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Mr. 33.
Dienstag, den 9. Februar 1886.
III. Jahrs.
Berliner Volksblatt.
Organ für die Interessen der Arbeiter.
Das„ Berliner Volksblatt
heint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin fret in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Wark, wöchentlich 35 Pf. Postabonnement Mart. Einzelne Nummer 5 Bfg. Sonntags- Nummer mit illuftritter Beilage 10 Pfg. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1886 unter Nr. 769.)
Redaktion: Beuthstraße 2.
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Die Vermehrung der ReichstagsWahlkreise.
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beträgt für die 4 gespaltete Betitzeile oder deren Raum 40 Pfg. Arbeitsmarkt 10 Pfennige. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 libr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Bimmerſtraße 44, sowie von allen Annoncen Bureaux , ohne Erhöhung des Preises, angenommen.
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wurde u. N. auch beantragt, aus dem Wahlkreis Dffen bach Dieburg, in dem damals die Sozialdemokratie eifrig thätig war, die Stadt Dffenbach auszuscheiden und fie dem damals nationalliberalen Friedberger Kreise einzu verleiben. Die Vorlage wurde aber damals von der ReDie Anträge und Betitionen auf Vermehrung der gierung selbst wieder zurückgezogen und die Sozialdemofratie hat den Dffenbacher Wahlkreis gewonnen.
Nimmtheit wieder, ein Beweis, daß in weiten Boltskreisen ihrer Bahl entsprechender vertreten zu sehen. Die jüngste Bollszählung hat uns wieder den Beweis geliefert, wie fehr die Bevölkerungsbewegung eine Ungleichheit in der Bertretung herbeizuführen geeignet ist. Wir schwärmen nicht allzusehr für das Repräsentativsystem überhaupt, und für uns war es längst klar, daß auf die Dauer solche Un
In der Petitionskommission ist die Sache nun aber mals zur Sprache gekommen. Der Regierungsvertreter in der Rommission hat nun auch sich über die Sache aus. gesprochen und da eine recht merkwürdige Auskunft ertheilt. Die Behauptung, wie sie früher auftauchte, daß nämlich der Sigungssaal im neuen Reichstagsgebäude eine Ver mehrung der Abgeordnetenfiße nicht bulbe, war bisher von uns niemals besonders ernsthaft aufgefaßt worden. Allein
zuträglichkeiten von ihm unzertrennlich sein würden. Aber der Geh. Dberregierungsrath Nieberding sprach sich in man sollte bem gegenüber wenigftens zu Maßregeln greifen, diesem Sinne aus. Er erklärte, man habe die Dimens bie Unzuträglichkeiten soweit wie möglich zu beseitigen. fionen des neuen Reichstagsgebäudes schon festgestellt und Eine gewiffe Ungleichheit wird bei der starken Bevölkerungsstönne baran nun nichts mehr ändern. Man habe dort bewegung immer bleiben, aber fie fönnte wenigftens auf 400 sehr bequeme Size mit Schreibtischen eingerichtet; ein Minimum beschränkt werden.
Röpfe
vertreten. Nach dem Geseze foll ein Abgeordneter 100 000 Das ist schon ein sehr be
wenn man die Schreibtische beiseite rüden und die Size fleiner machen wollte, so fönne man noch für 50 Abgeordnete Raum bekommen, für mehr aber nicht. Er verwies dann noch auf die Sigungssäle des englischen Unterhauses
fheibenes Maß. Das einstige Frankfurter Pars lament wurde so zusammengesetzt, daß ein Abgeordneter und der französischen Deputirtenkammer, die bei mehr Mite je 50 000 Röpfe vertrat, und doch hatten auch Deutsch gliedern fleiner feien, als der Sigungssaal des fünftigen Defterreich, Tyrol und Deutsch- Böhmen Vertreter zu senden. Reichstagshauses. Was geht es aber uns an, wenn die Aber wie liegt bie Sache heute im Deutschen Reich ? Wir Engländer und die Franzosen ihre Parlamentshäuser un haben ein Stadt von über einer Million; in Berlin
werben
1315 412 Menschen durch sech& Abgeordnete vers
Der Sigungssaal des englischen Unterhauses war oder ist noch so flein, daß sämmtliche Mitglieder nicht darin Plaz
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fallen lallen, das allgemeine Wahlrecht habe sich nicht bewährt". Da darf man denn auch wohl annehmen, daß dem Herrn Baumeister , der den Plan zu dem neuen Parlaments haufe entworfen, der Gedanke vorgeschwebt hat, bas allgemeine Wahlrecht werde nicht mehr lange bestehen und da werde sich auch die Bahl der Abgeordneten eher verringern als vermehren. Man sieht, der politische Reichss tagsbaumeister ist an anderer Stelle auf ein rasches Vera ständniß gestoßen und man hat seine Idee" in aller Form akzeptirt.
