Beilage zum Berliner Bolksblatt. »r. 63 Donnerstag» den 18. Marz 1886. IIL ZatzsA» Parlamentsderichte.' Deutscher Steichttag. Sitzung vom 17. März, Nachmittags 1 Uhr. »«Tisch « des BundeSrathS: vonBoetticher und «ommiffarim. Piästsent v. W e d e l l: Ich darf voraussetzen, datz daS HauS auch diesmal gewillt ist, wie in früheren Jahren, Sr. Majestät dem Kaiser zu seinem bevolstehenden Geburtstage die «hlfuichrzvollen Wlüäwürlche darjutrwgen. Ich ersuche Sie, voß Präfidium zu ermächtigen, diese Glückwünsche zu über» «ringen, und konstatire, daß daS HauS damit einverstanden ist. iLeifall.) Eingegangen ist der Gesetzentwurf, betr. die Abänderung «r Gewerbeordnung. , Die zweite Berathung der die Arbelterschutzge« setzgebung betreffenden Anträge wird fortgesetzt.(Der Bericht der Kommission bezieht sich auf die staditkinspektoren und die Gewerbegerichte und schlägt in Bezug auf die ersteren sine Reiolution vor, in der ihre Vermehrung verlangt wird. Dazu beantragt Auer in der nächsten Session einen G setz> Mwurf, der ihre Stellung gesetzlich regelt, wodurch ein Ersatz fiir die ursprünglich verlangten Arbeittan ter geschaffen werden soll. In einer zweiten Resolution verlangt die Kommission Jlnen Gesetzentwurf, betr. die obligatorische Einführung von wwerbcgerrchten.) Abg. Groht: Die Volkspartei wird für den Theil deS zntragS Auer eintreten, der sich auf die Einführung dei "ormalarbeitStageS, Beschränkung der Frauen» und Kmder» arbeit, sowie daS Verbot der Sonntags» und der nächt, »chen Arbeit bezieht, aber nicht für die Kontroleinrichtungen, d. h. di- A.beitikammem und Arbeitsämter; nicht well wir, wie der Abg. Kalle, dai Uedergewicht der Ardeiter in den» selben fürchten, da sie zu gleichen Thellen, wie der Arbeit »eber, geheim und separat gewählt werden; aber die ganze Ainrichiung erscheint uns zu schwerfällig und unfähig, die Überwältigende Arbeit, die ihr zufallen würde, ihrem Zweck »rmäh zu erledigm. Mit den Arbeitsämtern verhält es sich rbenso; wozu eine derartige neue Behörde einführen? Wir haben ja die Fabrilinspekloren, mit denen die Arbeiter im «roßen und Ganzen, wie der Abg. Auer selbst in der Kom- Zisston erklärt bat, vollständig zufrieden sind, nur daß die vnspektionäbezirke für die Kontrole zu groß sind. Die Kom» »tission empfiehlt daher ihre Verkleinerung und eine Ver» Gehrung der Inspektoren; S ist da» notbwendig, weil sie, wie Are Berichte beweisen, höchsimS 15 pCt. der ihnen unter» Menden Anlagen im Jahr zu besichtigen im Stande ?nd. Bei der großen Arberterfreundlichkeit, die bei M Wahlen alle Parteien zeigten, hätte man zwar na etwas reichlicheres Produkt der KommisfionSberathungen erwarten können, aber wir nehmen auch eine Abschlagszahlung als einen Sporn, für die Jntereffen der Ardeiter auch �«iter einzutreten, soweit fie den Schutz dei Staates in so- Mer und humaner Beziehung zu beanspruchen daS Recht Ädg. Hartmann: Ich habe zunächst eine Lanze zu blechen für den Referenten, welchem vorgestern vom Abg. llapser Mangel an Objektivität vorgeworfen wurde. Der Re» lerent soll nicht eine theoretische Abhandlung über den Gegen- ftand der Berathung liefern, sondern eine einfache Erzählung her Hergänge in der Kommission; und dieser Aufgabe ist der «rr Berichterstatter auch in umfaffender Weise gerecht ge- worden. Die Organisation, wie die sozialdemokratischen Ab- Kiordneten sie vorschlagen, ist nun nach meiner