Sommbsttd, den 6» War; 1886* III. Jahrg. (tlinecttMlall Lrgan für die Interessen der Arbeiter. | UebnMslgt Rtlifiisfltltn. 3« der Kommission für das Sozialisten« iksetz trete« seltsame Aanchle« zu Tage; solche, die m«i nehmen muß und solche, die man beim besten W llen *'4* ernst nehnen kann. Z« den letzteren gehört sicherlich Aeußerung bei natiorall'beralen Abgeorvneten Mar« ;?ardsea, die dahin ging, daß die Sozialisten deshalb in die Kommission eingetreten seien, weil sie sich vor viem.parlamentarischen V rhür" gefürchtet hätten. Nun. sämm lichen Abgeordnete», die im Reichstage eine Rolle Men, ,st dieser Erlaager Professor gewiß derjenige, vor dem 4 die Sozialste« am allerwenigsten zu fürchten brauchen, Ab mm» er sich einbildet, irgend'Jemand Furcht einzu» Me», so überschätzt er seine weithe Persönlichkeit ganz Deutend. Wir kennen im Gegentheil eine Menge von �geordneten der»erschi-densten Parteien, auf welche das �usiretea des Herrn Marquardsea durchaus belustigend �irkt. Mit Herrn Marquardsea uns irgendwie weiter aus- Lander zu s-tze» fühlen wir uns daher in keiner Weise »Nnüsstgt; er gehört zu jenen Leuten, von denen Niemand |* leicht bei idigt werden kann. Ader es find«och andere �ute in der Kommission und uns interessict vor Allem die Mtung der Mitglieder der Zentrumtpartei. Diese haben *4 im Allgemeinen dahin geäußert, man müsse dal Sozia- «steng-s tz allmälig beseitigen und auf den Boden dcSge- �lnen Rechts' zurückkehren. WaS da» letztere bedeutet, wen wir schon auseinandergesetzt. . Aber Herr Graf B a l l e st r e m, einer der Matadore ** ultramontanen schlesischen Adels, fügte»och hinzu, man 'Wisse sich hauptsächlich mit erzieherischen Maß» segeln beschäftig n,. Boa mehreren Seile» wird die Dichtigkeit dieser Aeußerung sehr betont und wir wollen deshalb einmal näher untersuche», was dahinter steckt. W r soll denn erzogen werden, die Jugend oder die Irmachsenen? Eine politische Erziehung von erwachsenen «tuten ist unseres Erachtens nicht recht denkbar. Die Parteien bilden sich auf Grund von bestimmten Interessen Und d e Bedeutung dieser Interessen wird durch keine«Er« «rhung', wenn man bei erwachsenen Leuten von einer »lchen sprechen tan«, sich aus der Welt schaffen lassen. Der «'ksuch wird allerdings häufig gemacht. Die Arbeiter haben 5w'ß ein bestimmtes Jntereffe, sich zusammenzuthun und eine esserung ihrer Verhältnisse anzustreben. DaS Zentrum, jjem Herr Balleflrem angehört, hat schon mehr als einmal r* Arbeitern ganz offen gesagt, das erstrebenSwertheste 'el fstr sie auf Erden sei die Entsagung. Erziehung «Ut Entsagung! Dafür werden sich alle Arbeiter bedanken, IeuMeton. Die Tochter des Dankrotteurs. Roman aus der Gegenwart von Sustav Lössel. Z7I ,..Sie meinen, daß mein Vater irgend eine Schlechtig- g t. begangen, die ihm diese Rache zuzog?' fragte sie "uster. .Das sagte ich nicht," beeilte sich die Andere sichern.«Eine Schlechtigkeit braucht eS darum noch '4- gewesen sein, wohl aber ei» Unrecht....." »Was dasselbe ist l' »Nicht immer!' .Ich glaube an nichts derartiges. Mein Vater hatte * Mensch ohne Zweifel seine Fehler und Schwächen a1 hat sie nicht; aber in seinem Denken und Jodeln war er rein, em Ehrenmann. Ein Feind, der im ,�>Mkein schleicht, kann niemals ein ehrlicher Feind fi v Heimliche Verleumdungen und ein Telddiebstahl '"d keine Waffen eines solchen. Wen« mein Vater wirtlich w? Unrecht begangen und die Rechte eines Dritten irgend- ««schmälert hätte, stand diesem ja der Weg der Klage Ji*"; eine solche wäre bei den Verhältnissen meines Vate-S LT oh'« Erfolg für den Kläger gewesen. Aber nichts S%s sieht man geschehe». Und warum nicht? Doch bat°u« keinem anderen Grunde, als werl z-ner wußte, »7° er kein.»