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alle diese auten Ndfickten werden verunstaltet und vereitelt durch ein Ziel, das sich der Verein gesteckt bat und das wir beim besten Willen nicht anders als denn eine Evielerei de- zeichnen können. Der Verein willbesondere Leistungen im gewerblichen Schaffen anerkennen und prämiiren" und so haben wir schon in den entlegenen Vorstädten Berlins   Medaillen prangen sehen, ebenso in Eharlottendurg beim Fleischer H-, von denen wir Anfangs gar nicht wußten, welche weltbe» wegende Jury diese Ehrenbezeugung ausgefeilt hat; lesen wir uns aber die Mitglieder deS Vorstanves und der Prü- sungSkommisfion durch, so finden wir keinen Namen, der in der Berliner   Geschäftswelt großen Klang hätte. Lind die Herren wirklich geeignet, auch wenn fie den ehrlichen Willen haben, durch ihr Urtheil zu impontren? Hat ein Medaille, die Freund Müller Freund Schulzen ertheill, nicht etwas Komisches an fich? Aber die Sache hat noch einen weit schlimmeren Bei- geschmack; wir hören, die Medaillen kosten Geld und zwar, wenn wir an die Verhältniffe deS kleinen Hand» werkers denken, viel Geld.. BiS 90 Mark wird für die Medaille gezahlt, die, da fie hübsch bronzirt find, ihrem Verfertiger an den Schaufenstern alle Ehre machen, die aber vom Kundigen nur belächelt«erden. Für solche kostbaren Spielereien ist die Zeit zu ernst und das Geld des Handwerkers zu gut, darum glauben wir. bei aller Aner- kcnnung der sonstigen Zwecke des Vereins, unsere Freunde vor dieser Medaillenspielerei warnen zu müssen. Wir glauben nicht, daß all' die anderen guten Zwecke, die im Etatut stehen, nur Dekorationen find daß daS Medaillengeschäft die Hauptsache ist, aber in dem mißtrauischen Berlin   giebt eS viele, die diese An- ficht haben, darum thäte der Verein gut, fich hübsch bescheiden auf Auskünfte, auf Rechtsschutz, auf gegenseitige Unterstützung zu beschränken. w. Bezeichnend für unsere gesellschaftlichen Zustände ist die Veravlaffung, welche dem jüngst bekannt gewordenen Säbelduell zu Grunde liegt. Herr W., der Inhaber einer hie- stgen chemischen Fabrik, kam mit seiner Gattin aus dem Theater ins Kaffee Bauer, wo fich ein junger Jnfanterie-Offizier in ihre Nähe setzte. Derselbe machte bei dem Kellner seine Be> stellung mit den laut gesprochenen Worten:Bringen Sie mir doch ein Glas Bier, aber ein solches woraus noch kein Jude getruvlen hat." Darauf machte Herr W. die Bemerkung: Kellner, geben Sie dem Herrn einen N... topf, daraus bat noch kein Jude getrunken!" Nun folgte Kartenwechsel; der Chemiker, übrigens nn Reservelieutenant der Kavallerie, hatte als der Geforderte die Waffen zu bestimmen und versetzte dann beim Säbelduell dem Gegner einen wuchtigen Hieb in den Unterkiefer, an dessen Folgen der Offizier schwer krank dar- niederliegt. Ueber die Kleidung in der Mark im 16. und 17. Jahr­hundert findet fich in derVoff. Ztg." ein interessanter Auf- satz. Danach waren u. a.: die Pluderhosen in jener Zeit auf« gekommen, die theuer warm, weil fie sehr viel Zeug erforderten. Joachim II.   und Johann Georg   suchtm diese Mode abzu- schaffen. Der mittelmärkische Generalsuperintmdent Andreas Meusel   hielt seine Predigtm von dem Holenteufel, die er durch den Druck veröffentlichte. In ihnen sagt Meusel:Ick will mich itzt an den Hosenteufel machen, der fich in diesen Tagen und Jahren allererst aus der Hölle begeben und den jungen Gesellen in die Hosm gefahren ist, und fich in 6000 Jahren nicht hat dürfen hcrvormachen: daher ich gewißlich dafürhalte, daß dieses der letzte Tmfel ist, der noch vor dem jüngsten