitskraft ausbeuten'zu könne». Darüber entstand Heller Zubel im Lager der Kapitalsvertreter, doch anderer« seit« sahen sich die Konservativen, die Bertteter de» immobi« lev Kapitals, übervortheilt und ließen die» dem zum Fürsten avanzirte« Reichskanzler merken. ES entstand ihm auf der äußersten Rechte» eine wirthschaftliche Opposition. BiS dahin war die Sache ganz glatt abgegangen. Für jede wirthschaftliche Freiheit, die Fürst Bismarck den Libe« rale» zugestanden hatte, opferte« diese eine politische Frerhert «rf dem Altar des Kanzlers. Zug um Zug. Die Liberale« waren durch diese» frevelhafte Spiel völlig korrumpirt worden; auch hatten sie die politischen BolkSfreibeiten sämmtlich verschachert, so daß dem Kanzler an der liberale« Partei nicht« mehr gelegen war. Von de« Konservativen gedrängt, wechselte er plötzlich die Front und kehrte zu seiner alten Liebe zurück. Eine neue wirthschaft«
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JeuMelon. Die Hand der Uemests.
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von »Wald August König. (Fortsetzung.) .Müssen?" unterbrach Rabe ihn scharf.„Dazu kann «ich Niemand zwingen. Sie und der Justizrath könne» »ezeugen, daß ich zu der Herausforderung genöthigt wurde, da» Duell selbst wird in der vorgeschriebene« Form iattflnden, da» Urtheil kann also im schlimmste« Falle nur »uf zwei Jahre Festungshast lauten, und in der Regel wird »ach sechs Monaten der Rest der Strafe im Gnadenwege Klassen." „Nicht immer!" „Dafür lasse ich Lossow sorgen." .Vorausgesetzt, daß er sich durch diese« Ereigniß nicht -eranlaßt sieht, auf d'e Verbindung mit Ihnen zu ver« ächten" „„Da« kann er jetzt nicht mehr, und in den Augen Llla's wird das Duell mir nur einen NrmbuS verleihen, -er sie noch fester an mich kettet. Sie haßt den Assessor «ch. den Grund kenne ich nicht, aber aus dem Hasse selbst »acht sie kein Geheimniß. Sie sehen. Barnekow , d,e Folgen lwd nicht so schlimm, wie Sie befürchten,»ch werde chne» «it der größten Seelenruhe die Stirve bieten." ,„So ruhig wäre ich nicht." sagte Barnekow köpf« chüttelnd;„aber Sie müssen da» besser wissen." „Sie werden morgen die Güte haben und den Assessor Ksuchen. Ihnen seinen Sekundanten zu bezeichnen." „Bitte, lassen Sie mich aus dem Spiele." „Sie wollen mir den Gefallen nicht erzeige»? „Jeden anderen, nur diesen nicht." „Und weshalb nicht?" ftagte Rabe ärgerlich. .Weil ich keine Lust habe, eine Festungskasematte zu -ewohnen," erwiderte Barnekow lakonisch.„ES wird �hnen
liehe Aera , die Aera der Zölle und indirekten Steuern brach an. Ein Theil der Liberalen, wie die LaSker und Bam« berger, wurden Gegner des Kanzlers. Inzwischen war auch der„Kulturkampf" ausgebrochen, so daß Fürst Bismarck in den ihm nunmehr w i r t h« schaftlichen Freunden, den Klerikalen, scharfe politische Gegner fand. Die Situation wurde immer verwickelter. Das allge« meine gleiche Wahlrecht that seine Schuldigkeit nicht mehr. Wenngleich der Kanzler mehrfach gegen da« preußische Drei« klassenwahlsystem in denkbar schärfster Weise losgezogen war, so fing er doch jetzt an, da» allgemeine Wahlrecht nicht mehr für vollkommen zu halten, seine glühende Liebe zu demselben erkaltete, die Resultate dieses Wahlrechts gefielen ihm nicht mehr. Zwar gelang es dem Fürsten Bismarck meist noch, für seine sämmtlicheo Pläne eine Mehrheit zu erzielen. Für seine wirthschaftliche» Vortagen stimmten die unbedingt Gouvernementale«(die Konservativen) und das Zentrum mit seine» Anhängseln, für seine politischen Vorlagen aber wiederum die Gouvernementalen, die Halb-Gouvernementale» (die National-Liberalen) und die Sezessionisten. Dieser Zu« stand, der im Wesentlichen ja heute noch vorhanden ist, ist jedoch selbst für den mächtigen Reichskanzler ein unerquick- licher und sicher nicht geeignet, die Autorität desselben zu befestigen und den Reichsgedankea zu fördern, so daß die Frage«ach dem„Karnickel", welches Schuld an diesem Zu- stand hat, nicht ausbleiben konnte. Nunmehr ist diese Frage gelöst und das„Karnickel" gefunden, nämlich das allgemeine gleiche Wahlrecht. Umsomehr ist man von der richtigen Lösung der Frageüber- zeugt, weil das früher von dem Kanzler so viel geschmähte preußische Klassenwahlsystem ihm ein bei weitem besser kon« struirteS Parlament bei den letzten Wahlen gebracht hat, als er eS im Reichstags besitzt.