bereits an anderer Stelle berichtet worden ist, und eine gründ liche Reinigung vorzunehmen.- Kleine Ursachen haben oft mals große und schädliche Wirkungen und durch d'e Beseiti gung der Erfteren werden auch die letteren aufhören.
Eine Berufsstatistit, wie sie ein oberflächliches Durchblättern des neuen Wohnungsanzeigers gestattet, giebt ein Bild von dem Leben in der Millior enstadt Berlin . Die ver zweifelte Frage unentschiedener Väter: Was soll der Junge werden?" findet an der Hand des Adreßbuches eine tausend fältige Beantwortung, denn in tausendfachem Wechsel reihen fich hier die Berufszveige an einander, in denen sich oft Tausende mit und nebeneinander in Berlin ernähren. In ein zelnen Berufsarten steigen die Zahlen zu ungeheurer Höhe an. Um einige herauszugreifen, zählen wir: 1170 Bäder, 800 Bar biere. 650 Buchbinder, 470 Buchdrucker, 1900 Bigarren und Tabalhändler, 1110 Destillateure, 1800 Fubrhalter, 510 Glaser, 730 Klempner, 2200 Maler aller Art, 530 Maurermeister, 2550 Restaurateure, 1870 Schantwirthe, 1260 Schlächter, dazu 25 Pferdeschlächter, 5580 Schneider, 4950 Schuhmacher, 970 Schloffer und 2520 Tischler. Die Schl der Hotels ist nach gerade bis auf 90 gestiegen, zu welchem noch 99 Basthöfe un und Hotelgarnis treten. Dabei hält sich die Zahl er Fremdenführer immer noch auf 6. Die 87 Brauereien forgen für die durftigen Kehlen, die 9 Entbindungsanstalten, 575 Hebeammen, 6 Widelfrauen begrüßen den jungen Berliner Erdenpilger auf seines Lebens ersten Wegen, während die 25 Beerdigungs Institute ihn auf den dunkelsten Weg geleiten, der thm hier beschieden ist. Die Zahl der Aerzte ist auf 1350 geftiegen, ganz abgesehen von den im Verborgenen blühenden Heilfünstlern aller Art. Daß die Berliner Industrie, welche alle Gebiete des menschlichen Schaffens umfaßt, gleichen Schritt hält, beweist die Eristenz von 10 Etablissements für Fernsprechanlagen und 26 für elektrische Beleuchtung. So überlastet manche Berufszweige auch find, so spärlich besegt find wieder andere. So giebt es nur 3 Amtst achten Verfertiger, 2 Back pulverfabriken, 5 Baunscheidtiften, 2 Bettverleiber, 3 Bierhahn fabriten, 4 Buffbrettbezieher, 3 Drellirer, 4 Edelsteinschneider, 2 Federposenhandlungen, 8 Feldbahnfabrikanten, 15 Gemälde Restaurateure, 2 baubentopffabriken, 4 Hundekuchenfabriken, 22 Ries und 2 Kieselguhrhandlungen, 1 Kornmesser, 3 Mario nettenspieler, 2 Bastetenfabriken, 2 Lymphe Institute, 2 Mul denhandlungen, 6 Notenstecher, 3 Bumpernickelfabriken, 1 Magnetifeur, dagegen 28 Stopfbüchsen- Badungsfabriken. Als Unifum führt der Aoreßtalender u. A. auf: 1 Rauh- Karden Händler, 1 Dachsplettfabril, 1 Delfuchen-, 1 Pferdefchoner, 1 Senf papier , 1 Puderquaften, 1 Sonigelmesser, 1 Seeleuchtzeichen, 2 Wollstaub, 1 Biegelmehlfabrit. Ohne große Konkurrens befin den fich noch die 14 Sägenschärfer, die 3 Schlaglothfabriken, ble 17 Thierausstopfer, 2 Wunoe Inäuelfabriten, 2 Stuhlrohr wäschereien, 1 Magarinfabrit, 14 Niet: nfabrikanten und 2 Badet Inebelfabriken. Als poetische Fabrikanten find 11 Gelegenheits dichter verzeichnet.
