U»sere Hamburger Parteigenossen haben zum Schreckenaller braven„Ordnungsmänuer" sofort, nachdem das winzigeBischen„Verfasftnigsreform", zu dem Hamburgs Krämerseelenimd Hausagrarier sich aufschwingen konnten, Gesetzeskraft erlangthatte, eine energische Agitation zur Erwerbung des Bürgerrechtsund der Hamburger Staatsangehörigkeit aufgenommen. DieLeitung der Hamburger Partei-Organisation hat ein Bureau ein-gerichtet, das in allen Angelegenheiten, die die Erwerbung dieserbcid«n Recht« betreffen, unentgeltliche Auskunft und Schreibhilfegswährt. Ueber das gesammte hamburgische Staatsgebiet sindam Sonntag Morgen viele taufende von Flugblättern verbreitetworden und am Montag, Dienstag und Mittwochwurden und werden 16 öffentliche Volksversammlungenabgehalten. Diese eifrige und systematische Agitationivird voraussichtlich gute Früchte tragen. Die Zahl derHamburger Bürger, die auf dem Bode» der sozialdemokratischenPartei stehen oder doch wenigstens mit ihr sympathifiren, wirdsich trotz aller Verbarrikadirungsversuche des Hamburger Pfahlbürgerthums zweifelsohne nicht unerheblich vermehren. Das er«wähnte Bureau der Partei wird bereits fleißig in Anspruch ge-nomine«. Nach einer Schätzung des Hamburgischen statistischenBureaus giebl es hier noch etiva 28 000 Personen, die die vondem neuen Gesetz geforderten Bedingungen zur Eriverbung desBürgerrechts erfüllen, respektive imt außerordentlich geringerMühewaltung erfüllen können, die bisher aber noch nicht Bürgergeworden sind, weil ihnen der Kaufpreis für das Bürgerrecht— 30 M.— zu hoch war oder weil sie de» Kauf eines politischenRechtes verschmähten. Ein großer Prozentsatz davongehört uns und wird gegebenen Falles, wenn jetzt dafür gesorgtivird, daß er seine Rechte geltend macht, dafür sorgenkönnen, daß die Sozialdemokratie ins hamburgische Parlamenteinzieht. Freilich hat das aus anderen Gründen noch immer einWeilchen Zeit. Die Hamburger Bürgerschaft setzt sich zusammenaus Rotabeln, die von Mitgliedern der Verwaltungsbehörden,Gerichte u. s. w. gewählt werden, zweitens einem Theil, der nurvon Grundeigenthümern gewählt wird, und einem dritten Theil.der aus allgemeinen Wahlen hervorgeht. Alle drei Jahre erfolgteine halbschichtige Erneuerung der Bürgerschaft. Und erst imJahre 1333 wird die nächste Erneuerung staltfinden. Dann erstwäre es also möglich, daß einige unserer Parteigenossen aufgrund der allgemeinen Wahlen in das vielleicht bis dahin fertiggestellte neue Rathhaus der alten Hansastadt einzögen und denSkatbrüdern, die jetzt jeden Mittwoch im Patriolischen Hause ander Trostbrücke tagen, etwas in die Karten sähen.Von In Magdeburg sprach Reichs-tags-Abgeordnetcr Schoenlank aus Leipzig vor einer vonTausenden besuchten Volksversammlung über die Stellung unsererPartei zu den U n t e r n e h m e r- K a r t e l l e n.In einer ebenfalls sehr stark besuchten Versammlung dessozialdemokratischen Vereins in dem Dresdener Vorort Pieschenhielt Reichstags-Abgeordneter Schippe! aus Berlin einenVortrag über die Farmer-Bewegung in den Ver-einigten Staaten.Die Genoffen im I. b a d i s ch e n Wahlkreise K o n st a n zhaben die Einrichtung getroffen, daß sie alle vier Wochen mitden bekannteren ländlichen Genossen einmal da und einandermal dort gemüthliche Zusammenkünfte verein-baren, denen der Vertrauensmann beiwohnt. Zweck dieser Zu-sammenkünste ist die stete persönliche Fühlung mit den Genossen,die sich wegen ihres abgelegenen Wohnsitzes nicht an den Partei-sitznngen betheiligen können. Die bürgerliche Presse verfolgt mitArgusaugen diese neue Erscheinung.Polizeiliches, Gerichtliches:e.