Sr. 57. Dienstag, den 9. März 1889. IH. Jahrg. crliurVÄMll Krgan für die Interessen der Arbeiter. Kit dnLisiwz iirr siziilw Frlze" �schäftigt sich jetzt alle Welt, weshalb sollte ma» e< dem IchleSwig-holsteinischeuProviazial'Land» *»8 oetbtale«, daß auch er sein Scherflem zu dieser Lösung °iitrafte» wollt». Zm Allgemeinen hat dieserTag" seine Arbeite« Wer# rasch erledigt, nur bei der sogenannten Vaga« »ndenfrage machte er Halt und gab de« einzelnen Mitgliedern Gelegenheit, ihre Weisheit in ausgiebigster W«ise kund zu thun. Mit der Arbeiterkolonie Rickliug will eS nicht so recht "WttätM gehen. Dieselbe schwebt immer in Geldkalamitäten, �gleich ihr die Provinz M. 65 OOO geliehen hat und die Heu Hautkollekten M. 97 000 eingebracht haben. AuS Kalamitäten geht hervor, daß die Kolonie auf die Mtier nicht aut PrrvatmUtel» erhalten werden kann und Ni der Staat oder die Provinz sie übernehmen muß, wenn bestehen bleiben soll. _ Vor der Hand hat ma» auf dem Proviazial-Landtage 100 000 auf die Dauer von 5 Jahren bewilligt, ob« äUich der Landesdirektor von Ahlefeldt sich gegen vat «nieheu aussprach,weil provinzielle Beiträge de» ?»Ichei« erweckten, als übernehme die Provinz die «flicht, Arbeit zu schaffe«, was ei» sozia listisches «rinzip sei." Der biedere Landeidirektor! Ein sozialistisches Prinzip die von der Provinz unterstützten Arbeiterkolonien! %*»« find auch die jetzt schon bestehende» Armen- und Arbeitshäuser, die ja nach dem Fürsten Bismarckdat Recht ?Uf Arbeit' für jeden Preußen garantire«, erst recht ei» �jialistische» Prinzip. Für diese Auslegung de« Soziali»- *ivg bedanken sich aber trotz de» Herrn Landesdirektors die Sozialisten am allermeisten. , Sin Antraq, Ermittelungen über die Ursache der in Hl« Zeit in Schleswig-Holstein wieder in erhöhter Weise �ftretenden..Vagabondage' anzustellen, wurde abgelehnt. Diese Ablehnung wurde von dem Bürgermeister von Schleswig , dem früheren Staatsanwalt Herrn Heiberg, be- Windet. Arbeitslosigkeit spielt nach de« Anschauungen WsiS Herrn nur eine geringe Rolle bei der Vagabondage. P'r Arbeitslosigkeit aber könne man sehr leicht Abhilfe Raffen durch Neubelebung und Erfiarkuna de« JnaungS- SHn«. Hört Ihr eS, Arbeiter von Schleswig I Di« , kbeitllosigkeit, die so ungemein drückend auf ..serm gesammte« wirthschaftliche» Lebe« lastet, die zahl« «Familien der Arbeiterklasse unglücklich macht, sie könne beseitigt werde». Ein Hofiannah Eurem Bürger- KeuMeton° Die Tochter des Bankrotteurs. Roman au» der Gegenwart von Gustav Lössel. *] »Tr ist mir für immer verloren,' schloß sie ihren er- Winden Bericht,.und dennoch gehöre« meine Liebe und W» Leben ihm. ihm ganz allein. Er achtet Beide« nicht, ichreitet darüber hmweg zum Altar mit einer Anderen Z-- gleichviel, in meinem Hnzen erlischt di« Erinne. nicht; ich war einst vorübergehend glücklich durch ,h». in»"Ntr et auch nur ei» Traum von Glück, so will ich Mich *«ie aus seinem Banne begebe»---* ,,, Ehe Frau Dahlberg noch etwa» erwidern konnte, er« te die Hausglocke. Erna sprang auf. | jwvon, und ich will nicht, daß er seine« Haß '/Bernhard wirft. Ich geh« solange«uf mer« Zun. * Wen« er fort ist. laffe« Sie e« mich durch erne "orin wissen" Die««ar halb geflüstert, und mit dem letzten Wort Zugleich wurde' die fernere Thür ungestüm geöffnet und Hd trat herein. Er kam rasch'»banger Erwartung . chon von weitem bemüht, in seiner Verbündetea Zügen i.en. Er hatte Frau Dahlberg um diese Unterredung VAK & ÄÄf f "�eh«» blieb..Was sagt Ihre Tochter, $%%%% «eister und rasch in de« deutsche« Reichstag mit ihm! Das ist der Manu, de« da» arbeitende Volk braucht, da» ist der Messias de« neunzehnten Jahrhunvert«, de« der Heros desselben füglich beneide« muß. Einen wesentlichen Theil der Schuld an der Vaga- bondage trage die Sozialdemokratie. Dieses große Wort sprach der frühere Herr Staatsanwalt gelassen au», ohne dasselbe näher zu begründen, al« durch die Bemerkung, die Sozialdemokratie erzeuge Unzufriedenheit. Andere Leute wollen wissen, die Unzufriedenheit