ßtHnoen nur ein so jämmerliches Dasein alS daran, daß eS manchem Menschen nickt mebr will, in der Freiheit auch wie ein Sträfling zu führen. DaS ist sehr, sehr traurig, und eS mahnt rniS dringend, die Zustände ver- bessern zu helfen. Das kann aber nicht geschehen, wenn man wie das rheinische Blatt nur immer auf die vorhandenen Rohheiten hinweist, sondern es muß Hand angelegt werden, um dieselben zu beseitigen. Wie das geschehen kann, haben wir oft genug erklärt. Zum Branntwein« Monopol schreiben heute die offiziösen„Berl. Pol. Nachr.", indem fie Beschwerde über ab- fichtliche und unabfichtliche Entstellungen deS Planes der Re- gietung führen: Wenn man mehrfach die Produzenten von OualitätS» SpiriluS mit der Bchauptuna gegen das Branntwein-Monopol einzunehmen sucht, daß ihr Produkt mit dem Rohspirrtus über einen Kamm geschoren wcrdm solle, mithin ihre Konkurrenzfähig« keit beeinträchtiat werde, so entbehrt diese Behauptung jeglicher thatsächlichen Unterlage. Vielmehr dürfien die Preise fich genau nach dem Werthverbältniß der von dem Staate zu über- nehmenden Erzeugnisse abstufen, so daß auch die Produzenten qualitativ besserer Trinkstoffe dabei ihre Rechnung finden. — Das nämliche gilt von der Behauptung, daß daS Branntwein-Monopol die Hamburger, nach dem Zoll- anschluß nach dem Freibafengediet überzufiedelnde EpirituS- industrie gefährdet werde. Denn daS Monopol findet auf Zollausschlüsse keine Anwendung und berührt daher das Hamburger Freihafengebiet absolut nicht. Die für das- selbe in Aueficht genommene Industrie wird mithin durch das Monopol nicht im mindesten gehindert oder geschädigt. Im Gegenrheil erwächst ihr auS der Notbwendlgkeit, für den im Jnlande nicht verwendbaren Spiritus im Zollauslande Absatz zu suchm, die Möglichkeit, das Rohmaterial für den Veredlungsbetrieb auS Deutschland zu billigeren Preisen zu beziehen, als bisher auS dem Auslande.— Schließlich mag in Ergänzung unserer gestrigen Mittheilungen er- wähnt werden, daß in Norwegen der Verkauf und AuS> schont von Branntwein nur von bestimmten, staatlich in allen Städten genehmigten Branntweinverbänden(Brande- vinZsamlage) bewirkt werden darf. Diese vor einigen Iahren gesetzlich angeordnete Einrichtung umfaßt mit der am I.Januar 1886 ins Leben tretenden Ausdehnung auf Christiania das ganze Land. Ihr monopolartiger Charakter tritt noch beson- ders in der Bestimmung hervor, daß den betreffenden Gesell- schaften nur der Ertrag von 5 pCr. des Kapitals verbleibt, der Ueberschuß dagegen für öffentliche Zwecke, Erleichterung der Schul- und Gemeinvelasten jc., Verwendung findet. *.* Forst, im Dezember. Unsere Stadt ist in der„glücklichen" Lage, ein Organ zu befitzen, welches fich zu wirklichen Kraft- leistungen emporschwingt, wenn eS gilt, die Spießbürger vor den Forderungen der Arbeiter graulich zu machen.„Forster Tageblatt" nennt fich dieses Musterblättcken und stolz trägt eS das Motto:„Mit Unerschrockenheit für Deutschlands Einheit, für Recht und—„lokale" Wohlfahrt!" Die Redaltton, welche fich, wie mit dicker Schrift angekündigt wird, im Hinterhause eines RentierS befindet(jedenfalls um dort an diesem corpna delicti volkswirthschaftliche Studien zu machen) versteigt fich bei besonders feierlicher Gelegenheit sogar zu volkswirthschaftlichen Artikeln, welche Steine zu erweichen vermögen. Eine solche Leistung brachte auch die Nummer vom 20. Dezember, in der fich unter der Ueberschrift: „Träume— Schäume" ein Aufsatz befindet, welcher geeignet ist, bei jedem noch nicht ganz vecfimpelten Menschen ein homerisches Gelächter hervor- zurufen. DaS Geschreibsel