— Der Stettin er„Volksbote" schreibt in eigenerSache: Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Einstellungs-beschluß der hiesigen Beschlußkammer am Landgericht in Sachender Beleidigung des Rektors Backhaus Beschwerde erhobenund das Ober-Landesgericht hat, wie dies regelmäßig zu ge-schehen pflegt, das Hauptverfahren angeordnet. Wie dasFrühlingswehen einer besseren Zeit wurde von der unabhängigenPresse der Beschluß gegen uns, weil er von prinzipieller Trag-weite war, begrüßt, aber schon hat ein anderes Gericht an dem-selben Orte gleich einem rauhen Nachtfroste den ersten Ansatzvernichtet. Die Verhandlung findet am 1. Dezember statt. Da-gegen ist das Verfahren wegen vorzeitiger Veröffentlichung desBeschlusses eingestellt worden.— Eine Beleidigungsklage ist gegen den Genossen Brandt,den verantwortlichen Redakteur des„Volksblatts für Halle", an-gestrengt. Das Vergehen soll in einem Artikel stecken, der dieSpitzinarke trug:„Das besondere Ehrgefühl von Offizieren" undunter Quellenangabe einem konservativen Blatte ent-nommen war.— Das Schöffengericht in Halle a. S. verurtheilte denGenossen Chr. Fischer wegen unbefugten Haltens einer Grab-rede zu 30 M. Geldstrafe. Der als Zeuge geladene PfarrerK n u t h sagte aus, er habe nicht gehört, was Fischer gesagt hat,lang fei die Rede auch nicht gewesen, aber sie habe auf ihn undden Friedhofs- Inspektor„einen peinlichen Eindruck" gemacht.Wie das„Volksblall für Halle" mittheilt, bestand die ganze Redein den Worten:„ R u h e s a n f t, G e n o s s e!" Ob das Land-gericht, dessen Entscheid angerufen ist, in diesen paar Wortenebenfalls etwas Strafbares finden wird?— Das sächsische Ministerium hat sich bekanntlichdurch den Inhalt eines gegen die Verschlechterung des Landtags-Wahlrechts gerichteten Flugblattes„An Sachsens Volk" beleidigtgefühlt und seinerzeit Strafantrag gegen dessen Urheber gestellt.Es wurden deshalb vom Leipziger Landgericht am 29. Juni Ge-nosse Paul S ch i e m a n n als Verleger und Genosse Louis Bock-in a n n als Verbreiter zu je 4 Monaten Gefängniß verurlheilt.Genosse Karl Hermann A p i tz. der auch als Verbreiter inFrage kam, hatte sich jetzt wegen des gleichen Flug-blattes zu verantworten, weil er zur Zeit der gegen Schiemannund Bockmann geführten Verhandlung eine Landwehrübung ab»zumachen hatte. Der Vertheidiger glaubte, daß Verjährung ein-getreten sei, da zwischen dem Erlaß des Eröffnungsbeschluffcs amIS. Mai und der Verhandlung mehr als sechs Monate lagen,und meinte, die gegen Apitz am 29. Juni geführte Verhandlungkönne nicht gelten, da er damals zur Fabne einberufen war undfür di« Zeit der Uebung das Gericht nicht zuständig wäre. DasGericht verurtheilte jedoch Apitz zu zwei Monaten Gefängiiiß.