Handeln empfing der Verstorbene, wle er in seiner Broschüre:„NeueS und Altes" selbst erzählt, von dem tzaupimann von Restorff und der von vielem gearün- Veten Schaar, die fich nach dem„Tage aller Deutschen ' die „Achtzehnte Oktober-Schaar" nannte. Gymnastik, Marsch- Übungen und Freiheitslieder wechselten in dieser munteren Ver- einigung und dienten dazu, Geist und Körper der jungen Leute für die späteren Kämpfe deS Leben? heranzubilden. Später ging Demmler behufs seiner Ausbildung nach Berlin , wo er die Bau- und Kunstakademie besuchte und zugleich Mit- glied der Burschenschaft wurde. Um Letzteres zu ermöglichen, ließ fich der lLjähnge Jüngling an der Berliner Univerfität immatrikuliren, wobei er verschweigen mußte, daß er bereits einer anderen Bildungsanstalt angehöre, weil dieS nach dem UniverfitätSstatut nicht zuläsfig war.„Daß ick— so erzählte er später auf dem Wartburgfest der deutschen Burschenschaften vom 17.— 19. Oktober 1867— beharrlich alle Hindernisse über- wunden habe, gereicht mir noch heute zur großen inneren Beftiedi- Sung; denn die Grundsätze, welche ich in der damaligen burschen- hastlichen Verbrüoerung kennen lernte und die ich tief in mein Herz einprägte, die idealen Ziele, denen wir nachstrebten, haben mich durch mein ganzes Leben begleitet und haben mir stets einen ficheren Halt gewährt." Im Jahre 1845 wurde Demmler in den Bürgerausschuß der Stadt Schwerin gewählt, in welchem er eine reiche Thätig- keit entfaltete und wo er eS war, der diese berufene Vertretung der hauptstädtischen Bürger-chatt in ihrem mannhaften Vor. gehen in den mecklenburgischen Vcrfaffungskämpfen führte. Johannis 1851 erfolgte die Entlassung Temmlers auS dem mecklenburgischen Staatsdienst und zwar— ohne Pension. Für den unabhängigen Rechtsfinn des seines WertheS bewußten BaumeistklS war kein Platz mehr unter der zur Bedientenschaar herabgewürdigten Beamtenschaft Mecklenburgs in den fünfziger Jahren. Demmler selbst sagt von seiner Entlassung:„Bittrer Trank hat oft dem Leidenden Hilfe gespendet. Die Wahrheit dieses altrömischen Spruches sollte ich auch an mir erfahren. Ich war nun weiteren staatiräthlichen Hudeleien und Jmperti« nenzen glücklich entgangen, erlöst von dem Alp einer Dienst- Pragmatik, welche darauf ausging, auS Menschen Maschinen zu machen." DeS Zwanges los und ledig bereiste D. nun England, Frankreich , Italien und die Schweiz , wo er Verbindungen mit der damals außerordentlich zahlreichen Emigration des 43tr JahreS anknüpfte. Nach seiner im Jahre 1857 erfolgten Rückkehr nach Schwerin wählte ihn die Bürgerschaft sofort wieder in den Bürger-Ausschuß, wo der Gewählte im Jahre 1860 dmch einen von ihm eingebrachten, auf die Verfaffungsfrage bezüglichen Antrag den Anlaß gab, daß das Ministerium von Oertzen dem Bürger-Ausschuß bei einer Strafe von 100 Tblr. für den Vorsitzenden und den Antragsteller, und 10—25 Thlr. für jedes Bürger- Ausschuß. Mitglied jede nicht vom Magistrat veranlaßte Verhandlung allgemeiner politischer und Lande?