«nfnmA an meinen Vater hatte. »,?>Uben stehen. Ich glaube deshalb an kein Um echt Vaters und verabscheue in seinem Todfeind fernen ».»Erna! Erna I' rief erschreckt Frau Dahlberg.»Mein «3 wenn man Dich hört---- ich weiß nicht ob tch tief sagen Sie nicht, daß ich mrch verMe. nef Lina > bewegt..Wenn Sie bedenken, was»ch da verloren, die nur noch eine» einzigen selbststäadige» Gedankens fähig sind und nur jene Kreise, den;» die ultramontane Agitation da» selbstständige Denken völlig abgewöhnt ha», können sich eventuell für dieEatsarung" begeistern. Die Entsagung soll doch offenbar eine Verzichileistung der Arbeiter auf eine durchgreifende und dauernde Besserung ihrer Verhältnisse sein. Ist dem so. dann wissen wir nicht, wozu da» Zentrum überhaupt Sozialpolitik treibt. Die ultramontaneErziehung' solldem ArbeiterdieUeber« zeugung beibringen, daß die Kirche allein die Mission habe, die sozialen Gegensätze auszugleichen und an Stelle de» beutigen so intensiven Klassenkampfes eine allgemeine Versöhnung treten zu lassen. Aber wird der christlich-soziale Staat, wie ihn einige ultramontane Sozialpolitiker auSge- malt haben, dazu im Stande sein? Ww können das nicht glauben, denn der christlich-soziale Staat paßt in unsere moderae» Verhältnisse so wenig h»ein, wie der FeudaliS« mui von ehedem. Um von der römischen Hirarchie eine den Arbeiterinteressen entsprechende Umgestaltung unserer sozial'ökonomischen Zustände zu erwarte», dazu müßte man so einig sein, wie jene alte» Weiber zur Zeit der fran- zösischen Revolution, die man glauben machen konnte, daß die vom Staate eingezogenen Kircheagüter in Wahrheit,«das Gut der armen Leute" gewesen seien. Wir schwärmen nicht für den groben Materialismus und können u»S eine gute Sache nicht denken, ohne daß sie eine ideale Seite hat. Aber deshalb kann doch die Phrase von derEntsagung" nicht Über die wahrhaften Arbeiter- inter-sse» hinweg schreiten. An diesen wird auch schließlich der Einfluß der römischen Hierarchie auf die Arbeitermassen zu Grunde gehen. Oder will der Herr Traf Ballcstrem da» Heil der Zu« kunft von der Erziehung der Jugend erwarten? Nun, was die ultramontane Partei betrifft, so weiß man ganz genau, was ihr Ideal der Jugenderziehung ist, nämlich eine solche, bei welcher der Einfluß der Kirche durchaus nur in solchem Grade vorherrschend ist, daß alle andere Einflüsse hinter demselben zurücktreten. Wir haben eine solche Jugenderziehung in Oesterreich , in Spanien , in Italien und in anderen Ländern seinerzeit gesehen und die Resultate derselben sind von der Geschichte verurtheilt worden. Herr Ballestrem und Genossen mögen uns mit ihren veralteten Theorien von Erziehung verschonen. Wenn sie eS mit den Arbeitern aufrichtig meinen, so möge» sie zunächst für die Bes.itigung des Sozialistengesetzes stimme», damit den Arbeitern wieder freie Bewegung gewährt werde; dann aber möge» sie dafür sorgen, daß den Massen eine Bildung ge- währt werde, die den Anfoiderungen der modernen Zeit entspricht. Das werden aber Ballestrem Gnd Genossen wenn Sie bedenken, was ich da gelitten.... die