— Das„Sächsische Volksblatt" schreibt: Wie wirhören, soll sich Genosse A u g u st D i e h l, der seine 11 Monatezur Zeit im Landesgefängniß abschraubt, gesundheitlich übel be-finden, wogegen über den Gesundheitszustand des GenoffenReichstags- Abgeordneten Georg Horn besseres berichtetwird. Beiden hat man das Forttragen des Vollbartes ge»stattet.GemeVkflltzttfkliches.Der Ausstand der Berliner Lithographen«nd Stein-drucker, an lern gegen 3000 Personen beiheiligt waren, ist, wiewir bereits gemeldet'haben, nach fünfwöchentlicher Dauer beendet;die Streikenden haben in einer Versaiiimlnng am Montag Abendzu den von ihren Vertretern mit den Fabrikanten getroffenenVereinbarungen ihre Zustimmung gegeben.Der Kampf hat auf beiden Seiten große Opfer gefordert,wobei schließlich das kapitalkräftige Unternehmerthum den Siegdavon trug. Fraglich erscheint es uns aber, ob in den Kreisender Fabrikanten überall eine freudige Stimmung über ihren Er-folg herrscht, denn mancher von ihnen dürfte die Schäden, dieder Kampf ihm brachte, nicht so bald verschmerzen; und wennnicht die großen Fabrikanten den bedrängten kleinen hilfreich zurSeite gestanden hätten, so wäre mancher enlgegenkonimendergegen die Ausständigen gewesen. Aber noch in anderer Hinsichtwar die Position der Fabrikanten günstiger, als die der Arbeiter.Der Streik brach zu einem Zeitpunkt auS, wo bereits dieMehrzahl dringender Aufträge erledigt war, der Abschluß derSaison bevorstand. Deshalb waren gerade die großen Firmenin der Lage, länger, als man erwarten konnte, den Betrieb mitnur mäßiger Besetzung fortzuführen, wenn auch hier und dabedeutende Ausfälle eingetreten sind. Die Streikenden habensich die Geschäflskonjunktur irrthümlich günstiger dargestellt, alssie war. Für die Arbeiter wird es mithin eine Lehre sein.künftig ihre Kämpfe so einzurichten, daß sie nicht von vorhineinin eine ungünstige Position gedrängt werden. Denn daß es denFabrikanten darauf ankam, eine Kraftprobe herbeizuführen, erhelltaus dem Umstand, daß seinerzeit auf die Geltendmachung der sehrbescheidenen Forderungen der Arbeiter von den Fabrikanten über-Haupt keine Antwort eintraf, mithin jede gütliche Verständigungabgelehnt wurde. Ein Standpunkt, der während des Streiks fort-während innegehalten worden ist. Durch Berichte, die von denRingfabrikanten in die bürgerliche Presse lancirt wurden, suchtensich die Herren der Oeffentlichkeit gegenüber natürlich noch alsdie unschuldigen Lämmer hinzustellen, die niemandem etwas zuleide thun.Die Arbeiter sind in anerkennenswerther Ausdauer für ihreSache eingetreten und schließlich hat ihnen die große Zahl derStreikbrecher die Aussichtslosigkeit eines weiteren Kampfes ein-geleuchtet. Gerade deswegen wird aber der Eifer der Ein-sichtigen und derjenigen, die treu und fest zurSache gestanden haben, nicht erlahmen dürfen, dieseindisserenten Arbeiter über ihre Interessen aufzuklären, sie fürdie Organisation zu gewinnen. Die Scharte kann nur ausgewetztwerden, wenn alle unermüdlich mitarbeiten, die Organisation zukräftigen und ein« Schaar zuverlässiger, opferwilliger Berufs-genossen zu erziehen, die den Verlockungen der Fabrikanten unzu-gänglich sind und es verschmähen, ihren Kollegen, die um bessereArbeitsverhältnisse kämpfen, in den Rücken zu fallen. Bis dahinmag