Zokales. . Thierschutz. Wir erhalten folgende Zuschrift: Ein dunkles Kapitel in dem Leben der Menschen ist ihr Verhalten (Mtn die Thier«. Der Mensch wurde durch seine Ueberlegen- deit der Herr der Thierwelt, aber er bat kein Recht, deren Tyrann zu sein. Wie die vertßnstelten Stuben', Sladt- und valonmenschen fast alle BeziebungenZzu der Thierwclt abge­brochen haben und fich höchstens noch durch einen im Kerker sitzenden, schmachtenden Vogel an die Lebewesen da draußen erinnern laffen, so haben fie auch gar keine Fähigkeit mehr, mit der Thierwelt recht zu verkehren. Hochmüthig steht man auf «ieThiere herunter(außer auf die Echooßbündchen. D. Red), M fie ferne von fich, geht ihnen, wie Unholden, aus dem Wege, und der bloße NameThier" ist diesen Menschen schon eine verächtliche Bezeichnung.(Siebt es aber Jemanden, der da sagen kann, warum er selbst nicht ein Thier wurde, anstatt ein Mensch? Es ist wahr, eS liegt ein unermeßlicher Borzug darin, Mensch zu sein: soll indeß derjenige, dem «ine solche Bevorzugung unverdient zu Theil geworden, sich deshalb davon entbunden betrachten, Barmherzigkeit Segen die zu üben, denen solches Glück nicht beschieden wurde? D a r w i n hat ein Buch über den Ausdruck der Ge« müthsbewegungen bei den Thieren geschrieben und darin ge» ««igt, daß die Aeußerunaen de? Schmerzes, der Jreude, deS Widerwillens k. fich bei den höchst entwickelten Thieren und den Naturvölk-rn ähnlich und gleich find. Im schönen Werk von k ch e i t l i n:Tbierseelenkunde", wird auf vielerlei Züge von Dankbarkeit und Treue bei den Thieren aufmerksam ge- wacht, sowie auf deren Mäßigkeit im Genuß von Speise und Trank, ihre Geduld im Ertragen von Schmerzen und Krank- beit, ihren Fleiß nnd ihre Ausdauer bei der Arbeit, ihre llederlegung und Klugheit, ihre Liebe und AufopferungSfähig- für ihre Jungen rc. und beide Gelehrte beweisen hier- vurch, daß keine so große Kluft den Menschen vom Thier« «rennt, als es der dünkelhasteHerr der Schöpfung" bisher ahnte oder arigeßand. Solche Beobachtungen haben vielleicht Friedrich den Großen veranlaßt, von seinen Lieblingsthieren zu sagen:Sie besaßen alle Tugenden der Menschen ohne deren Laster." Lamartine schreibt in dem Humanitären GedichtDer Fall des Engels": «Ihr sollt selbst mit den Tbieren Freundschaft schließen; Sie haben einen nur dem Grade nach verschiedenen Geist; Ihr sollt ihn anerkennen. In ihren Augen schlummert wie ein Traum DaS Morgenroth der werdende« Vernunft; Ihr sollt nicht dieses mäste Licht ersticken, Die Strahlen einer höheren Bestimmung. Versüßt ihr LooS und lernt ihr Wesen kennen!" Strebst du, lieber Leser, wahrhaft nach edler Menschlichkeit, io kannst Tu es bekunden, indem du folgende Grundsätze zur Richtschnur deines Handelns nimmst: 1. Verursache einem Thier« nicht Schmerzen, die irgendwie >u vermeiden find. Soll da? Thier geschlachtet weiden, so ge- ftehe«z mit möglichster Schonung und mit möglichster Rasch- xii bei der Ausführung. Bei überflüsfigen oder schädlichen Thieren giebt die Nothwendigkeit, fie zu vernichten, dir noch «in Recht, fie zu quälen. Darum tödte schnell und möglichst leicht. _ 2. Halte die Kinder vom Schlachten der Thicre fern. Wenn dem kindlichen Herzen durch häufigen Anblick deS unge- »nderten Schmerzes das Mitleid verloren geht, dann werden «n demselben die besten Vorsätze so wenig Wurzel fassen und im Reife gelangen, so wenig der beste Pflanzensame auf wirrem Fels gedeiht. , 3. Pflege deine HauSthiere und halte fie rein. Niemand Masse fich Thier« an, falls er fie nicht zur Genüge füttern Nn. Lasse ein krankes Thier nicht arbeiten, sondern sorge tzafür, daß ihm die nothwendige Behandlung widerfährt. 