Auffassung Durchaus unhaltbar, und ich dedauere die Art, wie der Abg. Mser jene Vorschläge hier vorgestern vettheidigt hat, da sie »urchau» im Gegensatz steht zu der Haltung der sozialdemo- �tischen Abgeordneten in der Kommisston, welche eine Zechaus sachliche, fast möchte ich sagen versöhnliche war. Abgeordnete Auer ging in der Kommission in seinem Ntgegenkommen sogar so weit, daß er selbst zugestand, «n Antrag habe erhebliche Mängel; und ich sage daS nicht, itti ihn bloßzustellen, im Gegentheil, ich mache ihm mein Mpliment dafür und wünschte nur, eS würde von allen fixten so unbefangen verhandelt; dann würde eS in mancher Uehung um unsere Geschäfte beffer stehen.(Sehr richtig!) rttne politischen Freunde werden also alle den sozialdemo- .Mischen Entwurf ablehnen. WaS die von der Kommission Erschlagenen Resolutionen betrifft, so sind wir zunächst für £«ste, welche eine Vermehrung der Fabrikinspektoren und t Verkleinerung ihrer AufstchtSbeztrkc erstrebt, S eingenommen. Herr Kayser hat sich vorgestern bei �.«ung seines auf Einführung einer zentralen Arbeiter» Pffrtuna für daS Reich gerichteten Vorschlages als„national s dai_____________________________________ m nel; thatsächlich aber war er unitarisch; diese beiden Be« hat er eben verwechselt. In der sächsischen Kammer er sich im Gegensatz dazu immer als sächsischen Par» en auf und ist durchaus kein Unttarier. Ich sage MS immer, wenn ich solchen richtigen sächsischen Bar- !en sehe: das muß ein guter Men'ch sein.(Heiterkeit.) .»tte Sie, beide von der Kommission vorgefchlagenm ii?N(onen anzunehmen; wir werden damit wieder einen Aorist, E» SM Schritt vorwärts'in der Sozialreform getban haben. mit eigenen Augen schauen werden, daS wissen wir ja rM! sollte ti uns aber nicht vergönnt sein, so werden unsere «« und Enkel die Früchte ernten.(Beifall rechts.) * Bevollmächtigter zum BundeSratb, Gebeimrath Loh» Meine Herren, daß die§§ 130-142 de» Antrages hier im Hause keine Annahme find.n werden, scheint mir �Ittzt sicher zu sein, und ich habe deshalb auch keine Ver» mich über den Inhalt dieser Anträge zu verbreiten. möchte ich mir gestatten, einige Worte zu der bean» 0% ve» "sei-- LM Resolution zu sagen. Wenn der ReichSIag ein Be» hM findet, in irgend einer Form den Wunsch auszu» daß die Zahl der Fabrikinspettorm vermehrt werdm Ä?' in einer bestimmten Weise thätia zu werden, so werden V:Tt Än'SÄ«Ä die».«ntsprechen werde. In dieser Beziehung erlaube ich «atauf aufmerksam zu machen, daß daS �tikN."-«' ausmriiiain u>*wi»»o Gesetz die CT ""« der Aufstchtibeamten den Landesregierungen Mar» die Zahl zu bestimmen, in welcher diese Beamten an» »eo ftwerden sollen und die Bezirke zu begrenzen, innerhalb Kfi�itsitlich davon ad, wie die Bevölkerung oder drejenigen ISfÄÄÄ 8« roitd" man weniger Beamte bedürfen, wo tt schwach " ist, wird man deren mehr bedürfen. Ich sühre dieses AlleS an, um Jhnm zu zeigen, daß der Herr Reichskanzler gar nicht in der Lage ist, ein sicheres Urtheil daiüber fällen zu können, od eine bestimmte Landesregierung eine ungenügende Zahl dieser Beamten angestellt hat, und unter diesen Umstandm würde eS für den Herrn Reichskanzler sehr mißlich sein, über die Zahl der aufzustellenden Beamten den Landesregierungen auch nur einen Rath zu ertheilen. Meine Herren, es ist von dieser Stelle schon bei anderer Gelegenheit wiederholt ausgesprochen worden, daß man von der Tbä igkeit