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Aus einer Reim- Epistel aus Plößensee, die ein unfreiwillig dort Wohnender an einen Freund gerichtet hat und Die der Berl. Cour." veröffentlicht, geben wir die folgenden gelungenen Verse wieder: Buerst, und dies ist nicht ganz ohne", mußt Du noch wissen, wie ich wohne! In einem Anbau, ziemlich groß, einem vieredigen Steintoloß( doch bat's an Der Front acht Fenster blos), da wohne ich im Erdgeschoß!- Die Fenster haben Eisenstangen, damit wir nicht vor Eir bruch bangen, das Zimmer ist mehr tief als breit, das liegt so in der Baulichkeit. Das Bett wird, weil es sonst beengt, bei Tage an die Wand gehängt; an Inventar giebts vielerlei, doch nichts, Von meinem Fenster aus geseh'n, was wohl entbehrlich set. seh' ich die Kirche vor mir steh'n, und an dem Kirchthum ziem lich matt, das Kirchthurmuhrenzifferblatt. Man führt so gern den Spruch im Munde, dem Glücklichen schlägt teine Stunde" die Uhr schlägt stündlich viermal an, wir haben große Freude dran, sie zeigt uns den Verlauf der Zeit, im Gegensat zur Ewigkeit. Nun haft Du, wenn auch etwas wild, von meinem Domizil ein Bild.- Um 6 erschallt mit heif'rem Klang der Glocke Ton minutenlang. Jest heißt's vom Bette Abschied nehmen und schnell zum Aufstehn fich bequemen. Man reinigt fich und seine Kluft" und läßt durch's Fenster frische Luft; es ist sehr streng darauf zu achten und ganz genau darnach zu trachten, daß wir nicht mit Spinngeweben friedfertig zusammen leben. Am Sonnabend wird stramm gescheuert und Die Leibwäsche auch erneuert, scheuern ist kein Hochgenus, doch man thut es, weil man muß. Um fteben fängt die Arbeit an, mit Baufen geht's bis fteben dann; das Pensum, das erst schwer mir fiel, ist jest nur noch ein Kinderspiel. Mich reizet nicht der Geldgewirn, doch weil ich großer Schnupfer bin, sporn ich mich an durch die Devise:" Nach jedem Dußend eine Prise." Ein Prischen ist der Tugend Preis, die ich so zu erhaschen weiß. Von Arbeit lebt man nicht allein, es will doch auch gegeffen sein! Füt's Effen gilt als feste Norm,' s giebt alles nur in Suppenform!
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Die Trinter thaten nach der Sage einstmals berathen diese Frage: Wie fängt man es am besten an, daß man das Effen auch trinken kann? Ver gebenses blieb offene Frage bier ift's gelöst mit einem Schlage. Dreimal pro Woche giebt's Raffee, ich schwärme nicht für die Idee, es ist das nichts für meinen Magen, der Tann den Kaffee nicht vertragen. Die Mittagstoft ist gut
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legte und zu frieblichem Schlafe einlud. Da erschienen die Männer wieder, diesmal war es um das Bäumchen geschehen. Ein Hieb bis in das innerste Mart, noch einer bann bann fand es sich auf einem Wagen unter Hunderten von Ge noffen wieder; fort ging die Reise, weit hinweg.
Gestern Abend strahlte es nun in glänzender Pracht. Es fab freudig erregte Gefichter, die Menschen waren ob das wahre Glüd so fröhlich gestimmt, als in finden wäre; bem engen 3immer zu vergessen war das waldige Thal, vergessen das Weh und die Sehnsucht nach den zurückgebliebenen Kameraben, ein Leben voll Pracht und Herrlichkeit hatte begonnen.
nur
Kurzer Rausch, eitle Freude! Morgen vielleicht schon reißt man den Flitterkram von Deinen 3weigen, morgen schon fedt man Dich in den russigen Ofen, abe Frühlingssonne, ade Vogelabe Tannenwald,
Sang.
