konnten. So ist denn die Bildung des Landsturmes in seinemmateriellen Theile einem späteren Zeitpunkte vorbehalten, dersich heute auch annähernd nicht feststellen lätzt.Von zehn zu zehn Jahren muß bekanntlich zwischenOesterreich und Ungarn der Vertrag emeuert werden,auf welchem daS dualistische Vrrhältniß dieser beiden stamefischenZwillinge beruht. Man nennt diesen Vertrag gewöhnlich»A u S g l e i ch". Da nun die zehnjährige Periode wiederumihrem Ende naht, so wurden vor längerer Zeit bereits zwischmden Kabinetten von Wien und Pest die nölhigen Erneuerungs-Verhandlungen eingeleitet. Einer Nachricht des Wiener Korre-spondenten des„Verl. Tagebl." zufolge find vorläufig die Aus-gleichsoerhandlungen als gescheitert zu betrachten. Die Ursacherst der P'troleumzoll, über welchen eine Verständigung nichtgelang. Auch der gemeinsame Ministerrath, welcher fich mitdem Ausgleich beschäftigte, blieb resultatlos. Die ungarischenMinister verließen bereits Wien. Vorerst ist es noch ungewiß,ob deswegen eine Kündigung des Zoll- uno HandelSbündniffesWischen beiden Reichshälsten erfolgt. Jedenfalls wird derAbschluß des Ausgleichs erheblich verzögert.— Mit der Kün-d'gung wird es wohl noch gute Wege haben; es Handell fichdabei, wie vor zehn Jahren, nur um ein Feilschen, bei welchemitde Reichshälste die größeren Vortheile für fich heraus«schlagen möchte, bei welchem gewöhnlich Oesterreich denKürzeren zieht.Fraureeich.Die Pariser Anarchisten werden seit dem Attentatm der Börse streng überwacht. In einer Anrrchistenversamm«lung wurde deschloffen, für die streikenden Grubenarbeiter inDecazesille Geldsammlungen zu veranstalten. Auch soll demAttentäter Grllo ein Verlheidiger beschafft werden. Die Po-»zei hat einige'ausländische Anarchisten verhastet; zwei deutsche,zwei belgische und ein rusfischer Anarchist wurden am Bonn-abend aus Frankreich„abgeschoben" und bis an die GrenzetranSportirt.Grotzbritanuie».. Ueber die Pläne GladstoneS in Bezug auf die irischeFrage läßt fich das„Berk. Tagebl." aus London schreiben: DerPremicr-Minister wird in den ersten Tagen des April seineVorlage bezüglich der Schaffung einer eigenen aesetzgebendenKörperschaft in Dublin sowie bezüglich der Regelung der«mdverhältniffe in Irland dem Unterhause auseinandersetzen.«owohl die eine wie die andere Maßregel sollen drastische,Unz durchgreifende sein. Nach der ersten Lesung wirdGladstone das Parlament auflösen und allgemeine Neuwahlenfür das Unterhaus ausschreiben und zwar aus folgendemGründe: Im gegenwärtigen Augenblicke droht seiner VorlageOppofition im Kabinette, im Unter- und im Oberhause. Esunterliegt nicht dem mindesten Zweifel, daß irgend eine Bill,welche den Jrländern Selbstregierung gewähren würde, aufben allergrößten Widerstand seitens des Oberhauses stoßenwird. Wenn das jetzige Unterhaus eine derartige Bill fürIrland annimmt, kann daS Oberhaus auf seiner Oppofitionunter dem Scheine beharren, daß dos Unterhaus in dieserFrage nicht den Willen des englischen Volkes darstellt, daßrs nicht für diesen Zweck gewählt wurde, und dergleichenwehr. Wenn jedoch ein neues Unterhaus mit voller Kenntnißdes Gladstone'schen Planes für Irland nach Westminster»«schickt wird, und dann doch denselben annimmt, dannslnkt die Oppofition des Oberhauses in ein absolutes Nichtsjurüer. Die Lords werden fich dann hüten, einenKonflikt heraufzubeschwören, bei dem fie nicht Steger bleibenwnnten. Ebenso würde Gladstone die widersttebenden Ele-wente in seinem eigenen Kadinette ganz niederhalten können,wenn daS Volk fich bei den Neuwahlen für seinen irischenPlan ausspreehen sollte. Und