« VerfaffungSangelegenheiten untersagte. Je mehr nun nach dem 66er und 70<'-r Ereignissen die alten politischen Freunde Temmlers den neuen Götzen Rech- nung trugen und ihren alten Grundsätzen Valct sagten, um so zäher hing er an seinen Idealen. Der nach dem Kriege von 1870-71 mächtig aufstrebendey Arbeiterbewegung schloß er fich mit vollem Herzen an und bei den ReichstagSwahlen 1874 bewarb er fich bereits in Altenburg und Eßlingen alS Kandidat der sozialdemokratischen Partei um ein Mandat. In Schwerin selbst trat er in Wort und Schrift für den Arbetterkandidaten Finn in die Schranken. Daß ihm dieses mannhaste Eintreten für die Arbeitersache die bittere Feindschaft seiner bisherigen liberalen Freunde eintrug, ist selbstverständlich. AuS jener Zeit stammt auch daS Märchen. daß Dimmler seine sozialdemokratischen Phantastereien in den Thurmknopf des Schlosses hinein geschmuggelt haben sollte, welche später aber wieder heraus genommen wurden. Wahr ist an dieser weit verbreiteten Mähr nur, daß auf daS Drängen übereifriger Hofschranzen hin, welche glaubten, auS den von Demmler im Thurmknopf niedergelegten Dokumenten einen Strick gegen diesen drehen zu können, ein äußerst kostspieliges Gerüst wieder um den Thurm gelegt und die Kapsel thatsächlich geöffnet wurde. Da dieselbe aber durchaus nichts„Hoch- verrälheriichei" enthielt, so mußten die Feinde Demmler's mit langer Nase abziehen und das Geld für daS Gerüst war zum Fenster hinaus geworfen._.. Die Wahlen von 1877 brachten Temmler in den RerchS- tag. Der 13. sächsische Wahlkleis, der 1874 bereits Jacodi gewählt hatte und heute durch Viereck vertreten ist, sandte nun Temmler nach Berlin . Nach der, in Folge der Attentate, 1878 erfolgten Auflösung lehnte Demmler eine weitere Kandidatur ab. Die Hetzereien, welche damals gang und gäbe waren, brachten es auch fertig, daß verächtliche Buden wiederholt die großen Fensterscheiben deS Demmler'schen Wohnhauses zum Objekt ihrer Kraftübungen machten. Die namenlose Rohheit, ausgeübt gegen den Mann, der fich um die Landeshauptstadt und daS mecklenburgische Gemeinwesen verdient gemacht hat, wie selten einer, betrübte den 74 jährigen GreiS auf's Tiefste mich kurz darauf in sei« Kabivei rief, seine ungewöhnliche Aufregung auf. Er gab mir eine Flasche und befahl mir, sie im Park niederzulegen, nachdem ich ihren Inhalt vorder ausgegossen habe. Aber es war nicht dieselbe Flasche, die ich ihm gegeben hatte, daS erkannte ich sofort- dies? Flasche trug die Aufschrift: ApollinariS-Brunnen. Doppeltkohlen- saure Füllung. Ich goß die Flasche auS und legte sie in meinen Koffer, sie muß noch dort liegen. Rabe ritt gleich darauf fort und kehrte erst am nächsten Morgen heim." Voll fieberhafter Erwartung ruhte Siegfrieds Blick auf dem blassen Gesicht de« Kammerdieners. .Und das Alles könnnen Sie beschwören?" fragte er. „Ich kann es!" .Die Verschiedenheit der Flaschen—" .Mit jedem Eide will ich drese Aussage bekräftigen!" „Rabe wird sie bestreiten!" .DaS läßt sich erwarten." „Und wie erklären Sie sich die Sache?" „Der alte Georg war in Bezug auf seine« selbst fabri- »irten Kirschsaft ein höchst eigenthümlicher und mißtrauischer Kauz. Niemand erfuhr, wo seine Vorrathskammer war, wir wußten nur, daß er jeden Abend ein kleines Gläschen davon trank, und daß die angebrochene Flasche in einer ver« schlossenen Kiste unter dem Bette lag" „In dem damaligen Verhör behaupteten St«, Georg sei ein Trunkenbold gewesen." „Rabe hatte mir zu dieser Aussage gerathen, er mernte, man werde daria eine« genügende» Grund für den Selbst- mord finden. Es ließ sich mit Sicherheit erwarte«, daß G-org trotz seines Aergers seiner alten Gewohnheit nicht untreu wurde. Die Kiste war gewaltsam erbrochen, das Schloß verletzt, er konnte also die Flasche nicht mehr ver- schließen. Darauf hatte Rabe seinen Plan gebaut. Die von mir erhaltene und inzwischen präparirte Flasche trug er in die Wohnung des Gärtner«, er tauschte dort die beiden Flasche» um, und Georg schöpfte