4. Ermüde deine Zugthiere nickt übermäßig, lasse fie weder jji starker Hitze, noch bei strenger Kälte lange im Freien stehen. Schlage kein Thier im zornigen GemüthSzustande, mißhandele «S nicht mit unmenschlichen Hieben, vielleicht in der irrigen Meinung, daß daS Thier aus bewußter Bosheit nicht folgen wolle. _ 5. Schone die Wald- und Singvögel: fie befreien die Tärten, Aecker und Wiesen von schädlichen Jnseften. Wer die jungen Vögel auS den Nestem holt, handelt nicht nur roh, sondern auch höchst unklug. , 6. Wenn du stehst, wie Andere den Tbieren BöseS thun, so widerrathe ihnen und belehre fie in den Pflichten des Thier» nutzes. Vor dem Ehrenrath der Anwaltskammer wurde am Sonnabend unter dem Vorfitz deS Justizrath Wilmowiki in ««Nem Saale des KammergerichtSgebäudes gegen den biefigen Rechtsanwalt und Notar Qumstädt in ISstündiger Sitzung verhandelt. Unter den Belastungszeugen figurirte namenllich ?uch der Kellner oder Geschäftsführer einer hiefigen Wein« NNdlung, welcher eine von dem betreffenden Rechtsanwalt in Aigen wart seiner(deS Rechtsanwalts  ) Gattin und anderer Kirsonen gemachte Äeußerung in weitere Kreise gebracht hatte. fRr Angeschuldigte, welcher bekanntlich schon vor dem Audienz- «rmin seine Stellung al« Rechtsanwalt freiwillig aufgegeben Und dies auch dem Vorstand und dem Ehrenrath der AnwallS« «ammer angezrigt hatte, was indeß letzteren doch nicht hinderte, L?S eingelertete Verfahren zum Abschluß zu bringen, war zum Finnin erschienen und vertheidigte fich selbst, ohne jedoch einen ififolg zu erringen, denn eS wurde gegen ihn auf Entziehung ver Befähigung zur Ausübung der Anwaltspraxis erkannt. gS ist dies seit Bestehen der neuen Justizorganisation der fünfte pull innerhalb des KammergerichtSdezirkS, daß Rechtsanwälte n dieser Art ihreS Amis verlustig gingen. Vier dieser Fälle «Wimen auf Berlin  , einer auf Brandenburg  . i*. Da« LSjiihrtge GeschäftS-Jubiläurn deS Hoflieferanten Wein-Großhändlers Friedrich Schulze, Königgrätzerstrahe 15, Med in geschäftlichen Kreisen mit Interesse erwartet. Der Chef Firma, welcher jetzt im 50. Lebensjahre steht, etablirte am l April 1861 im Eeegert'schen Hause sein erstes Geschäft. Ein Jtohr später eröffnete er den weit über den Bereich der Restdenz ManntenLeipziger Garten", der noch jetzt, ebenso wie die Zisiamationen der drei Parlamente, deren Lieferung Herr {» Schulze hat, von ihm kaufmännisch betrieben wird. An- gUß« der 70er Jahre ei wetterte fich daS Geschäft, nachdem der Inhaber korporirtes Mitglied der Kaufmannschaft geworden, M entstand dasjenige rn der Königgrätzerfiraße 15, daS in Monster Blüthe steht._. i. Tausende und Abertausende von Schlittschuhlaufern 'Pen am Sonntag wieder die Eisbahnen in und um Berlin  Ugesucht. Es zeigte fich allerdings bei den meisten künst- N«n, d. h. durch L-ttungS- oder Brunnenwasser beigestellten �bahnen, daß die Tazessonne doch schon zu große Gewalt xwonncn und die Bahnen unbrauchbar gemacht hatte. Das |!