Beilage zum Berliner Bolksblatt.
Zlr. SO.
Sonntag, den 24. Januar 1886.
III.
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Parlamentsverichte. Deutscher   Stetchetag. 32. Sitzung vom 23. Januar, 2 Uhr. Am Tische des BundesraiheS von Burchard, von Scholz und Kommiffarien. Die Beraihung des Etats der Zölle und Ver« orauchssteuern stcht bei der B r a u st e u e r, zu der zwei R-solutio.-en vorliegen: die von Zeitz  -Ulrich, daß bei der «ierbereituvg andere Stoffe zum Ersatz von Malz nicht mehr, und die von Auer, daß nur Waffer, Malz, Hopfen und Hefe verwendet werden dürfen. Abg. Ulrich(nat.-Iid.): Die gestern von Zeitz   erwähnte Petition des Leipziger   und Thünnger Brauervercins ist von 445 Bierdrauein Sachsens   und Thüringens   unterschrieben und eine zu meiner Freude mir heute zugegangene Zuschrift des öst-rreichrfchen BrauerbundeSprotestitt auf daS Ent tbiedenfte fegen die Einfchmuggelung des FremdlingsMaltose" in die österreichischen Brauereien und gegen die Zudringlichkeit, mit welcher die Spekulation das Malzsurrogat einer bisher gesunden Jndustrie aufdrängt, um diese zu ruiniren. Der Ausschuß wird kein MUtel unversucht lassen, um von der öfter- eichischen Brau- ®efaLr abzuwenden und wird, wenn u Gesetzgebung anrufen" Der Bund olanS.®ota"ä, gegen die Maltose, die von den rhrrnischen, westfälischen und Heffischen Brauern für gefährlich er- �ärt wird. Unsere Resolution unterscheivet fich nur darin von der des Abg. Auer, daß fix nicht so w?it geht, weil wir es mit dem Brausteuergesetz vom 31. Mai 1872 zu tbun haben, in dem von Hopfensurrogaten nicht die Rede ist. Der deu'sche Brauer. bund   geht aber sogar noch weiter. In seiner Petition an den Herrn Reichskanzler wünscht er jenes Gesetz dahin zu ändern, »�aß es ein Verbot aller Surrogate, also die Vorschrift enthalte, daß Bier nur aus Malz, Hopfen, Hefe und Waffer herzustellen als Klarungi mittel nur die mechanisch wirkenden, ausge« lohten Buchen« oder Haseiholzspähne verwendet werden dürfen. Ferner, daß die Aufbewahrung von Malz- oder Hopfensurrogaten in zu der Brauerei gehörigen Räumen ebenso strafbar sei, wie die Anwendung anderer Zusätze überhaupt uud daß etwa durch !a, serliche Verordnung eine Vorschrift erlaffen werde, daß den zum Verkauf bestimmten Bieren, nachdem sie die Brauerei ver« lassen, rrgend welche andere d. h. fremde Stoffe nicht zugesetzt f/L.«Jen' �nß endlich das Verkaufen, Feilhalten und ossenutche Anpreisen von Malz- und Hopfensurrogatin verboten ist. Leider erfuhr ich zu spät, daß eine Kommisfion deS HauseS unter Mitwirkung oer Geh. Räthe BocciuS, Pochhammer, Struck und Mayr 1881 bereits einen Gesetzentwurf, wie den von uns gewünschten, ausgearbeitet hat, der damals nicht mehr erledigt, aber später vom Abg. Goldschmidt wieder aufgenommen wurde. Der Reichsschatzsekretair v. Scholz war mit ihm ganz einverstanden, sah fich aber nicht veranlaßt, einen solchen einzubringen, wenn nicht eine Er- höhung der Brausteuer damit verbunden wäre. In den seitdem rerfloffenen 6 Jahren ist die Regierung mit dieser Erhöhung nicht an das Haus gekommen, und ich hoffe, fie wird überhaupt ganz davon Abstand genommen haben, da ja die Bterproduklion und der Export so erfreulich gestiegen find, daß eine St-ueierhöhang ein Unglück wäre. Von 