das Unternehmerthum triumphiren, aber ungestört wird essich des Errungenen nicht freuen können.Achtung, Porzellan- und Galanteriemaler! Die Kollegenbei Herrn P r e u ß l e r in Berlin, Wasserthorstraße 73, haben dieArbeit niedergelegt, weil an einige von ihnen, entgegen der vor3 Wochen getroffenen Vereinbarung, das Ansinnen gestellt wurde,die Arbeit unter den alten Akkordlöhnen herzustellen. Zuzug isternzuhalten. Die Zahlstelleiiverwaltuug.Achtung, Kaufleute, Handlungsgehilfen, Handlungs-gehilfiunen, sowie alle in kanfmännischen Betrieben Ber-lius Angestellte! In den ersten Tagen des Dezember sprichtReichstags-Abgeordneter August Bebel über das Thema!„Wiesteht's mit der Sozialreform???." Zeitpunkt und Ort der Ber-sammlung wird in den nächsten Tagen bekannt gegeben. Kollegenund Kolleginnen, agitirt auf das eifrigste für diese Versammlung.Der Bertrauenimann der Handlungsgehilfen: HermannL e s s e r.Der Borstand des Berliner Vereins der HilfS-arbeiterinnen an Buchdruck- Schnellpressen hat den Buch-druckereibcsitzern einen Tarif zugesandt, der folgende Lohn-fordernngen enthält: für Tiegeldruckerinnen wöchenllich 12— ISM.,Bogenfängerinnen 8-9,50 M., Anlegerinneu 13,50—17 M.,Punktirerinnen 16— 19 M. Aushilfe unter 2 Wochen ist nach diesenSätzen mit I M. Zuschlag pro Woche zu bezahlen. Dagegen hatder Vorstand des Bundes der Berliner Buch-druckereibesitzer den Mitgliedern dieses Vereins«iuenTarif zugestellt, worin die Löhne wie folgt normirl werden:Lehrmädchen 6 M., nach je 4 Wochen 1 M. Zulage bis 8 M.,Bogenfängerinnen 8 M., Anlegerinnen 12—13 M„ Punktirerinnen15—16 M., Liiiksarbeiterinnen pro Woche 50 Pf. mehr, fürExtrastunden ein Lohnzuschlag von 5 Pf. Die nächste Ver-sammlung des Bundes soll sich über diesen Tarif schlüssig machen.Eine Schauernachricht bringt das Wolff'sche Telegraphen-bureau aus Lübeck. Die Nachricht lautet: Am Dienstag frühwurden die nichtausständigen Arbeiter des T h i e l' s ch e nmaillirwerkes von Ausständigen unterwegs über-fallen. Es kam zu einer sehr heftigen Schlägerei, inderen Verlauf, wie mehrfach behauptet wird, auch Schüsse ge-allen sein sollen. Mehrere Arbeiter sind schwer verletzt. DiePolizei nahm verschiedene Verhaftungen vor.Es ist ja möglich, daß einige unsolidarische Elemente vonden Streikenden ein paar Püffe bekommen haben, aber wahr-scheinlich haben sie sich so provokatorisch benommen, daß die ge-schilderte Vergeltung begreiflich, wenn auch natürlich nichtsweniger als klug ist. Daß das Telegraphenbureau aber in Be-ziehnng auf die angebliche Schießerei eine Nachricht verbreitet.von der es selber nicht weiß, ob sie zutrifft, das kennzeichnet sorecht die arbeiterfeindliche Tendenz des genannten Bureaus.Wenn es sich um eine Nachricht über Unternehmer handelt,insormirt es sich genauer.Die deutschen Binnenschiffer werden von den organisirtenEwerführern Hamburgs dringend ersucht, sich nichtnach Hamburg verlocken zu lassen. Die Arbeitsverhältnisse derEwerführer und Leichterschiffer sind ohnehin schlecht genug.Durch Zuzug nach Hamburg würden die auswärtigen Binnen-chisser, vorausgesetzt, daß sie überhaupt Arbeit bekommen, ledig-lich dazu beitragen, daß die Verhältnisse noch schlechter werden.Näheres