Gladstone hofft mit Sicherheit,das Volk werde eine solche Majorität in das ParlamentWicken, und er werde die irische Schwierigkeit binnen JahreS-mft gelöst haben.Trotz des Drängens der konservattven Oppofition imUnterhause hat fich die englische Regierung nicht veranlaßt ge-mnden, der Abhaltung von öffentlichen Versamm-«Un gen auf freien Plätzm Hindernisse in den Weg zu legen.Dagegen geht aus Erklärungen, welche der Minister deSAnnern, Childers, vor einigen Tagen im Unterhause abgegebenW, hervor, daß die polizeilichen Anordnungen bei derattigmVersammlungen jetzt mit größerer Umficht getroffen werdenUnd die Polizei dadurch in Stand gesetzt wird, jeden Versuchvon Ausschrettungen des Pöbels, wie fie im vorigen Monat»n Londoner Westend vorgekommen find, im Keime zu ersticken.R u h l a n d.In Abänderung der bestehenden Bestimmungen beschloßge Kommisston zur Feststellung der Rechte derAusländer', dresen in den Grenzgebieten Landerwerb ganzZU verbieten und ihre Gleichberechtigung mtt rusfischen Unter«wanen nicht wie brSher bloS von der Naturalifirung, sondern?uch von darauf folgendem zehnjährigem Aufenthalt in Ruß-�nd abhängig zu machen. Dte Vorlage wird bald dem Reichs-U'h vorgelegt werden.Schern, daß seine Gestnnunge«»och heute dieselben seien, wiewn Tage ihrer heimlichen Verlobung., Er war von Mirow herübergekommen und kehrte auchMte»och dorthin zurück; er wollte mit seiner Braut nichtUnter einem Dache«eilen. Auf dem Wege nach MirowUifand sich ja die Schenke des alten Börne, und BernhardAe/t« im Interesse der Baronin für angezeigt, sich dortuuf seinem Heimwege noch einmal sehen zu lasse»....(Fortsetzung folgt.)Ana Kunst«nd Leben.a.. Da„DaS lachende Berlin" fich voraussichtlich noch langeU auf dem Repertoire deS Walhalla- Theaters behaupten»wb, ist Herr Direktor Steiner genöthigt, verschiedene mitAutoren und Komponisten gettoffene Vereinbarungen zu pro«r#tn. ES ist dies zum Theil mit großen pekuniären OpfernKnüpft, aber dte glänzenden Kaffenresultate der lustigenr%ue bieten dafür reichlichen Eis»,. Die erste Jubiläums.Wellung des„'achenden Berlins" war fast noch glänzenderJ'ücW, als die vorangegangenen Vorstellungen und brachteDarstellern vielfache Ovationen, dem Direktor SteinerMckwünsche von nah und fem. Eine originelle GratulationMte ein Intimus des HauseS. Er schickte einen kleinenfe.r-&&%%%(%%Ml nämlich, der- Bei«?„lachenden Berlin" bisher—Al°hambr�?bmter.°"'„Der Dämon des Spiels," Bolls.'wüten statt■liBiParlamentarisches.— Dritte Sitzung der Sozialistengesetz-K o m mt s s i on. Die Berathung beginnt mit§ 13. Abg. WindtHorst beantragt, daß in allen Verboten von Druckschriften die Stellenbezeichnet sein müffen, welche zum Verbote Veranlaffung ge-geben. Minister». Puttkamer bekämpft diesen Antrag, weildie Herren wissen, um was es fich handelt. In Bebel s Buchüber die Frau sei Seite für Seite staatigefäbrlich, wie solleman da die einzelnen Stellen anführen. Abg. W i n d t h o r st:Man müsse doch angeben, um was es fich handelt. Abg.H ä n e l: Wo Seite für Seite staatsgefährlich, sei es erst rechtnicht schwer, destimmte Stellen anzuführen. Der AntragWindthorst wird mit 11 gegen 7 Stimmen angenommen.