Nr. 17.
Die
erden
39.
Donnerstag, den 21. Januar 1886.
III. Jahrg.
anuar 15090
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Organ für die Interessen der Arbeiter.
erscheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Pf. Bostabonnement phon 74804 Mart. Einzelne Nummer 5 Bfg. Sonntags- Nummer mit illustrirter Beilage 10 Bfg. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1886 unter Nr. 769.) tr. Tel.ph
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Redaktion: Beuthstraße 2.
Sie sind wieder entrüftet"! Wer denn? Die Konservativen und die Nationalliberalen aschmittel natürlich in Folge des Reichstagsbeschlusses vom vergangenen und sparboreußischen Staatsgebiet tabelt. Die Presse dieser Parteien jeberdet fich, als ob das ganze deutsche Volk so denke, wie viel länge ie Herren von Hammerstein und Böttcher und drohen nit ber Rache, welche dies deutsche Volk an seinen Vertres ern nehmen wird, die für den Antrag des Abgeordneten rch fleißig Bindthorft gestimmt haben. Wenn das deutsche Volt ( gleich 2% us lauter Korpsturfchen bestände, so könnten die Kreuz eitung" und die Kölnische" Recht haben. Hörten wir egen. och in einem befannten Berliner Restaurant einen dieser schen. Eg gelöst bungen Herren mit dem obligaten zerhackten Gesicht sich be jetzt mußern: Wo nur dieser Reichstag die Stirn hernehmen mag, ich einen deutschen Reichstag zu nennen?" Dem jun m von Fuen Manne trauen wir zwar ein besseres Urtheil über gut efeffene Terzen und Quarten zu, als über den Charakter es deutschen Reichstags; wir wollen aber seine Stimme idliche egistriren zum besonderen Vergnügen des Herrn von
Sub
pulver diammerstein.
Im Uebrigen: Spaß bei Seite! Die Konservativen Preise vonaben in den verschiebenen Entwickelungsperioden Deutschands in diesem Jahrhundert lange genug russische In ta, Stalisereffen vertreten, um uns begreiflich zu machen, daß das deal der Herren von Hammerstein und Genossen ein Co., ommerfer Reichstag ist.
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Aber wo liegt denn der Grund zur Entrüftung", die a ben nationalliberalen Blättern so seltsame Blasen treibt, aß einige dieser Organe das deutsche Parlament, in dem och auch ihre Gesinnungsgenossen fizen, als„ pol= ischen Reichstag " bezeichnen zu müssen glauben? Der Reichstag hat sich erlaubt, seine Meinung über die Ausatratze beifung nicht naturalisirter Polen aus Preußen auszugut und prechen. Ist denn dies etwas so Schreckliches? Er hat uch nicht einmal den Antrag Liebknechts angenommen, indenstraße er fich prinzipiell gegen solche Ausweisungen aussprach, son
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Insertionsgebühr
beträgt für die 4 gespaltete Betitzeile oder deren Raum 40 Pfg. Arbeitsmartt 10 Pfennige. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Bimmerstraße 44, sowie von allen Annoncen Bureaux , ohne Erhöhung des Preises, angenommen.
Expedition: Zimmerstraße 44.
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um was es sich bei der Entrüstung" eigentlich handelt. Die biederen Nationalliberalen glauben, eine Entrüstungsbewegung" im Bolte sei das wunderthätige Elixir, mittelst beffen sie den zuſammengefunkenen Rabaoer ihrer Partei Irrthum, sich selbst mit dem deutschen Volke zu verwechseln. Das ist bei der Eitelkeit, die den gestürzten ,, Größen" dieser Partei innewohnt, begreiflich. Ohnehin sind sie überzeugt, daß ihre Argumente, daß ihre Argumente, die sie im Parlament vorzubringen pflegen, gewöhnlich unwiderstehlich seien. Als der Telegraph die Kunde von der erregten Polen Debatte in die Welt hinaustiug, fonnte man in den nationalliberalen vier Preßorganen nicht genug von berglän zenden Rede" des Herrn Marquardsen lesen. Für echte Nationalliberale mögen die parlamentarischen Leistungen des Herrn Marquardsen allerdings glänzend" sein. Uns will dagegen bedenken, daß die Leistungen des Herrn Marquardsen in der bekannten Kneipgesellschaft Im Engern" zu Heidelberg seine Beitgenossen, die ihn kennen, dauernder intereffiren werden, als seine parlamentarischen und politischen Thaten, denn im Reichstag wird die Abgedroschenheit und Inhaltslosigkeit seiner Argumente nur übertroffen von der Stärke seines Selbstbewußtseins.
