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Die

Echande, und namentlich heutzutage lommt man schneller zus rüd als vorwärts in seinen Verhältnissen. Wer also arm ist, auf die Hilfe seiner Mitmenschen angewiesen und in der traus rigen Lage, Almosen annehmen zu müssen, der soll nicht den lügenhaften Schein erwecken, als ob er etwas Besseres" wäre, als diejenigen, die öffentlich als ,, Almosenempfänger" gekenn zeichnet find. Wer dies thut, der ist eben nicht verschämt", sondern unverschämt" und es ist im höchsten Grade bedauer lich, daß die Armendirektion die Hand dazu bietet, diese ,, un­verschämten Armen" gesondert von den übrigen Armen zu unterstügen. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die ers laffene Bekanntmachung der Armendirektion betr. Die Ablösung Der Neujahrsgratulationen. Es ist gewiß eine schöne Sitte, einander zum Jahreswechsel Glück zu wünschen. Da dies in einer großen Stadt unmöglich überall persönlich geschehen tann, so bediente man sich hierzu der Neujahrstarten. hiermit verbundene cerzlichkeit, welche fich durch die Auswahl einer besonders schönen Karte dokumentirt, ist, wie leider alles gute, nur noch in den breiten Schichten des Volles" zu fin= den; in den besseren Kreisen" ist sie schon lange verschwunden und hat einer steifen, zeremoniellen Höflichkeit Plaz gemacht. An Stelle der reizenden Neujahrslarte ist die talte Visitenkarte getreten, natürlich wiederum zum Schaden der Bielen , welche fich durch den Verlauf der Neujahrstarten eine fleine Ein­nahmequelle zu erschließen hoffen. Wie spärlich diese nur zu fließen vermag, erhellt wohl zur Genüge aus der Thatsache, Daß allein für einen Stand in einem Hausflur 20 m. verlangt werden. Rechnet man dazu die Kosten für Gewerbeschein, Mas terial und sonstige Ausgaben,- wieviel muß da verkauft werden, ehe etwas verdient" wird. Wenn aber die Be­mittelten nicht taufen, wer soll dann laufen? Aber auch dieser Bwang der Höflichkeit per Visitenkarte wird in den besseren" Kreisen als eine unliebsame Laft empfunden und man sucht sich derselben zu entledigen. Wie, darüber giebt die Bekanntmachung der Armendirektion Auskunft: Seit einer Reihe von Jahren besteht hier die Sitte, daß Einwohner ,, aller" Stände, anstatt fich ihren Freunden, Gönnern und Bekannten beim Jahreswechsel durch Visitenkarten zu empfehlen, ein ent­sprechendes Geschent zum Besten der verschämten" Armen zahlen laffen!" Da haben wir's! Für die Armen! Das ist wiederum das Losungswort, das Aushängeschild, unter dem fich der traffeste Egoismus verbirgt. Freilich! Was für eine langweilige Arbeit ist es, die erforderlichen Visitenkarten, jede einzeln, zu louvertiren und zu adresfiren und sich die einzelnen Adressen erst mühsam aus dem Adreßkalender zusammenzusuchen. Wie unangenehm, sich vor den überfüllten Postschaltern herum Auquetschen, ehe man das Glück hat, seine Briefe einliefern zu tönnen! Wie viel Arbeit wird dadurch der Post verursacht! Da ist es doch viel bequemer, der Armendirektion eine Kleinig teit für die verschämten" Armen zu überweisen. Das verur­sacht weniger Mühe und vielleicht auch weniger Kosten und man hat obendrein noch den Vortheil, als Wohlthäter der Armen" öffentlich genannt zu werden, denn die Armendirektion macht bekannt: die namentliche Bekanntmachung der geehrten Geber, welche, falls fie ihre Beiträge durch Domeftilen über senden, um deutliche Bemerkung ihres Namens und Amts­charakters resp. ihrer Geschäftsbezeichnung ersucht werden, wird durch das Kommunalblatt, die Bossische, die National- Beitung und das Intelligenzblatt noch vor Neujahr erfolgen. Um dies aber ermöglichen zu können, müssen wir ersuchen, die Beiträge spätestens bis Donnerstag, den 31. Dezember d. J., Nachmit tags 1 Uhr, einzuzahlen." Drum auf, ihr edlen Wohlthäter der Armen! Wer noch glänzen will unter der Ruhmesliste, der beeile fich! Es ist die höchste Zeit! Glückliche Arme!