1882- 85 stieg die Brausteuer um 2»Million-n, die Uebergangs- abgäbe um mehr als 400 000 M. So wächst diese Jndustrie, und mit ihr muß die Einnahme des Fiskus wachsen, wenn das Publikum ein immer größeres Vertrauen zum norddeutschen Bier faßt und das Biertrinken zunimmt. Der§ 4 der Aus­führungsbestimmungen des erwähnten Gesetzentwurfs, dessen Wiederaufnahme ich empfehle, müßte freilich dahin geändert werden, daß die Brauer, die nach der Besteuerunz fixirt find, den vorher zu viel bezahlten Betrag zurückerhalten, wenn fie weniger verarbeitet haben, ebenso wie fie im entgegengesetzten Falle nachzahlen müssen. Mögen die verbündeten Regierungen uns noch in dieser Scsfion den neuen Gesetzentwurf vorlegen! Abg. Auer(Soz.): Unser Antrag geht noch etwas weiter, als der von Zeitz   und Ulrich! ein weit verbreitetes Genuß- mitrel des Volkes, dessen weiteste Verbreitung wir nur wünschen können, soll vor betrügerischen Fälschungen gesetzlich ge- chützt werden, da die Zahl der Maltosefabriken fortwährend «igt. Diese und ähnliche Surrogate find dabei noch nicht ne schlimmsten. Das im Volke verbreitetcte Wort von der Dwidendenjauche wird nur allzusehr durch brutale Thatsachen
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Kerlitter Sotmwgsplimderei. E. C. Berlin   im Schnee es giebt nichts, was äugen» blicklich säher liegen sollte. Wird ei weiter schneie», wird «» srirren, wird eS thauen? Das sind die Fragen, welche unS Alle augenblicklich bewege», und Zedermann, den man danach fragt, wirft einen fragenden Blick auf den Himmel, zuckt dann die Achsel« und schweigt. Wenn un« damit nur geholfen wäre! Indessen, mag der Schnee noch liegen bleibe», mag er thauen, und mögen die dann entstehenden Masse, massen die Unzulänglichkeit der Kanalisation wieder beweise», soviel steht fest, daß Berlin  unter der Schneedecke denn doch einen ganz anderen Anblick darbietet, als im Sommer. Nach einem Schneefall, wie dem der vergangenen Woche, sieht man keine« Asphalt, kein Wiener- oder anderes Pflaster, die vornehmste Straß« muß fich denselben Ueberzug gefallen lasse« wie die entlegensten, die sich noch mit Petroleumbeleuchtung begnüge« müssen; die Schneedecke ist die Uniform der natürlichen Demokrat,«, die Zedem ein gleiches Kleid anzieht. Ohne Schnee ist der Winter gar kein rechter Winter. Es gehören zu ihm das Schellengeläute der Schlitten und die SchueeboDsoioga der heranwachsenden Staatsbürger, die den Nasen ihrer Gegner ebenso verderblich sind wie den Fensterscheiben anderer Leute. Schlittenfahren, da« ist das wahre Vergnügen des Win- ters. Allerdings können sich nur die oberen Zehntausend dieses Vergnügen leisten, und eine Fahrt in einem Berliner Droschkenschlitten soll auch gerade nicht den Inbegriff aller irdischen Herrlichkeit darstelle«, wir sprechen auch hiervon nicht der Schlitten ist eigentlich so recht das Instrument der Zugend. Mögen vornehme Leute in ihre« eleganten Gefährten dahinsausen, die Lust kennen sie nicht, die der Sunge empfindet, der sich auf seinerSchledde' den Kreuz- derg hinabgleiten läßt. Da« allein ist die wahr« Poesie des Schlittens, so lange Schlitterbahn in «Srlin herrscht; die von Pferden gezogenen Schlitten, die wan in Berlin   sieht, machen gerade keinen besonder« an- hetmelnde» Eindruck.