ä auf der Rousseau-Insel und auf dem Karpfenteich bei 5'«Dtow, sowie auf den Seen der Umgegend bot aber noch % vorzügliche Bahn und es waren deshalb alle diese Orte «ch außerordentlich delebt. w.. Ein unficheres Hau«. Das HauS Landsberger straße 32. �lch-z dem Landrath und Kataster-Kontroleur H., beide Nverhald wohnhast, gehört, und von dem Stadverordneten und ?«ch>sanwalt H. verwallet wird, hat zwei Straßenfronten, erne M der Landsberger- und eine nach der Landwehrstraße, und M täglich von Tausenden von Menschen als Durchgang bc- M. Die Miether find nicht im Stande, diese Benutzung zu N°ern und die Anlegung eineS vrrscklossenen GitterS quer ltn bot ist nicht zu erlangen. Dem Einschleichen von Nnbel ist hierdurch Thür und Thor geöffnet, zumal die 6 Treppenaufgänge zu den Werkstatt« und Lagerräumen. z-N« nach Schluß der Werkstätten nicht benutzt werden, ohne 'irren find. Vor ungesah: drei Wochen ist schon auf dem Grundstück ein Boden erbrochen und Wäsche gestohlen, dann einige Tage später dem Tischlermeister G. Bretter, und in jüngster Zeit wiederum eine Kiste, und von dem fich auf dem Hofe befinden- den Wagen Verpackungsmaterial zum Möbeltransport fortgenommen worden. Vorgestern Abend kam nun das Fuhrwerk deS Tischlermeisters G. sehr spät nach Hause, und da dasselbe beladen auf dem Hofe stehen blieb, war er besonders wachsam und gab Obacht, wer fich auf dem Hofe herumtrieb. Seine Aufmerksamkeit wurde bald durch ein paar Leute erregt, welche fich in auffälliger Weise auf dem Hofe zu schaffen machten. Herr G. forderte die Leute auf, den Hof zu verlassen. An« scheinend kamen diese auch der Aufforderung nach, allein Plötz- lich drehte fich einer der Strolche um und stürzte fich mit drohen- den Worten und erhobener Faust auf G- E« gelang Herrn G., den Angreifer festzuhalten; ali die» jedoch die Komplizen sahen, fiel einer derselben Herrn G. von hinten an und zwang ihn, den Erstgcpackten loszulassen, welchen Augenblick dieser benutzte, einen Spaten zu ergreifen, einen Schlag auf den Kopf des G. zu führen und diesen befinnungSlos zu Boten zu schlagen. Durch den entstand, nen Lärm waren mehrere Hausbewohner aufmerksam geworden, welche nun dem G. zu Hilfe kamen und wenigstens ernen der Strolche, welche zu entrinnen versuchten, festnahmen. Nur dieser unerwartet kommenden Hilfe hat an« scheinend Herr G. es zu verdanken, daß er nicht schwerer miß« handelt oder gar getödtet worden ist. Um dem Hungertode zu entgehe«, stürzte fich am Montag, den 8. d. M, Nachmittags 4'/, Uhr, ein anscheinend dem Arbeiterstande angehöriger Mann in den dreißiger Jahren an der Halleschen Thorbrücke am OmnibuS« Halteplatz von einem dortstehenden Kahn auS ins Wasser, nachdem er noch vorher zu einem Gasanzünder geäußert:.Letzt habe ich be> reits 13 Wochen keine Arbeit, ehe ich verhungere, lieber gehe ich ins Waffer." Den Worten folgte auch alSbald die That, indem er dieselbe in obiger Weise ausführte. Der Gasan- zünder, welcher ihn beobachtete, ließ durch die betreffenden Schisser sofort Rettungsversuche anstellen und gelang eS, den Unglücklichen noch lebend dem nassen Grabe zu entreißen. Er wurde nach der Wache des Polizei-Revier« am Bellealliance- Platz gebracht. Poltzeibericht. Am 5. d. M. Abends stürzte fich ein Mann in selbstmörderischer Abfickt auS einem Fenster der im ersten Stock