Einzelbild herunterladen
 

Nr. 272. 272.

Erscheint täglich außer Montags. Abonnements= Preis pränum.: Bierteljährlich 3,30 Mt., monatlich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pfg. fret ins Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg., Sonntags Nummer mit illuftrirter Sonntags- Beilage Die Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuzband für Deutschland u. Defterreich: Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland

3 Mart pro Monat. Eingetragen

=

in der Post Beitungs- Preisliste für 1896 unter Nr. 7277.

Vorwärts

13. Jahra.

Insertions Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins: und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Fest­tagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet. Fernsprechter: Rmt 1, Mr. 1508. Telegramm Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Privatwirthschaft

Freitag, den 20. November 1896.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3:

die

herrschaf jedoch, welche im Rothen Haus ihren Siz hat, deren sagen sie nämlich stets der Stadt Berlin zu widmen, alle­wirthschaftliches Prinzip die Begünstigung des Privat- sammt gleichwerthig. Bei allen ist es die Gier nach Dividende, gegen Gemeindewirthschaft. fapitals auf Rosten der Steuerzahler ist, hat es zu verbie sie in die Arena führt, die Ausbeutung des Publikums Im Augenblick tobt zwischen der Stadt Berlins und hindern gewußt, daß die nach Millionen zählenden Ueber- ist ihr Zweck, möglichst hohe Kapitalverzinsung ihr Ziel. der Großen Berliner Pferdebahn- Gesellschaft, der sich die schüsse in die Stadt- Hauptkasse geflossen sind, und statt dessen Und wenn die plöglich allgemeine Interessen ver­Neue Berliner Pferdebahn alliirt hat, ein Krieg. Zunächst lieber dafür gesorgt, daß jahraus, jahrein den Aktionären tretenden Dividendenjäger sich eine zeitlang gegen feitig handelt es sich zwar noch um einen Krieg auf dem Papier, eine fette Dividende ausgezahlt werden konnte. bekämpft haben, dann werden fich aber es fann leicht zu einem wirklichen Kriege tommen, bei Daß die Pferdebahn- Gesellschaft, die sich allen Forde- feindlichen Brüder in die Arme fallen, ihre Gesellschaften dem es allerdings keine Verwundete, dafür jedoch rungen des Publikums gegenüber stets ablehnend verhielt, fusioniren und in trauter Gemeinschaft den geduldigen desto mehr Finanzleichen geben wird. Um den zwischen Verbesserungen und Erleichterungen nur widerwillig und Berlinern zwar nicht das Fell über die Ohren, wohl aber den städtischen und den privatkapitalistischen Intereffen gezwungen einführte, eifrig bemüht ist, den bestehenden Zu- die Nickel aus der Tasche ziehen. herrschenden Rampf in vollem Umfange zu ver- stand zu konserviren, liegt auf der Hand, ebenso Doch zurück zur Pferdebahn- Gesellschaft. Nach stehen, muß man sich vergegenwärtigen, daß die natürlich ist es aber auch, daß im Publikum die Ent- nahezu zweijähriger Arbeit war ein Vertragsentwurf Pferdebahn Gesellschaft eine Ronzession in der rüstung über das Verhalten der Gesellschaft immer lauter zu stande gekommen, in welchem von der Majorität Tasche hat, die ihr das Recht giebt, einen großen Theil der und intensiver wurde und endlich auch ins Rathhaus der Verkehrsdeputation eine Konzessionsverlängerung bis Straßen Berlins bis zum Jahre 1911 für ihre Aktionäre drang und bei manchem der Herren Stadtväter die Milch zum Jahre 1919 zugestanden war, dagegen der Gesell­auszunuzen. Dank dieser ebenso furzsichtigen als für die der frommen Denkungsart in gährend Drachengift verschaft eine Reihe von Erleichterungen für das Publikum Stadtkasse schädlichen Kommunalpolitik befindet sich die wandelte. Das Jahr 1895 zeitigte eine andere Anschauung( u. a. Einführung des Behnpfennig- Tarifs), eine Erhöhung der städtische Verwaltung natürlich von vornherein der Ge- in bezug auf die Aufgaben städtischer Verkehrsbetriebe, Abgaben an die Stadt, sowie günstigere Anschlußbedingungen fellschaft gegenüber in