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g. In der städtischen Irrenanstalt zu Dalldorf be fanden sich unter den im verfloffenen Verwaltungsjahre auf­genommenen Männern 30, unter den aufgenommenen Frauen 15, welche mit den Strafgeseßen in Konflikt gerathen waren. Die Mehrzahl davon hatte die als Vergehen oder Verbrechen angerechnete und bestrafte That in bereits geistestrantem Zu­ftande begangen. Besonders hervorzuheben ist der von einem Mädchen in epileptischer Verwirrtheit verübte Todtschlag des Vaters. Als Gewohnheitsverbrecher" wären drei Männer und zwei Frauen zu bezeichnen gewesen, und machte ihre ge­nügende Ueberwachung viele Schwierigkeiten, fonnte aber mit Erfolg durchgeführt werden. Wiederholte Aufnahmen lamen ziemlich häufig vor.

Plöblicher Tod. Von einem jähen Tode wurde in der vergangenen Nacht ein im votel zum König von Preußen, Brüderstraße 39a, abgestiegener Gaft, der sich im Fremdenbuch als ein Raufmann Paul Heuser aus Warschau eingetragen hatte, betroffen. Derselbe dürfte nach Ansicht der hinzugerufe­nen Aerzte an einem Herzschlage verstorben sein. Auf Anord­nung der Behörde ist die Leiche nach dem Obduktionshause geschafft worden, damit dort durch die gerichtlichen Phyfici die Todesursache festgestellt wird.

Bei einem Trödler in der Andreasstraße wurde am zweiten Weihnachtsfeiertage ein Einbruch verübt. Die Diebe find durch Klingeln an der Wohnung gestört worden, denn die aus drei erbrochenen Spinden entnommenen Kleidungs und Wäschestücke wurden zusammengepad! auf dem Fußboden liegend gefunden. Dagegen haben die Einbrecher einen Ka narienvogel und eine halbe gebratene Gans mitgenommen. Wählerischer waren die Diebe, welche an demselben Tage der ohne Aufficht gelaffenen Wohnung einer Dame in der Göben ftraße einen Besuch abgestattet haben. Sie durchwühlten zwar alle Behältnisse, da ste indeß keine Werthsachen vorfanden, ent­fernten fie fich, ohre etmes entwendet zu haben.