ist zu erfahren vom Bevollmächtigten des Hafenarbeiter»Verbandes: I. Will, per Adresse H. Rogal, Hamburg,Deichstraße 19.Der Streik der Schauerlente Hamburgs hat noch anUmfang zugenommen. Laut Mitlheilung der Streikkonimissionfireiklen am Dienstag 6000 Schauerleute, während 40Schanerleute die Arbeit nicht niedergelegt haben. Etwa 200 bis300 See-Feuerleute und andere Arbeiter sind zu Streikbrecherngeworden. Von den Streikenden sind 1162 ledig, während derRest 7025 Kinder zu ernähren hat. Organisirt find zirka 4000Mann. Slreikkarten haben gelöst 4300 Mann. 4500 Mannder Streikenden sind sogenannte Stückgut- Arbeiter. DieKorn- Akkordarbeiter haben sämmtlich und die Kohlen-arbeiter(schwarze Schauerleute) bis auf etwa 50 Mann beider Importfirma W. Heitmann, die Arbeit niedergelegt. Letztere50 haben aber am Dienstag alle gekündigt. Wären st« kontrakt»brüchig geworden, so hätten sie ihre Spareinlagen aufs Spielgesetzt. Die organisirten Seeleute und Ewerführer haben je eineLohnkommission gewählt und werden, falls di« Unternehmer nichtbewilligen, Mittwoch früh ebenfalls in den Streik eintreten. Um10 Uhr morgens legten am Dienstag sämmtliche Quai-Arbeiterund Krahnführer(!) der Hamburg« Amerika- Liniedie Arbeit nieder. nur 19 ältere Leute blieben inArbeit. Die Slauervice der Hamburg-Amerika-Linie habenbis auf drei schon am Montag die Arbeit niedergelegt undagitiren jetzt eifrig im Hafen unter ihren Kollegen beianderen Stauern. Die Streikenden verhalten sichmusterhaft und sind voller Begeisterung. AmAltonaer Bahnhof wurden von Polizeibeamten« Streikende, dieeitel vertheilten, verhastet und zur Wache geschleppt. Dieieamten zogen blank und verwundeten einen Verhaftete», ohnebesondere Veranlassung.Diese Mitlheilung bestätigt unser« gester« geäußerte Ver-muthung, daß die Nachricht des Berliner„Lokal-Anzeiger",die Slretkenden hätten am Altonaer Bahnhof„Exzesse" begangen,eine kräftige Reporter-Flunkerei war.Die Schauerleute Harburgs beschlossen ebenfalls dieArbeit niederzulegen.Das Unternehinecthnm giebt sich die erdenklichste Mühe,auswärts Arbeitskräfte aufzutreiben. In Berlin soll einAgent namens Lange zu diesem Zwecke thätig gewesen sein.Viel Glück scheint er nicht gehabt zu haben. Das„Hamburgerho" weiß nur von zwei Berliner Arbeitern zu berichten, diein Hamburg Streikbrecherdienste verrichten sollten, aber sofortwieder Kehrt machten, als sie über di« Situation insormirtworden waren. Die Hamburger Stauer und tltheder stellen dieLohnverhältniffe der Hasenarbeiter in den Zeitungen natürlichim glänzendsten Lichte dar. Möge kein deutscherArbeiter und vor alleni kein Berliner daraushineinfallen, sondern möge jeder den Harn-burger Klassengenossen die treue Solidaritätbewahren, die der Arbeiter dem Arbeiterschuldig ist!Die Vermeidung des Zuzugs ist um so nöthiger, als die aus-ständigen Hamburger Hafenarbeiter noch mit den Machtmittelnzu rechnen haben, die dem Unternehinerlhuiii das Ka rtellwesengewährt. In dieser Beziehung ist folgendes Wolff'sche Telegrammvon Interesse: Die„Hamburg-Amerjika-Linie" hat auf An-fragen ihren Kunden empfohlen, ihre Güter über Bremen.Antwerpen und Rotterdam zur Versendung zu bringen.Die dortigen dem„Nordatlan