—-- Seitdem diese Erkenntniß in de» höheren Kreise« ein- gezogen ist, vergeht kaum eine Woche, wo nicht in irgend einer gouvernementalen Zeitung«in Angriff auf das allge- meine gleiche Wahlrecht gemacht wird. Aber nicht in den Zeitungen allem, sondern auch in den Parlamente« selbst. Erklärte sich doch im vorigen Jahre der Stellvertreter de» Fürsten Bismarck, der Vizepräsident des preußische« Ministeriums, Herr v. Puttkamer , im'''
für die Beseitigung der geheimen Stimmabgabe bei' den ReichStagSwahlen. Nach dieser Beseitigung aber würde da« allgemeine Wahlrecht dem Lichtenberg 'schen Messer ohne Klinge gleichen, an dem daS Heft fehlt; das allgemeine Wahlrecht würde dann in der That aufgehoben. Neuerdings hat nun bekanntlich der Führer der Kon- servativen, Herr v. Helldorss, im Reichstage erklärt, daß das doch nicht unbekannt sein, daß auch die Sekundanten be- straft werden?" „Barnekow , ich hätte Ihnen diese Feigheit nicht zuge- traut!" „Nennen Sie das nicht—* „Doch, ich nenne es Feigheit! Jedem Freunde würde ich ohne Bedenken und Zöger» diesen Dienst leisten und nicht longe fragen, welche Folgen derselbe habe» könnte." „Ja, Sie! Mit mir ist'S eine andere Sache!" „Da» will mir nicht einleuchten." „Hm, die Richter würden mir gegenüber unangenehm werden, die Behörde weiß sehr genau, wovon und wie ich lebe, und ich möchte darüber nicht gerne den Staatsanwalt reden hören. Dieser Herr ist mir ohnehin nicht grün, er soll schon mehrmals geäußert haben, daß er mit Sicherheit erwarte, mich über kurz oder lang vor den Gerichtsschranken zu finden." „Und was will er Ihnen dann anhabe«?" fragte Rabe spöttisch.„Er könnte Sie nur dann abkanzeln,»venn Sie des falschen Spiels überführt würden. Was hat denn über- baupt dieses Duell mit Ihrer Lebensweise zu schaffe«? Ueberdie« ist die Gefahr für Sie nicht so groß, sie ist über- Haupt nicht vorhanden. Paragraph 209 de« Strafgesetzbuchs besagt ausdrücklich: Kartellträger, welche ernstlich bemüht gewesen find, den Zweikampf zu verhindern, Sekundanten, sowie zum Zweikampf zugezogene Zeuge», Aerzte und Wund» ärzte sind straflos." „Steht das so wörtlich im Gesetzbuch?" „Ich stelle Ihnen anheim, selbst nachzuseheo. Und ich will Ihnen auch da« Zeugniß gebe», daß Sie mir ernstlich abgerathen, mich auf alle Folgen aufmerksam gemacht und den Auftrag nur widerstrebend übernommen haben. Straf« lofigkeit ist Ihne« also zugesichert." „Dennoch wäre es mir lieber, wenn Sie mich au« dem Spiele ließen," sagte Barnekow zögernd. „Gut, ich werde einen anderen Freund um diese« Dienst bitte«, dann aber dürfen Sie sich darauf gefaßt mache«, daß ich in unsere» Kreise« Ihre Feigheit Jedem berichten werde." „Ich wollte, Sie säßen auf dem Blocksberge!" erwiderte Herr von Barnekow , während er den Hut abnahm, um die