des HauseS Bernauersttaße 18 belegenen Wohnung auf den Bürgersteig hinab und erlitt dadurch schwere Ver- letzungen, so daß er mittelst Tragkorbes nach dem Lazarus- Krankenhaus  « gebracht werden mußte. Am 6. d. M. Morgens versuchte ein junger Mann fich in seiner Wohnung in der Ackecstraße daS Leben zu nehmen, indem er fich mittelst eines Revolver« einen Schuß in die Schläfe und einen Schuß in dm Mund beibrackte. Er wurde, tödtlich verletzt, jedoch noch lebend, nach dem LazaruS-Krankenhause gebracht. An dem- selben Tage Morgens wurde ein Mann in seiner Wohnung in der Großen Hamburgerstraße erhängt vorgefunden. An demselben Tage Abends wurde auf dem Flur deS HauleS Papenstraße 20/21 eine etwa 25 Jahre alte unbekannte FrauenSperlon krank und bewußtlos auf- g-funden und demnächst nach der Charitee gebracht. In ver Nacht am 7. d. M. wurde ein unter fittenpolizeilicher Konttole stehendes Mädchen auf dem Flur deS HauseS Amalienstraße 21 von einem Manne durch Messerstiche in die Brust und in'« Gestcht anscheimnd schwer verletzt. Dasselbe wurde mittelst Krankenwagens nach dem Krankenhaus« am FriedrichShain   ge- bracht. Der Mann wurde verhaftet. Am 7. d. M. Morgens sprang ein Mann in selbstmörderischer Abficht von der Michaels- brücke aus in die Spree, wurde jedoch von vorübergehenden Personen hinter dem Grundstück Holzmarllstraße 17/18 nach lebend aus dem Wasser gezogen und nach seiner Wohnung ge« bracht. Zu derselben Zeit erschoß sich ein Mann, vermuthltch auS Schwermuth, in seiner Wohnung in der Schmidsttaß«. An demselben Tage Nachmittags wurde ein Mann in seiner Wohnung in der Linienstraße erhängt vorgefundm. Beide Leichen wurden nach dem Leickenschauhause gebracht. Am 7. d. M. Vormittag« hatte ein Mann in der Greifswalderstraße den Versuch gemacht fich zu erhängen, wurde jedoch noch recht- zeitig abgescknittm, mußte aber wegen andauernder Bewußt- losigkeit nach dem städtischen Krankenhaus« am FriedrichShain gebracht werden._ Gerichts-Zeitung. Die Geschäftsthätigkeit der sogenannte» natu»« ärztlichen Hetlinstttute wurde in einer gestern vor der 87. Äbtheilung deS hiefigen Schöffengericht» stattgehabtm Ver- Handlung gegen den Naturarzt Dr. philad. William Becker, Pritzwalkerstraße, wegenß? vollendeter und 20 versuchter Be- trugSfälle einer einschneidenden Erörterung unterzogen. Der Angeklagte giebt an, im Januar 1845 in Sudenburg   geboren zu sein und bis zu seinem 14. Lebensjahre die dortige Schule besucht zu haben. Nach seiner Konfirmation will er nach Amerika auSaewendert, bei seiner Ankunft erkrankt sein und in dem Hospital, in welchem er behufs seiner Heilung Aufnahme gefunden, fich al» Apotheker ausgebildet haben. Später habe er in Amerika   Medizin studirt und fei 1867 nach Deutschland  zurückgekehrt. Anfangs habe er fich mit Unterricht- ertheiiung in der englischen   Sprache befaßt und, nachdem er hierzubleiben beschlossen hatte, seine ärzt« liche Kunst ausgeübt; aus den Personalien des Angeklagten wird eine fünfmalige Bestrafung wegen Anmaßung eine? arzt« ähnlichen Tttels und wegen Uebertaffung von Medikamenten an Andere konstatirt. Vor Ku.