Der Schluß des Jahres bringt wieder jene traurige Statistit, die uns einen Einblick in die Verirrungen der Ver brecherwelt Berlins thun läßt. Bei der Kriminal Abtheilung des Königl. Polizei Präfidiums zu Berlin wurden im Jahre 1884 von den fiftirten Personen 4091 und zwar 3318 Männer, 755 Weiber, 18 Kinder in solirhaft genommen, die letteren wegen Diebstahls. Ferner wurden von den Jiolirten 1759 Männer, 511 Weiber wegen Diebstahls; 109 Männer, 43 Weiber wegen Hehlerei; 280 Männer, 26 Weiber wegen Be leidigung von Beamten und Widerstands gegen die Staats­gewalt; 117 Männer, 5 Weiber wegen Körperverlegung; 322 Männer, 48 Weiber wegen Unterschlagung; 164 Männer, 57 Weiber wegen Betruges; 47 Männer, 2 Weiber wegen Haus­rechtsverlegung u. f. m.; 129 Männer, 8 Weiber wegen Ver brechens und Vergehens gegen die Sittlichkeit; 49 Männer, 5 Weiber wegen Vermögensbeschädigung; 26 Männer, 3 Weiber wegen Raubes; 88 Männer, 4 Weiber wegen Urkundenfäl schung; 41 Männer, 1 Weib wegen Hazardspiels; 18 Männer, 2 Weiber wegen Befreiung von Gefangenen; 11 Männer wegen betrüglichen Banterutts; 19 Männer, 4 Weiber wegen Expreffung; 3 Männer wegen Nothzucht; 3 Männer, 1 Weib wegen Brandstiftung ; 10 Männer, 6 Weiber wegen Mordes, Mordversuchs; 22 Männer wegen Mas jestäts Beleidigung; 14 Männer wegen Drohung; 11 Männer, 4 Weiber wegen Meineids; 11 Männer, 1 Weib wegen Münzverbrechen; 4 Männer, 9 Weiber wegen Abtreibung der Leibesfrucht refp. Beihilfe hierzu in Haft behalten und dem Untersuchungsrichter überwiesen. Bum Polizei Gewahrsam wurden gebracht 16 905 Männer, darunter wegen Obdachlofig feit 4805, Bettelns 8707, Straßenunfugs 1745, Trunkenheit 60, als Durchtransport 211, wegen Widersezlichkeit gegen Beamte 3, Geiftesstörung 1, unerlaubten Handelns 85; Frauen wurden eingebracht 9421, darunter 8314 wegen Unfitt lichleit, 326 wegen Obdachlosigkeit, 81 wegen Straßenunfugs, 31 megen Trunfenheit, 323 wegen Bettelns, 87 als Durch­transport, 17 wegen unerlaubten Handelns. Unter Polizei Aufsicht standen 1379 Personen. Wegen Bettelns wurden 21 077 Personen fiftirt. In 1016 Fällen von Selbstmord, Todtschlag und Unglücksfällen mit tödtlichem Ausgang wurde ein Einschreiten veranlagt. Darunter waren Fälle von

Erhängen 146, Extrinken 108 Erschießen 38, Kohlenoxyd­Vergi tung und Erftidung 26, Vergiftung 75, Schädelbruch 37, Sturz aus dem Fenster 47, Ueberfahren 34, Erfrieren 2, Mord 5, Verbrühung 9, Verlegungen 30, Schlagfluß 70 u. f. w. Außerdem wurden 17 neugeborene Kinder todt auf­gefunden.

Ein Einbruch wurde am Abend des 22. d. M. bei einem Milchhändler in der Schwedterjaße in der Weise verübt, daß während die Inhaber der Wohnung auf dem Hofe beschäftigt waren, eine Scheibe der Glasthüre von den Dieben mittels eines Terpentinlappens eingedrückt, demnächst die Thür aufge riegelt und aus einem mittels Stemmeisens erbrochenen Spinde baares Geld und Pretiosen gestohlen wurden. Der Verdacht richtete fich gegen den bereits sechs Mal wegen Diebstahls be ftraften Schuhmacher Haafe. In der Wohnung des lepteren wurden die gestohlenen Sachen zwar nicht vorgefunden, wohl aber ein Lappen, welcher zu dem am Thatorte zurückgelassenen Terpentinlappen genau paßt. Eine frische Schnittwunde, welche am Daumen des Haase mahrgenommen wurde, hat derselbe fich anscheinend bei dem Eindrücken der Scheibe, bie mit Blut besudelt war, zugezogen. Haase ift verhaftet

worden.

In dem Geschäftslokale eines Goldarbeiters in der Neuen Wilhelmstraße erschien am 22. d. M. eine unbekannte Dame, welche fich Frau Lieutenant Wenzel nannte und angab, Dorotheenstraße 52 zu wohnen. Sie ließ sich mehrere Gold fachen vorlegen, fuchte davon einige im Werthe von 40 Wart aus und gab den Auftrag, dieselben nach ihrer Wohnung zu schicken, woselbst Bezahlung erfolgen würde. Außerdem kaufte die Dame einen goldenen, mit 5 Amethysten besegten Anhänger für 14 Mart, welchen fie nach Anzahlung von 7 M. und mit dem Versprechen, den Rest bei Ueberbringung der ausgesuchten Sachen zu zahlen, sofort an fich nahm. Als die ausgewählten Goldsachen abgeliefert werden sollten, war die angebliche Frau Lieutenant Wenzel im genannten Hause nicht zu finden. Die

Wasserstand der Spree in der Woche vom 13. bis 19. Dezember.( Angabe in Metern.)