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Was fümmert's uns? Das ist der Lauf' der Welt. Heute braucht man Dich, der Schmeichler raunt Dir liftige Worte ins Ohr, die Welt liegt Dir zu Füßen; wie wird's morgen sein? Wer kann es sagen, denn wer hat den morgigen Tag gesehen? Vielleicht weht morgen der Wind über Dich hin, wie er draußen über den todten Stumpf des Weihnachtsbaumes bahinfegt.
Das Friedensfest der Menschheit leitet man mit 3er störung blühenden Lebens ein, und wer weiß denn, ob heute wirklich alle Menschen glücklich und zufrieden find? Giebt es nicht genug, die auch heute und morgen und vielleicht noch viele Tage hungernd und frierend durch die Straßen pilgern, die mit verbiffenem Groll auf diejenigen sehen, von benen sie glauben, daß es ihnen besser geht? 3u Ende ist ber Mummenschanz mit der Mildthätigkeit, und es ist auch ein Glück. Heute wäre es 3eit, daß alle diejenigen, die mit ihrem Namen und mit ihrem Gelbe ein unwürdiges Spiel in den Zeitungen getrieben haben, einmal Umschau hielten nach den Elendesten der Elenden, dann würden sie erfahren, ob es eine Phrase oder Wahrheit ist, was heute verkündet wird: Friebe auf Erden!"
bereitet und von Kartoffeln stets begleitet, dreimal gieb'is Fleisch in allen Wochen, man läßt's gleich in der Suppe kochen. Die Speisen haben Sondernamen, doch weiß ich nicht, woher fie tamen, nur zweie weiß als sicher ich, eins ist der ,, blaue Heinerich," die Suppe ist aus Buchweizgrüße und blau wie die Dragonermüße. Eh' Strauß die blaue Donau schrieb ( die Donau ist nicht blau, doch trüb). saß er wohl an der Schüffel Rand, in der solch ,, blauer Heinrich" stand.- Rumford, das ist ein Mischgerichte, deß Inhalt folgt aus der Geschichte. Ein Kapitän, der Rumford hieß, einfimals auf eine Sandbank stieß, das Echiff belam' nen großen Led, auch war der Vorrath ziemlich weg; Herr Rumford ließ in seiner Noth, Kartoffeln, Erbsen, Graupen, Brod, auch Eifig, Speck 2c. ( Dies alles war an Vorrath da) diverse Stunden eifrig tochen, die Mahlzeit bab' sehr angesprochen. Der Schiffbruch war gemis nicht schwer, wo käme das Rezept sonst her? Rum fut nennt's der Berliner hier, zu efsen macht es tein laifir."
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Die Spitznamen der Berliner Verbrecher. Von einem Ungenannten werden in der Beitschrift für die gesammte Strafrechtewiffenschaft" Bd. IV. 5. 414 ff. Bd. V. S. 114 ff. 423 ff. Bd. VI. S. 225 ff. höchst interessante Schilderungen veröffentlicht, welche die Ueberschrift des gegenwärtigen Artikels führen. Bunächst scheint der Prozeß Didhoff und die psychologischen Einblide, welche derselbe in die Beherrschung eines einzelnen über eine Verbrecherbande thun ließ, dem Verfasser zu seinen intereffanten Schilderungen Anlaß gegeben zu haben; Der zweite Auffaß führt die Ueberschrift Entstehungsursache, Lebensweise, Organisation". Der Neuling mus, einmal aner fannt und aufgenommen, eine vollkommene Schule durchmachen. Jm Anfang werden ihm unbedeutende Rollen zuge wiesen, er muß Wache stehen bei Einbrüchen, helfen beim Fortschaffen gestohlener Waaren u. dgl.; sobald er fich aber hierbei bewährt hat, muß er mit an die eigentliche Arbeit heran; einer schwierigeren Aufgabe findet ihn das Vertrauen der Genossen für würdig, und löst er auch diese zur Zufrie denheit der alten, so erwirbt er nun bald das Prädikat schwerer Junge" als ausgelernter