am Abend keine» Ver- dacht, als er fich den üblichen Schlaftrunk einschenkte. Da« Alles stand bei mir sofort fest, als ich erfuhr, daß die Leiche de« alten Manne« gesunde» worden war, und hätte Rabe meiner Anklage mit Gegenbeweisen entgegentreten und reiste in ihm dm Entschluß, vom öffentlichen Leben fich zurück zu ziehen. Nicht wenig hat zu diesem Entschluß der Umstand beigetragen, daß dem in seinem eigenen Heim bedrohten und gefährdeten Manne der verlangte Schutz der bürget lichen Behörden nicht gewährt wuide. Ar- bester waren es, die schließlich dem Skandal dadurch ein Ende machtm, daß sie freiwillig Wachtposten aufstellten, welche Demmlers HauS während ver Nächte bewachten. Die Lotter- duben, welche vorher ihren Muth an den Spiegelscheiben kühlten, verschwanden, als kräftige Arbeiter, Wache haltend, vor dem Hause fich aufstellten. Mit dem Zurücktreten vom öffentlichen Leben gab aber der Verstordme sein Interesse für die öffmtlichen Angelegenheitm keineswegs auf. Er verfolgte nach wie vor mit der ihm eigenm geistigen Frische alle Vorgänge im öffentlichen Lebm und un- erschütterlrch, treu und fest stand er nach wie vor zur Sache des arbeitenden und werkthätigen Volkes. Und daß dies nicht eine Art aufregender Sport für ihn war— wie ja die Beschäftigung mit radikaler Politik für den ökonomisch Unabhängigen gelegentlich wohl einmal sein mag— das hat er durch die erheblichen materiellen Opfer bewiesen, die er noch fortwährend in der Unterstützung verfolgter und finanziell ruinirter Gesinnungsgenossen zu bringen pflegte. Bei ihm war die Politik niemals Phrase; er dewährte seine Ueberzcugung stets durch die Praxi«. Noch wenige Tage vor seinem Tode h tt « Schreiber dieser Zeilen Gelegenheit, mit dem nunmehr Dahingeschiedenen fich zu unterhalten und welches Interesse bekundete derselbe da noch für alle Vorgänge im deutschen Reichstage! Den Arbeiter» schutzgesetzentwurf, die Monopolfraae, den Nord-Ostseekanal — Alles zog er in den Kreis der Unterhaltung, und wer hätte angesichts dieser geistigen und verhältnißmäßig auch körperlichen Frrsche daran gedacht, daß die Auflösung so nahe bevorstehe? Der unerbittliche Tod hat hier ein reiches Leben zum Ab- schluß gebracht. In dem Dahingeschiedenen hat einer der Besten aus unserer Mitte Abschied genommen. Ehre seinem An- denken! Politische Ueberstcht. Der, ReichS-Anzeiger" macht bekannt, daß in Gemäß- heit des Artikels 51 der VerfaffungS-Urkunde vom 31. Januar 1850 auf Antrag des StaatsmtnisteriumS die beiden Häuser des Landtags, das Herrenhaus und das Abgeordnetenhaus, auf den 14. Januar d. I. zusammenbcrufen werden. Daß eive Regelung der Produktion nothwendig ist, steht man jetzt auch m jenen Kreisen ein, wo sonst nur erbitterte Gegner einer solchen zu finden waren. Freilich find diese Leute auch heute noch Gegner einer staatlichen Regelung und schon der Gedanke hieran ist ihnen ein Dorn im Auge. In Bochum fand vor Kurzem eine Generalversammlung deS Vereins der bergbaulichen Interessenten statt, welche, wie die „Dortmunder Zeitung" meldet, den Antrag deS Vorstandes, betreffend den Abschluß einer neuen Förderkonvention vom Januar 1887 bis zum Januar 1892 annahmen. Maßgebend hierbei wird die Förderung von 1886 sein. Auf eine Ueberschrei- tung ist die Strafe von 5 M. pro Tonne, auf eine Mindestsörderung eine Prämie von ebenfalls 5 M. gesetzt. Einzelheiten der Konventton hat der Vorstand zu bestimmen- der Vertrag zum Abschlüsse derselben ist einer außerordentlichen Versammlung vorzulegen.