einer ungünstigen Position, die auf man sah ein, daß es so nicht weiter geht, daß die Millionen- fremder Unternehmer an die Linien der Gesellschaft, und ihrem Schein bestehend, alle kapitalistischen Minen springen stadt in ihren Verkehrsmitteln nicht hinter jedem mittleren ein Aufsichtsrecht des Magistrats auferlegt waren. Für läßt, um die Schlacht zu gewinnen. Der enormen Ort zurückbleiben dürfe, und es wurde eine Deputation den Fall der Annahme dieses Vertragsentwurfs hatten die Entwickelung und der damit verbundenen räumlichen Aus eingefeßt, welche mit der Großen Berliner Pferdebahn- Gesellschaften die Verpflichtung innerhalb fünf Jahre den dehnung Berlins gegenüber reichen die zur Verfügung Gesellschaft und ihrem Verbündeten über die Um- Pferdebahnbetrieb in einen elektrischen umzuwandeln. Der ftehenden Verkehrsmittel schon lange nicht mehr aus. wandlung des Pferdebahn- Betriebes in einen elek Vollständigkeit halber wollen wir noch bemerken, daß als Ganz abgesehen von den mit dem Pferdebetrieb verbundenen trischen verhandeln sollte. Hiermit begann das Kriegs- Betriebssystem auf den Außenlinien oberirdische Strom­hygienischen Mißständen, hat sich mehr und mehr gezeigt, spiel. Nahezu zwei Jahre dauern die Berathungen, Berge zuführung, im Innern der Stadt dagegen meist Akku­daß die Pferdebahn nicht im stande ist, den Verkehr zu be- von Papier sind verschrieben, zahlreiche Konferenzen haben mulatorenbetrieb in Aussicht genommen bezw. festgesetzt war. wältigen und daß andere Verkehrsmittel angewendet werden stattgefunden, eine Menge Paragraphen find formulirt, Diesen Vertragsentwurf haben die Direktionen der Gesellschaften müssen, um die auf diesem Gebiete sich täglich steigernden aber zu einem Resultat ist's noch nicht gekommen. Neben als mit den Interessen ihrer Aktionäre nicht vereinbar ab­Ansprüche der Großstadt zu befriedigen. Die Pferdebahn- den Pferdebahn- Gesellschaften, vielleicht durch die Verhand- gelehnt. Das die Ablehnung motivirende Schreiben- das Gesellschaft machte teine Auftalten, dem Beispiel anderer lungen mit denselben hervorgerufen, meldeten sich auch noch Berliner Tageblatt" hat es veröffentlicht ist ein Muster Städte, welche fich elektrische Straßenbahnen einrichteten, andere Unternehmer zur Errichtung elektrischer Straßenbahnen tapitalprogigen und fapitaltrogigen Uebermuths, der nur zu folgen, war fie doch in der glücklichen Lage, und es entspann sich nun ein sehr luftiger Frosch Mäuse erklärlich ist in einer Situation, die man absolut von den auf ihren Vertrag pochen zu tönnen, der fie Krieg zwischen den Herren Konkurrenten, bei dem sich der eine Interessen des Kapitals beherrscht erachtet, und in welcher bis zum Jahre 1911 zum Herrn Straßen bemühte, dem anderen den fetten Bissen fortzuschnappen. man der Unterstützung der für die schließliche Gestaltung Berlins machte. Heut rächt es sich bitter, daß die städtische Für uns beweist dieser Vorgang nur aufs neue, was für des Vertrages maßgebenden Personen sicher zu sein glaubt. Verwaltung gegen das Trinkgeld einer Abgabe die Ver- ein riesiges Geschäft das Privatkapital bei dem Betriebe Die Hauptgründe für die Ablehnung des Vertrages find fügung über ihre Straßen und Plätze aus der Hand ge- solcher Anlagen macht und verstärkt nach unserer Meinung folgende: geben hat und sich entweder der Pferdebahn- Gesellschaft auf die Nothwendigkeit, die Verkehrsbetriebe in städtische Regie 1. Der verlangte Akkumulatorenbetrieb wird als zu Gnade oder Ungnade ergeben, oder darauf verzichten soli, zu bringen, damit endlich einmal dem groben Unfug: das ausgedehnt erachtet; angeblich entstehen aus dieser Forderung Berlin für die nächste Zeit mit Verkehrsmitteln auszustatten, Gesammteigenthum zu gunsten einzelner kapitalfräftiger zu hohe Anlagekosten, die sich während der Konzessionsdauer die unerläßlich sind, wenn die Hauptstadt des deutschen Menschenfreunde" auszunuzen, ein Ende gemacht wird.( 1919) nicht amortifiren laffen.