handelt von dem Ztormalarbeitstag, den es als eine Ungeheuerlichkeit hinzustellen sucht und von dem es behauptet, daß nach dessen Einführung die ganze Welt (natürlich sammt dem„Förster Tageblatt") zu Grunde gehen müsse. Wir haben keine Veranlassung, den ganzen Blödfinn, wie er in dem Artikel enthalten ist, hier aufzuwärmen, einige Kraftstellen werden genügen, den Lesern der„Volksstimme" einen Begriff von der„Leistungsfähigkeit" besagter Redaktion zu geben. Es heißt da: „Ein sozialistischer Redner hat im Laufe der Debatten den von ihm geforderten Normalarbeitstag als das hingestellt, waS er in den Augen der Sozialdemokraten ist, nämlich als ein großer Schritt auf dem Wege zur Aufhebung deS Ergenthums. Die Arbeiter sollen dock nicht etwa glauben, daß das Haupt- ziel des Normalarbeitstages, also die Beschränkung der Ar« deilszeit auf eine ganz destimmte Anzahl von Stunden, mög- lichst bei fest destimmten Minimallohn, die Schonung ihrer Körperkräfte ist; er soll nur zu der großen Suppenschüssel des Em Dwjiihrszruh. Der langen dunkeln Nacht war die lange graue Dämmerung gkfolgt. Die Schatten hoben sich zögernd und langsam von der weiten Schneedecke, auf der sich nach und nach die Hütten der Verbannten wie schwarze Flecke von der Ebene abzuzeichnen begannen. Endlich verkündete auch im Osten ein heller Streif das Herannahen der Sonne; der Wiedirstrahl de» Morgenlichtcs fing an, in dem Schnee auf de» Dächern zu blitzen und sich in Hellem Glänze zu brechen, aber der Neujahrsmvrge« ist selbst für die Gefangenen in Sibirien ein Ruhetag, und trotz des nahenden TogeS bewegte fich nur hier und da eine einzelne in Pelze gehüllte Gestalt, welche die Trostlosigkeit und Oede des Dorfe« nur noch mehr hervortreten li-ß, zwischen den zerstreut liegenden Häusern. Au» einem derselben war ein Mann getreten, welcher der eisige» Kälte nicht achtend vor der Thür flehen geblieben war, und nach dem lichten Streif am Horizonte schaute. So weit e« der dicke Pelz, den er trug, erkennen ließ, war e» ein großer schlanker Mann, Mitte der Dreißiger, der»och nicht lange das Leben der Verbannte« theile« konnte, den« seine Gestalt war noch nicht gebückt und au« dem bleichen Geficht strahlten die Auae» klar und voll That» kraft. Er wußte nicht« von der hoffnungSlosin Entsagung, der er früher oder später vielleicht auch anheimfalle» sollte, und fühlte noch den Zauber deS NeujahrmorgenS, an dem er, wie alle die ander« freien Menschen, rn seinem Herzen an da« Schicksal die Frage stellte: Wa» wird da« deginnende Jahr bringen? Der Glückliche, er hatte nicht aufgehört zu hoffen, zu fühlen, zu denken; dem eintönigen Verbanvunq«- lebe« war eS noch nicht gelungen, ihn zur empfindungslose« Maschine umzuformen. Von der Fraae an die Zukunft gingen die Gedanken von Gregor Wasilitsch unwillkürlich zu der Vergangenheit über. Er entsann fich dunkel eines NeujahrSmorgen«, wo eine schöne junge Frau über sein Bettchen gebeugt, ihn mit dem NeujahrSgruße geweckt und wie er dann mit de« Te- schwlster» über die NeujahrSgeschenke gejubelt hatte. Jetzt war die junge F-au alt geworden, der Kummer und Gram hotten ihre Haare gebleicht und sie beweinte in weiter Ferne daS traurige Schicksal ihres Sohne», ia den fie so viele Hoffnungen gesetzt. Der zweite Neujahr« morgen, der ihm vor die Seele trat, fiel 10 Jahre später. Er war als angehender Osfisier auf Urlaub bei den Eltern gewesen, und diese hatten einen Ball am Sylvester gegeben, wie e« die hohe Stellung seines Vater« jverlangte. Kommunismus führen, aus der dann der ganze Staat löffeln wird. Denn, so wurde ausgeführt, durch