bestätigt. Unter den Surrogaten für Hopfen figuriren u. A. auch Belladonna, Fuchstnsäure, Bitt-röl, Ouasfia. Diese find doch wenigstens reichliche, w-nn auch zum Theil giftige Stoffe. Bei dem Glycerin aber. einem Malziurrogat, handelt es fich um einen Ursloff, den man anständiger Weise nicht definiren kann. Nach dem Urtheil eines Fachmannes findet in Folge des Genusses solcher Biere eine kontinuirl-che Vergiftung der Biertrinker statt. Der Genuß solchen Bieres erzeugt Kopf- schmerzen, Ucbelkeiten, Unwohlsein und Krankheiten aller Art, dagegen unverfälschles Malzbier Heiterkeit, Munterkeit, Wohl befinden und Wohlsein. In der schlechten Kartoffel liegen Elemente, auS welchen durch Gährung da« Kartoffelfuselöl entsteht, das Betäubung und schließlich ckolirinm tremens er­zeugt. Nun werden vielleicht die Anhänger der freien Kon kurrenz gegen unseren Antrag einwenden, daß der Wettbewerb der bayrischen Brauereien mit den norddeutschen diese zwingen werde, ebenfalls Bier nur auS Hopfen und Mal, zu bereiten. Der Genuß des echten bayrischen Bieres greift in Nord- deutschland immer mehr um sich. Der Preis desselben 60 Pf. pro Liter ist aber so kolossal, daß der Arbeiter ihn nicht zahlen kann, in Anbetracht dessen, daß für den gewöhnlichen d-utschen Durst ein Liter ein verhältnißmäßig kleiner Tropfen ist. (Heiterkeit.) Wir können deshalb nur wünschen, daß wir durch die Gesetzgebung dazu kommen, daß ein annähernd guteS Bier wie in Bayern   gebraut werde. Dort hat fich steilich die Gesetzgebung schon vor Jahrhunderten mit der Zubereitung guten und reinen Bieres beschäftigt. Nach der Bierordnung von 1680 sollte Bier nur aus Hopfen. Gerste und Wasser be- reitet und der Fälscher durch den Malefizrichtec an Leib und Gut gestraft werden. Möchte es doch auch bei unS Mulefiz- lichter geben, welche den Malefikantcn durch den Genuß seines eigenen G.söffs an Leib und Leben straften(Heiterkeit). Ich weiß ja, daß nach einer ReichkgerichtS« Entscheidung Bier auf Grund des Nahrungsmittelgesetzes nur als Mälz, Hopfen, Hefe und Waffer gebraut werden soll. Aber dicfe Entscheidungen find noch keine Gesetze, und der alte Schlendrian besteht fort. Im Jahre 1879 wurde hier schon der Versuch einer Abhilfe gemacht. In der Brausteuervorlage wurde bestimmt- bei der Bierdereitung dürfen zum Ersatz von Malz andere Stoffe nicht verwandt werden. Dann aber heißt es: der Zusatz von Malz- surrogaten, nachdem das Bier die Brauerei verlassen hat, fällt nicht unter dieses Gesetz. Dieser Nachsatz läßt die Schmiereret frei, besonders den Zusatz von Chemikalien. Allgemein wird angenommen, daß der Zusatz von Salizylsäure zum Exportbier noihwendig sei. Für daS stark eingebrvute bayrische Bier bei entsprechender Temperatur gilt dies nicht. Es vi-tiägt selbst den Seetransport. Ebenso herrscht unter den Brauern selbst, welche fich für die Einführung deS Surro- gatverbots intereffiren, Uebereinstiamung daiüber, daß auch obergähriges Bier aus Malz und Hopfen bereitet werden kann. Doch würde fich hier eventuell eine Ausnahme statirrm lassen. Ein Bedenken gegen ein gesetzliches Surrogatr erbot ist aber schwerwiegender: daß die Reichsregierung diesen Anlaß zu einer Erhöhung der Biersteuererhöhung denutzt. Ich hoffe aber, daß die Regierung im Interesse ihrer Popularität fich hüten wird, dieses Volksgetränk noch mehr zu besteuern, und dann