-zem wurde wegen der letzten Uedettretuna eine mehrtägige Haftstrafe gegen ihn verhängt, doch ist gegen dieses Urthetl Berufung eingelegt. Der Angeklagte bezeichnet die Art seiner Heilkuren entweder atSNaturheil« Methode" oder alsTropische Kräuter- Heilmethode". In zahl« reichen Inseraten der Taaesblätter und in einer eigens zu diesem Zweck herausgegebenen DruckschriftDer fliegende Rathgeber für HauS und Familie" empfiehlt fich der Ange- klagte zur Heilung sämmtlicher Krankheiten, auch solcher, die von anderen Aerzten alS unheilbar bezeichnet find. Seine Kur zerfällt in drei Abschnitte: in die Vorkur, in die Regene- rationSkur und in die Nachkur, für welche je ein Honorar von 5 Mark gefordert wird, und zwar muß dasselbe vor Begine jeder Theilkur franko eingesendet werden. Für jede Anfrage muß extra 1 M. und die Mtdikamente, welche in der Flora- Apotheke deS Herrn Reichnow angefertigt find, außerdem an den Versender, Spediteur Fr-edrich, bezahlt werden. Nach einer Schätzung beliefen fich die Einnahmen für 6 Monate deS Jahre» 1884 auf einige sechSziptausend Mark. Die DruckschriftDer fliegende Rathgeber" ist zeitweiS in 400000 Exemplaren verbreitet worden. Der Patient, welcher fich an den Angeklagten wendet, erhält ein Zirkular, in welchem 14 verschiene Fragen gestellt find, welche der Heilsuchende be- antworten muß. Der Angeklagte beschäftigt in seinem Institut 3 approbirte Aerzte. Nach Angabe deS Angeklagten werden die eingehenden Krankenberichte von ihm und den drei Aerzte« zu gleichen Theilen bearbeitet, die Diagnose gestellt, und die VrrhaltungSregeln gegeben. Nach der An« klag« bestehen die Medikamente großcntheilS aus Thee'S   und Pillen, die ganz indifferent find. Dem Lehrer Schieb in Regen- thin sandte der Angeklagte Pillen gegen«in nervöses Kopf- leiden, während derselbe an einem Rachen- und Ohrenkatarrh litt; dem Büchsenmacher Bamberg   in Minden   hat der Ange- klagte gegen ein Blasenleiden ein Medikament gesandt, welches, wenn er eS eingenommen hätte, dessen Tod zur Folge haben konnte; die Doris Ukub wollte der Angeklagte durch Pillen von einem Magenkrebs heilen; dem Häfner Johann Hardt in Koßhagen sandte der Angeklagte Thee gegen ein schweres Augen- leiden; der Müller Mekne erhielt Pillen gegen daS Ausfallen der Haare, welche Diarrhoe zur Folge hatte; der Herdergs- wirth Seventisch in Magdeburg   erhielt Thee   zur Beseiti« gung einer Harnröhren- Verengung, die nur durch eine Operation beseitigt werden konnte; und der Arbeiter Reinicke in Volple erhielt Pillen und Thee gegen einen unheilbaren grauen Staar. Geheimer Medi­zinalrath Dr. Wolff erachtete die gelieferten Medikamente zum Tbeil für indifferent, zum Theil sogar für schädlich. Seiner Anficht nach mußte der Angeklagte von der WirkungSlofigkeit der verabfolgten Heilmittel vollkommen überzeugt sein. Der Vertheidiger Rechtsanwalt Holz beantragte, die Aerzte Drr. Hertwig, Hagen und Hahn als Zeugen über den guten Glauben de« Angeklagten von der Wirkung seiner Kur zu ver« nehmen, der Gerichtshof lehnte diesen Antrag aber als uner- heblich ab. StaaiSanwalt Wagner plaidirte auf Schuldig und beantragte, den Angeklagten zu einem Jahr Gefängniß und 2 Jahren Ehrverlust zu verurtheilen. Rechtsanwalt Hol, ver- weist auf die hunderte von Attesten von Hoch und Niedrig, die der Angeklagte geheilt habe, für dessen guten Glauben an seine Heilmethode. Damit aber sei der Anklage der Boden entzogen. Eventuell würde fich eine ganz geringe Strafe recht- fertigen. Der Gerichtshof veruriheilte den