Db deshalb gerade das allgemeine Wahlrecht nun auch baldigst verschwinden wird, das ist eine Frage, deren Bes antwortung wir der Zukunft überlassen. Jedenfalls ist es charakteristisch für unsere Zeit, daß die Entwicklung des deutschen Parlamentarismus vor den vier Wänden eines Saales stillstehen soll!
Politische Uebersicht.
In der geftrigen Reichstagsfizung wurde zunächst die Reichsbürgschaft für die Binsen der egyptischen Staats, anleihe in dritter Lesung auf Anregung der Abgg. Kayser und Windthorst in die Budgetkommission verwiesen, worauf dann der Reichstag in die dritte Berathung des Etats eintrat. Bunächst erhielt der Abg. Liebknecht das Wort, der in scharfer Weise in die bekannte Bolendebatte wieder eingriff und das Verhältnis Deutschlands zu Rußland beleuchtete. Hierbei iam der Redner auf die Russische Anleihe vom Jahre 1884 zu sprechen, welche durch die preußische, be züglich deutsche Regierung bei Herrn von Bleichröder und der
treten. Hamburg wird durch drei Abgeordnete vers treten, hat aber mit seinem Landgebiet, das in die drei hatten oder haben. Aber das sollte doch sicherlich nicht Seehandlung vermittelt worden sei. Die russischen Finanzen
Sippe
zur Nachahmung anregen.
Man darf in diesem Fall wohl mit Erstaunen fragen: Ist denn das, was ein Baumeister entwirft, so unveränder lich, daß sich die Vertretung eines Volkes von 47 Millionen Köpfen darnach zu richten hat. Zuerst, sollten wir meinen, kommen doch die Voltsinteressen und dann kommen die Pläne des Baumeisters. Db sich der Bau etwas weniger Db sich der Bau etwas weniger harmonisch in seiner Anlage gestaltet, darauf kommt es doch wahrlich nicht in legter Linie an, sondern darauf, daß
feien auf das Aeußerste zerrüttet gewesen. Der englische und französische Geldmarkt war den Russen verschlossen. Da sek Herr von Giers nach Friedrichsruhe gereift. Die deutschen Rapitalisten glaubten, daß die preußische Regierung mit ihrer Garantie hinter der Anleihe stehe und dieselbe wurde um das Elffache in Deutschland überzeichnet. So müßten einen Theil des eventuellen Defizits, Defizits, welches Rußland bei einem faft unvermeidlichen Bankerott machte, die Deutschen zahlen. Dieses Rußland aber, welches finanziell
Menschen. Breslau mit etwa 300 000 Einwohnern hat wei Abgeordnete, während die Städte Barmen und Elberfeld mit 208 000 Einwohnern nur durch einen bgeordneten vertreten find. Dagegen haben Schaumburgund Reuß ä. 2. mit 40-50 000 Einwohnern auch einen Abgeordneten zu wählen, wobei allerdings angeführt berben kann, daß sie selbstständige Staaten find. Daß biese Vertheilung der Vertretung mehr Gleichgewicht gebracht werden muß, ist klar. Warum scheut man sich denn davor, die Vertretung des Volkes die ihr entsprechenden Räum biese Sache in Angriff zu nehmen? Die Arbeit ist doch lichkeiten vorfindet. Wie das merkwürdig klingt: Die Deuschland unterstügt worden sei, verfolge die Deutschen Verhältnismäßig nicht so groß. Und man kann heute baran Wahkreise für die Vertretung des Deuts
erinnern,
daß vor längerer Beit einmal von der Regierung
felbft ein Antrag eingebracht wurde, einige Wahlkreise abWandern und ihren Umfang zu vermindern, resp. auch zu weil der Sigungsaalim neuen Reichstags vermehren. Damals waren selbstverständlich andere An- gebäude zu klein ift! auungen maßgebend, als die, welche uns den Wunsch Bermehrung der Zahl der Wahlkreise diktiren
schen Reichs mit seinen 47 Millionen Eins wohnern können nicht vermehrt werden,
Feuilleton.