der BerufSgenoffenschasten rrne Ergänzung der Thätigkeit der Fabrikinspektoren in einem sehr wesentlich n Theile ihres Berufes erwartet, und der Herr Reichskanzler hat eS seiner Zeit ausgesprochen, daß eine weitere Entnickcluna der Institution der Fadrikeninspektoren nicht wohl eher in Angriff genommen werden könne, alS bis man zu übersehen im Stande sei, inwieweit«in Theil ihrer Funktionen von den Organen der BerufSgenoffenschasten über- nommen werden könne. Nun, meine Herren, sind die BerufS- genoffenfchaftm eben erst im Anfange ihrer Thätigkett; wir wissen noch nicht, wie weit fie diese Thätigkeit erstrecken und mit welchem Erfolge fie diese Thätigkeit ausüben werden. Allerdings ist uns schon bekannt, daß fie auch diese Seite ihrer Tvättgkett hie und da schon sehr energisch in die Hand ge» nommen haben. Noch neuerdings ist uns berichtet, wie eine Anzahl von BerufSgenoffenschasten und Berus SgenoffenschaitS» Settionen, welche in Köln ihren Sitz haben, sich zur gemein- fernen Anstellung eines auf dem Gebiete der Unfallvrrhüiung außerordentlich bewanderten und diesen Aufgaben ohne Zweifel völlig gewachsenen Mennes vereinigt haben, um für die Be- triebe aller dieser BerufSgenoffenschasten eine vollständig« Ueber- wachung herzustellen; das ist ein Anfang. Abg. Baumbach: Von der Thätigkeit der BemfS- genossen schaften auf dem Gebiet deS ArbeiterschutzeS verspreche h mir so wenig, daß ich es nicht für rathsam halte, die Frage der Fabttkinspektion mit der Entwicklung der Berufsgenoffen- schatten in Zusammenhang zu bringen. Dem Vertreter der Regierungen kann ich darin nicht beipflichten, daß diese Reso« lution beim Herrn Reichskanzler an die unr-chiige Adresse ge- langen werde. ES handelt sich hier um Bestimmungen zur Gewerbeordnung, einem ReichSgesetz, wo also dem Reichskanz- ler die Oberaufsicht zusteht. Ich gebe zu, daß die thatsäch- lichen Verhättniffe in den Einzelstaaten außerordentlich ver- schieden find, und daß ei bedenklich ist, in der Generalisirung von vornherein zu weit zu gehen. Darum muß ich mich gegen den(nicht genügend unterstützten) Antrag Halben erklären, daß jedeS Etablissement in jedem Jahre revidirt werden muß. Ich halte dieS bei vielen Betrieben gar nicht für nolhwendig. Den Antrag Auer halte auch ich für undurchführbar und unprak- tisch. Die Arbeitskammern sollen darnach die Aufgabe haben, auch die Minimallöhne festzustellen. Nachdem diese Forderung vom Reichstage mit großer Mehrheit abgelehnt ist, würde auch der Gedanke einei NormalarbeititageS im Sinne der Sozial- demokraten nicht aufrecht erhalten werden können. Wer soll denn dm Minimallohn feststellen? Die ArberlSkammern sind dazu theilS zu klein, theilS zu groß. Soll z. v. eine vorwie» ?end aus Vertretern der T'xrilindustrte bestehend« Arbeits- ammer über die Löhne in allen anderen Branchm entscheiden und sogar den Akkordlohn festsetzen? Ein Arbeitertag als oberste Instanz ist vollends ein ganz ungeheuerlicher G-danke. Abg. v. h e r t l i n g: Ich glaube, daß wir trotz der Er- klärung des Herrn Bevollmächtigten an der Resolution fest- halten können. Eine Vermehrung der Fabrikinspektoren wird nur da gefordert, wo die besonderen Verhältnisse in den ein» zelnen Bezirken eine solche nothwendig machen. Der Reichs- kanzler wird lediglich aufgefordert, sich zu diesem Zweck mit den einzelnm Zentralbehörden der Bundesstaaten ins Ver- nehmen zu