Der Abgeordnete Payer hatte Recht, als er gegenüber den nationalliberalen Phrasen vom Schwinden des nationalen Lebens einfach sagte, nicht das nationale Leben, sondern der Nationalliberalismus sei im Schwinden begriffen. Das ist in der That so und daran werden die beiden EntrüstungsStaatsmänner Böttcher und Marquardsen nichts ändern fönnen. Sie mögen es glauben, daß das deutsche Volk ihrer herzlich müde ift, und baß sie eine Entrüstungsbe wegung" in Szene setzen wollen, um das öffentliche Ins teresse auf sich zu lenken, beweist, daß sie selbst eine Ahnung haben, auf welches Niveau der Nationalliberalismus ge sunken ist. Gewiß; das Bentrum mit seinen fast nur reaktionären Bestandtheilen kann ohne Kulturkampf nicht b:- stehen; der Nationalliberalismus aber fann es noch viel weniger und das zeigt am besten der Umstand, daß diese
id Handelern nur den halben und zweideutigen Antrag Windthorst's Partei so sehr zum„ Rudiment" geworden ist.
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-fabrik resdener Irten Uhren Goldwa zialität:
ern nur ihre Art und ihren Umfang tabelte.
Es darf auch nicht unbemerkt bleiben, daß die konsers tiven und offiziösen Blätter der Sache viel fühler gegen berstehen, als die nationalliberalen. Der eigentliche Lärm ird nur in den letzteren gemacht. Und das ist bezeichnend enug, um so mehr, als es mit dem Umstände zusammen ifft, daß in diefem Moment die nationalliberale Presse nen Wedruf an die nationalliberale artei" veröffentlicht, in dem dieser Partei latorm so und fo viel tausendsten Male die Schmeichelei gegt wird, daß ihr die Zukunft gehöre und daß sie er achen" müffe, um wieder große Thaten zu thun.
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erftraße 4, lation. 258
Da läßt sich denn ohne große Mühe auch herausfinden,
Feuilleton
Dunkle Gestalten.
adbrud verboten.]
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Wir stehen deshalb dem Loben und Lärmen, das der Nationalliberalismus erhebt, sehr fühl gegenüber; wer den Pulsschlag unserer 3eit nur einigermaßen versteht, der be greift auch ohne Mühe, daß es mit dieser Partei nur noch abwärts gehen kann. Aber eine Mission hat diese Partei denn doch noch. Wenn man ihre Größen" so dasigen sieht und beobachten kann, wie die jungen ,, aufstrebenden" Elemente sehnsüchtig nach den Sißen des Bundesrathes bliden, zu denen man in befferen Beiten" emporklimmen fonnte; wenn man die wehmüthige Resignation und demuthsvolle Ergebenheit auf den Gefichtern der älteren Führer beobachtet dann weiß man, daß diese Partei die historische Mission hat, zu beweisen, wie sehr irdische Herrlichkeit vers gänglich ist.
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Sehr wohl, Herr Kommerzienrath."
Es dauerte ziemlich lange bis der Gerufene erschien. Er sah matt und abgespannt aus, seinen müden, schläfrigen Manieren standen in seltsamem Gegensatz zu den lebhaften,
Politische Uebersicht.
In der geftrigen Reichstagsfizung wurde über eine
Regierungsvorlage, die Rechtsverhältnisse in den
deutschen Schußgebieten betreffend, verhandelt. Das Bentrum gemann auch diesem Antrag eine fulturkämpferische Seite ab, indem der Redner Deffelben behauptete, daß die bieberen katholischen Missionäre den evangelischen rechtlich nachge sezt würden. Im Uebrigen wahrte der Reichstag in dieser Frage sein Recht, indem er gegen die konservativen Redner die Mitwirkung des Reichstages an den Rechtebestimmungen verlangte und in diesem Sinne eine Kommission ernannte. Dann trat der Reichstag in die Berathung der 3ölle und Verbrauchssteuern ein, in Verbindung mit dem fortschrittlichen Antrag, das Branntweinmonopol betreffend. Hier wurden die Debatten außerst schleppend. Dieselben werden fich wohl noch einige Tage in demselben Geleise bewegen; auch glaubt man, daß die Monopolfrage bei dieser Gelegenheit nur gestreift werden wird, um bei der Berathung des gegen wärtig im Schooße des Bundesraths liegenden Monopolgeset entwurfs mehr Staub aufzuwirbeln.