ist ja auch noch daS Veto des Reichstags da. Die Furcht vor einer polizeilichen Bevormundung ist beim Bier nicht am Platze. Wenn uns die Polizei vor weiter nicht»schützte", als vor dem schlechten Bier, dann wäre fie die nützlichste Institution. (Heiterkeit.) In Bayern   wenigstens herrscht immer helle Freude/ wenn auf dem Lande der Polizist schlechtes, sauer gewordenes Bier auf die Gosse gießt.Hopfen und Malz, Gott crhall's", ist ein altes Wort. Ich möchte sagen:Hopfen und Malz, Gott geb's  ". Abg. Dr. G r e v e: Als Arzt fühle ich mich in meinem Gewissen durch die Ausführungen der Vorredner getroffen und muß ihnen widersprechen. Wo bleibt denn die ganze Ernäh- runa deS Volks, wenn wir jedem Brauer einen Gendarm in die Tasche stecken? Wo bleiben wir Aerzte. die wir so oft den unbemittelten Rekonvaleszenten da« billigste Bier, d. h. z. B. den Berlinern daS Weißbier empfehlen, wenn die Surrogate verboten werden! Weißbier wird ja nicht allein auS Malz und Hopfen bereitet. Wo bleiben die Elsaß Lothringer mit ihrem Reisbier? Am Berliner Weißbier erquickt fich im heißen Som- wer so mancher auch von unS, ohne es für eine Sünde zu halten! Wenn Sie ferner auf die unappetitliche Entstehungs- geschichte des Glyzerins verweisen, so ist doch auch z. B. die Ent­stehungsgeschichte des Schinkens nicht gerade appetitlich! Die
._ wenige in Berlin   nicht mit
Zn Wahrheit sind es nur ver! Leute, die eine» ordentlichen Schneefal Freuden begrüßen. Zunächst die Kaste der mit mehr oder weniger Hypo­theken behafteten Hausbesitzer. Sie haben allerding« für die Freihaltung des Bürgersteige» zu sorgen und mancher dieser Pascha«, der sonst im türkischen Schlafrock und der gestickten Mütze al« eiserner Despot zum Schrecken seiner Miether sein Hau« verwaltet, muß unter dem Schutze der Dunkelheit höchst eigenhändig Schivpe und Besen regieren, um der noch strengere» Polizei leinen Anlaß zur Rüge �AlS ob«in HauSwirth davon sterbe» würde. Aber ein sonderbares Licht wirft e« doch auf die Denkweise mancher dieser Herren, die anstatt einem armen Menschen ein paar Groschen verdienen zu lasse», lieber höchsteigen- händig die Straße fege«, um»achher vielleicht in einem fortschrittlichen Bezirksvereine glänzende Reden über die wahre Menschenliebe zu halten. Auch die Stadtverwaltung macht ein bitterböse» Gesicht über den Schnee. Wie lange wird es dauern, und wir werden wieder die langen Zahlenreihen veröffentliche», welche die Summe darstelle», die die Stadt für da« Wegbringe« des Schnee« ausgeben mußte. Als ob da« etwa« schadete! Allerdings, manchen Leuten mag es zweckdienlicher erschei- »en wenn die Einkünfte der Stadt zu andere« Ausgaden verwendet würden, al« b-schäftiguvgSlosen Arbeitern we- »igstenS für einige Tage einen Verdienst zuzuweise». Aehnlich ergeht r« den Pferdebahnen. Klingt e« nicht wie verhaltene« Angstgeschrei, wenn man heute schon die Be- richte über die»«geheuren Ausgaben liest, welche der Schree der Pferdebahn verursacht. Mit Zagen und Bange« wer- den wahrscheinlich die arme«,»othleidenden Aktionäre jede» Morgen einen Blick auf den Himmel werfen, jede Flocke, die auf die Erde fäll«, schmälert ihnen die so mühsam er- arbeiteten Dividenden, und wenn die Natur die Erde in ihr weiße» Winterkleid hüllt, so scheint ihnen das ein Hun- gertuch zu sein, an welchem sie jedenfalls noch einmal nagen müssen. Daß der Arbeiter auch eine Berechtigung zum