setzen. Die Sozialdemokraten sprechen hier von Organisation. DaS ist ein bloßes Schlagwort. Wenn man in der Organisation einen Gegensatz anerkennt zwischm dem, waS organisch, lebendig gewachsen, und dem, waS mechanisch, todt gemacht ist, so kann ich von einem organisatorischen Gevankm in diesem Gesetzentwurf nichts erblicken. ES ist nicht die Rede von innerlich wirksamen Kräften, sondern von ganz mechanisch, bureaukratischen Schablonen der Zenttalinstanz. Mitteltnftanz und Unterinsianz. Keine Gliederung nach Jntereffengruppen, die geschieden und doch wieder verbunden sind, sondern ein Konglomerat nach der Zahl der Urwähler. An einem schwerfälligen Apparat fehlt eS auch nicht Diesen Apparat soll die Gewerbe-Polizei in die Hand nehmen. Seine Befugnisse reichen sogar in die Sphäre der ordentlichen Polizei. DaS Arbeitsamt soll die ihm„nothwendig scheinenden" Anordnungen treffen. Von irgend einer Um- grenzung seiner Befugnisse ist nicht die Rede. Zur Durch. führung der Gewerdepolizei find nicht solche Organe geeignet, welch« auS der Wahl der Arbeitgeber oder Arbrtter hervorge» Sangen sind, sondern die unparteiisch über beidm bestehendm irgane des Staates. Darum ziehe ich auch die Ausübung der Gewerbepolizei durch die Fabrikinspektoren der durch die Be- rufSgenoffenschaiten vor. DaS ArdettSamt soll auch die Be- fugniß des Arbeitsnachweises haben. Wie man sich daS denkt, ist nicht gesagt. Wenn man den Ardetter nicht verpflichtet, seine Arbeitsstelle bei dem Amt anzuzeigen und dieses um Ar- beit anzurufen, hat die ganze Sache gar keinen Zweck. DaS Pariser Ärdeiterparlamenr oon 1848 zeigt genügend, daß Sie auf falschem Wege find. Ihr Antrag bedeutet nicht» weiter als eine Vermehrung der Beamten, deS RedenS in den Par- lamenten, und— waS ich beinahe vergeffen— eine Vermehrung deS bureaukratischen EchreidwesenS. Davon werden die Ardeiter auch sehr viel haben!(Beifalls Abg. Mirda ch schließt sich in allen Punkten dm AuS- führungen seines Landsmannes Hartmann an. Aog. Halben: Die Eoualvemokraten erstreben drei verschiedene Instanzen: eine Arbeitskammer, ein Arbeitsamt und ein ReichSamt. Die elftere hat einen vollständig demokratischen, die mittlere einm demokratisck.bureaukr-ttschm und die letzte einen rein bureaukratischm Cbarakter. Der Ardeiterkammer liegt ein richtiger Gedar ke zu Grunde. Sie ist eigentlich nicht» andere» alS eine Gewerbekammer. Wir weiden schließlich dahin kommen müssen, auch den Arbeitern eine selbstständige Ver- tretung zu geben, nachdem wir die Meister zu Innungen zu- sammmgebracht haben. Der Arbetter darf seinem Bideilg-b-r nicht rechtlos gegenüberstehen. Die Thättgkeit der Ardevskam- wer muß aber erheblich rrduzirt weiden, wenn die Arbeiter nicht ihrem Beruf entzogen werden sollen. Die Resolution der Kommission ist sür mich unannehmbar, weil viel zu vage. Daß man meinen Antrag nicht genügend unterstützt, hat mich um so mehr gewundert, alS eine Reih« von Parteiführern sich da- für ausgesprochen hat, daß dre Fabrikinspektoren die Betriede alle Jahre mindesten» einmal besichtigen sollen. Um die Durchführung meiner Idee zu erleichtern, stelle ich nunmehr den Antrag, daß die Zahl der Fabrikinspektoren soweit erhöht werde, daß diele innerhalb eine» JahreS mindestens die Hälfte ihrer Betriebe besichtigen können. Abg. P f a n n k u ch: Wir müssen durchaus auf unserem Standpunkt verharren, wenn wir auch in einzelnen