den Normalarbeitstag muß auch die Produktionsmenge geregelt werden; daraus folgt Bestimmung deS Waaren preise«, und schli-ßlich ist dabei dem Ardeitgeber jede ftre Bestimmung über seine fieben Sachen entzogen. Das ist die wahre vedeutung dieses Plane«, und der Normalarbeitstag im sozialistischen Sinne ist also kein Arbeiterschutzmittel, sondem nur der Vorläufer deS krassesten Kommunismus. Der Arbeitgeber kann herausrücken, so fordern einfach die Sozialdemokraten, und dann gleiche Arbeitszeit, gleicher Lohn für alle Arbeiter. Ia, muß denn der, welcher so etwas dem Arbeiter»u unterbreiten wagt, nicht vor Scham roth werden? Wa» heißt denn das anderes, al«: Der fleißige und verständige Arbeiter und Bruder Thunichtgut und Nichtoerstand werden zusammen tn einen Tops geworfen, und Tu, Nummer Eins, quäle Dich, daß Dir die Haut von den Fingern gebt immerzu, wenn's Dir sonst Vergnügen macht! Aber mehr Geld als dein Neben- mann, der faul und schläfrig in den Tag hineintrodelt, darfst du nicht verdienen. Nun, da würde die fleißige Arbeit über- Haupt an Ansehen verlieren, und der Schwadroneur, den man jetzt zur Thür bin aus wirft, würde in Hohem Tone von der allgemeinen Voll«- und Ärbetterbeglückuna reden und fich als den Macher deS Ganzen hinstellen. Für ihn maa es behaglich sein, mit recht weitem Löffel in die allgemeine Suppenschüssel zu fahren, er wird fett und dick und von redlicher Ar- beit ist keine Rede. Mit einem Wort: der sozialdemokratische Normalarbeitstag vernichtet den guten alten Satz, jeder Ardeiter ist seines Lohnes wctth, und stellt an seine Stelle an den fleißigen Menschen die Aufforderung: Quäl dich, damit die Faullenzer nicht Hunger leiden. Zu einem solchen Gericht sogt man dcch wohl: Profit Mahlzeit.... Der sozialistische Normalarbeitstag mit seinen Folgen ist ein Traum, der fich nicht verwirklichen kann und, wenn auch erst spät vielleicht, endlich werden fich die rechtlichen Arbeiter davon doch überzeugen. WaS aber wohl zu billigen, das ist die Sicherung gegen übermäßige Heran- ziehung des Arbeiters zur Arbeit gegen reinen Willen. Im Allgemeinen können wir zur Ehre der deutschen Industrie wohl sagen, daß die Arbeitskraft der Einzelnen nicht bis aufS Blut ausgebeutet wird: im Gegen» theil, in sehr vielen Fällen verdanken die Arbeiter ihren Prinzi« palen bereits mehr alS die sozialistischen Wortführer ihnen jemals bringen können. Wir haben viele großartige Wohl- thätigkeitsernrichtungen zu Gunsten der Arberter, die von den Arbeitgebern in uneigennützigster Weise errichtet find." DaS„Forster Tageblatt" wird unS doch gewiß recht dankbar sein, daß wir dieses„Produft" weiteren Kreisen zu« gänglich machen. Eine emsthafte Erwiderung auf das öde Geschimpfe wäre freilich ein unnützes Beginnen, da die Leser der„Volksstimme" ficher den Vogel bereits an seiner Feder erkannt haben; dem Vogel selbst aber und seinem Anhange ist mit einer sachlichen Polemik doch nicht beizukommen. Und da» hat seine guten Gründe. Der Redattion des„Frst. Tgdl." ist nämlich die große Eupoenschüffel nicht unbekannt, aus welcher alle jene Leute„löffeln", die bei dieser Gelegenbeit gegen die notb- wendigsten Forderungen der Arbeiter mit der F-der oder mit Worten vorgehen. Diese Art„Helden" arbeiten fich freilich niemals die Haut von den Fingem, wohl aber ziehen fie fich jedesmal eine neue Haut über nach dem Grundsatze:„Wer mich bezahlt, der hat mich!" Ein solcher Schwadroneur wird natürlich dick und fett, denn seine„Arbeit", welche im Wesmt« lichen darin besteht, die Wahrheit auf den Kopf zu stellen, ist recht einträglich. Die redliche Arbeit kann freilich mit Leuten dieses Schlags nicht konkurriren und so befitzen diesel- den noch obenein die Stim, jeden für einen Faullenzer zu er- klären, der lieber darbt, als daß er fich zu einer solchen Hand- lungsweise benutzen läßt.