mutter« lose Waise so beraubt..... ist eS nicht schmachvoll?! Ich bin ja freilich nur ein Weib und sollte klagen, wo ich drohen möchte. Aber die Lohe deS Hasses schlägt hoch auf in meinem Herzen, wenn ich daran denke, und etwas zuckt und zieht in meinem Arm, als müßte ich nach dem Dolch dort greifen und jene» Todfeind meines Vaters niederstoßen. Ach, hätte» Sie ihn nur gckannt, fo wie er war, Sie würden mich nicht tadeln, Sie würden meinen Zorn ge- recht und cS begreiflich finden, daß ich dem lichtscheuen Vernichter meines Erdenglückes aus tiefstem Herzen fluche......!* Erna!' Es klang fast wie ein Angst« und Hilfeschrei von den Lippen der Anderen, welche erdfahl und mit dem Aus- druck starren Entsetzens auf das erregte junge Mädchen blickte. Ja, meine Theuere," sagte Erna,nun, vergaß ich mich, da ich S i e mit dem Ausbruch meines Hasses schreckte, der ich nur Gute» und Eclösunz aus der Schmach, dem Elend danke. Verzeihen Sie. E» ist so über mich gekommen. Ich konnte mich nicht mäßigen. Lassen wir diesen Punkt für die Zukunft unberührt. Es ist ei» wunder Fleck in meinem Leben, und wenn man den berührt, dann möchte ich aufschreie« vor Schmerz und tiefem Weh ... Aber ich habe Sie wirklich erschreckt. Sind Sie mir böse?' Frau Dahlberg faßte sich. Böse Dir.... Ihnen? Niemal«!" beb!e es über ihre bleichen Lippen.Aber Sie haben recht, Erna. Kommen wir hierauf nicht zurück. In diesem einzige« Punkte gehen unsere Meinungen auseinander.' Und seit jenem Tage wurde des Gegenstandes und dieser Szene zwischen Ihne» nicht mehr gedacht.--- Als Erna eines Morgen« im Salon erschien, fand sie Hemr Gontard bei ihrer Freundin. Bei ihrem Erscheinen überzog sich das Antlitz der letzteren mit Leichen« blasse. Nicht minder heftig erschrak Erna, auch Gontard wechselte leicht die Farbe. Gleich darauf zuckte aber ein Blitz des Triumphes über seine leidenschaftlich erregten Züge nicht thun. Ja dem Moment, da das Volk Zeit, Gelege»- heit und Mittel hat. sich die Bildungsmittel unserer Tage in entsprechendem Maße zugänglich zu machen, werden die Ballestrem und Genossen so schnell von der politische« Bildfläche verschwinden, wie die Herren Kleist-Retzow und Köller. DaS wissen die Herren so gut wie wir. Also mögen sie ihre Phrasen vonErziehung' zu Hause lasse». Politische Ueberftchl Die gestrige Monopoldebatte im NetchStaae war wenig anfrezend. Die Redner Iprachen ungemein fachlich, fast allzufachlicb. Da nun die Presse schon seit Wocben in auS- giebigster Weise dm Branntweinmonopol Entwurf besprochen hat, so wurden! doch im allgemeinen nur bekannte Gesichts- punkte berührt. Nur der Ada. Schumacher gab verschiedene interessante Details zum Besten und setzte dem Ava. Eugen Richter den Unterschied zwischen Monopolismus und SozialiZ- mus auseinander. Allgemein wurde im Reichslage hedauert, daß der Reichskanzler nicht anwesend war, da man sonst wobl anstatt einer im allgemeinen langweiligen Monopoldebatte eine aufregendeSozialmonopolendebatte" gehabt haben würde. Im Bundeiratb ist ein Antrag Preußens eingebracht worden über die Heranziehung von Militär- perfonen zur Gemeindedesteuerung. Der Gesetz« entwurf enthält nur drei Paragraphen; deiselbe bebt die Steuerfreiheit des außerordenllichen Einkommens der Militär- Personen auf und überläßt die Heranziehung deffelb'n zu Ge- meindeadgaben der LandeSgesetzgebung. Wenn dieser Gesetz­entwurf angenommen wird, dann