Verbrecher, der keine Be denten mehr fennt und vor feiner That mehr zurüdschredt. Bu gleicher Zeit wird ihm und das ist ganz ausnahms los ein Beiname beigelegt, und nur ausschließlich noch mit diesem wird er gerufen und dritten Verbrechern gegenüber genannt. Diese Ausschließlichkeit geht so weit, daß es alte Verbrecher giebt, die fich lange Jahre fennen und lange Jahre hindurch dasselbe Handwerk gemeinschaftlich betreiben und dens noch keine Ahnung davon haben, wie der wirkliche Name des andern lautet. Sie wollen ihn auch garnicht wissen; ste haben tein Interesse daran; innerhalb der Verbrecherweli lommen fte mit dem Spitznamen aus, ja beffer als mit dem richtigen Na men; denn jedermann ihresgleichen fennt den ersteren, nur sehr menige den letteren; und außerhalb der Verbrecherwelt bedürfen sie weder des einen noch des anderen; denn sie wollen von der Bekanntschaft mit den Genoffen überhaupt nichts wissen, und es ist ihnen immer noch lieber, den Bekannten verrathen zu sehen, den von den Uneingeweihten ja doch nur selten jemand fennt, als den wirklichen Namen. Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb das Belegen eines Spignamens in der Verbrecherwelt so ganz allgemeine Sitte ist. Mag auch ein guter Theil der Veranlassung auf den überall bekannten Sarkasmus der Berliner Bevölkerung zurückzuführen sein, auf thren Hang zum beißenden Spott, auf ihre Neigung, jedem andern etwas anzuhängen, ihre Befähigung, die Schwächen anderer herauszufinden und sie in einer oder der andern Form ihrem Wiz dienstbar zu machen; und muß auch anerfannt werden, daß alle diese Eigenschaften in besonders hohem Maße gerade auch innerhalb der Verbrecherwelt wiederzufinden find; daß der eigenartige, zugleich zwang- und formlose Verfehr unter ihnen andererseits jede Empfindlichkeit ausschließt, oder doch nicht aufkommen lassen würde: so find die Verbrecher von Prefeffion doch auch wieder so praktische Leute, daß fte mit solchen Wigeleien auch eine zwedmäßige Seite zu verbin den wissen, und sie würden sicherlich nicht an einem und den selben Namen, wenn er einmal einem der Thiigen zuertheilt ist, mit einer solchen Bähigkeit und Ausschließlichkeit festhalten, wenn fie fich davon nicht prattische Resultate versprächen, die fte dann auch thatsächlich erreichen; denn dieses Ver stecken hinter hinter fälschlich beigelegten Namen erschwert oft Entdeckung von Verbrechen ungemein. Es dürfte nicht unintereffant sein, einige dieser Beinamen kennen zu
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da fie bezeichnend find für die Ausdrucksweise dieser Leute und den Verkehr untereinander. Sehr ver breitet find die Spiznamen, welche fich an den Vornamen der Betreffenden anschließen und mit ihm die vom Träger erlernte, aber längst nicht mehr ausgeübte Profeffion verbinden, wie Böttcherlar!", Schlächterwilhelm", Schloffermar"," Schufter august"; oder die statt der Profeffion die Waffe angeben, bei der der Inhaber gedient hat, wie ,, Kanonenaugust", Ulanen, robert". Es folgen solche, die ein förperliches Gebrechen oder eine äußerliche Eigenthümlichkeit zur Veranlassung haben: der Dide"," Narbentar!", Buckelfonditor", Schiefmaul"," der steife Lehmann", die Cognacnäse". Auch schmeichelhafte Beinamen finden fich: schöner Eduard"," guter Robert", ebenso mie tadelnde: fauler Anton", ja sogar Schimpfnamen, wie Affe" Blechschädel". Wieder andere lehnen sich an