— Nachgerade weiß selbst der dümmste Schafhirt, daß der Normalarbeitstag keine spezifisch sozialdemo- kratische Forderung ist, er wird auch von jenen Arbeitern und Handwerkern verlangt, welche sich nicht zu den Sozial« demokraten rechnen. Ringsum, auf dem ganzen Erdenrund, soweit die Zivilisation vorgedrungen ist, erstredr das arbeitende Volk eine kürzere oder eine gesetzlich geregelte Arbeitszeit und verschiedene gefetzgebende Körperschaften haben dem Verlangen bereits nachgeben müssen. Der Normalarbeitstag wird viel mit dazu beitragen, daß der Fleißige, welcher heute oft bei allem Fleiß noch nicht einmal Arbeit finden kann, Beschäfti- gung und zwar auch lohnende erhält, kein vernünftiger Mensch wird verlangen, daß er für den Nichtsthuer mit arbeiten soll, wie das leider— jetzt so oft der Fall ist.— Besonders hervorzuheben ist der in dem Artikel gespertt gedruckte Satz: „Was aber wohl zu billigen, das ist die Sicherung gegen Grade als er mit einem junge« Mädchen, halb Kind noch, zu einem Tanz antreten wollte, wurde verlündet, Mitternacht fei nahe. Alle« stand erwartungsvoll und al« die 12 Schläge verklungen waren, blickte die kleine Wera lachend zu ihm auft und sprach ihm den Neujahrsgruß au«, noch ehe er Zeit gehabt hatte, ihr denselben zu sazea. Darauf waren wieder Jahre vergangen. Gregor Wasilitsch hatte Gelegenheit sich auszuzeichnen, war von Grad zu Grad gestiegen, und kehrte nach langer Abwesenheit nach St. Petersburg zurück. Mit glänzerden Aussichien, jung und reich wie er war, lachte ihm da» Leben in jeder Hinsicht und er stürzte sich mit voller Lust in den Strudel, um nach den lange« ArbF-Sjahren mir vollen Züge» die Freude» der Gesell'chast zu genießen. Bei einem der Feste, wie sie nur St. Peteisburg kennt, wo Pracht und Luxu» alle» bieten, was die Phantasie zu erdenken im Stande ist, war er in eine« der zu einem Garten umgewandelte», ent- fernter liegenden Zimmern getreten, um einen Augenblick frische Luft zu schöpfen, und fand dort Wera allein, tief in dem Schatten der Zweige sitzend. Das war aber nicht mehr seine kleine lachende Tänzerin von früher, e« war auch nicht die von Frohsinn übersprudelnde Fürsteutochter, wie er fie eben noch in der Gesellschaft gesehen hatte, vor deren Schön- heit er sich, wie die ganze Petersburger Welt, beugte: es war eine ernste, ia tiefe« Sinnen versunkene Frau, die mit einem ihm völlig fremde« Auidruck der Entschlossen hiit in den Zügen emporschreckte als er eintrat. Betroffen hatte er versuchen wolle«, durch einen Schrrz die Schatten au« ihrem Gesicht zu verscheuchen, al« sie ihm rasch ent- gegen trat. Gregor Wasilitsch entsann sich deutlich, fie hatte ein blaue« mit Silbersternen übersäteS Kleid gelrage», daß sich weich an ihre biegsame Gestalt anschmiegte, und e« war ihm alt sähe er wieder da« Blitzen der Sterne vor sich und al« höre er das Rauschen der Seide. Sie hatte vor ihm gestanden, um eine Antwort verlegen, die kleinen Häude krampfhaft um den Fächer gespannt und ihre blaue» Augen dunkel gefärbt vor innerer Erregung. Dann, nach einem tieien Athemzuge ihn voll anblickend, hatte sie endlich geantwortet:„Dort lacht und tanzt man und Hunderttausende leiden." Ihre Siimme klang weich und bebend und Gregor Wasilitsch hatte sie nie so schön gesehen. AIS sie ihn nach dem AuSzang zu drängte und angstvoll bat, sie allein zu