die Tochter des Bankrotteurs.
Roman aus der Gegenwart
DON
Gustav Löffel.
Es
Indeffen darf uns auch das nicht überraschen, nachdem Herr von Puttkamer die Neußerung
hat
in die fie so lange gesehen hatte. Sie legte die Hand barüber, um fie an das Dämmerlicht des Waldes zu ge wöhnen. Gleichzeitig hielt sie lauschend den Athem an.
Sie hörte nichts mehr, und als sie jetzt die Augen öffnete, sab fie Niemanden. Dennoch hatte sie das be brückende Gefühl, als ob ein unberufener Lauscher in der Nähe weile.
Von diesem Augenblicke schwand ihr das Gefühl ruhiger Sicherheit, welches ihre Haltung und ihre Büge bisher charakterifirt hatte. Sie maß furchtsam mit den we aber den von der Sonne vergoldeten Tannenwipfeln die dunkeln Mauern eines alten Schloffes emporragten.
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Don
in den russischen Dftseeprovinzen, es verschärfe die Grenzsperre, führe den Zollkrieg und störe den europäischen Frieden. Db das aber eine nationale Politit" fet, welche Preußen getrieben habe, daß Urtheil wolle er der rechten Seite des Hauses überlaffen. des Hauses überlaffen. Der Abgeordnete Kardoff konnte nichts weiter erwidern, als daß der Vorredner die Arbeit de
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ihrer Herzensangst tam ihr der Gedanke, daß sie sich in dem nicht mehr zu überschauenden Walde verirren tönne. Bielleicht trieb sie ihr unsichtbarer Verfolger, dessen Gegen wart fie fühlte, in einer bestimmten Richtung fort, um sie an einer einfamen, menschenfernen Stelle einzuholen und ihr Stillstand zu gebieten.
Sie wurde in diesem Wahne noch bestärkt, als sie plößlich neben sich eine Gestalt in schwarzem Mantel hinter einem Eichenstamm verschwinden sah. Sie hatte den Verfolger hinter sich gewähnt und nun war er ihr schon
Satten büfterer Tannen Grna Eschenbach. Sie blidte m Ufer eines weiten stillen See's stand halb im rieth in jeder Linie Formenschönheit und Grazie. Die von einem fnappen schwarzen Rachemirkleid umschlossen, vers herabgefundenen Hände waren gefaltet, das dunkle seelens Daffelbe war rings von einem dichten Nadelwald umbegt. verfinsternden Wald, welcher heute gar kein Ende nehmen
traumverloren in den Abendhimmel. Ihre hohe, eble Gestalt, Augen die Entfernung zwischen ihr und jener Stelle ab, zur Seite.
volle Kuge weit geöffnet. Ihre feinen edlen Züge, wie aus Stein gemeißelt, sprachen von nordischer Kälte, das
Sie stand hier am äußersten Rande desselben. Einem raschen Entschlusse folgend, brach fie in jener
Flammenauge aber und die vollen Lippen von südlicher Richtung auf. Doch plöglich hielt sie ihren Schritt an
und legte die Hand auf's Herz. Sie war sehr blaß ge
Cluth. Den zarten weißen Teint hatte offenbar nie eine heißere Sonne gefüßt, als bie, welche jetzt in die tühlen worden. Fluthen des Mürigsees hinabtauchte; aber das üppige
blaufchwarze Haar und der kühne Schwung der schmalen nen, als ob aus einem nahen Buschwerk ein glühendes
Brauen erinnerten lebhaft an den Drient.