Zur Samoa Affaire liegen noch immer teine Berichte vor, aus denen man ein zutreffendes Urtheil über den Her gang gewinnen könnte. Während unsere Offiziösen davon reden, daß der Vorfall in England und Amerila nicht die geringste Aufregung hervorgerufen habe, meldet ein Telegramm aus Amerifa die Absendung eines Kriegsschiffes nach den Samoa- Inseln .
Ueber die Wirkungen des Sosialistengefeßes äußert fich das famose Leipziper Tageblatt" folgendermaßen:„ Die fozialistischen Agitatoren pflegen bekanntlich in Abrede zu stellen, daß das Sosialistengefeß ihrer Partei Schaden gebracht babe. Wir find dieser Behauptung stets entgegengetreten und finden unsere Auffaffung neuerdings durch ein Bekenntniß der fozialistischen Thüringer Waldpost" bestätigt. In diesem Blate wird bei Erwägnung der im 19. fäch fischen Reichstagswahltreise in Folge des freiwilligen Rücktrittes des Abg. Ebert nöthig werdenden Ergänzungswahl auf Grund der differmäßigen Vergleichung der Reichstagswahlergebnisse rückbaltlos zugestanden, daß das Sozialistengeset ein schwerer Schlag" gegen die sozialdemokratische Partei war; nur behauptet die Thüringer Waldpoft" noch, daß in der Beit von 1881-1884 die Sozialdemokratie von diesem Schlage fich bedeutend erholt habe. Das genannte Blatt hätte noch hinzufügen tönnen, daß, wenn das lettere wirklich der Fall gewesen, die Sozialisten dies in der Hauptsache der durch die Reichstags mehrheit herbeigeführten veränder ten Handhabung des Sozialistengefeßes zu danken häben, indem dadurch das Gesetz vielfach unwirksam gemacht wor den ist."
Die Nordd. Allg. Beit." öffnet natürlich dieser Leistung des sächsischen Reptils bereitwilligst ihre Spalten. Wir würden von diesen Ruslaffungen feine Notiz genommen haben, wenn aus denselben nicht rückhaltlos hervo: ginge, daß selbst um sein Glück vollständig зи machen, fehlte ihm nur eine Frau, die in würdiger Weise seinem großen Hauswesen vorzustehen verstand.
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neritanifche& ählung aus dem sozialen Leben der Gegenwart energischen Bewegungen seines Vaters. Der Kommerziens seine Frau starb, war sein Sohn taum zwei Jahre alt ge
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Der Kommerzienrath Winkler saß in seinem Il- Gardine rivatfomtoir. Er war mit der Durchsicht der eingelaufenen Briefe beschäftigt und sinnend ruhte sein Auge auf einem einen eleganten Briefbogen, den er nun schon seit geraumer eit in der Hand hielt.
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rath verbarg sein Mißfallen beim Erscheinen feines Sohnes in feiner Weise.
Der junge Mann setzte sich in einen Lehnstuhl und fing an, eine Bigarette zu drehen.
" Du wolltest mich fprechen," sagte er endlich.
Jawohl," entgegnete der Kommerzienrath mit mühsam unterbrüdiem Unwillen, leider ist es mit Dir soweit ge kommen, daß ich Dich rufen lassen muß, wenn ich etwas von Dir wünsche!"
Ich kann es doch nicht riechen, wenn Du etwas willst," sagte der Sohn recht unehrerbietig. Im Uebrigen, was
Der Kommerzienrath war ein schöner Mann. Er war coß und breitschultrig, dichtes Haar, welches erst von enigen Silberfäden durchzogen war, umrahmte seine Stirn, cher m. in Auge blidie starr und fest, und nur ein ausgesprochen ist es denn eigentlich?" unlicher Bug um seinen Mund machte sein Gesicht weniger genehm. Er war mit außerordentlicher Sorgfalt gekleidet, cht nach der neuesten Mode, aber mit der ruhigen Eleganz Mannes in geſetzten Jahren.