laffe», wurde ihm der ganze Sinn ibrer Worte klar. Der Gegensatz zwischen dem Petersburger Glänze und dem Elend des Volkes t at zum ersten Mal nackt vor ihn hin, und er wußte, daß jeder Lauscher der Berarhung fernbleiben mußte, übermäßige Heranziehung des Arbeiter« zur Arst gegen seinen Willen!" Und gleich hinterher wird gesogt, im Allgemein« sei daS auch gar nickt der Fall. Daraus folgt, daß es im K sonderen also doch Thatsache ist, und natürlich in weit größer« Umfange, als es zugegeben wird. Der Schreiber hat jedfl falls kaum eine Ahnung davon, waS übermäßige Anstrengm ist und wo dieselbe beginnt, wie mag er fich aber wohl> Sicherung der Arbeiter gegen übermäßige Ausnutzt denken, wenn die Gesetzgebung leinen bestimmten ArbeitSt- vorschreiben soll? Glaubt der gute Mann etwa, der Hc Fabrikant oder Gutsbesitzer werde aus freien Stücken einer de artigen Sicherung zustimmen? Da muß er seine Pappenheim doch besser kennen. Selbst wenn es der Einzelne thun möÄ so kann er es nicht, weil er mit der Konkurrenz zu rechnen he Und wie würde es sein, wenn fich der Ard-rter in spät Stunde oder Sonntags weigern würde, zu arbeiten? Er würt einfach entlassen oder doch gemaßregelt werden. Es bleibt af AlleS Humbug, wenn die Gesetzgebung nicht eingreift nnd d> Normalarbeitstag sowie ein Ardeiterschutzgesetz schafft. F eil« würde dann nach einem solchen Unstnn, wie ihn daS„Forst Tageblatt" enthält, kein Verlangen mehr fein, und solche Artike schreiber müßten dann eine nützliche Arbeit verrichten, wenn s nicht umkommen wollten. Aber das wäre eine große Wohlth für fie und die gesammte Gesellschaft. *** Frankreich . Am Montag hat die französtsche Republik ihrem bisherig« Präfidenten auf weitere fieben Jahre das Mandat erneuei welches ihm am 30. Januar 1879 übertragen war. Mit 4- von 589 Stimmen wurde Jules Grevy wiedergewählt. Ei« erdrückende Mehrheit scheint dies auf den ersten Blick zu sei> Aber bei geuauerem Zusehen macht man die Entdeckung, d« wenig mehr als die Hälfte der offiziellen Vertreter deS franzl fischen Volkes Grevy ihre Stimme gegeben hat. Die Dep« tirtenkummer zählt, wenn alle Mandate besetzt find, 586, t» Senat 300 Mitglieder. Hätten alle ihr Wahlrecht ausüb« wollen oder können, so würde die geringe Majorität— n« nicht 30 Stimmen über die Hälfte— gar auffällig in d Augen gesprungen sein. So aber enthielt fich die Rechte d« Abstimmung, indem fie gegen die Nationalversammlung al als eine unvollständige prolestrrte. Da über 300000 Wähl« darin keine Mandatare und 22 Erwählte der Nation durch d Annullirung der Deputirtenwahlen von Korstka, Lozere, Ardcä und Landes von ihren Eitzen vettrieben seien. Der Prote wird nun freilich nicht weiter beachtet werden und eS läßt fi mit Sicherheit annehmen, daß Herr Grevy auch gewählt mff den wäre, wenn jene 22 Abgeordneten zur Stelle waren. B« zum 30. Januar 1893 wird Herr Julei Grevy somit weit« Präfident der französtschen Republik sein, wenn ihn nickt voi her besondere Ereignisse abberufen. Die deutschen Offiziöse drücken ihre Befriedigung über die Wiederwahl Grevy's aui weil kaum anzunehmen sei, daß er jemals einem Revanche kriege seine Zustimmung geben werde. — Der Pariser Gemeinderath ist, wie verlautet, von Arbeiter bestürmt, welche fich darüber beklagen, daß es ihnen nicht g« lingt, bei der städtischen Kehrmannschaft eingestellt zu werde» Der Berichterstatter für das Straßenwesen, Santon, beantrag daher, der Gemeinderath möge beschließen, daß höchstens e» Zehntel Ausländer bei der Straßenreinignng eingestellt werde« dürfe. Nach dem amtlichen Ausweis besteht das Kehrperjon» aus 3464 Personen, darunter viele Frauen und Halberwachsene 981 dieser Personen find Ausländer, wovon 670 Italicner un! 281 Deutsche; die übrigen gehören verschiedenen Ländern a» Die 179 reichSangehörigen Elsaß Lothringer werden nicht de« Ausländern zugerechnet, sondern besonders aufgeführt. D» „France " verlangt nun, daß tn Anbetracht des Nolhstantei alle im Kehrpersonal befindlichen Ausländer einfach über � Grenze gewiesen werden. 