Tage als der letzte in der Ordnung auch das Seine auf Erden thun ausrichten soll." Die Verbote der Kurfürstm halfen freilich eben so wenig als die Predigten des braven Meusel. Schließ- lich solltm die Pluderhosen durch Wunder verdrängt werden. Im Februar 1583 gebar, so sprengte man aus, ein Schaf in Templin   zwei Lämmer und zwei Stunden später ein Stück Fleisch von dem Aussehen der Pluderhosen. Um Johannis desselben Jahre« brachte femer eine Zimmermanns- frau zu Prenzlau   ein Kind zur Welt, das mit einem Paar Pluderhosm bekleidet war und um HalS und Hände ein Ge- tröse, das den nachher aufgekommmen JabotS und Manschetten glich, hatte. Johann Georg   erließ 1580 gegen die Putzsucht eine Kleiderordvung. Von der in vier Rangstufen geschie« denen Bürgerschaft bildetm dm ersten Stand die Doktoren, Pröpste, Bürgermeister, Kammergerichtsadvokaten, Rath« per- sonm, Stadtschreiber, Richter, Schöppen und die von alten Geschlechtem. Dieser erste Stand durfte Kleider aus seidenem Tobin, Zindeldort und Schamelot tragen, auchein ehr- ltcheS Tuch, doch die Elle nicht über drei Thaler" und als Futter Marder«, Fuchs- und WolfSpelz gebrauchen. Nur die Doktoren durften in Röcken von Damast und seidenem Atlas gehen; den übrigen war nur gestattet, das Wamms daraus verferltgen zu lassen.Ihren Wcibem und Töchtern mochten fie zu Ehrenwerken gebm Damast, Todin oder Zindeldort mit gutem Sammet verbrämt, doch unten über anderthalb Viertelleiner Elle nicht breit. WaS aber darunter ist, alS Kartete, Schamelot rc. konntm fie tragm mit einem damastnen Untergebräme, doch auch über anderthalb Viertel einer Elle nicht vreit; dergleichen Schäubichen ohne Sammet mit einem modemen Koller und Umstößchcn solltm zu tragm vergönnt sein." Frauen und junge Mädchen der beiden ersten Stände
schöne Opfer KauiowSki'S wurde auf eine Bahre gelegt, welche vier seiner Leute trugen. Langsam setzte sich der traurige Zug in Bewegung, voran die Kosaken, dann die Edelleute mit dem Banner, Pilatowitsch mit einem Kreuz, hinter ihm die Tobte und hinter diesen Pan KaniowSki, von den Ulanen gefolgt. Als sie auf dem Schlosse de« Tyrannen anlangten, be« fahl er, die tobte Zofia in der Kirche aufzubahren. E« ge- schah, und da lag sie nun auf erhobenem Katafalk, die Hände gefaltet, zwischen brennenden Kerzen und Blumen wie eine Fürstin da. .Niemand durste bei ihr wachen, Niemand bei ihr beten. Drei Tage und drei Nächte trauerte Pan Kaniowski um die Tobte, im härenen Bußgewand mit einem Stricke gegürtet, barfuß und barhaupt lag er vor ihrem Sarge auf dm Kaien, schlug sich die Brust mit den Fäusten und betete. Am vierte« Tage ließ der Wütherich sein Opfer mit uner- härter Pracht beisetzm, und während alle Glockm geläutet wurde», schritt er, wie ei» von der Kirche Verfluchter, wie ein Pilger oder Bettelmönch hinter dem Sarge her. Dann, als die Schollen auf dm Sarg gefallm waren und « in den Waffenfaal zurückgekehrt war. stand er noch lange am Fenster und blickte der scheidmden Sonne nach. Plötz« «ch fuhr er mit der Hand über die Augen und rief: Gmug! , Schrill tönte die Glocke, die Diener kamen, der Herr befahl dm Kentusch, den Kalpak, den Säbel, die Flinte, die Pferde. Im Nu war Alles bereit und Pan KaniowSki zog an der Spitze seiner Kompagnie zum Thor hinaus und auf der Straße nach Kamimez dahin. Im Felde trieb ein Hirte seine Schafe und sang «in Lied. Pan Kaniowtki hielt sei« Pferd an..Wa« singt der Bursche?" fragte er. Ein Lied auf Dich und die schöne Zofia"*), antwortet JaroSlawki.
ufflfdj?°lkilied lebt noch heut im Munde deS klein
russischen Volkes.