tischen Dampfer-linien- Verbände" angehörenden Gesellschasten über-nehmen alle bezüglichen Verbindlichkeiten und Kontrakte der„Hamburg-Amerika-Linie". In derselben Weise cr-folge auch die Beförderung der Reisenden über die Nachbarhäfen.Die„Hamburgische Börsenhalle" fügt hinzu: Durch den sogenanntenPool-Vertrag, den die„Hamburg-Amerika-Linie" mit den übrigengroßen Kompagnien unterhält, ist der Gesellschaft ihr vollervereinbarter An theil am Gesam mtver kehr ge-sichert, auch wenn sie in Zeiten, wie den gegenwärtigen, nichtin der Lage ist, ihren Verkehr aufrecht zu erhalten. Die Gesell-schaft erleidet also einen pekuniären Schaden durch denAusstand nicht.So ganz ohne Schaden ist der Streik für die Gesellschaftnun doch nicht; immerhin wird sie den Streik eine geraume Zeitaushallen können. Bekanntlich haben aber auch die Hafenarbeitereine internationale Organisation. Möglicherweise entwickelt sichaus dem Vorgehen der„Haniburg-Amerika-Linie" eine sofortigeAktion der Arbeiter aller nordcuropäischen HafenstädteDie Zigarrenarbeiter in H a l l e a. S. ersuchen wegenausgebrochener Differenzen den Zuzug dorthin vorläufig zu unter-lassen.I» Krefeld haben gegen 300 Färber der Firma C. E.P u l t e r wegen Lohndifferenzen die Arbeit eingestellt. Zuzugist fernzuhalten!In der Weberei Scheins u. Reiß in Aachen streike»200 Weber.In der Fahrrad-Fabril von Bruno Zirrgiebel inLeipzig-Rendnitz sind Differenzen ausgebrochen, weshalbdie Arbeiter um Vermeidung des Zuzugs bitten.Ueber den Gasarbeiterstreik in Bordeaux sind vondiesem Orte aus die lügeiihaiteste» telegraphischen Nachrichten inUmlauf gesetzt worden, wobei wieder einmal das Sprichwort be-stätigt wurde: Gelogen wie telegraphirt. Gelogen war vorallem, daß der radikal-sozialistische Gemeinderath sich gegen dieStreikenden erklärt habe. Das G e g e n t h e i l i st wahr. DerGemeinderath hat ausdrücklich die Fordernugeii der Gasarbeiterim wesentlichen für begründet erklärt, und den Ar-beitern seine Verniittlung angeboten. Es ist denn auch einVergleich zu stände gekommen, der den Arbeitern die Erfüllungder ineifien ihrer Forderungen sichert. Zum Schluß sei bemerkt.daß nicht der Gemeinderath, sondern die Gasanstalts-Gesellschastmit Genehmigung des Präfekten Soldaten als Streikbrecherrequirirt hat. Der Gemeinderath ordnete die Zurückziehung desMilitärs an und bedrohte die Gesellschaft mit der Entziehungder Konzession, worauf diese nachgab.Soziales.Gegen den Maximal-ArbeitStag in Bäckereien, be-ziehentlich gegen die betreffende Bundesraths-Berordnung hattedie Berliner Bäcker-Jnnung Germania eine Um-frage veranstaltet. Das Resultat soll so ausgefallen sein, daßvon 500 eingegangenen Fragebogen nur vier im Sinne desMaximal-Arbeilstages ausgefallen sind, und im ganzen wollennur zehn Meister, darunter fünf bei Schichtwechsel, innerhalbder festgesetzten Zeit mit der Backwaare fertig geworden sein.Wenn die Umfrage wirklich ein Resultat gezeitigt hat, dasden Betriebsverhältnissen der Jnnungsbrüder entspricht, so würdedadurch nicht die Unmöglichkeit des Maximal-Arbeitstages, sondernlediglich die Unfähigkeit der Herrn Jnnungsmeister bewiesen, mitder Art und Weise ihrer Produktionseinrichtungen dem Bedarfan