— Die Herren Gruben besttzer wollen sich also gegen- seitig einigen, damit nicht zu viel Kohlen produzirt werden und der Preis für dieselben nicht noch mehr finkt. Für das Publikum hat eine solche Koalition übrigens keinen Vor- theil, denn ste erstrebt ja bei Lichte besehen nur Monopol- preise. Aber auch die Herren Grubenbesitzer dürften ihre Rechnung kaum finden, denn sobald die Geschäfte ein dikchen besser geben, wird die Verabredung von den einzelnen Gruben- befitzern durchbrochen, wie wir das in England bereits wiederholt gesehen haben. Eine geordnete Regelung der Produktion ist so eben einfach unmöglich. Meerane , 29. Dezember. Heute, an einem trüben, rauhen Wintermorgen, fand hier das B e g r ä b n i ß des Restaurateurs und Stadtverordneten Johann Ebner statt. Ein impo- sanier Zug Leidtragender mit einem überaus reichen und stnni- gen Blumenschmuck, darunter vier Lorbeerkränze mit rothen Schleifen, bewegte fich vom Trauerhause in der Mühlgasse nach dem neuen Friedhof, um dem Verblichenen die letzte Ehre zu geben. Eine starke polizeiliche Eskorte folgte und sorgte, daß der Verstorbene ganz nach seinem Willen, früh in aller Stille, beerdigt wurde. Die Kränze, Palmenzweige, Blumenberge und dergl. mehr mußten still, ohne Widmungsworte, am Grabe niedergelegt werden. Kein Grabgeläute tönte, kein Priester sprach den Segen, denn der Entschlafene war Disfident, aber geehrt und geachtet als ein ehrlicher, offener Charafter, der im Leben muthig mit Hand ans Werk legte, wenn es galt, des Fortschritts Speichen Bahn zu schaffen. Es war einer von der alten Garde der Volkspartei, aber die Sozialdemokraten zählten ihn in ihren Reihen. Der Mustkdirettor, Herr Stolle, legte darauf auch Namens der hiesigen Sozialdemokraten einen Lorbeer- kränz nieder, desgleichen eine Deputation der Krimmitschauer. können, so würde er mir nicht die bedeutende Summe ver- sprachen haben." „Eine Hauptfrage bleibt noch zu beantworten: Woher «ahm Rabe da« Gift?" fuhr der Assessor fort. „Wenn Sie im Schlosse der Generalin die Rümpel « kammer durchsuchen, so werde« Sie dort in einem allen Schranke einen vollständigen chemischen Apparat finden, mit dem Herr Rabe oft in seinem Arbeitszimmer experimentirt ha». Er that das in der Regel zur Nachtzeit, wenn er, wie er sagte, nicht schlafen konnte. Einmal überraschte ich ihn am helle» Morgen vor seinem Apparat, er hatte die ganze Nacht experimentirt, da« Bett war unberührt. Ich erinnere mich»och, daß eS stark nach bitteren Mandeln roch, und daß ich den ganzen Tag an furchtbarem Kopfweh litt. Später, als mein Herr ausgegangen war, fand ich auf seinem Schreibtisch ein Buch über Blutlaugensatz und Blau- säure, und am nächsten Tage krepirie ein; unserer Katzen, die augenscheinlich vergiftet worden war." Siegftied hatte die Lippen fest auf einander gepreßt, er mußte sich immer wieder der Bitte Arabella's erinnern, und jetzt ärgerte eS ihn, daß diese furchtbare Anklage gegen Rabe erhoben wurde. „Sie hätten alle diese Auifazea im ersten Verhör machen müssen," sagte er mit herbem Vorwurf.