die Kleidung an, die manche mit Vorliebe tragen, z. B. der bunte Karl", der grüne Jäger", oder fie beziehen sich auf andere Eigenthümlich leiten wie der Bigarrenadol", der Ein Fiedler", der Komödiantenernst. Auch allerhand Titel und Würden werden gern beigelegt:„ der Gefreite", der Wachts meister", Student", Regierungsrath"," Plazmajor", Rechts. anwalt", ja fogar Staatsanwalt". Nicht selten ist die Beilegung von Namen bekannter und berühmter Persönlichkeiten: Der Barbier von Sevilla ", Helmerding", Blücher " u. f. w. Noch seltsamer, oft tomischer, oft häßlicher ist die Blumen lese, die man unter der weiblichen Verbrecherwelt vernehmen tann. Die schwarze Tonie", der Bouillonkopf", das ,, Pfeffer rösel", die„ Sportminna", das" Talglicht", die fchiefe Las terne", die Chokoladenminna"," die lange Charlotte", die polnische Gräfin", die„ Schneppenmarie", die Neunfingrige", Die Stiefelanna", das Eisbein", die Diagonerlotte", das Süßmaul", die Spizbubenida", die Schinkelperle", die " Bratengufte", die Butterblume", die Judenbertha", die " Trapezamalie", die Dampfwalze", die ,, Banlierwittwe",
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Alle diese Namen haben ihre Entstehungsgeschichte; gar mancher abenteuerliche Roman Inüpft sich an ihre Eriftenz. Berbrecher- Generationen steigen ins Grab; aber ihre Namen Die Geschichten werden vergeſſen; aber die Namen bleiben. bleiben in der Erinnerung der Ueberlebenden, und diese selbst werden bei ihren Beinamen genannt von dem heranwachsenden Geschlecht, das keine Ahnung davon hat, welchen Vorkomm niffen jene ihre Entstehung verdanken.
g. Ueber die Manipulationen des von der Kriminal, Polizei verhafteten Geldagenten Hermann Prinz erfahren wir von einem der Betheiligten folgendes: Ein hiesiger Fabrikant A. fuchte ein Darlehn urd erließ eine bezügliche Annonze, auf welche P. eine Offerte abgab, in welcher er um den Besuch A.'s bat. P. verlangte nun von A. einen Vorschuß von 6 M., da er erst durch das hiesige Auskunftsbureau von Schimmelpfennig Erfundigungen über seine Verhältnisse einziehen müßte, um das Resultat seinem Geldmanne mittheilen zu können. A. war vorsichtig genug, diesem Verlaangen nicht sofort zu entsprechen. Im Laufe der Unterredung theilte P. dem A. mit, daß Geld zu 6 bez. 10 pCt. nirgends zu haben sei; er, resp. sein Geld, mann tauften nur Wechsel, d. h. also, fie laffen dem Darlehnssucher einen Wechsel ausfertigen und bezahlen" beispielsweise für einen auf 300 m. lautenden Wechsel, der nur eine fuize Beit läuft, 250 M. Hierdurch umgehen sie das Wuchergeses. Dem A. wurden auch statt baaren Geldes sog. Geschäftswechsel
offerint, die er in Bahlung bei seinen Gläubigern geben sollt Es sind dies jedenfalls diejenigen Wechsel, welche B. bezw sein Geldmann für fich fauft, um dieselben zu dem Schriftwerthe mit einer guten Verzinsung weiterzugeben Die Bahl der von P. geschädigten Personen soll eine ganz bedeutende sein, so daß dem edlen Menschenfreund ein gehöriger Prozeß gemacht werden wird.
In dem vielbesuchten Kaiserpanorama Passage werden die Reise durch das malerische Berner Oberland , die interessante Wanderung durch Amerika , Kalifornien und teleskopischen Aufnahmen die Mondes und die Weihnachtsausstellung, dentwürdige Stätten des heiligen Landes nebst den wunderbar plastisch erscheinenden Tableaug aus dem Leben Jesu noch bis tommenden Donnerstag ausgestellt sein.