dulften goldene Kettchen oder Kreute u. dgl. in einem Wetthe von 100120 M.(5060 Gulden) tragen und die jungen Mädchen außerdem noch Perlenbotten,doch eine nicht über 16 Gulden wcrth." Zobelpelz durfte nur von vernehmen Männern an der Mütze getragen werden. Der Gebrauch ver- goldeten Messtng« oder vergoldeter Kupferarbeit zum Schmucke war überhaupt verboten. Auch im fiebzehntm Jahrhundert währte dieser Kleideraufwand fort, so daß 1604 Joachim Friedrich   ein Gesetz erließ, in dem eS also hieß:wer die ttzize neue Manier mit Kleidung unter Mannen und Gesellm, Weibern und Jungfem ansteht, und gegen die vorigen, so ehemals gebräuchlich gewesen find, hält, muß billig mit Verwunderung bekennen und sagen, daß die Honarth schier über alles Vermögen der Leute gestiegen ist, und das also, daß noch täglich damtt lein Aufhörens ist; voraus bei den Weibspersonen, die fast alle Monate neue Trachten an­nehmen, oder selbst aufbringen, und keine der anderen etwai nachgeben will. Da überladen fie fich auf Hochzeiten und sonsttgm Festen mit Kleidem und anderen Unkosten dergestalt, daß fie daid hernach auf solche HochzeitSfreuden die Kleider auf den Tröd  -lmarkt schicken und kaum um'S halbe Geld wieder verlaufen, oder das verlassen müssen, was ihren Eltern zu erwerben blutsauer geworden ist. Sie treten so stolz und stattlich einher, daß man fast keinen Unterschied mehr unter ihnen erkennen kann: durch welche Hoffahrt und Ueppigkeit nicht allein Gott im Himmel erzürnt, zur Ettafe» Ungnad und Entziehung seines Segens bewogen wird; sondern eS wird auch der ganze Staat an Geld und Vermögen trefflich dadurch erschöpft, Fremde und Ausländer bekommen daS Geld hinweg, und erfolget also endlich daraus bei vielen, wie die tägliche Erfahrung lehrt, nichts anders als die äußerste Not, Ver­zweiflung und Elend." Man steht: gewisse Klaaen find recht alt, und mit Unrecht wird der Geist der neuen Zeit dafür verantwortlich gemacht. t. Die Geschichte eines kleine« Durchgänger«, dessen Name lange Zeit unter den Vermißten figurirte, enthält inter  - effante psychologische Momente für Eltern und Erzieher und ist außerbem dem eikens werth wegen einiger unverkennbaren Mängel in der polizeilichen Behandlung der zahlreichen Fälle von Nachforschungen über den Verbleib Vermißter. Am 19. September v. I. verschwand von dem Wege zur Schule der achtjährige Anton B., der älteste Sohn einer im Posen« schen ledenden Wittwe, den sein Onkel, der Schneider B. in der Andreasstraße Hierselbst, in Pflege genommen. Anton, ein lebhafter und intelligenter Knabe, war seit 13 Monatm in Berlin  , fand in den hiestgen Vergnügungsverhältnissen mancherlei Vorzüge gegen seine Heimath und riSkirte auf die Gefahr einer Tracht Prügel hin längere, un« erlaubte Sonntagsausflüge nach Weißensee und nach der Hasenhaide, von denen er spät in der Nacht heim- kehrte. Sein ehrlicher Name Anton genirte ihn, weil er in Beilin augenblicklich nicht modern war. Mit der zuneh- wenden Neigung für Vergnügungen erlosch die Lust zum Schulcgehen und so verschwand Anton plötzlich. Sein Onkel, der sofort bei der Polizei die genaueste Meldung erstattete, erfuhr im vorigen Monate nach mannigfachen Bemühungen, daß von der hiestgen Waisenhaus-Verwaltung ein Knabe, der sich Franz B. nannte, einem Drechslermcister in Teupitz   in Vfiege gegeben war. Anton war. gar nicht weit von der Wohnung seines Onkels, auf einer Treppe nächtigend gefunden, zur Polizei und von dort ins Waisenhaus gebracht, hatte