Backwaaren zu genügen. Aber Berlin würde sein Gebäckauch ohne die Jnnungsapostel in ausreichender Menge bekommen.NöthigenfallS brauchten nur ein paar Gemein debäcke-reien errichtet zu werden, und die„Frage" der Lebens»mittel-Bersorgung wäre gelöst, zugleich auch die, ob der Maximal»arbeilstag durchführbar ist oder nicht.Italienische Auswanderung. Aus Genna wird be-richtet, daß am Sonntag 150 Italiener nach Amerika gereist sind.Am Donnerstag würden 3000 nach Argentinien aus-wandern. Es giebt kein größeres ArinuthSzeugniß für di«herrschenden Klassen Italiens, als daß aus diesem verhältniß-mäßig dünnbevölkerten Lande fortgesetzt Tausend« auswandern.Der Italiener gilt als bedürfnißlos. Trotzdem gewährt ihm di«Wirthschaftsverfassung seiner Heimath nicht einmal die bescheideneExistenz, die er beansprucht.Depeftckzen und letzte Vuthvichken.Hamburg, 24. November.(B H.) Seit«»? der Ausständigensind heute Mittag den Rheder» folgende Forderungen unter-breitet worden: Der Heuersatz für Matrosen soll 70 Pf., fürHeizer 35. für Trimmer und Stewards 75 betragen; Ueberstundensollen mit 50 Pf. bezahlt werden. Außerdem wird die Gründungeines eigenen Heuerbureaus gefordert. Bon der englischen Sailor-Union ist ein Telegramm hierher gelangt, daß Hamburger Schiffein England nicht gelöscht werden. Bisher sind 4270 Slreikkartenausgegeben worden, davon an Verheirathete 3108.Hamburg, 24. November.(W. T. B.) Der„HamburgischeKorrespondent" verössentlicht folgende Mitlheilung vom Vorstanddes Verein» Hamburger Rheder: Heute Nachmittag fand in dertandelskammer unter Leitung des Vorsitzenden des Vereinsamburger Rheder. Laeiz, eine zahlreich besuchte Versammlungvon Rheder», Schiffsmaklern, Stauern und Ewerführer-Baasenstatt, in der einstimmig beschloffen wurde, diejenigen Arbeiter, welchebis Donnerstag Morgen sich wieder zur Arbeit stellen, zu den altenSätzen ohne die vor 8 Tagen als Kompromiß zugestandene Er-höhung, wieder anzustellen; diejenigen Leute dagegen, welche sichbis dahin nicht wieder gestellt haben sollten, nicht mehr zu be-schästigen.Vom Präsidenten der„Vereinigten Seeleute" Wilson, inLondon, sei die telegraphische Meldung eingetroffen, daß die„Bereinigten Seeleute" beschlossen hätten, von Hamburg kommendeSchiffe nicht zu löschen.Bremru, 24. November.(W. T. B.) Die Lohnkomnnssionhat der Bremer Lagerhaus-Gesellschast jetzt bestininite Forde-rungen überreicht. Der Hauptpunkt dieser Forderungen istzunächst eine Lohnerhöhung. Die Direktion erklärte, ans die indem Schriftstück gestellte Bedingung, sich bis heute Abend 6 Uhrzu entschließen, nicht eingehen zu wollen, sondern behielt sich einedreitägige Bedenkzeit vor.Wien, 24. November.(B. H.) Ein heute Vormittag in,hiesigen Thiergarten mit dem Reinigen des Käfigs eines Jaguarsbeschäftigter Wärter wurde von dem Thiers angefallen undschwer verletzt.London, 24. November.(B. H.) Bei einem Brande in derCorsel-Slreet sind drei Frauen in den Flammen umgekommen;eine andere Frau ist infolge eines Sprunges a»S dem Fenstergestorben.Verantwortlicher Redakteur: August Zflrobey in Berlin. Für den Juseratentheil verantwortlich: Zh. Glocke in Berliu. Druck und Verlag von Max Badiug in Berlin. Hierzu T Beilage«.