Polizei- Bericht. Am 23. d. M. früh wurde ein unbes tannter Mann, anscheinend ein Arbeiter, im Alter von etwa 26 Jahren, welcher am Tage zuvor wegen starter Trunkenheit zu seiner Ausnüchterung nach der Wache des 41. Polizeis Reviers gebracht worden war, in der Belle todt vorgefunden. Derselbe ist, wie durch den hinzugerufenen Arzt festgestellt wurde, wahrscheinlich in Folge übermäßigen Branntwein genuffes am Gehirnschlag verstorben. Die Leiche wurde nach bem Obduktionshause geschafft.- An demselben Vormittage wurde ein Mann in seine Wohnung in der Artilleriestraße an einem Spiegelbalen erhängt vorgefunden.- Um dieselbe Beit wurde der Arbeiter Gerstel auf dem Gendarmenmarkt beim Abladen von Marktgegenständen von einem Pferde derart gegen das Bein geschlagen, daß er anscheinend einen Knochen bruch erlitt und nach der Charité gebracht werden mußte. An demselben Tage Nachmittags wurde ein Dienstmädchen an der Alvensleben, und Kirchbachstraßen Ecke bewustlos an der Erde liegend und aus Nase und Mund start blutend vorges funden und mittelst Droschle nach dem Elisabeth Krankenhause gebracht. Wie fich später herausstellte, ist daffelbe durch ihren Brodherrn gemißhandelt worden. fortgelaufen und an der gedachten Straßenede bewußtlos zusammengebrochen.
Gerichts- Zeitung.
Der Chemnißer Sozialistenprozeß vor dem Reichsgericht.
II.
Leipzig , 23. Dezember. Das heute Mittag 12 Uhr von dem Präfidenten des 3. Straffenates des Reichsgerichtes, Herrn Dr. von Beyerle verkündigte Urtheil hat( nach stenos graphischer Niederschrift) folgenden Wortlaut:
In der Straffache gegen Bebel und Genoffen erkennt das Reichsgericht, daß auf die Reviston der Staatsanwaltschaft das Urtheil des Landgerichtes Chemniß nebst den denselben zu Grunde liegenden thatsächlichen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung in die Vorinstanz und zwar an das Landgericht in Freiberg zurückzuverweisen ist.
Den Angeklagten ist zur Laft gelegt, theilgenommen zu haben, oder Theilnehmer gewesen zu sein an einer innerhalb der sozialdemokratischen Partei bestehenden Verbindung, deren Dasein, Verfassung und Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten werden sollte und zu deren Beschäftigungen und Bweden es gehöre, Maßregeln der Verwaltung oder die Vollziehung von Gefeßen unwirksam zu machen durch Herstellung und Verbreitung von Breßerzeugnissen von der in dem§ 1 des Sozialistengefeges bezeichneten Art, insbesondere der verbotenen Beitschrift ,, Sozialdemokrat" und durch Abbaltung von Vers fammlungen der bez ichneten Art, oder mit Umgebung der in Beziehung auf das Versammlungsrecht bestehenden gefeßlichen Vorschriften. Die Anklage gründet fich folgeweise auf die SS 128 und 129 des Strafgesegbuch. Das Gericht erster Ins tanz hat auf Freisprechung erkannt. Die Staatsanwaltschaft hat das Urtheil angefochten unter der Behauptung, daß die Freisprechung auf einer Verlegung der§§ 128 und 129 bes ruhe. Es fonnte der Revision der Erfolg nicht versagt wer den. 3war find von den Vorwürfen, welche dem Ürtheile gemacht werden, mehrere nicht begründet. Wenn zunächst behauptet worden ist, dem Urtheile liege eine Konfrondirung ( Vermischung) der§§ 128 und 129 zu Grunde, so fonnte das nicht für begründet erachtet werden. Es hat allerdings das Landgericht im Eingange seines Urtheiles fich über die Vorausseßungen, unter welchen eine Verurtheilung eintreten mußte, bahin ausgesprochen, eine Verurtheilung der Angeklagten im Sinne des