„Dachten Sie denn nicht daran, daß Sie durch Ihr Schweigen sich zum Mftschulvigen des Mörders machten? Sie ließen stch bestechen—" „Nein, ich habe daran nicht gedacht," fiel der Kam- merdiener ihm in'« Wort,„ich dachte nur an meine eigene Zukunft, die Rabe mir sicher zu stellen versprochen hatte." „Sie hätten voraussehen können, daß er dies-S Ver- sprechen nicht halten würde," erwiderte Siegfried,„deshalb wäre es besser gewesen, sofort mit der Wahrheit herauSzu- rücken! Sie wissen nicht, was die Papiere des GärwerS enthielten?" „Nein, sie waren in einem verschlossenen Kistche», welches Rabe selbst erbrochen hat. WaS sie enthielten und worauf sie sich bezogen, darüber kann ich nur in Vermu - thungen mich ergehen." Der Reichs- und Landtags- Abgeordnete Herr Stolle aus Gesau that dasselbe Namens der sozialdemokratischen Fraktion des deutschen Reichstags und ebenso waren Kränze mit finn- reichen Devisen von der Bebel'schen Familie, von den hiefigen Dissidenten, vom Gesangverein u. s. w. gewidmet. Der Wirths- verein hatte das Grab mit grünem Reifig ausschlagen lassen, das Stadtverordneten-Kollegmm, welchem Ebner volle fünfzehn Jahre ohne Unterbrechung angehörte, ehrte sein langjähriges thäiiges Mitglied durch Zusendung eines Palmenzeiges. Aber allgemein aufgefallen ist es, daß der Rath und die Stadtver- ordneten nur spärlich im Leichenzug vertreten waren und die Verdienste des dahingeschiedenen Kollegen diesmal nicht höher würdigten. Um so mehr ist dies von seinen Partei- und Ge- finnungsgenossen geschehen und desto mahnender klangen an die Ohren der Umstehenden die schwachen Worte, welche die schwergeprüfte Wittwe, Frau Ebner, ihrem Gatten ins Grab nachrief:„Du warst nicht nur ein Vater für Deine Familie, Du hast in gleicher Weise für die ganze Stadt gewirtt." In diesen wenigen einfachen Worten liegt der Sinn einer ganzen langen Rede. Ebner war gebürtig aus Bayern , seine alte 92jährige Mutter, die bei ihm wohnte, half ihm die Augen zudrücken. Er stand erst im 63. Lebensjahre und litt an einem chronischen Uebel. Eine 14 Tage vor seinem Tode vor- genommene Operation konnte ihn nicht mehr retten. Friede seiner Asche. Ehre seinem Andenken. An das zehnjährige Bestehe« der deutsche« Münz- gesetzgebung erinnert die„Nordd. Allg. Ztg." mit folgenden Worten: Neben dem großen Jubiläum der letzten Tage ist noch ein kleineres, fast ohne daß von demselben Notiz genvm- wen wäre, vorübergegangen. Am 1. Jannar waren eS zehn Jahre, seit die neue veutsche Münzgesetzgebung für ganz Deutschland in volle Wirksamkeit getreten war. Der Umstand, daß kaum Jemand dieses Erinnerungstages Erwähnung gethan, zeigt wohl am besten, wie tief wir uns in die neuen Münz- Verhältnisse hineingelebt haben, und wie gering die Neigung sein dürfte, zu der früheren Vielgestaltigkeit mit ihren mannig- fachen Arten von Groschen, Kreuzern, Batzen, Schillingen w. zurückzukehren. Wie streng eS mit den AuSweifnnge« genommen wird, und wie groß die Furcht derer ist, welche davon betroffen werden können, erhellt aus der Thatsache, daß ein westpreußi- scher Landrath unterm 21. v. M. eine Bekanntmachung ver- öffentlicht hat, demgemäß ein dort ansässiger„russischer Unter- than" fich mit seiner Frau und fünf Kindern auS seinem bis- herigen Wohnorte„heimlich entfernt und dadurch der Ausweisung nach Rußland entzogen hat." Die Ottspolizei« behörden sollen auf den Gesuchten fahnden. Z« der badtschen zweiten Kammer und voraussichtlich auch in anderen süddeutschen Kammern werden in den nächsten Tagen die Regierungen über ihre Stellung zum Branntwein- Monopol interpellirt werden. Die Angelegenheit wird sonach, bevor sie die gesetzgebenden Körperschaften des Reiches be- schäftigt, einer parlamentarischen Verhandlung in den Volks- Vertretungen von Einzelstaate» unterzogen werden. Wie»an auS Manila mittheilt, ist in dem dortigen Amtsblatte ein königliches(spanisches) Dekret vom 25. Juli