Reichs nicht hinter Provinzstädten zurückstehen und zum Wir können uns auch nicht, wie es die bürger- 2. Die Abgabe an die Stadt( 8 pCt. von der Brutto­Zielpunkt berechtigten Spottes werden soll. Unsere liche Presse vielfach vielfach thut, für die Konkurrenten Einnahme und die Hälfte vom Reingewinn, wenn der Parteigenoffen in der Stadtverordneten- Versammlung haben der Pferdebahn- Gesellschaften ins Zeug legen. Für Ueberschuß des Unternehmens 12 pCt. des gegenwärtigen feit Jahren die Konzessionsverlängerung bezw. Ertheilung uns find Große Berliner Pferdebahn Gesellschaft, Aktienkapitals übersteigt) ist zu hoch.

D

an Privat- Aktiengesellschaften energisch bekämpft, sie haben Siemens u. Halske, Allgemeine Elektrizitäts- Gesellschaft, 3. Die Bedingung, wonach die Gesellschaften verpflichtet auf die unausbleiblichen Folgen hingewiesen, und infolge Dampfstraßenbahn- Gesellschaft Bachstein oder wie die Herr- sind, anderen Unternehmern gegen Entschädigung ihre Linien beffen die Verstadtlichung der auf städtischen Straßen und schaften sonst heißen mögen, die in rührendem Wetteifer be- bis zu 1000 Metern Länge zur Mitbevnzung zu überlassen, Plätzen betriebenen Verkehrsanstalten verlangt. Die Klaffen- müht sind, ihre Dienste im allgemeinen Jutereffe" so ist unannehmbar, und

123]

Rienzi.

Der letzte der römischen Volkstribunen.

Roman von Edward Lytton Bulwer .

Eure Beschreibung der großen Rompagnie war wohl übertrieben," sagte der Ritter ernsthaft zu seinem neuen Bekannten.

"

-

Ho, die Ihr Ruh' und Stille haßt und des Gesetzes 3wang, widerhallte, war die Wirkung, welche dieser zügellose Gesang

Ho, spornt zu Montreals Kompagnie.

Die Dirne theilt den Lagerplay,

Der Geizhals feinen reichen Schah

Mit den Lanzen der Freien! Der Freien!

Der Freien!

D, die Lanzen der Freien!

Siguor," erwiderte dieser, Ihr müßt nach der Schale Plöglich, als ob ihn sein eigener Gefang zu wilderem nicht den Kern beurtheilen. Wir sind kaum im Lager an- Fluge begeisterte, griff der Minnesänger in die Saiten und gekommen, und hier hält sich mehr das Gefindel auf, als spielte eine Melodie, welche herrlich das Gemälde darstellte, bie Krieger. Zwanzigtausend Menschen von der Hefe des welches seine in roher, doch lebhafter und ergreifender Volks aus jeder Stadt in Italien , folgten dem Lager, um Weise klingenden Worte ausdrücken wollten. zu fämpfen, wenn es nöthig ist, aber mehr um zu plündern und zu rauben. Diesen Troß seht Ihr jezt. Ihr werdet aber bald Euch überzeugen, daß meine Beschreibung, was das Heer selbst betrifft, nicht ganz unrichtig war."

Dem Ritter drang die Röthe des Zornes in die Wangen. Also solchen Menschen," dachte er, ist Italien anheim gefallen." Seine Träumerei wurde durch laute Beifalls­bezeigungen, die von einigen Bechern in der Nähe aus­gingen, gestört. Er sah sich um und bemerkte unter einem langen Zelt und um einen mit Wein und Speisen bedeckten Tisch dreißig bis vierzig Kriegsleute. Gin Minnesänger mit ungeheuerem Bart stimmte mit ziemlicher Geschicklich­feit eine Laute, welche ihn auf allen seinen Wanderungen begleitet hatte, und indem er plöglich in eine wilde und triegerische Melodie überging, begann er mit lauter und tiefer Stimme den nachstehenden Gesang:

Ho, dunkler Mann vom goldnen Süd, ho, blonder von dem Nord, Ho, Eisenkleid und heller Speer, was eilet Ihr denn fort? Von Bergen, aus Höhlen, und auch vom fernen Strand Lockt uns die große Kompagnie, zu ziehen in dies Land. D, dieser heitere fröhliche Schwarm,

Mit leichtem Herz und schwerem Arm

D, die Lanzen der Freien.