dort seinen Geburtstag und Familiennamen richtig, dagegen statt deS ihm verhaßten Vornamens einen anderen, und sein Ge« burtsjahr ungenau angegeben. Darauf war dann ein Schutz« mann bei dem Onkel gewesen, hatte alle möglichen Fragen über dessen Personal- und Familienveihältnisse fich deantworten lassen, ohne aber nach seiner Verficherung, den Zweck dieser polizeilichen Recherche zu wissen. Anton hatte freilich, um seine Herkunft zu oerdunkeln, grauenhafte Dinge zusammen» gelogen; er war in der kurzen Zeit seiner Vagabondage so frech g-worden, daß er erklärte, leinen Onkel gax nicht zu kennen, als dieser ihm in Teupitz   gegenübertrat, um ihn dort abzu- holen und seiner Mutter zurückzusenden. Die Gefahren un­seres großstädtischen Leben« gerade für intelligente Kinder treten in diesem Falle recht deutlich zu Tage; die Eigenliebe, dieser mächtige Hebel für Erziehungszwecke, führt den nicht streng genug deaufstchtigten Knaben an den Rand des Ab- grundes. Bedenklich ist auch das Verfahren der Polizei; eS wäre doch wohl nöthig, Jedem, der solche Anmeldung eine? Vermißten erstattet, umgehend Kenntniß von solchen Aufge- fundenen zu geben, deren Beschreibung auch nur annähernd mit der des Vermißten übereinstimmt; im vorliegenden Falle wären dadurch viel Mühe und vor allen Dingen viele Kosten erspart worden. Der Abbruch des alte« Epandaner Stadtviertels hat fich bei dem letzten QuarlalSwechsel für zahlreiche Inhaber kleiner Miethswobnungen unangenehm demerkbar gemacht. Insbesondere im Norden der Stadt haben fich die HauSwirthe diesen Umstand zu Nutze zu machen gewußt, wenigstens haben dort MiethSsteigerungen in einem Maße stattgefunden, wie seit Jahren nicht. Die Nachfrage nach kleinen Wohnungen ist augenblicklich groß.
.Strafgericht de« Volke«," murmelte Pan KaniowSki, dir entgeht keiner, der mit Schuld beladen. Herr, verg-eb uns unsere Sünden." Er bekreuzigte sich und ritt werter. Da nahten zwei mit Leinwand überspannte Wage». von kleinen mageren Pferden gezogen. Pan KaniowSki ließ sie halten. ES waren Jude», die vom Jahrmarkt heimkehrten uvd bei dem Anblick des WüiherichS, von Todesangst er- faßt, jetzt aus dem Wagen sprangen und fich ihm zu Füßen warfen. Gnade! Gnade!" schrien sie,.erbarme Dich Deiner Knechte>"
sie mit einem bösen Lächeln, und verlangte seine Flinte. zitternde» Juden,auf die ruft nur Kukuk, wenn Ihr
Pan Kaniowski musterte dann stieg er vom Pferde Vorwärts?'' gebot er den Bäume, Ihr Schurken, und oben seid." Herr! verschone unS, nimm unser Geld und Tut und laß uns ziehen," flehte« die Juden. Wer will Euer Geld?" schrie der Tyrann,.vorwärts, auf die Bäume!" Die Kosaken trieben die Unglückliche» mit den langen Peitschen vorwärts. An der Sttaße standen ein paar Weiden- und Lindenbäume. Die Jude« erkletterten die« selben mühsam in ihren lange« Kaftane», und als fie end« lich alle oben in den Wipfel» saßen, da rief der Erste: Kukuk  ! Kukuk  ! Blitz und Knall, und er stürzte todt zur Erde nieder. Wieder wurde die Flinte geladen. Erbarmen, Herr, Erbarmen!" .Vorwärt«!" gebot Pan Kaniowski. Wieder ertönte der ominöse Kukuksruf, wieder fiel ein Schuß, und ein zweite« Opfer sank blutend zu de« Füße» de« Unmenschen nieder. E« war dunkel geworden, langsam zogen die Sterne herauf, aber sie verbreiteten nur ein zweifelhaste« Licht um Wipfel und Stämme. Trotzdem setzte Pan KaniowSki mit wilder Lust die unerhörte Jagd fort. Noch lange tönten durch die Nacht Kukuksruf und Schüsse.(Franks. Ztg.)