—Bei§ 14 beantragt Abg. Windthorst bei periodischen Druck-schriften dem Rekurs eine aufschiebende Wirkung einzuräumen.Minister v. Puttkamer erklärt fich aus den gestern angeführtenGründen entschieden dagegen. Abg. H ä n e l: Man behielteja immer noch die Mittel deS gemeinen Rechts. Abg. Windt-Horst: Man solle das Schicksal einer ganzen Famrlie nichtabhängig machen, von einer einzelnen Verfügung. Abg.v. Helldorff: Die öffentliche Ruhe ist unter Umständenwichtiger, als daS Schicksal einer einzelnen Familie. Abg.H» n e l: ES giebt auch andere Schriften als sozialistische, dieaufteilend und gefährlich wirken und die Bürger zu Gewalt-thätigketten auffmdern. Da glaube man ja mit den Mittelndes gemeinen Rechts auszukommen, darum könne man dochnicht bei einer so außerordentlichen Maßregel, wie dem Ver-bot einer periodischen Druckschrift, die aufschiebendeWirkung für gefährlich halten, umsomehr, als daS Verbot jedereinzelnen Nummer bestehen bleibe. Der Antrag Windthorstwird mit 11 gegen 7 Stimmen angenommen.— Man gelangtzu§ 22, welchen der Abg. Grohs zu streichen beanftagt. Der«selbe Handell davon, daß die Richter für Jemanden, der wegenVerletzung deS Sozialistengesetzes bestraft ist, die Zuläsfiakeitder Beschränkung deS Aufenthalts erkennen können. Die Lan-despolizet gewinnt alSdann das Recht, einer solchen Personden Aufenthalt überall da zu untersagen, wo fie fich noch keinhalbeS Jahr aufgehalten hat. Abg. GrohS begründet den An«trag damit, daß in diesem Paragraphen die Möglichkeit liege,den Richter zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Wie sehrdas in Sachsen geschehen sei, beweisen die Wahlatten von1881. Er ziehe den Fall Kavser an. Es war vor den Wah-len 1881 und diese Zuläsfigkett der Beschränkung wurde fürihn ausgesprochen. Er wurde alsdann auS der Kreishaupt«Mannschaft Dresden ausgewiesen, wo sein alter Wahlkreis lag,dann folgte seine Ausweisung auS der KreiShauptmannschastZwickau, alsdann aus der Stadt Breslau, wo Mutter undBruder des Abg. Kayser wohnen, die er mitunter zu besuchenpflegt. Sodann wurde er aus Erftnt und dem Dorf JlvertS-geHofen ausgewiesen, weiterhin noch auS Elberfeld, Barmen,Ronsdorf, Remscheid und davon benachbarten Orten, wo erfich noch nie aufgehallen hatte. Der Zweck deS Verbots, dieWahl des Abg. Kayser zu verhindern, sei nicht erreicht worden,da er doch 1881 wie 84 unser Kollege geworden sei. In denselbenGegenden, wo der Abg. Kayser ausgewiesen sei, können fichdie Abgg. Bebel, Vellmar, Hasenclever u. A. bewegen. Dabei den schwersten Verbrechen die Polizeiaufficht auf Zeit be-schränkt sei, müsse doch auch hier die Befugniß der LandeS-polizeibehörde ein Ende finden und dürfe nccht ewig dauern.Abg. Fritzen ist gegen den Antrag GrohS, weil dieser nichtbloß einen Stein entferne, sondern ein Schnitt in das Gesetzsei. Da ein gerichtliches Erkenntniß zu Grunde liege, so seidie Willkür ausgeschlossen. Abg. tzänel: Wenn einParagraph eine Härte gegen die Person enthalte, so sei esdieser. Der davon Betroffene sei wie ein gehetztes Thier. DieErmächtigung durch daS richterliche Erkenntniß giebt derPolizei die Macht, immerwährend die ganze Existenz einessolchen Mannes in Frage zu stellen. Abg. Baum dachwünscht Auskunft über Anwendung deS Paragraphen. Minister».Puttkamer: In Preußen sei von diesem Paragraphenganz geringer Gebrauch gemacht worden, doch sei er gegen dieStreichung, da es vorkommen könne, daß eine bestimmtePerson für bestimmt« Orte von ganz besonderer Gefährlichkeitsei. Graf H oh e n t h a l(Sachsen) erklärt, er sei nicht in derLage, Auskunst zu geben, doch müsse so schlimm nicht inSachsen geaen den Abg. Kayser verfahren worden sein, da erfich ja ungehindert in Dresden aufhalten könne. Abg. Grohserkläft, daß der Abg. Kayser, welcher anwesend ser, bereit sei,Informationen zu ertheilen und beantragt derselbe, den Abg.jtayser zu hören. Abg. Meyer(Jena), nat.'lib., widerspricht. Esentspinnt fich nun eine sehr lange Geschästsordnungsdebatte.Die Abgg. von Helldorff, von Kölker, von Kar.dorff und