So stand fie unbeweglich.
Bei einem ängstlichen Seitenblick hatte es ihr geschies Es war aber damit wie mit dem Augenpaar fie anftarre. Es war aber damit wie mit dem vorhin gehörten Geräusch von Schritten: bei einem zwei ten Hinblid fab fie nur den unbelebten Busch. Dennoch
tein Laut von Menschenarbeit scholl vom Lande her. Nur vermehrte dies ihre Angst; sie schritt nun rascher fort. Rein Segel furchte rings die rofig angehauchte Fläche,
weit, weit brüben läutete ein Glöckchen, mit hellem Silber
Im Anfange warf die sinkende Sonne noch breite
Jett gab es für Erna teine Ueberlegung mehr. Sie floh wie ein gescheuchtes Reh durch den sich immer mehr wollte.
Aber endlich brang doch einmal ein schwaches Dämmers licht zu ihrem Auge, die nahe Lichtung verkündend. Es gab hier nur eine solche, und auf dieser lag Schloß Selchow, baffelbe, deffen Binnen sie vorhin ängstlich mit den Augen gesucht hatte. Dort wohnte fie.
Nun hatte sie den Rand des Gehölzes erreicht, war sie wieder in Rufweite von Menschen! Es war aber auch die höchste Beit. Der Athem versagte ihr, die Kräfte drohten sie zu verlaffen; fie mußte nach dem geneigten Zweig einer Schwarztanne greifen, um sich nur aufrecht zu erhalten. Dort stand fie feuchend still, das Auge willenlos hingleiten laffend, welches sich jetzt ihren
flange die Luft durchzitternd. Der Nachtwind strich mit Schlaglichter durch die schlanken Stämme der Tannen, bald fagenvollem Stauschen durch die düsteren Tannen, mit aber verschwanden jene von Ernas Weg, auf welchem fich Blicken zeigte. Rille Träumerin, und sanft, mit liebevollem Rofen legten zur völligen Dunkelheit vertieften. leifem Finger wob das Märchen seine Schleier um die die düsteren Waldschatten sammelten und stellenweise bis
fich die Wellen ans Ufer.
Sonft war es ftill ringsum, fo friedhofsstill, als wäre alles Leben aus der Welt entflohen, und auch aus ihr, die einem schönen Marmorbilde glich.
Von Zeit zu Zeit ftand sie still um Athem zu schöpfen und zurüdzuschauen, und dann immer war es ihr, als wenn jener gespenstische Tritt noch einmal hinter ihr laut werde. Hierauf verhallte er, um dann nicht mehr gehört
Rnistern und Rnaden des Unterholzes zu ihrem Dhr Blöglich brang von ihrem Rüden her ein verdächtiges zu werden.
Ihr Herz pochte hörbar, ihre Pulse flogen; fie haftete
es war ein Laut wie von schleichenden Menschentritten, die weiter, immer meinend, jezt müßten die Schloßmauern
nicht gehört sein wollen.
Grna zudte zufammen. Sie wandte sich rasch herum. hre Mugen waren aber noch von der Sonne geblendet,
durch die Büsche sichtbar werden. Und immer von Neuem fand fie fich getäuscht.
Es führte kein Weg vom Schloß zum See hinab, und in
Das Herrenhaus von Selchow war ein büsteres Wald fchloß, alt, einsam und zum großen Theil Ruine. An den mit Epheu und Eispflanzen umfponnenen Thürmen und Bastionen, sowie an dem Nachgebauten erkannte man so recht ben allmäligen Niedergang und Verfall eines einst mächtigen und friegerischen Rittergeschlechts. Das Ruinen= schloß hatte übrigens ein ungemein malerisches Ansehen. Der wirklich bewohnte Theil desselben gebot über eine Front von zwölf Fenstern und erhob sich nicht über zwei Etagen. Er stammte aus der Rokkokozeit und machte den großartigen älteren Aufführungen gegen= über einen recht ernüchternden Eindruck. Sein figurens