v. I., betreffend das Budget der Philippinen für daS Etats- jähr 1885—86, veröffentlicht worden, durch welches im Artikel 5 alle von außerhalb eingeführten Spirituosen, Konserven und sonstigen präservirten Nahrungsmittel mit einer Verbrauchs- fteuer belegt werden. Auch deutsche Artikel werden durch die neuen Steuern getroffen, nämlich Bier und die aus Hamburg eingeführten Liqueure. Frankfurt a. M., 4. Januar. Die Frankfurter Fried- bofSaffäre vom 22. Juli wird demnächst auch vor dem Berliner Landgericht zur Verhandlung kommen und zwar als Preß- prozeß gegen den Redakteur der„Demokratischen Blätter". Derselbe soll in einem Artikel, betitelt„Die Schmach von Frankfurt ", Beamte des hiefigen Polizeipräfidiums beleidigt haben.(Franks. Ztg.) Oesterreich-Ungarn . Der Wiener Arbeiter-Sängerbund hielt vor einigen Tagen in den Stadtgutsälen eine Sylvesterfeier ab, bei welcher das erste Kapitel des Heine'schen Wintermärchen«„Deutschland " in Walzerform für Männerchor und Klavier zur Aufführung gelangte. Die Zensur hatte mehrere Stellen deS Heine'schen Gedichtes deanstandet und deren Vortrag verbotm. In der Strophe: Sie sang das alte Entsagungslied, Das Eiapopeia vom Himmel, Womit man einlullt, wenn eS greint, DaS Volk, den großen Lümmel— waten die gesperrten Worte gestrichen. Desgleichen die Verse: Den Himmel überlassen wir Den Engeln und den Spatzen. Endlich war gestrichen worden: Und fehlt der Pfaffensegen dabei, Die Ehe wird gillig nicht minder! Da aber die den gestrichenen Tertstellen entsprechenden musikalischen Passagen nicht gleichfalls aus dem Zusammen- hange der Melodien gestrichen wurden und die Sänger eben- „Er hat nie eine Aeuß:ru»g darüber fallen lassen?" „Nie, er war darin zu vorsichtig." „Wir nehmen nun das vorhin unterbrochene Verhör wieder auf," sagte Siegsried, indem er seinem Aktuar einen Wink gab.„Haben Sie schon früher einmal, vielleicht im Austrage Rabe's, den Antiquar Hochmuih besucht?" „Nein," erwiderte Joseph, dessen Stirne fich wieder finster umwölkte,„ich war vorgestern Abend zum ersten Male in dem Hause." „Sie haben auch, als Sie es verließen, auf der Straße nicht« Verdächtiges bemerkt?" „Nein." „Wollen Sie mir den Anzug beschreibe», den Sie an dem Abend trugen?" „Es war derselbe, de» ich heute trage." „Die Lampe ist also schon umgefallen, al» Sie sich noch in dem Zimmer befanden?" „Ich kann nur wiederholen, daß ich nicht weiß, wie e« gekommen ist, aber ich glaube, daß der Antiquar an de» Tisch gestoßen hat, als er vor mir zurückwich." „Und Sie wolle» ihm nur einen Faustschlag gegebe» und dann das Haus sofort verlassen haben?" „Dabei bleibe ich!" „Haben Sre mir nichts mehr zu sagen?" „WaS sollte ich Ihnen noch sagen, Herr Assessor?" „Vielleicht erinnern Sie sich, wo die Werthpapiere und das Geld gefunden werden können/ „Herr Assessor, wen« ich das wüßte, würde ich es nicht vergessen haben," sagte der Kammerdiener, sich hoch auftichtend.„Ich bteibe bei meiner Erklärung, daß ich schuldlos bin, und daß meine Verhaftung einzig und allein da« Werk eine« erbärmlichen Polizeifpron» ist." Der Aktuar ging hinaus, um den Beamte« zu rufen, das Verhör war geschlossen, Joseph iaS Gefängniß zurück- geführt. Lange blieb Siegfried in Nachdenken versunken, da«» nahm er das Protokoll, um»och einmal die auf Rabe be- zügliche» Aussagen de« Kammerdieners zu lese«. Er mußte die Sache verfolgen, die Ermordung de« Gärtner« war durch diese Aussagen bewiese»; die Lücke, die
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