Meyer(Jena) bestreiten der Kommission dasRecht, Ntchtmitglieder der Kommission zu hören, sobald Wider»spruch erhoben. DaS sei eine Machterweiterung des Reichs-tag». Die Abg. Windtstorst, Hänel und B a u m b a chfind anderer Meinung. Die Kommisston müsse fich bestimmteInformationen geben laffen können, in anderen Kommisfionenwerde so verfahren, wenn es fich um Postbauten x. handle.Die Kommisstonen des Reichstages hätten so wie so schon sehrkuna ist es z. B., wenn er, nur eine Hand b-nützend, piccicatospielt, wenn er, zum Theil sogar hinter dem Steg, verschiedeneThicrsiimmen mit überzeugender Treue kopirt und schließlichselbst die volltönenden Akkorde einer Orgel dem kleinen In-strument entlockt. Auch sonst weiß D., der eine wohlklingendeStimme besitzt, durch sein Lach-Kouplet, welches er durchmeisterhaftes Banjospiel unterstützt, zwerchfellerschütternd aufsein Auditorium einzuwirken. Was daS sonstige Programmanbetrifft, so setzen Gebr. Richter mit ihrer wieder neuein«studirten„Perlederger Feuerwehr" und dm„Zwei vom Ballet"allabendlich die Lachmuskeln in krampfhaste Bewegung. Derurkomische Bendix und der gemüthliche Emil Neumann kom-plettiren daS humorgefüllte Programm mit bekannter Verve.„Amor und Psyche", die lustige Linderer-Thiele'sche Operettm-BurleSke, geht mit ungeschwächtm Kräften der 100. Aufführungentgegen, während die Schlußpicce„Berliner Photographien"von W. Köhler jedes Mal ungezählte Heiterkeitsstürme er-weckt.Si« ersticktes Kind. Tyroler Blätter berichten: LetzterTage überfiedelt« eine Familie, Graziadei mit Namen, vonNonsberg nach dem Sarnthale, woselbst der Ernährer der Fa»milie Beschäftiaung erhielt. Am Montag sollte der Vater mitseiner Familie m Bozen zusammentteffen, und von dort auswollte er mit derselben die Weiterfahrt nach seinem neum Be«stimmungSorte fortsetzm. Als die Mutter von Nonsberg fortreisen wollte, herrschte eine grimmige Kälte. Die besorgte Mutterbettete die fünf Kinder sorgfällig ,n eine große Kiste und decktedieselbe, damit fich die Kinder nicht erkälteten, mit einer Deckezu. Während der Fahrt blickte die Mutter wiederHoll in dieKiste und scherzte mit den Kindem; alS fie aber in St. Michaelankamm, fand fie zu ihrem Entsetzen eines der Kinder tobt.In Bozen angekommen, wurde das tobte Kind in Folge Ver«sügung des Bezirksarztes in die Leichenkapelle gebracht undvon dem Vorfalle der Staatsanwaltschaft die Anzeige erstattet.Zur Konftatuung der Todesursache wurde die Obduftion derLeiche angeordnet. Dieselbe ergab, daß da» Kind erstickt sei.Die Mutter wurde in Folge dessen gerichttich vernommen.Eisenbahnen in Südafrika. Die in Südafrika nun-mehr vollendete Eisenbahnverbindung zwischen Kapstadt undKimberley, der Stadt der großen Diamantgruben, 1045 Kilometer lang, blldet einen eigenthümlichen Beitrag zur Eisen-bahngeschichte, denn es find an dieser Linie nach und nach dieverschiedenen Systeme der Normalbahn und der Schmalspur«bahn erprobt worden. Die ersten 80 Kilometer, welche imwenig Macht gegenüber anderen Parlamenten, daß man fichdieses Recht nicht verkürzen laffen dürfe. Eine Gefahr sei jaauch damit nicht verbunden. Die Kommission beschließt, denAbg. Kayser zu hören, damit er die ihn betreffenden Vor-gänge bekannt gebe.