.

-

So, die Ihr einen Namen sucht, durch tapfere That erreicht,

-

Tira, Tirala es schmettern die Trompeten, Und von des Berges Höh' die mächt'ge Trommel schallt, Germanen und Hunnen und Inselländer viel Die den Franzosen schlugen so wacker bei Grezy, Daß seine Nase tauschte die Farbe mit fleur- de- lis, Lombarden und viele von Piemont und Rom , Und von des Südens Landen der schwarzgelockte Sohn. Tira, tirala, sie kommen rasch herbei.

Wie ftattlich fie erscheinen, gerüstet Reih an Reih, Und schwarz wie eine Wolfe erscheint es hinterbrein, Wie die See ihre Wogen wirft ans Ufer herein. Schnell öffnet Eure Thore, heraus mit Eurem Gold, Um Euer Blut zu schonen, gebt uns den reichen Sold. Weh', Bürger, weh'; es führt sie heran Der hellste Kopf und der tapferfte Mann. Auf dem rothen Mantel trägt er ein weißes Kreuz, Er blicket wie ein Adler, und nach des Löwen Art Trägt er, wohl anzuschauen, den föniglichen Bart. Der Fürst und die Geißel des Landes ist er hie, Der fönigliche Ritter der großen Kompagnie. Hurrah hurrah hurrah!

-

Hurrah für die Armee, hurrah für Monreal , Hurrah auch für das Gold, gewonnen durch den Stahl. Hurrah hurrah- hurrah!

Für die Lanzen der Freien!

Als der volle Chor diefer wilden Gesellen jauchzend Ho, die Ihr Schäße häufen wollt, hier wird es Euch so leicht; einfiel und von allen Seiten der wohlbekannte" Refrain

hervorbrachte, unbeschreiblich. Es war unmöglich, nicht den eigenthümlichen Eindruck zu empfinden, den dieses vers wegene Leben auf die trozigen Männer ausübte, die sich ihm ergeben und selbst den tapferen und stolzen Ritter, der es mit anhörte, überkam eine unwillkürliche Anwandlung von Sympathie und Wohlgefallen. die Er wandte sich etwas ungeduldig und gereizt zu seinem Begleiter, der sich an dem Gesang betheiligt hatte, und sagte: Herr, für die Ohren eines italienischen Edelmannes, der das Elend seines Vaterlandes kennt, ist dies kein will­tommener Gesang. Bitte, beeilen wir uns."

Entschuldigt, Signor," erwiderte der Freibeuter, bas Leben, das die freien Lanzen unter Fra Moreale führen, ist so reizend, daß wir uns oft vergessen, doch verzeiht, wir

wollen weiter."

Nach wenigen Angenblicken, über eine enge Umzäunung sprengend, befanden sie sich in einem Viertel, das zwar belebt, aber auf ganz andere Weise belebt war. Lange Reihen bewaffneter Männer waren auf beiden Seiten eines Pfades aufgestellt, der zu einem großen Zelte führte, das auf einer kleinen Anhöhe stand, und auf dem eine blaue Fahne wehte; den Pfad gingen bewaffnete Soldaten auf und ab, in großer Ordnung, aber mit fröhlicher und zu­friedener Miene in ihren gebräunten Gefichtern. Einige, welche hingingen, trugen Backete und Ballen auf ihren Schultern, andere, die zurückkehrten, öffneten dann und wann ungeduldig die Hand und zählten die darin liegen­den Geldstücke einmal aufs andremal.

Der Ritter sah seinen Gefährten fragend an.

Es ist der Plaz der Kaufleute," sagte der Kapitän, fie haben freien Zutritt ins Lager: ihre Personen, ihr Eigenthum werden strenge geachtet. Sie kaufen jedem Soldaten seinen Theil von der Beute zu guten Preisen ab, und jeder ist mit dem Handel zufrieden.

Ihr scheint eine Art von roher Gerechtigkeit bei Euch auszuüben," sagte der Ritter.

( Fortsetzung folgt.)