Tage

13/12 14/12. 15/12. 16/12. 17/12. 18/12. 19/12.

Am Oberbaum 2,45 2,42 2,42 2,42 2,42 2,44 2,47 Dammmühle,

Oberwaffer. 2,43 2,40 2,39 2,39 2,37 2,41 2,45 Dammmühle,

Unterwaffer. 0,94 0,92 0,89 0,89 0,91 0,91 0,89

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Polizei Bericht. Am 24. d. Mts., Abends, fiel die 3 Jahre alte Tochter des Bureau Asfiftenten Ballhorn, Karls­ftraße 37 wohnhaft, beim Spielen in der Küche in einen Kübel mit fedendem Wasser und erlitt dabei solche Verlegun gen, daß fie am 26. d. Mts. verstarb. Am 28. d. Mts., Vormittags, wurde eine Frau vor dem Grundstück Gitschiner­ftraße 86 von einem Pferde derart gegen den Leib geschlagen, daß fie, anscheinend schwer verlegt, nach ihrer Wohnung ge­bracht werden mußte.- Um dieselbe Zeit wurde ein Herr, welcher seit 14 Tagen in einem hiefigen Hotel logirte, in sei­nem Bimmer todt aufgefunden. Da die Todesursache nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, wurde die Leiche nach dem Obduktionshause geschafft.- An demselben Tage, Abends, verunglückte der Arbeiter Ladewig auf dem Güterbahnhofe der Ditbahn dadurch, daß er am rechten Fuß einen Bruch des Knöchelgelents erlitt. Er wurde nach dem Krankenhause im Friedrichshain gebracht.- An demselben Abend wurde ein Dienstmädchen in der Neuen Königsstraße in seiner Schlaf­Tammer, neben dem Bette liegend, todt aufgefunden. Die Leiche wurde zur Feststellung der Todesursache nach dem Db­duktionshause gebracht.

Unbekannte, welche zur ſelben Zeit einen anderen Goldarbeiter Vereine und Versammlungen.

in derselben Straße auf ähnliche Weise zu beschwindeln versucht hatte, ist etwa 23 Jahre alt, mittlerer Statur, hat schmales Geficht und trägt ein grünes Kleid, dunkles, mit Pelz oder Krimmer besettes Jaquet und einen Kapottenhut.

In den Kriminal- Abtheilungen des Landgerichts I und Amtsgerichts I find für das neue Jahr nur unwesent­liche Veränderungen eingeführt worden. Besonders erwähnenswertschaftlichen Organisationsfrage der genannten Berufe be werth ist die Neuerung der Errichtung einer vierten Präfidial Abtheilung, welcher der Vorfizende der ersten Straffammer Landgerichtsdirektor Bachmann vorstehen wird. Infolge deffen wird er den Vorts seiner Kammer nur noch am Montag führen, während für die beiden übrigen Sißungstage Land­gerichtsrath Brausemetter als Vorfigender berufen wird. Jm Uebrigen find die Mitglieder der ersten Kammer unverändert geblieben. Aus der zweiten Straflammer scheidet Landgerichts­rath Oppert aus und tritt in die 3toilabtheilung; an seine Stelle tommt aus der Zivilabtheilung der Landgerichtsrath Bauer. In der dritten Straflammer wechseln Landrichter Mund und Landgerichtsrath Friedländer ihre Stellen. Lepterer wird also an Stelle des ersteren Strafrichter. In die vierte Straflammer tritt ein für den verstorbenen Landgerichtsrath Kolshorn der Landrichter Mosse , der Landgerichtsrath v. Salpius aus der vierten wechselt mit dem Landgerichtsrath Schmidt aus der sechsten Kammer die Stellen. Die fünfte Straftammer bleibt in ihrer alten Zusammensetzung bestehen; während in die sechste neben v. Salpius der Landrichter Funke aus der Bivil abtheilung eintritt. Landrichter Friedenthal geht in diese über. Auch für das Jahr 1886 ist zur eventuellen Aushilfe eine fiebente Straftammer gebildet worden. Bei den Schöffen­gerichten find die Veränderungen noch unbedeutender. Amts­gerichtsrath Hartmann geht zur Bivilabtbeilung, an seine Stelle tritt aus diefer Amtsgerichtsrath Vollgold als Vorsitzender der 95. Abtheilung. Der Vorsitz von Abtheilung 100( früher Dr. Kronecker) ist dem Amtsrichter Amtsrichter Henris übertragen worden.