Bierproduktion in Baiern  , wo die Surrogate verboten find» hat ferner im Vergleich zu der Bierproduktion in Nordveutfch- land nicht zugenommen, sondern sogar abgeno r men. In Nord« deutschland   find von 1876 bis 1884 2y, Millionen Hektoliter mehr, in Bayern   während derselben Zeit 80 000 Hektoliter weniger gebraut worden. Aber wir haben doch auch ein Reichs Gesundheitsamt und ein NahrungSmittelgesetz, nach welchem alle schädlichen Stoffe verboten find; wo fie gebraucht werden, da soll die Polizei einschreiten. Wenn man aber einen Feldzug gegen die Maltose unternimmt, und gegen die Gesellschaft, welche fie fabrizirt, so bitte ich, uns doch erst zu beweisen, daß die Maltose ihrer ganzen Entstehungs- geschichte nach ein gesundheitsschädliches Produkt ist. Sie wird auS Stoffen bereitet, die ganz gesund find, aus gekeimler Gerste und stärlemehlhaltigen Körnern. In manchem anderen Zusammenhange mag es ja nicht gesund sein, aber ganz ver- bieten kann man doch das Fabrikat nicht. Ich halte gerade jetzt den Zeitpunkt für diese Frage nicht geeignet. Die Reichs- regierung wird sagen, wenn Ihr so viel Beschwerden erhebt gegen wie der Herr Vorredner sagt die Malefizkerls von Brauern und Richtern, die uns vielleicht auch nicht schützen können, dann wird der Reichsfiskus sagen, dann wollen wir die Sache ganz allein machen und dies-S Gewerbe monopo- lifiren. das ist doch die beste Garantie gegen all diese Äc- schwerven. Den Standpunkt der Herren Sozialisten finde ich ja ganz logisch, fie müssen ja auf Monopolifiiung aller Ge­werbe kommen, daß wir dann Alle aus einem Topt, der poli- zeilich gelocht wird, essen und gesundheitsmäßig verpflegt wer- den. Daß gerade die Herren Nationalliberalen an der Spitze ver Agitation gegen die Surrogate stehen, wundert mich um so mehr, als fie fich doch mit dem Monopol noch nicht so befreundet haben, wie viele fürchten. Wenn Allcs richtig ist, wa« Herr Ulrich vorgebracht hat, dann verdenkt ich es der Reichsregierung nicht, wenn fie auf das Monopol verfällt. Erwähnt habe ich die Sache hauptsächlich, weil ich bei den Tarisvebatten gegen den Gerstenzell gesprochen habe. Verbieten Sie alle Surrogate, dann müssen Sie auf der Rechten auch notbwendig den Ge stenzoll aufheben. Denn das ist auch statistisch festgestellt, daß 45 pC. der Braugerste aus dem Aus- lande bezogen wird. Der H.'rr Kollege Auer hat schließlich auch gegen Salizylsäure polemifirt, mit ihr solle nichts mehr verschickt werden. Ja dann müssen die Abgeordneten, welche manchmal an Rheumatitmus leiden, auch nicht mehr sali.yl» saures Natron gegen diejes Leiden nehmen, dann wollen wir überhaupt alle Medikamente verbieten. Heute nur diesen kurz n Protest, ich behalte mir für die dritte Lesung vor, näher auf die Sache einzugehen.(Beifall links.) Abg. Zeitz(nat.« lib.) weist die Angriffe der Vorredner zurück unv vertheioigt da« Braugewerbe namentlich gegenüber den Verdächtigungen des Abg. Auer. Der norddeutsche Brauer solle nur mit gleichem Maße, wie der süddeutsche, gemessen werden. Das lei der ganze Zweck deS Antrages. Abg. Dr. Braun(dfr.): Diese Frage hat weniger als alle anderen mit dem Parteistandpunlt zu thun. Es kommt lediglich darauf an, ob man mit den vorgeschlagenen �Mitteln den erstrebten guien Zweck erreicht. Ich will also nicht von Konservativen und Nationalliberalen sprechen, sondern vom Bier.