mit den Verhältnissen er« zeuge Sozialdemokraten. Aber ein Staatsanwalt hat ja immer recht und damit basta! Di« Hauptschuld aber, so erklärte dieser geniale Volkswirth weiter, trage der Reiz, welcher-in dem Vaga- bundenthum liege. Ein netter»Reiz" da«! Vor un« liegt eine Statistik aut Leipzig , die der dortige Staat»« anwalt angefertigt hat, au« der ma« ersieht, daß in einem Jahre in 68 Fällen Personen verurtheilt worden find, die ei» Verbrechen oder ein Vergehen begange» habe», auSg«- sprochenermaße«, um von der Landstraße fort in» Gefängniß zu komme». Und wie in Leipzig , so geschieht die» in taufende« und abertausend«» Fälle» im ganze» Deutschen Reich! O dieserReiz" des Vagabundenlebens, wenn der Magen knurrt, wenn da» kalte Echneewasser durch die zerrissene« Stiefeln dringt, wen« der in Lumpe» gehüllte Reisende dem schneidende« Ostwinde entgegenkeucht und endlich an einem Strohdieme» niedersinkt, um in Kälte und Elend zu Grunde zu gehe». O dieser.Reiz' des Va- gabundenleben»! Ja, da« ist ein viel größerer Reiz, al« wenn ei» Herr Bürgermeister behaglich im Lehnstuhl mit der lange« Pfeife sitzt und in aller Gemüthsruhe feine« Namen unter die vorgelegten Aktenstück« zeichnet, oder wenn, wa« wir übrigen« jedem Mensche» wünsche«, ein Herr Bürger- meist« im Kreise seiner Familie seine Tasse Mokka schlürft «der im MrthShause bei einem Glase Rothwein am Stammtisch plaudert und dort die schwere« Amtssorge« ver- gißt. O, d a« hat gar keine«.Reiz'; wie viel besser hat e« doch der Vagabund, wie herrlich ist doch da« Vagabunden« lebe«! E« ist nur unbegreiflich, daß der frühere Herr Staat«- anwalt und jetzige wohlbestallt« Herr Bürgermeister nicht selbst einmal de«Reiz" de« Vagabundenlebens durch- kostet, er begeht ja durch diese Enthaltsamkeit ein Unrecht gegen sich selbst. Auch hatte Herr Heiberg große Sympathie für die Stockprügel, die jedenfalls denReiz" de« Va- gabundenleben» noch erhöhen solle», doch fand er dabei ihr Innerstes. Sie warf durch die Thürritze eine» zorn- sprühenden Blick auf de« Sprecher; aber der Ausdruck anf seinem todten, bleiche» Antlitz ließ sie erschrocken zurück- fahre». Sie wollte sich fortwenden, al» Frau Dahlberg selbst die« vereitelte, indem sie rasch auf die Thür zuschritt, die- selbe noch weiter öffnete und so nach der fernere» Thür spähte, welche geschlossen war. Siill I' rannte sie dabei warnend dem Andere» zu. .Wa« giebt'S?' fragte Gontard leise. .Nicht«, nicht»,' sagte ste beruhigend.Sie ist schon hinaus. Aber lasse« wir die Thür so offen; die andere ist zu. War Jemand im Vorzimmer?" .Nein." Dann find wir geschützt vor Lauscher». Setze« Sie sich." Er that eS, sehr unzeremvniö«, wie e« Erna schien, welche ihre« Wachtposten nicht mehr verlassen konnte. Die fernere Thür, die einzige, die au« dem zu« Glück dunklen Zimmer führte, war emaeklinkt und bis zu ihr Hera » fiel ei« breiter Lichtstreifen. Erna hätte sich also bemerkbar mache« müsse«, wenn sie fort wollte; und letzt wäre sie Gontard um keine» Preis entgegengetreten. Ihre Umständlichkeit läßt mich nicht« Gute« erhoffe»,' «ahm er wieder da» Wort.Wird Erna meinen Antrag annehme»? ja oder nein?" Es lag eine so rücksichtslose Rohheit in dem To« dieser Frage, daß Erna das Blut in die Wangen trat und sie zu« nächst eine heftige Zurechtweisung von Frau Dahlberg zu hören erwartete. Statt dessen bebte ei» schüchterne».Nein" über die Lippen der letztere», kaum laut genug, um von Erna vernommen zu werden. .Nein,' wiederholte Gontard brutal,.ich hatte von Ihnen nicht« Andere« zu höre» erwartet. Und ich kann mir auch denken, warum diese«Nein"; Sie liebt eine« Anderen Frau Dahlberg schwieg betroffen. Liebt ihn noch immer," fuhr Gontard fort.Ihr Schweige» bestätigt e« mir." Er sprang auf.Und da« «ach so langer Trennung!' sprach er zornig. nur gering« Gegenliebe, so daß er sich mit seinerAn- regung" der Prügel zufrieden gab, die nach seiner Ueber- zeugung jedenfalls einigermaßen Wandel schaffen würde», die aberin Hinblick auf die moderne Anschauung von