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Einem ziemlich bestimmt auftretenden Gerücht zu­folge, so schreibt die Nat. Btg.", soll ein sehr bekannter Restaurateur in der Dorotheenstadt am ersten Weihnachtsfeier tag in Haft genommen worden sein. Die näheren Details ent ziehen fich der vorläufig noch schwebenden Untersuchung wegen der Deffentlichkeit. Die Veranlassung soll, wie verlautet, Dul­dung von Hazardspiel sein.

Eine polnische Zeitung soll unter dem Namen Novy Dziennik"( Neue Beitung) von Neujahr 1886 in Berlin er scheinen. In der Reichshauptstadt leben zirka 30 000 Polen .

Die Neue Zeitung, das Organ der Berliner National­liberalen, bestätigt jest selbst die Mittheilung, daß fie mit dem Schluß des Jahres eingehen wird, nachdem sich mannigfache Versuche, die Möglichkeit der Forteristenz zu schaffen, als er­folglos erwiesen haben".

Bewegung der Bevölkerung Berlins nach den Ver­öffentlichungen des statistischen Amts der Stadt. Die fortge schriebene Bevölkerungszahl betrug am 5. Dezember inkl. der nachträglichen An- und Abmeldungen 1303 110, hat sich dem nach gegen die Woche vorher um 281 Seelen vermehrt. In der Woche vom 6. bis 12. Dezember wurden polizeilich ge­meldet 2199 zugezogene, 1686 fortgezogene Personen; standes­amtlich wurden 218 Chen geschloffen. Geboren wurden 870 Kinder, und zwar lebend: 446 männliche, 382 weibliche, zu fammen 828( Darunter 107 außerebeliche), todt 25 männliche, 17 weibliche, zusammen 42( darunter 7 außereheliche) Kinder. Die Lebendgeborenen, aufs Jahr berechnet, bilden 33,1, die Todtgeborenen 1,7 pro Mille der Bevölkerung, die außerehelich Geborenen 13,10 pSt. aller in der Woche Geborenen, davon die bei den Lebendgeborenen 12,92, die bei den Todtgeborenen 16,67 pCt. In der fgl. Charitee und Entbindungsanstalt wurden 50 Kinder geboren. Gestorben( ohne Todtgeborene) find 529, nämlich 281 männliche, 248 weibliche Personen. Von diesen waren unter 1 Jahr alt 164( inkl. 37 außerebeliche), 1 bis 5 Jahre 95( inkl. 8 außerebeliche), 5-15 Jahre 62, 15 bis 20 Jabre 9, 20-30 Jabre 37, 30-40 Jabre 52, 40-60 Jahre 64, 60 bis 80 Jahre 60, über 80 Jahre 21. Die Sterbefälle beim Alter von 0 bis 5 Jahren machen 48,96 pCt. sämmt­licher in dieser Woche Gestorbenen aus. Von den im Alter unter 1 Jahr gestorbenen Kindern starben 46 im ersten, 22 im zweiten, 24 im dritten, 11 im vierten, 10 im fünften, 11 im sechsten, 40 im fiebenten bis zwölften Lebensmonate; von denselben waren ernährt 23 mit Muttermilch, 3 mit Ammen milch, 71 mit Thiermilch, 5 mit Milchsurrogaten, 29 mit ge mischter Nahrung, von 33 war es unbekannt. Todesursachen waren besonders: Lungenschwindsucht( 89), Lungenentzündung ( 38), Bronchialfatarrh( 16), Rebllopfentzündung( 18), Krämpfe ( 25), Gehirnschlag( 12), Gehirn- und Gehirnhautentzündung( 14), Krebs( 18), Alterschwäche( 23), Lebensschwäche( 32), Abzehrung ( 19), Masern( 16), Scharlach( 7), Diphtherie( 33), Typhus ( 1), Diarrhöe( 12), Brechdurchfall( 4), an anderen Krankheiten anderen Krankheiten starben 148 und durch Selbstmord 4, davon durch Vergiftung 1, durch Erhängen 1, durch Ertrinken 1, durch Sturz aus der Höhe 1. Die Sterblichkeit der Woche auf das Jahr berechnet, lommen durch schnittlich auf 1000 Bewohner in Berlin 21,2, in Breslau 26,4, in Frankfurt a. M. 19,0, in Köln 21,7, in Dresden 27,6, in München 27,9, in Bremen 21,0, in Stuttgart 20,2, in Wien 25,4, in Paris 21,4, in London 24,6, in Liverpool 37,5. Jn der Woche wurden dem Polizeipräsidium gemeldet als erkrantt an Typhus 20, an Masern 95, an Scharlach 47, an Diphtherie 138, an Boden 4. In den 9 größeren Krankenhäusern wurden in der Berichtswoche 863 Krante aufgenommen, davon litten an Masern 4, an Scharlach 9, an Diphtherie 33, an Typhus 11, an Rose 4. Es starben 131 Personen oder 24,8 pCt. aller in der Woche Gestorbenen; als Bestand verblieben 3928 Krante.