Eröffnungsbeschlusses würde nur dann eintreten fönnen, wenn als durch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung in thatsächlicher Beziehung festgestellt folgende vier Punkte erachtet werden müssen: 1) daß innerhalb der sozialdemokratischen Partei eine Verbindung eristice, 2) baß diese Verbindung hinsichtlich ihres Daseins, ihrer Verfassung und Swede vor der Staatsregierung geheim gehalten werden folle, 3) daß zu den Zwecken der Verbindung gehöre, Maß regeln der Verwaltung oder die Vollziehung der Geseze durch ungesetzliche Maßregeln zu verhindern oder zu entfräften. Es ift als Vorausseßung für die Verurtheilung der Beweis sowohl des unter 2) als des unter 3) angeführten Umstandes hervorgehoben, allein zwar mit Recht. Denn die Anklage geht ja auf eine Handlungsweise der Angeklagten, durch welche sowohl der§ 128 mit Rücksicht auf die Übficht der Geheim haltung, als der§ 129 verlegt werde, und es fonnte des wegen das Gericht ganz wohl sagen, zu einer Verurtheilung im Sinne des Eröffnungsbeschlusses wäre der Beweis sowohl das unter 2) als des unter 3) angeführten Umstandes nöthig. Bedenklicher ist das, was ebenfalls dem Gerichte zum Vorwurf gemacht wird, wenn in verschiedenen Säßen des Ur theils so gesprochen wird, als nehme das Gericht an, daß in dem ersten Falle des§ 128 erfordert werde, daß sowohl hin fichtlich der Eristenz als der Verfaffung, als des Zwedes der Verbindung die Absicht der Geheimhaltung vor der Staatsregierung bestehe, während das Gesetz blos fagt„ oder". Allein abgesehen davon, daß an einer anderen Stelle des Urtheils die Gründe in ihrer Faffung vollkommen den Worten des Ge fezes entsprechen, war zu erwägen, daß sogar, wenn nicht eine ungenaue Ausdrucksweise, sondern eine wirkliche Verkennung des Sinnes des Gesezes zu Grunde läge, dieser Jirthum für das Urtheil nicht nachtheilig gewesen wäre, da das Instanz gericht zu dem Ergebnis in thatsächlicher Beziehung gelangt ist, Daß weder in Beziehung auf das Dasein oder in Beziehung auf die Verfaffung, noch in Beziehung auf den Bwed Geheimhaltung beabsichtigt gewesen sei. Es handelt sich deswegen richtig aufgefaßt hat. Das Instanzgericht hat seine Stellung wesentlich darum, ob das Gericht den Begriff Verbindung gegenüber der Antlage in Beziehung auf diesen Bunkt dahin gekennzeichnet, die Anflage nehme an, Verbindung im Sinne Der§ 128 und 129 sei jede nach Drganisation und Zwed auf dauernden Bestand berechnete Vereinigung von Per fonen, aber Don dem Instanzgerichte werde Diese Definition als zu weit erachtet, es ſet vielmehr außer dem dem bezeichneten Merkmale weiter erforderlich eine durch die vor dem Eintritt in die Verbindung abzuge bende Willenserklärung des Einzelnen, fich den Gesammtwillen untergeben zu wollen, bedingte Wechselbeziehung des Einzelnen zu dem Einzeinen und somit zu dem Ganzen, es werde also für den Beitritt zu der Verbindung eine die Willensfreiheit des zukünftigen Mitgliedes beschränkende Erklärung, eine Bus fage erfordert, welche es zu der bezeichneten Abhängigkeit ver pflichte. Die Vorinstanz führt nun aus, aus denjenigen Thats fachen, welche zur Begründung der Anklage vorgebracht seien und welche theilweise nicht erwiesen, theilweise erwiesen seien, gebe, soweit der Beweis dieser Thatsachen berg stellt fel, nur hervor, daß die sozialdemokratische Partei eine Organisation bes fige, wie fie überhaupt politische Parteien zu befizen pflegen, daß mithin aus den festzustellenden Thatsachen nicht ents