An einem Bretterzaun, welcher die Brunnenstraße von angrenzendem unbebautem Felde trennt, bemerkten Passanten in den Morgenstunden deS gestrigen TageS die Leiche eines gut gekleideten älteren Mannes hängen. Durch die bmach- richtigte Reviervolizei wurde festaeftellt. daß der Selbstmörder ein in der Rügener Straße Nr. 34 wohnender Vizewirth Namens Jaenicke sei. Die Leiche wurde nach dem Obduktion«, Hause geschafft. Der auch in verlin durch seine Ballonfahrten be« kannte Luttschiffer Eduard Damm ist, wie aus Amerika  berichtet wird, bei einer Fahrt in Illinois   verunglückt. Sein Ballon wurde zeniffen aufgesunden, ebenso einige Garderoben- stücke, während von dem Luftschisser noch jede Spur fehlt. Damm ging vor drei Jahren nach Amerika  .
Gerichts-Jeiwng. Ei« gegen die allgemeine Ortskrankenkasse gewerb« licher Arbeiter und Arbeiterinnen in Berlin   verübter Betrug gelangte gestern zur Kenntniß und zur Beurtheilung der fünften Sttaflammer hiesigen Landgerichts 1. Der Arbeiter Rombach war im Herbst 1884 Mitglied der oben genannten Kaffe und erkranft« im November dieses Jahres an einem schweren TyphuS. Auf Anordnung des Arztes wurde er im St. HedwigSkrankenhauS untergebracht und aus demselben am 23. Februar v. I. als sogenannter HauSkranker entlaffen. Zur damaligen Zeit befand er stch bei der Wittwe Anna Marie Odrowsta in Schlafstelle. Um das auf 7 M. 20 Pf. pro Woche bemessene Krankengeld zu beziehen, mußte er vom GewerkS« Arzt allwöchentlich einen Krankenschein vorlegen, nach welchem er für arbeitsunfähig erklärt wurde. Obgleich stch Rombach bereits Anfangs März wieder wohlauf fühlte und für arbeitsfähig erachtete, entließ ihn der GewerkS« Arzt, welcher darüber anderer Meinung war, auS seiner Be- Handlung nicht und bescheinigte ihm bis zu seiner am 15. Mai v. I. einaettetenen vollständigen Wiederherstellung die Ar« beitSunfähigkeit. Rombach nahm aber trotzdem eine Arbeits» stelle an und bezog außerdem während der ganzen Zeit auch noch das Krankengeld. Er behauptet, von seiner Wirthtn hierzu verführt worden zu sein, während diele angicbt, den Rombach öfter, aber vergeben«, vor dem Weiterdemg deS Krankengelde« gewarnt zu haben. E« steht aber unbestritten fest, daß Frau Odrowsla mindestens 4 Mal für den Rombach daS Krankengeld aus der Krankenkasse geholt und dem dortigen Beamten die Krankheit deS R. als eine schwere geschildert hat. Die Wirthin und ihr Schlafbursche geriethen später in Diffe­renzen, und erstere brachte, um stch an letzterem zu rächen, den Fall bei dem Vorstand der Krankenkasse zur Anzeigt. Infolge derselben wurde nicht blos, wie eS dem Willen der Dernrn- zianten entsprach, der Arbeiter Rombach wegen wiederholten Betrugs, sondern auch ste selbst wegen Beihilfe dam unter Anklage gestellt. Die 12. Abtheilung des hiestgen Schöffen» gerichtS verurtheilte denn auch Beide mit der gleichen Strafe von je einer Woche Gefängniß. Während fich Rombach hier- bei beruhigte, legte Frau Odrowsla Berufung ein, und auf diese hin fand die gestrige Verhandlung statt. Aus den Sta« tuten wurde die Bestimmung verlesen, wonach daS Kranken« geld verfällt, wenn der Kranke der ärztlichen Anordnung«r» wider ausgeht, in Wirthshärifern bettoffen wird und eine Be« schästigung übernimmt. Der Vertheidiger R.