— Abg. Kay ser schildert nun, wie erauf Indizien hin verurtheilt sei, wie er ein Zigarrengeschäft zurdamaligen Zeit gehabt habe und wie trotzdem wahrscheinlichnur auf eine Polizeimittheilung die Zulässigkeit der Be-schränkuna des Aufenthalts deschloffen wurde, ohne daß vorheroder im Termin diese Nedenstrafe auch nur erwähnt wordensei. In Dresden könne er nur wohnen, weil er die halb-jährige Schutzfrist besessen habe. Er könne aber nicht einmalauf's Dorf oder in's Freie spazieren gehen. Er bedürfe dazuder Erlaubniß der KreiShauptmannschast, die noch zumeist ver«weigert werde. Er sei nur aus den beiden KreiShaupt«Mannschaften ausgewiesen, wo seine Wahl in Frage komme,au» den anderen nicht. Da die Abgg. Bebel, Vollmar,Stolle ,c. überall in diesen Gegenden ogiltren könnten, so habedie Maßregel die Wirkung einer persönlichen Chikane. DieWirkung, seine bürgerliche Existenz zu ruiniren, sei nicht ge«lungen, weil er selbst wenn auch nur geringe Mittel zur Verfügung gehabt habe.— Abg. v. Köller macht fich den Spaßzu bemerken, das seien nicht bloß Informationen sondern auchDeduktionen gewesen. Abg. Windthorst: Es sei zwarmit Hätte veifahren worden, doch sei er gegen dte Streichung.Warum sagt aber Herr Windthorst nicht. Der Antrag Groh«wird mit 12 gegen 5 Stimmen abgelehnt.— Die Anträgeaber, die Aenderung der Beschwerdckommisfion betreffend, findvöllig irrelevant. Ob lauter Richter, ohne die jetzige Mischung,wird an den Entscheidungen dieser nichts ändern. DteAenderung der Zusammensetzung wird mit 12 gegen 8Stimmen beschlossen. Man gelangt nun zu§ 28(kleinerBelagerungszustand). Abg. Windthorst beantragt, daß in Zu-kunst nur noch in Berlin der kleine Belagerungszustand solleverhängt werden dürfen. Abg. Fritzen rechtfertigt den An-trag damit, daß Berlin der Sitz des Kaisers, der höchsten Behörden sei, daß Fremde von allen Seiten zustießenund daß darum besondere Garantien gegeben werdenmüßten. Graf Hohenthal(Sachsen): Die sächfischeRegierung legt Werth darauf, den Belagerungszustand inLeipzig beibehalten zu können. Die ausgewiesenen Elementewürden zurückkehren und Leipzig wieder der Zentralpuntt dersozialdemokratischen Agitation für Mitteldeutschland werden.Die Polizeiverhältniffe lägen auch ungünstig. Leipzig sei inder Hauptsache Industriestadt. Die Vorstadtdörfer, die hart indie Stadt hineinragen, haben eine eigene Polizei. Die Vor-stadtvötter haben eine außerordentlich fluktuirende Bevölkerung,es sei schwer, dott die Ordnung aufrecht zu erhalten, besonderswenn die ausgewiesenen Elemente zurückkehren. Auch sei derBelagerungszustand zum Schutz des Reichsgerichts nöthig.Abg. B a u m b a ch: Die Freifinnigen hätten früher einer solchenAusnahmestellung für Berlin nicht zugestimmt, fie werden auchgegen das ganze Gesetz stimmen. Sie seien für die Ab-anderung, um einmal einen Anfang mit der Aufhebung zumachen. Der Belagerungszustand sei lein wirksamer Schutz.Wer wittlich schwere Verbrechen vor hat, lasse sich durch dieStrafen für Rückkehr und durch die Ausweisung nicht ab-schrecken. Abg. T r ö n d l i n, Bürgermeister von Leipzig—nat.-lib.: Bei den ersten Ausweisungen sei die Maßregel einebarte gewesen, jetzt aber nicht mehr. Das Gesetz existitt 7Jahre, und wer ausgewiesen werde, müsse das Bewußtsemhaben, er habe gegen daS Gesetz verstoßen, er befinde fich imVerbältniß eines GesetzübertreterS. Die Organisation derSozialdemokratie sei eine militärische(?), man müssedarum den Generalstab verhindern, wirksam zu sein.Auch die Propaganda an der Univerfität müsse gerade inLeipzig verhindett werden, denn was in Würzburg und Jenanicht gefährlich sei, sei in Leipzig gefährlich, wo solche Bestre«düngen einen Rückhalt an der Bevölkerung haben. Da Leipzigdie gewerbreichste Stadt Deutschlands seh müsse der Belage-rungszustand fottdauern. Auch sei die Mehrzahl der Bürger-schaft für diese Sicherheitsmaßregel. Abg. Windthorst legtauf alle anderen Bestimmungen wenig Werth, wenn dieserParagraph nicht