Angeklagten nach dem Antrage des Staatsanwalts zu einem Jahr Gefängniß und zweijährigem Ehrverlust. Der Gerichtshof beschloß die sofortige Verhaftung deS Angeklagten und lehnte die Eni« lassung auch gegen eine Kaution von 10000 M. ab. Die Falzer nnd Packer in Bnchdrnckereie«, welche die gedruckten Schriften zur Versendung fertigstellen, find nach einem Urtheil deS Reichsgericht«, 2. Strafsenat«, vom 5. Ja­nuar 1886 gewerbliche Arbeiter im Sinne der ReichS-Gewerbe- ordnung, und die Beschäftigung jugendlicher Personen mit Falzen und Packen in einer großen, mit Maschinen und zahl- reichen Arbeitem funktionirenden Buchdruckerei ist den Bestim« mungen der Reichs Gewerbeordnuaa über die Beschäftigung jugendlicher Fabrikarbeiter(§§ 135 ff.) unterworfen. Der Vor« steher der Druckerei der ZeitungGermania" hatte mehrere Knaben unter 14 Jahren in den Druckereiräumen mit Falzen, Zettelaufkleben und Verpacken von Zeitungen bi« 10, bezw. 1 1 Uhr Abends beschäftigt, und er wurde von der Strafkammer wegen Vergehens gegen die§§ 135, 136, 146 Z. 2 der Ge« werbeordnung veruttheilt, da nach§ 136 die Arbeitsstunden der jugendlichen Fabrikarbeiter nicht über 8'/, Uhr Abends dauern dürfen. Die von dem Verurtheilten eingelegte Rcvifion wurde vom Reichsgericht verworfen. Ein krasser Fall von Kurhfuscherei lag einer An- klage wegen fahrlässtge« Körperverletzung mit Ueber- tretung der Bernftpflicht zu Grunde, welche heute gegen den 70 Jahr alten Heilkünstler Johann Carl Rudolph Anton vor der zweiten Strafkammer hiefigen Landgerichts l verhandelt wurde. Der 30 Jahr alte Kaufmann Brandstetter leidet seit ca. 4 Jahren an einer chronischen Entzündung deS rechten Kniegelenks. Nach dem Gutachten deS Oberstabsarztes Doktor Hahn kann fich die Heilung einer derartigen Krankheit viele Jahre lang hinziehen, welcher Umstand den Patienten in die Hände von Kurpfuschern treibt. Deren Köder ist daS Ver« sprechen, die Heilung in möglichst schneller Zeit zu bewirken, welches ein Arzt niemals abgeben darf. Dem in der Behand- lung deS Dr. Coblenz befindlichen Brandstetter, der noch im Julr v. I. fähig war, fich ohne Krücken fortzubewegen, deren er jetzt bedarf, erschien die mit ihm vorgenommene Kur nicht schnell genug Erfolg zu versprechen; er wandte sich deshalb an!den Angeklagten, der als Masseur einen weit verbreiteten Ruf genießt. Derselbe unterwarf ihn der schmerzhaftesten Operationen, welche nach dem Gutachten des später wieder zugezogenen Dr. Coblenz nicht nur eine be- deutend« Entzündung der Gelenke, sondern auch eine Zerreißung des inneren Gelenkbandes hervorgerufen, also die Verschlimme- rung deS Leidens veranlaßt haben. Der letzteren Anficht tritt Oberstabsarzt Dr. Hahn nicht bei, er hält vielmehr die Zer« reißung de« Gelenkbandes für ausgeschlossen und meint, daß der verschlimmerte Zustand sehr wohl eine Folge der Krankheit sein könne. Dagegen stimmt er mtt dem Dr. Coblenz darin überein, daß die Entzündung und der Schmerz ohne Grund ver- mehrt worden find. Staatsanwalt Weichert beantragt bei dieser Sachlage 150 M. ev. 15 Tage Gefängniß, der Gerichtshof er« achtete aber bei der Gemeingefährlichkeit derartiger Kurpfuscheret eine Gefängnißstrafe für geboten und bemaß dieselbe auf vier- zehn Tage._ Soziales und Arveitervewegang. An die Arbeiter Berlin  «. Kollegen! schon find zirka 