der sogenannten Würde des Menschen und der Freiheit de« Individuums" nicht mehr in Anwendung kommen könnte«. Da« hat der prügellustig« Herr Bürgermeister doch herausbekommen, daß dieWürde des Menschen ", und sei e» auch nur die.sogenannte", doch schon einige« Recht beansprucht und daß an diesem Rechte mancher RcaktionS- stier noch seine Hörner ablaufen wird. Aber unser braver Bürgermeister hat auch in der That ein ganz probate«,«in radikales Mittel, um die Vaga- bundesfrage zu löse», dessen Empfehlung er sich zum Schlüsse seiner Rede aufsparte. Dieser Man« hatte den Muth, fol- gende« zu erklären: Wenn die Uebervölkerung erst derartig zugenommen hat, daß die Existenz und da« Wohlbefinden des ganzen Volke« bedroht erscheinen, dann wird man diese Anhängsel de« Volke«, da« arbeitsscheue Gesindel, ge- waltsam ausmerzen. Man wird sie exportire» und eine Art afrikanischen Sibirien « installiren müsse». .Arbeitsscheues Gesindel!" Vor wenigen Tage« hat der Begründer der ersten Arbeiterkolonie, Herr Pastor von Bodelschwingh au« Bielefeld , in einer Versammlung zu Leipzig erklärt,.daß heutzutage so Mancher, der da« redliche Bestrebe« habe, Arbeit zu er- lange», solche doch nicht erlangen könne' dadurch werde dann der von allen Mittel« entblößte Mensch leicht zumVagabunden".---.Diesem traurige» Ver- hängniß gegenüber, da« so manchem Brave« drohe, dürfe die christliche Nächstenliebe nicht müsstg bleiben." Herr Bürgermeister! So redet ein hochkonservativer Mann, ein Pastor, mit dessen übrige» Ansichte« wir un« allerding« nicht befreunden können. Einem konservativen Staatsanwalt, einem konservative» Bürgermeister aber müßten jene Worte der Milde, der Menschenliebe, de» Christenthum « doch in da» Gewisse» reden, wenn dasselbe nicht allzusehr verhärtet ist. Arbeitsscheues Gefindel I Fort mit ihm nach Kamerun , damit e« gewaltsam ausgemerzt werde der soziale Doktor Eisenbart sagt: Ja, schlagt die arme» Leute todt, Dan« ist geendet alle Roth! und die soziale Frage ist gelöst. Woher kennen Sie denn die Geschichte?" fragte Frau Dahlberg erstaunt.Erna meinte doch---" Ich kenne sie nicht," fiel Gontard lachend ei».Frei- lich ließ ich sie in diesem Glauben, um mich nicht intereffirt scheinen zu lassen. O, ich kenne sie besser, al« sie selbst sie kenn», diese Geschichte, in welcher ich selbst die Rolle der Vorsehung übernommen habe." Sie?" .Ich, Madame; und um Ihne« da» zu erklären, will ich Ihnen mit kurzen Worten berichie», wa« von meiner Seit« Alle« geschehen, um meine« Nebenbuhler au» dem Sattel zu heben." Er erzählte nun Alle», wa« wir aus dem ftüher Berichteten schon wissen, mit seiner ersten schlechten Auskunft an Winter senior beginnend, bis zu der hier gesprochenen Lüge von Bernhard» naher Hochzeit. Und alle» Das", rief er am Schluß verzweifelt,um heute diese Antwort von Ihnen zu erhalte»! Ich weiß überhaupt»'cht, woher Sie angesichts der Ihnen bekannte» Thatsachen de« Muth zu einer solche« Antwort an mich nehmen. Oder glauben Sie wirklich, daß Sie mich mit einem einfache«:Nein sie liebt einen Anderen" ab­speisen körnen, Frau Kommerzienräthi»? Sie vergesse« wohl zu Zeiten, daß Sie in meiner Gewalt sind, und d«ch «S mich ei» Wort kostet, um Sie in'» Zuchthaus zu bringe«.' Jn'S Zuchthaus mich?" fuhr Frau Dahlberg auf. Eher kommen Sie dorthin, Sie Elender!' So?" sagte er mit kaltem Hohn..Nu», ich lebe einer bessere» Hoffnung. Vielleicht gestatte« Sie«inst weile»«in paar kleine Erinnerungen.... de« Mord de« arme« Baron» von Selchow Sie habe« ihn auf dem Gewisse«.... das Zuqeständniß an Ihren Gatte», daß Sie schuldig Sie habe»«s unterschriebe«.... der Ruin de« brave» Manne » er ist Ihr Werk.... den Diebstahl der halben Million Sie habe» ihn ausgeführt..... und wer weiß, ob e» wirklich nur ein Schlaganfall gewesen, der Ihre« Gatte-, de« arme» Kommerzienrath, meinen Chef, todt auf den Teppich niederstreckte!Sie wird ei doch nicht wage», mir Gift zu geben!"...... Da» waren seine von dem Kammerdiener überhörten Worte am Abend de« Tage», an