-A. Freudenthal plaidtrt auS rechtlichen Gründen für Freisprechung seiner Klienttn. Die verlesene Statutbestimmung stehe mit dem Krankenkassen  - gesetzt vom Jahre 1884 im Widerspruch; denn nach diesem werde der Anspruch auf Krankengeid infolge deS ärztlichen Nachweises der Arbeitsunfähigkeit degründet und könne durch keinen Verstoß von Verhaltungsregeln verwirkt werden. Ein Kranker dürfe eben nicht arbeiten. Eventuell habe seine Klientin daS Krankengeld nicht durch Vorspiegelung einer falschen Thatsache erlangt. Nach sehr langer Berathung er« kannte der Gerichtshof auf Verwerfung der Berufung, da der Kaffenbeamte nichts gezahlt habenIvürve, wenn ihm der Wahr- bnt gemäß mitgetheilt worden wäre, daß Rombach wieder in Arbeit getreten fei. Frankfurt   a. M.. 6. Januar.(Oberlandeszericht) Einem in der Brönner'schen Farbenfabrik verunglückten Arbeiter hatte .daS hiefige Landgericht 60 pCt. seines Durchjchnitttohneö att lebenslängliche Rente zuerkannt und die Fabrik zur Zahlung derselben verurtheilt. Es wurde angenommen, daß der ver« unglückte Ardelter im Verhältniß von 40 pCt. seines Lohnes noch arbeitsfähig sei. Das Oberlandesgericht dagegen erklärte ihn für vollständig erwerbsunfähig u�d billigte dem klagenden Arbeiter den ftüheren Wochenlohn(25,50 M.) für die Dauer seines Ledens zu, ReichSgertchtS-Entscheidung. Leipzig  , den 7. Januar. Giftmischer. Vom Schwurgerichte in Hägen ist am 12. No­vember v. I. der Tagelöhner Engelbert Wigae aus Hcrdecke wegen Mordversuches«inschließlich einer ihm früher auferlegten Strafe zu 4 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden während eine Braut Marie Wametzki von derselben Anklage freiae« prochen wurde. Die Anklage legte ihnen zur Last, gemein« chaftlich den Versuch gemacht zu haben, den Stiefvater der Warnetzki, den Steinsetzer Peter MajewSki, durch SchnapS, der mit Phosphor von Schwefelhölzern versetzt war, zu tödten. ES war den Angeklagten bekannt, daß M., wenn er AdendS nach Hause kam, aus einer bestimmten Flasche fich stärkte und deshalb war der veraifteteSchnaps in dieseFlasche gegossen worden. All M. nun die Flasche ergriff, fiel ihm der Inhalt derselben auf, weil er die Schwefelholzköpfe darin schwimmen sah und auch den fremdartigen Geruch wahmahm. Seine Frau es ist zweifelhaft, ob fie in den Mordplan eingeweiht war ent­riß ihm dann schnell die Flasche, zerschlug fie und gab ihm eine andere, welche mit unvergiftetem Fuselstoff angefüllt war, so daß das Verbrechen nicht zur Ausführung kam. Gegen das erwähnte Urtheil machte Wigge in der Revistonsinstanz geltend, der tz 46 deS R.-Etr.>G.-B. sei verkannt, denn es hätte Frei- sprechung erfolgen müssen, weil der Erfolg rechtzeitig abge« wendet sei. Der Reichsanwalt verwies aber darauf, daß jener Paragraph fich nur auf den Thäter und nicht auf den Mit« thäter beziehe, sowie daß derselde der thatsächlichen Reue entgegen« kommen solle. Demgemäß erkannte der IV. Strafsenat am 5. Januar auf Verwerfung des RechiSmittelS.*
Soziales««d Arbeiterbewegung« Der Beamten- und Arbeiterbestand der sächsischen Staatsbahnen und der der unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen delief fich am 1. September 1885 nach einer amtlich vorgenommenen Zählung auf 25184 Köpfe; davon waren 8632 festangestellte Beamte und 16 552 gegen Tage­oder Wochmlohn beschäftigte Arbeiter. Dieser Personaldestand vertheilte fich auf die verschiedenen Dienstzweige wie folgt: ES entfielen. auf Beamte Arbetter die Hauptverwaltung 324 264 den StationSdienst 3132 7218 die Bahnuntcrhaltung 2018 den Fahrdienst 1636 den MaschinenbetriedSdienst 1287 die Maschinen Hauptverwaltung 158 die Sekundärbahnen 77_ zusammen 8632 16552 Gegen das Vorjahr ist eine Zunahme von 734 Köpfen zu verzeichnen, und zwar von 148 Beamten 1,7 pCt. und 636 Arbeitern oder 4,0 pCt, sowohl in Folge des gesteigerten Verkehrs wie der Eröffnung von fünf neuen Linien. Das sächstsche StaatSbahnnetz(einschließlich der unter StaatSver-
4194 912 938 2849 177