14 Tage verflossen und noch ist der Streik in der Metall- schrauben- und Facondreherei von Voß, Schaal u. Komp., Stallschretberstraße 59, nicht beendet, da die Herren begünstigt find durch die schlechte GeschäftSkonjunftur und weil durch eine Anonze einige Schlosser fich veranlaßt gesehen, in der Werk- statt in Arbeit zu steten. Die Folge hiervon ist, daß die Prin« zipale Voß, Schaal u. Komp. nicht geneigt find, mit der Kommisfion zu verhandeln. Arbeiter Berlin  » l Der Fachver« ein der M-tallschrauben-, Facondreher und Berufsginossen hat bei jeder Arbeitseinstellung jeder Branche, ob Maurer  , Zim- merer, Tischler, Korbmacher u. s. w.» fich mit den Streikenden solidarisch erklärt und diese« durch pekuniäre sowohl wie durch moralische Unterstützung bewiesen. Augenblicklich find wir genöthigt, an Euch heranzusteten mit der Bitte, unS zu unterstützen. Zeigt, daß die Arbeiter Berlins soli« darisch find und unsere Hoffnungen nicht unbegründet waren. Mit Eurer Hilfe, gestützt auf die Gerechtigkeit unserer Sache, werden wir kämpfen, und wenn nicht alle Anzeichen trügen» wird der Sieg auf unserer Seite sein. Seid verfichert, daß nach beendetem Kampfe wir ebenfalls mtt der größten Opfer- Willigkeit, wie bisher, hinter Euch stehen werden, falls Ihr in eine ähnliche Lage kommen solltet. Darum haltet den Zuzug insbesondere von Schloffern und Drehern fern, und bedenkt, daß in unserer Einigkeit unsere Stärke liegt, leiht uns Eure Unterstützung, so wird und muß der Sieg der unsere sein. Arbeiter Berlins  , bedenkt, daß dieser Kampf geführt wird wegen Einführung eine« Mintmal Lohnsatzes. Alle Geldsendungen wolle man an unfern Kasstrer Albert Zimmermann  , Zrugbof- straße 10 IV, oder an Otto Ringer, Ersendahnstraße 19, Hof 2. Eing. I, einschicken. Alle Briefe find an Albert Äühlenfels, Waldemarstraße 67 IV, zu senden. Im Austrage: Otto Ringer, Eisenbahnstraße 19. Aufruf! Am 8. März legten die Arbeiter der Steinnuß« knopsfabrik von E. M.   Siegel u. Co.. Haidestr. 48, in Berlin  , wegen Lohndifferenzen die Arbeit nttder. Da die von den Ardeitern gewählte Kommisfion, trotz mehrmaliger Unter« Handlung, eine Einigung mit den Fabrikanten nicht erzielen konnte, so steht fich dieselbe veranlaßt, an daS KollegialitätS« gefühl der Ardeiter Berlins   zu appelliren mit der Bitte, die Streikenden in ihren gerechten Forderungen zu unterstützen. ES streiken 20 Mann, sämmtliche Plattenschneider, Fraiser, AuSdreher und Hobler. Dieselben gehören sämmtlich dem Fackveretn an. Es ist Pflicht aller Kollegen, den Zuzug von genannter Fabrik fern zu halten und für die pekuniäre Unter« stützung der Streikenden Sorge zu tragen. Etwaige Gelder find an den Kasfirer de« Fachvereins der Drechsler, Knopf« arbeiter und verwandten Berufsgenoffen Berlins  , A. Mönch, Adalbertsst. 26 rv, oder an den Kasstrer der Kommisfion, P. Luttig, Demminerstr. 6 Hl abzuliefern. Die Kommisfion. An die Töpfer Deutschland» I Die Scheibenarbeiter Berlins   und Umgegend befinden fich seit dem 1. März d. I. im Streik, um einen einheitlichen Lohntarif zu erzielen. Wir ersuchen unsere Kollegen, uns in unserer gerechten Sache nach Kräften zu unterstützen und den Zuzug nach hier streng fern zu hallen. Sendungen find an den Kollegen Hermann Borr« mann, Berlin  , Brttzerstraße 10, zu richten. Die Lohn« kommisfion.