abgeändert werde. Gerade dieser Paragraphgebe den Sozialdemokraten Waffen in die Hand und erzeugeAnarchisten. Minister». Puttkamer weist es entschiedenzurück, daß man zum Schutze deS Kaisers den Bclagerungszu-stand für Berlin aufrecht erhalten wolle. Der Kaiser wie derKönig von Sachsen hätten auf den Schlachtteldern gekämpftund verlangten keinen besonderen Schutz für fich, sondern fürdie Nation. Auch sei gerade dieser Paragraph mit großerMäßigung angewandt worden. Es habe nahe gelegen, inElberfeld-Barmen, in Frankfutt a. M. den Belagerungszustandzu verhängen, aber gerade er, der Minister, habe fich dagegenerklärt. Die Abänderung wird mit 12 gegen 8 Stimmen angenommen, ebenso die Dauer des Gesetzes bis zum 30. Sep«tember 1868(2 Jahr) mit 15 gegen 5 Stimmen. Abg. vonH e l l d o r f f will keine zweite Lesung, Abg. v. Köller willheule noch in die zweite Lesung eintreten. Doch wird auf Ver-langen der Abgg. W i n d t h o r st und Baum dach beschloffen»eine zweite Lesung vorzunehmen, deren Termin der Vorfitzende,Graf Hompesch, bestimmen wird.Jahre 1860 von Kapstadt aus gebaut worden find, wurden mitnormaler Spur und mit sanften Kurven und Steigungen an«gelegt. 15 Jahre später wurde die Bahn um 460 Kilometerverlängert, und dabei die Spur von 1,066 Meter angewendet.Dabei wurden alle möglichen Ansttengungen gemacht, um dieAnlagekostcn auf das gerinste Maß zu beschränken; es wurdenleichte Schienen und Lokomotiven gewählt. Bald zeigte fichjedoch, daß die leichten Lokomotiven nicht im Stande waren,solche Züge zu befördern, welche noch einen Gewinn über dieBetriedekosten ergaben. Man wählte daher wieder stärkereLokomotiven, und infolge dessen mußten auch wieder stärkereSchienen in Anwendung gebracht werden. Schließlich entschiedman fich im Jahr« 1880 dahin, sowohl in Betreff der Schienenwie deS rollenden Materials wieder zu den Typen einer Nor-malbahn zurückzugreifen. Gegenwärtig ist von der Schmal-spmbahn aber nur noch die Spurweite von 1,066 Meter übrig,und eS ist nur nöthig, diese Strecke in Bälde auch noch zurNormalspur zu erweitern.Et««eueS lenkbares Luftschiff von kolossalen Dirnen«fionen wird demnächst in Berlin von seinem Eifinder HermannGanswindt gebaut werden. Herr GanSwivdt will durch dieenorme Größe des Luftballons eine so große Eiaengeschwindig«keit desselben erreichen, daß fie diejenige der stärksten Windeunserer Zone zu übertreffen vermag. Die Windgeschwindigkeitüdcrfieigt in unseren Gegenden in der Näh« der Erdoderflachenicht 12 Meter in einer Sekunde, während das GanSwindt'scheLuftschiff für eine Geschwindigkeit von 14 diS 15 Meter in einerSekunde konstruirt ist. Das neue Projekt hat in verschiedenenFachkreisen Anerkennung gefunden. Dir Zeichnungen deSProjekts liegen vor, zum Vergleich zusammengestellt mit denvier namhaftesten bisher versuchten lenkbaren Luftschissm:1) Projekt Giffard(versucht 1852 zu PariS). 2) Dupuy de Lome(versucht Februar 1872 zu PariS), 3) Hänlein(versucht Dezember 1872 zu Brünn), 4) Krebs Renard(versucht August 1884zu Meudon bei PariS). Der G rnSwindt'sche Aörostai ist einRotationsellipsoid von 150 Meter Länge, 15 Meter Durchmesser und 18000 Kubikmeter Inhalt(beinahe 10 Mal sogroßalS der Krebs Renard'sche). Die Belastung wiegt ca. 430 Zentner,wovon über 100 Zentner auf die Ballonhülle(inkl. Netz) undder Rest auf 2 Dampfmaschinen»on zusammen über 100 Pferde-stätten, auf Luftschraben(2 vettikale a 10 Meter Durchmesserund eine horizontale von 7'/, Meter Durchmesser), Steuer,Drahtseile, Spreizrohr, Plateaux, Waffer, Kohlen. Personal jc.kommt. Die Ausführung soll zitta 100000 M. kosten.