1870 waren die Deutschen weit zahl reicher bei der Pariser Etraßenreinigung beschäftigt. Äei! stammten fie aus der alten Landgrafschaft Heffen-Darmstad und nicht wenige waren bloS deshalb zeitweilig nach Pari ausgewandert, um heirathen zu können. Mit der neuere' deutschen Gesetzgebung find die Hindemisse weggefallen, mi denen die Eheschließung in jenen Landestheilen umgeben wa' Uedrigens ist kaum anzunehmen, daß die Hetzereien der„France Anklang finden könnten. Kommunales. Gegen die Wahl deS Herrn Vortmann zum Stadl verordneten ist, wie bereits gemeldet, eine Reklamation erhob«' worden, über welche die Stadtverordneten- Versammlung» die in dem enilegenen Gartenzimmer gehalten werden sollii Bei seiner Rückkehr zur Gesellschaft empfing man ihn jubeln! mir dem NeujahrSgruße; ein neuer Zeitabschnitt hatte ft Rußland begonnen. Schwere innere und äußere Kämpfe waren für ih» dieser Nacht gefolgt; dieselbe hatte sein Schicksal entschi» den, das mit der Verbannung abschloß. Drei Jahre war er ia Haft gehalten worden, und sei zwei Jahren in Sibirien ; se.ldem hatte er nicht» mehr vo> der Welt gehört. Was war aus allen andern geworden Lebte Wera»och, war sie frei, oder vielleicht im Auslände« Er wußte nur, daß sie alleslaufgeboten hatte, ih» zu b« freien. Und feine Kameraden? Gestern war wieder ei> Tmpp Gefangener angekommen, e« konnte» Freunde darunld sein, oder vielleicht konnte er irgend eine Nachricht erhalte» die nicht nach so viel Jahren zählte, wie die letzte, die empfangen. Gregor Wasilitsch blickte immer«och über daS Schutt' feld hin nach dem hellen Streifen am Himmel, der kau» merklich breiter und glänzender geworden war, seit er vo« seine Hüt e hinaus trat. Wie wenig Minuten genügen, ei» ganzes Leben wieder zu durchleben. Das Schloß seine« BaterS, die Soldatenjahre, die Petersburger Gesellschaft seine Arbeit mit den Nihilisten und Wera, alles hatte st lebhast vor seinem Geiste gestanden, als wäre eS wieW Wirklichkeit geworden. Und jetzt---! Er ball» unwillkürlich die Hände. Und jetzt— sollte sei» Lebe» ab geschloffen sein, er sollte begraben sein in Schnee und Eil für immer, lebendig todt sein. Et rang sich ein Laut aui seiner Brust, halb ein Schrei, halb ein Lachen der Ve» zweiflung. Da sprach Jemand hinter ihm den NeujahrSgruß.& war eine weiche, sanfte Stimme, sie war ihm fremd rnff doch so bekannt, so lieb; er Hütte schon einmal diesen de denden Ton gehört und nie wieder vergessen können. Wa> sein Traum Wahrheit geworden? Er fühlte wie sein Her, stille st/ind vor freudigem Schrecken und wieder so heftif schlug, daß er es zu hören meinte; er wagte nicht, sich un» zuwenden au» Furcht, er könne sich getäuscht haben. Do«! eine kleine zarte Hand legte sich auf seinen Arm und di> Stimme sag'e wiever: Gregor Wasilitsch. Der erste Sonnensttahl zitterte über die Schneeflächl dahin, brach fich in tausend buntrlänzenden Krystallen um überfluthete e n Menschenpaar, dessen Herzen warm««' glücklich schlugen, trotz deS starren WinterstosteS um fie he» Er brachte ihren enen Neujahijgruß, der nachklingen soll« für ihr ganzes Leben. S. S. S.
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