Punkte« gern vernünftigen Einwänden gegenüber entgeaenkommend find. So haben wir z. B- in diesem Jahr von unserer Forderung eine» obligatorischen Minimalarbeitslohnes abgesehen und viel- mehr beantragt, daß nur auf Antrag der Betheiligten durch die Arbeitskammern ein Minimallohn festgesetzt werden soll. Weshalb die Herren hier so eifrig unsere Forderung einer wirth» swalrlrchen Interessenvertretung für die Arbeiter perhorresziren, ist klar: eS ist eben die Furcht, daß die Sozialdemokraten, die ja allein bisher mit Energie die Sache der Arbeiter gerührt haben, die Ardeitskammern beherrschen und an Macht gewinnen würden. Daß die Arbeitgeber in den Arbeitsk-mmern ihre Interessen nicht genügend würden wahrnehmen können, glaubt man wohl weder auf der Rechten, noch im Zentrum, wenn man eS auch behauptet. Wollte nur die Arbeiterschaft mit derselben Energie und Einsicht, wie die Unternehmer e» bisher gethan haben, ihre wahren Interessen erkennen und vertheidigen, dann hätte meine Partei wohl noch größere Erfolge aufzuweisen, alS eS thatsächlich der Fall ist. Ohne daß die jetzt bevor» zugten Gesellschaftsklassen auf viele ihrer Privilegien ver» zichlen, ist frellich keine wirkliche Eozialreform durchführbar; und deshalb finden wir hier im Hause so viel Gegner. Unsere von Herrn von heriiing bekämpfte Fordemng de» Instituts eine» offiziellen Arbeitsnachweises ist von eminenter Bedeutung; eS würde dann ziffermäßig nachge« wiesen werden können, wie groß der Umfang der vorhandenen Arbeitslosigkeit ist; und damit würde der jetzt befolgten Vogel- strauipolilik ein Ende gemacht werden, welche absichtlich sich der Tvatsache verschließt, weil viele Tausende von Ardeitern obdachlo» auf die Landstraße und auf die private Wohlthätig» keit ihrer Kollegen angewiesen sind. Unsere Forderungen ver» folgen hohe ethische Ziele; und wenn unseren Worten nicht Gehör geschenkt wird, so könnten wir bald etwa» vernehmlicher werden 1(Beifall dei den Sozialdemokraten.) Abg. Grillenberger wendet sich zunächst gegen die AuSfübrungen Hertmanns und bestreitet, daß durch die In» nungen irgend eine wirksame Vertretung der Ardeiterintereffen geschaffen worden sei. Di« Resoluttonen, welche jetzt vorge» schlagen sind, bedeuten gar nicht»; sie legen ja alle» in daS freie Ermessen der ReichSrrgierung. Sie haben unfern Entwurf» der eine gute Organisation der Arbeiter vorschlug, und an dem wir in allen Punkten festhalten, rücksichtslos abgeschlachtet auS Furcht vor einem etwaigen Mach'zuwachS unserer Partei. Die große Erregung, mit der Herr von hertling gesprochen hat, kommt lediglich daher, daß eS in den katholischen Arberterkreisen bedenklich zu rumoren beginnt, daß man dort bereits anfängt, da», was das Zentrum für die Arbetter thut, für ganzlicb unzureichend zu hallen. Wenn Sie angeblich keine neuen Reichsämter wollen und deshalb unsere Vorschläge bekämpfen, weshalb agitiren Sie denn fortwährend für ein Reichs JnnungSamt? Mit der Eozialreform soll nach Herrn hartmann langsam vorange» gangen werden; wenn eS sich um neue Steuern, um Mono- pole, um Militarvor lagen oder um daS Sozialistengesetz han» delt, dann ist Ihnen keine Art des Vorgehens schnell genug. Herr v. hertling, dieser große Sozial««lehrte de» Zentrum». hat eine absolute Unkenntniß der praktischen Arbeiiervnh.ilt» nisse an den Tag gelegt und alles vom hohm Roß der theoretischen„Wrssenschast" herab behandelt; ich rufe ihm dies heute so laut zu, damtt die katholischen Arbeiter im Lande eS hören; und damit fie zugleich sich erinnern, wie gut daS Zentrum, wo eS nur will, für seine wahren Schützlinge zu sorgen versteht. Ich erwähne nur den Namen Rittler in München und den neu ernannten Direktor der höheren Töchterschule daselbst. Ich bitte jeden, der da» Fabrikinspeltorat ernstlich weiter entwickeln will, unserm Antrage, und nicht dem KommisfionSvorschlage, zuzustimmen.