hfs. Die Mechaniker, Optifer, Uhrmacher, chirurgi schen und anderen Instrumentenmacher hielten am Sonntag, Vormittags, in den Bürger- Sälen", Dresdener­ftraße 96, unter dem Vorfiße der Herren Bremer und Weise eine von ca. 300 Theilnehmern besuchte öffentliche Gewerkschafts­Versammlung ab, in welcher fie fich ausschließlich mit der ge­schäftigten. Bunächst hielt Regierungsbaumeister Resler einen Vortrag über das in Rede stehende Thema und befürwortete als die unter den gegenwärtigen Zuständen und Vereins­gefeßen in Deutschland geeignetste Organisation die der Maurer, welche bekanntlich nur aus lokalen Fachvereinen und einer von den Kongreffen der deutschen Maurer zu wählenden Kontrol Kommiffton besteht. Man möge überall lokale Fach­vereine errichten, die zu einander nur in einem Kartellvertrage stehen, um sich, wo es erforderlich, gegenseitig gewerkschaftlich zu unterstüßen. Als zweiter Rebner sprach der Mechaniker Herr Kersten, derzeitiger Vorfizender des Deutschen Unter­ftüßungs Verbandes für Mechaniter, Optiter und Uhrmacher", aus Stuttgart über die Entstehung und Swede des genannten Verbandes, dem allerwärts feder Berufsgenoffe, gleichviel, ob er bereits einem lokalen Fach­verein seiner Branche angehört oder nicht, als Mitglied bei treten müffe, wenn die herrschenden groben Mißstände ges mildert und beseitigt werden, die Verhältnisse der Gewerbs genoffen fich günstiger gestalten sollen. Jedenfalls werde auf dem nächsten Kongreß der Mechaniker, Optiker und Berufs­genoffen( um Ostern) dahin gestrebt werden, den Kreis des Verbandes noch zu erweitern und auf alle verwandten Be rufsgenossen, als chirurgische und andere Inftrumenten­macher c. auszudehnen.( Beifall.) Der genannte Verband be zweckt die Einigung und Unterstügung seiner Mitglieder durch Gewährung von Reiseunterflüßung, Rechtsschutz in gewerbs lichen Streitfällen, Unterstüßung derjenigen Verbandsmitglieder, welche für denselben oder durch getroffene Anordnungen des selben arbeitslos werden, Regelung der Arbeitszeit, des Ar­beitslohnes und des Lehrlingswesens, Errichtung von Aus­funfts- und Stellenvermittlungsbureaux, Pflege der Berufs­ftatistit. An allen Drten, an welchen fich mindestens fieben Mitglieder befinden, sollen Bahlstellen errichtet werden. In der darauf folgenden lebhaften Diskussion, an der sich besonders die Herren Bremer, Gesler, Kirsten, Meier und Spieß betheiligten, sprach man fich allgemein im Sinne des Referenten Kirsten und für den Eintritt aller Kol legen in den Verband und für gleichzeitige Betheiligung an den lokalen Fachvereinigungen der Mechaniter, Optiler, Uhr­Dementsprechend wurde auch von der Versammlung einstimmig macher, chirurgischen und anderen Instrumentenmacher aus. resolvirt und ferner beschlossen, zum nächsten Kongres energisch alle verwandten Berufsgenossen heranzuziehen. Aus der Dis luffton heben wir noch hervor, daß Herr Bremer unter allge­meiner Zustimmung den namentlich in Berlin sehr häufig vor­lommenden, geradezu ungefeglichen Unfug der Verwendung von Lehrlingen rügte, die nach Feierabend noch mehrere Stunden, oft bis Mitternacht, zu Affordarbeiten verwendet werden, für die ihnen die Hälfte desjenigen Lohnes gezahlt wird, den die Gehilfen zu beanspruchen hätten.