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Der Rommerzienrath antwortete nicht gleich, er trat an das Fenster und begann mit den Fingern gegen die Scheis ben zu trommeln. Sein hoffnungsvoller Sohn fette seine Sigarete in Brand und blies den Rauch ziemlich geräusch voll von sich.
e Buches Es ist die höchste Beit," sagte er leise vor sich hin, d. Zeit aß ich den Schlingel, ben Julius, verheirathe. Cine pedition Mendere Partie fonnte ich gar nicht für ihn finden, und diefen beiden Männern. Iftr. 39. et meiner Wünsche."
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blüht ja bann auch das langersehate Glüd. Wie lange ige ich diese Laft mit mir herum, hoffentlich bin ich am Er stand auf und ging unruhig in seinem Romtoir auf b nieder. Wiederholt sah er nach der Uhr, er schien von ner geheimen Unruhe geplagt zu sein. Schließlich trat er feinen Schreibtisch und brudte stark auf den Knopf einer drückte Inischen Klingel.
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Gleich darauf trat ein alter Romtoirdiener ein, der beeiben an der Thür stehen blieb. Gehen Sie auf das 3immer des jungen Herrn, Sim rmann, und sagen sie ihm, daß ich ihn erwarte, ich habe ihm zu sprechen."
Es bestand eine tiefe, geheime Feindschaft zwischen Der Kommerzienrath, einer der reichsten Großindustriellen der Reid shauptstadt, hatte sein Vermögen auf ziemlich räthselhafte Weise erworben. Noch vor fünfundzwanzig Jahren ein unbedeutender Makler, hatte er es verstanden, im legten Kriege eine bedeutende Armeclieferung zu erhalten, und von da ab batirte der Ursprung seines großen Vers mögens. Er war damals noch zu jung, um sich zur Ruhe zu sehen, sein einziges Streben bestand darin, sein Vermögen immer noch zu vermehren, und neben der Begierde nach dem Gelde fing schließlich ein brennender Ehrgeiz an, fein ganzes Dichten und Trachten in Anspruch zu nehmen. Er war Kommerzienrath geworden, bei feftlichen Gelegen heiten schmückten mehrere Ordensbänder seinen Frad,
Herr Winkler war seit langen Jahren Wittwer. Als
wesen. Im Anfange hatte er seine Frau sehr vermißt, als er jedoch ein reicher Mann geworden war, hatte er sich über den Verlust derfelben zu frösten gewußt. Heute war es ihm sogar angenehm, daß er Wittwer war, denn er sagte fich, daß seine Frau, die von sehr schlichten, einfachen Sitten war, sich doch niemals in die veränderten Verhältnisse ge=. funden hätte. Nach ihrem Tode hatte er sich schablos zu halten gewußt, er hatte mehrere Jahre hindurch ein Verhälts niß mit einer jungen Arbeiterin, die in einem Weißwaaren geschäft angestellt war, unterhalten, und dieses Verhältniß war auch nicht ohne Folgen geblieben. Das junge Mädchen war bei der zweiten Niederkunft gestorben, und der Herr Kommerzienrath thatte es nicht für nöthig befunden, sich dann noch weiter um seine Nachkommenschaft zu kümmern. Von
Nur sein Sohn machte ihm noch Rummer. Jugend auf waren diesem jungen Manne alle Wünsche seines Herzens erfüllt worden, er batte die verwegenften feiner Gelüfte mit dem Gelde feines Vaters befriedigen fön nen, und im Laufe der Zeiten hatte der Sohn es verstans den, ein vollkommenes Uebergewicht über seinen sonst so hartherzigen und rücksichtslosen Vater zu erlangen.
Er hatte sich in viele der intimsten Geschäftsgeheimnisse seines Vaters einzuschleichen gewußt; dieselben mußten nicht sehr sauberer Natur sein, und der Sohn nahm ziem lich häufig Gelegenheit, in recht indiskreter Weise seinen Vater hierüber Borhaltungen zu machen. Das Verhältniß zwischen Vater und Sohn wurde hierdurch keineswegs ein besseres und milderes. Den Kommerzienrath bewegte das geheime Sehnen, fich feines Sohnes zu entlebigen, und des halb hatte er beschlossen, denselben zu verheirathen. Er ahnte allerdings nicht, daß er von seinem Sohne längst durchschaut war, er waßte nicht, daß es diesem gelungen