dürfte auch endlich daS Penstonsgesetz für Reichsdeamte Erledigung finden. Dir Unfallverstcherung der«and« und forftwirth- schafttichen Arbeiter stößt in der R-ichstagslommijfion auf große Schwierigkeiten. Die letzten Beschlüsse über die Ver« tretung der Arbeiter in den Schiedsgerichten bei der Unter- suchung von Unfällen und im ReichsversicherungSamt, so schreibt derHamb. Korresp.", beweisen zur Genüge, daß die Majorität der Kommission eine wirkliche Vertretung der ländlichen Arbeitnehmer für unzulässig hält. Die Arbeitcrvcrtreter wcrdm mit Ausnahme des bei dem Mangel der obltgatoiischen Krankenversicherung nur auS- nahmsweise vorkommenden Falles der Wahl durch die Vor- stände der Krankenkassen nicht durch Arbeiter, sondern durch Behörden gewählt, von welchen die Vertretung der Gemeinde- und Kommunalverbände fast allein die Klaffe der Arbeitgeber repräsentiren. Wenn schon die industriellen Arbeiter kein Urbermaß von Rechten bei der Unfallversicherung erhalten hoben, so werden die landwirthlchaftlichen noch viel schlechter behandelt. Den praktischen Werth der Vertretung der Arbeiter mag man ja für jetzt und insbesondere bei den ländlichen Ar- beitern nicht allzu hoch anschlagen; aber sobald die Arbeit« nehme? erst gelernt haben, sich um ihre eigenen Interessen zu kümmern und die richtigen Vertreter herauszufinden, wird ihre hin. Frau Dahlbcrg und er waren offenbar in einer er- regten Debatte begriffen gewesen; jetzt schwebte über de» Dreien jene tödtliche Stille, welche das Vorzeichen des nahe» Sturmes ist. Gontar» faßle sich zuerst. Fräulein Eschenbach!' rief er, in freudiger Ueber« raschuna ihr die Hand hinstreckend.Welch' unerwarietc« Wiedersehen......." Und als sie ihn nun anstarrte, ohne die dargebotene Hand zu beachten, legte sich wieder der ihr bekannte höhnische Zug um seine lächelnd verzerrten Lippe», als er fortfuhr:.Allerding« vermögen Sie wohl nicht recht an meine Wesenheit zu glauben....... eS liegt hier aber ein weikwü'dige» Spiel des Zufalls vor, wie es wohl»ur selten im Leven beobachtet wird. Frau Dahlberg, meine Verwandte.. Die Genannte machte eine Bewegung, welche aber mehr der Abwehr, als der Zustimmung glich. Erna blickte sie groß an. Allerdings nur entfernt verwandt," sagte Gontard rasch, wie um jene einer Antwort zu überheben; und dann fuhr er mit der gleichen Geläufigkeit fort:Also, um eine lange Geschichte kurz zu machen: Frau Dahlberg ist die Echwä- gerin meiner längst verstorbenen Mutrer und gebietet, waS Ihnen wohl schon bekannt sein dürfte, über ein kolossales Vermögen. E« bestand bisher eine gewisse Spannung zwischen uns, wie meistens zwischen entfernteren Verwandte», deren Vermögenslage nichi die gleiche ist. Wir korrefpou- dirten nicht, und auch diese Begegnung wäre wohl unter- bliebe«, wenn ich sie nicht durch Urberrumpelung erzwungen hätte, um Ihretwillen!" Um meinetwillen?" hauchte Erna, von einem zum andern blickend. Gontard ließ sich weder dadurch, noch durch die tödt- liche Verlegenheit, welche sich in Frau Dahlbergs Haliung be­kundete. einschüchtern. Ja, F.äulein Eschenbach, um Ihretwillen,' bestätigte er.Ich bin mir leider nur zu wohl bewußt, daß e« mir niemals gelungen ist. Ihr Vertrauen zu gewinnen, oder auch nur ei» gütiges Lächeln Ihnen abzuschmeicheln. Trotz- dem war mir der Gedanke unerträglich, daß Sie, die einzige Tochter des Mannes, dem ich so viel verdanke, aus so hef-