hfs. Der Fachverein der Mechaniker, Optiker, Uhr macher, chirurgischen und anderen Instrumentenmacher hielt am Sonntag in den Bürgersälen, Dresdenerstr. 96, eine ges schloffene Mitgliederversammlung des Vereins zum 3wed feiner definitiven Konstituirung ab. Nachdem der Vorfizende, Herr Bremer, ein Schreiben des Kgl. Polizeipräsidiums verlesen hatte, wonach dem eingereichten Statut des Vereins die Ge nehmigung nicht ertheilt werden konnte, beschloß die Versamm lung nach längerer Debatte, dem Vorstande des Vereins unum schränkte Vollmacht zur entsprechenden Abänderung des Statuts nach den Anforderungen des Gesezes zu ertheilen. Nach Ansicht des Königlichen Polizeipräsidiums ist nämlich der Verein auf Grund der jezigen Fassung seiner§§ 4 und 10( betreffend bie Gewährung Don Unter ftüßungen bei Arbeitseinstellungen und in gewerblichen Streit fällen) als eine Versicherungstaffe anzusehen und demgemäß zu seiner staatlichen Genehmigung anderen Gesetzbestimmungen unterworfen. Hierauf vollzog die Versammlung die Wahlen für den definitiven Vorstand. Gewählt wurden die Herren Bremer zum 1. und Sturz zum 2. Vorfigenden, Weise zum 1. und Linde zum 2. Kafftrer, Schramm und Broste zu Schrift führern, M. Meier, Jacobi und A. Ebel zu Erfaßmännern, Spieß, Homuth und A. Kantrian zu Revisoren.

hr. Der Fachverein der Stuckateure feste am Montag bei Nieft, Kommandantenstr. 71, die Berathung über den von seiner Lohntommission ausgearbeiteten Lohntarif fort. Es fam der zweite Theil des Tarifs, der in 40 Bofitionen die Preise für die in der Praxis am häufigsten vorkommenden Afford arbeiten aufftellt, zur Berathung. Der Berichterstatter der Lobn tommiffion erklärte, daß die Lohntommiffion im Prinzip für Abschaffung der Affordarbeit sei, daß fie aber in Rücksicht darauf, daß der Fachverein zur Beit noch nicht start genug sei, die Affordarbeit gegen den Willen der Brinzivale, die faft ohne Ausnahme und der Kollegen, die zu einem großen Theile noch der Altordarbeit den Vorzug geben, abschaffen zu fönnen, davon Abstand genommen, jest schon die Abschaffung ber Altordarbeit in Vorschlag zu bringen. Nachdem mehrere Redner fich im Sinne der Lohnlommission geäußert hatten, wurde in die Spezial- Distuffton eingetreten. Von den 32 Bo fitionen, die erledigt wurden, wurden die meisten ohne De batte angenommen, die anderen, zum Theil nach sehr lebhaften Cebatten, entweder abgeändert oder durch Busäße ergänzt. Die Erledigung der übrigen Bofitionen wurde auf die nächste Sigung vertagt.

Berantwortlicher Rebatteur R. Cronbeim in Berlin . Druck und Verlag von Mar Bading in Berlin SW., Beuthstraße 2

dieran eine Beilage.