allgemeine gleiche Wahlrecht für den deutschen Reichstag abzuschaffen sei. Zwar wird derselbe von den nahestehende« Parteien und auch von den Regierungsorganen deSavouirt, aber nur deshalb, weil er ein„Geheimniß" ausgeplaudert hat zu unrechter Zet. Sonst ist man natürlich in jene« Kreisen vollständig mit dem Inhalt der Helldorff'sche» Rede einverstanden.——— Zu den unbedingten Gegnern des allgemeine» gleichen Wahlrechts gehören gegenwärtig: 1) die Bundesregierungen, 2) die gouvernementalen, das heißt: die konservativen Parteien, 3) die Na- tionalliberale» auf Wunsch der Regierungen. Bedingte Anhänger de» allgemeinen gleiche» Wahlrechts sind 1) da« Zentrum, 2) die Deutschfreisinnigen. Beide Parteien befinden sich gegenwärtig in der Oppo- fition gegen die Regierung. Im Falle dieselbe im„Kultur- kämpf" nachgiebt, werden eine größere Anzahl der Mitglieder des Zentrums ins reaktionäre Lager abschwenken und gegen das allgemeine Wahlrecht Stellung nehmen.— Sollte aber Fürst Bismarck einmal wieder in das liberale wirthschaft- liche Horn blasen, so werden sich zahlreiche Mitglieder der deutschfreifinnige« Partei finden, die auf dem Altar St. Manchesters auf Wunsch da« allgemeine Wahlrecht opfern. Auch sind in dieser Partei verschiedene„unsichere Kantonisten", auf welche, wie die letzte Abstimmung über die Verlängerung des Sozialistengesetzes beweist, kei» Verlaß ist. Unbedingte Anhänger des allgemeinen Wahl- rechts sind die Polen , Elsaß-Lothringer und Dänen, und zwar deshalb, weil bei allgemeinen Wahle» da» Nationalitätsgefühl gestärkt wird. Grundsätzliche Anhänger de» allgemeine« Wahlrechts aber sind die Sozialdemokraten und auch die V o l k s p a r t e i— und zwar aus Gleichheits- Prinzip.--- Man sieht also, daß vorläufig daS allgemeine Wahl» recht zwar bedroht, aber nicht ernstlich gefährdet ist. Jedoch können politische Wandlungen eintreten, durch welche die gegeawärtige Majorität für Beibehaltung des jetzigen Reichs- Wahlgesetzes zur Minderheit wird. Deshalb muß daS Volk auf der Hut sei». Bei den nächsten Wahle» wird die Frage«ach der Stellung der Kandidaten zum allgemeinen Wahlrecht eine große Rolle spielen. Da» Volk muß sein erstes, sein beste« Volksrecht zu schützen wissen. Und wie die alten Römer jedem FeiudeSdrohen mit dem Donnerrufe entgegeneilten:„Das Vaterland ist in Gefahr", so wollen wir daS Volk und besonders die Ar-
nasse Stirne zu trockne».„Sie können mit eiskaltem Blut Ihren besten Freund in'» Unglück stürzen." „Und mrt derselbe« Kaltblütigkeit könne» Sie ih» plündern. Wir wollen uns gegenseitig keine Liebenswürdigkeiten sagen, ich hoffe, Sie werden keine Bedenken weiter geltend machen und Ihre Ausgabe morgen lösen." „Und wen» der Assessor die Herausforderung nicht annimmt?" „Dann werde ich ihm öffentlich Worte sagen, die ih» zwingen, die Genugthuung von mir zu fordern. Im Noih- falle bewirkt das ei» Hieb mit der Reitgerte, das ist oft das einzige Mittel, das Blut eines Feiglings in Wallung zu bringen." Herr v. Barnekow schüttelte bedenklich da« Haupt. „Ich fürchte, Sie spielen da doch ein gewagte« Spiel," sagte er warnend;„Herr von Stuckmann ist Beamter und daneben ei« sehr geachteter Mann, solche Leute zu insultiren um sie zu einem Duell zu zwingen, ist gefährlich." „Im Gegentheil, gerade diese Leute find gezwungen, einer solche« Forderung nachzugeben, wenn sie sich in ihre» gesellschaftliche« Kreisen nicht unmöglich machen wolle» Sie haben weiter nichts zu thun. als de» Assessor zu er- suchen, er möge Ihne« seinen Sekundanten nennen." „Und wenn er dies wirklich thun sollte, welche Waffe wählen Sie?" „Ptstolen, Ort, Zeit und Distanz« find mir gleichgiltig. ich erwarte, daß Sie mein Interesse vertreten werden." „Fliehe» wollen Sie also nicht, wen« dos Duell für Ihren Gegnern einen unglücklichen Ausgang nimmt?" „Weshalb frage» Sie den« noch seinmals?" „Damit ich die nöthigen Vorbereitungen treffen kann" „Hm, find Sie im Besitz eines Passes?" „Natürlich, ich kann ja nie wissen, ob ich nicht i« der nächsten Stunde durch mißliche Verhältnisse gezwungen werde, eine Reise anzutreten." «Sie könnten mir diesen Paß wohl überlassen." sagte Rabe nachdenklich,„,ch würde nur im Nothfalle Gebrauch davon machen." � „Und wenn ich ebenfalls in diese« Fall käme?" ftagte Herr v. Barnekow zögernd.