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. hertling: Wenn der Vorredner von meiner Erregung sprach, so habe ich allerdings heute meinem Unmuth etwas mehr al« sonst die Zügel schießen lassen; denn die So- zraldemokraten haben unS einen Antrag vorgelegt, der nirgend» die Kritik auShält. UebrigenS war auch der Vorredner erregt, und zwar über meine AuSfühmnaen. die er dabei noch gar- nicht einmal verstanden hat.(Sehr richtig! im Zentrum.) Ich freue mich heute doppelt, gesprochen zu haben, gerade weil ich hoffe, daß die katholischen Ardeiter von meinen Worten Kenntniß nehmen, und daß fie nicht so verblendet sein wer- den, um nicht zu verstehen, wo die falschen und wo die wahren Freunde der Arbeiter find.(Lebhafte Zustimmung im Zentrum.) Die Diskussion wird geschloffen. Nach persönlichm Be» merkungen der Abgg. Kayser, hartmann und Mirbach werden die§§ 130—133 abgelehnt, desgleichen das Amen» dement halben zu der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution, ebenso wie die vom Abg. Auer vorgeschlagene Re» solution. Dagegen gelangt die von der Kommission vorge« schlagene Resolutton zur Annahiiie. Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 12 Uhr. (Zweite Berathung de» Gesetzentwurfs, betr. Schifffahrts - abgab« auf der Unterweser ; zweite Berathung der Zuckerstcuer» vorläge.)_ Ubgeordnetenhan». 43. Sitzung vom 17. M ä r z, 11 Uhr. Am Ministertische von Puttkamer, von Scholz LuciuS und Kommiffarien. Die zweite Berathung de» Staat» hauShattSetatS pro 1886/87 wird fortgesetzt. Zum Spezialetat der Lottterieverwaltung hat die Budgetkommisfion den auS ihrer Mitte gestellten Antrag, durch Verdoppelung der Anzahl der Loose die Einnahmen auS diesem Etat gleichfalls zu verdoppeln, mtt 10 gegen 4 Stimmen angenommen. Der Ueber schuß au» der Lotterieverwal- tung würde sich dadurch von 4 auf 8 Millionen Mark pro Jahr erhöhen. Da für die erste der in daS Etatsjahr 1886/87 fallenden beiden Ziehungen, die schon im Monat April ihren Ansang nimmt, die Durchführung der qu. Maßnahmen nicht mehr thunlich ist, schlägt die Kommisston vor, pro 1886/87 die sämmtlichen EtatSsätze in Einnahme und Ausgabe nur um die Hälfte zu erhöhen und außerdem folgende Resolution an- zunehmen; »Die StaatSregierung aufzufordern, für da» EtatSjahr 1887/88 durch Vermehrung der Loose um die doppelte Anzahl eine Erhöhung der Einnahmen um daS Doppelte her- beizusühren." Referent Abg. Graf Limburg-Stirum hebt hervor, daß der diesmal zur Annahme gelangte Antrag auf Ver- doppelung der preußischen Lotterieloose lediglich die Wieder- holung eine» gleichlautenden Antrags sei, der in voriger Session vom Plenum mit geringer Majorität abgelehnt worden sei. Die Staattregieruna habe durch ihren Kommissar in der Kommission ihre Geneigtbeil, auf den Antrag einzugehen, de- kündet, zugleich aber die Erklärung abgeben lassen, daß eS nach
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