(Heiterkeit.) Ich spreche nicht im Namen von Nord- und Süd-, sondern von Gesammt- Deutschland; und damit ent- spreche ich auch wohl der Vorschrift unserer Verfassung, die leider neuerdings immer mehr in den Hintergrund tritt. Ich will weder im Namen der Produzenten noch der Konsumenrcn sprechen, namentlich nicht der letzteren: denn mein Antbeil an der Biervertilgung ist sehr gering.(Heiterkeit.) Es wird ja imm r gutes und schlechtes Bier geben, wenn man aber die An- klagen hört, die hier gefallen find, wenn die Brauer selbst voll tugendhafter Entrüstung gegen alle Surrogate find, wenn uns Herr Zeitz   mittheilt, daß die Verwendung von Surrogaten fich beschränkt auf Vi od.-r IV, pCt., und wenn dies Surrogat Reis ist: wozu denn der ganze Lärm? Was steht den Herren zu Diensten V(Heiterkeit.) Jedenfalls glauben Sie nicht, daß Sie die Sache besser machen durch solche Anträge I Die Herren scheinen ja gar nicht daran zu denken, daß die Verwendung von gesundheitsschädlichen Stoffen durch da« Strafgesetzbuch mit den schwersten Strafen bedroht ist; nichtZseit gestern erst. sondem schon sehr lange. Sie scheinen auch nicht an da» NahrungSmittelgesetz zu denken. Die hier angeführten Argu- mente find dadurch hrnfällig, daß die Art der Gesetzgebung, welche man wünscht, schon besteht und gehandhabt wird. Ich Leben hat, daran denke» diese Herren nicht zuerst; komme» sie selbst, und wenn eS angeht, kommen sie noch ein paar Mal an die Reihe. Zederman» kann eS natürlich nicht recht gemacht wer» den Den Menschenfreund aber soll eS immer mit Jreude erfülle«, wenn bedürftige Leute Gelegenheit zu rsrwerb finde». Die Lamentationen reicher Akiionäre haben keinen Werth, sie beweisen nur, daß in jenen Krisen kein Geist der Menschenliebe waltet. Der Schnee lindert so manche» Kummer, er hat vielleicht so Manche» über bittere Noih hinweggeholfen, gerade in dieser Beziehung ist er für eine G.oßstadt wie Berlin   segensreich. Mögen sich andere Leute über feine glänzende Reinheit freuen, mögen kramp lhafte poetische Versuche über sein diamentartige« Glitzern gemacht werden, er erfreut un« vielmehr durch die Arbeitsgelegenheit, die er schafft, dadurch, daß er, wenn auch nur vorüber- gehend, Roth   und Elend mildert.
Kerlwtt lltuttt,
Oste«d-Theater. DaS Loo« der Armen". Lebensbild in 3 Akten Stenglin, wurde am Freitag Abend als Novität
im Ostend-Theater gegeben. Ter Autor bat sich den bekannten Spruch zur Richtschnur genommen:Greift nur hinein ins volle Menschenleben und wo ihr's packt, da ist es interessant!" Und er hat es an einer der wundesten Stellen gepackt. Er schildert unS, wie die Macht des GoldeS endgiltig triumphirt über die Tugend, wie die bittere Roth schließlich selbst den charakterfestesten Menschen zur Verzeiflung und ins Verderben ""�DaS Stück spielt in Berlin  , der Inhalt ist einfach, aber e» spiegelt fich in ihm die nackteste Wirklichkeit wider. Ein reicher Kaufmann Namens Blume beschäftigt eine Anzahl junger Mädchen als Verkäuferinnen. Er ist natürlich ein Mann derzahlungsfähigen" Moral, wer kein Geld hat, hat auch keine Ehre, das ist sein Grundsatz und diesen sucht er nach Kräften seinem Arbeitspersonal gegenüber zur Geltung zu bringen. Zu diesem Manne kommt die arme Wittwe B l a g g e mit ihrer jugendlichen, hübschen Tochter Flora, um für diese