Beilage zum Berliner Volksblait. Kr. 66. Freitag, de« 19. Marz 1886. III. P arlamentsverichte. Deutscher Retchitag. 69. Sitzung vom 18. März, 12 Uhr Am Tische des BundeirathS: von Boetticher, von Lurchard, LuciuS, v. Scholz. Der Gesetzentwurf. betreffend die Erhebung einer SchifffahrtSabgabe auf der Unterweser , steht zur zweiten Berathung. Namens der Kommiiffon refenrt Abg. Pfafferott: Nur England hat zwei Wasserbauten von der Großariigkeit de« WaffervrojeNs aufzuweisen, Ayde «nv Ttzne. Schiffe der gröjj un Fahrt«ollen aus See 70 K lo Meter weit in da« Binnenland hi ausgeben. Nur ein Mit «li.d der Kommission war der Vorlage nicht günstig gestimmt. Der Besorgnis), daß die Adjazentcn geschädigt würden, daß den olvenburgischen Marschen das Süßwaffer entzogen werde, «ird daS Abkommen Preußens und Oldenburgs mit Bremen begegnen. Die Porlage wird genehmigt. Es folgt die zweite Beraidung des Gesetzentwurfs, betr. die Besteuerung des ZuckerS. Die Rübensteuer beträgt jetzt 1,60 M. pro 100 Kilogramm. Die Borlaoe will sie in zwei Stufen im Zwischenraum eines Jahres auf 1,70 dezw. 1,80 M. erböhen. Die Kommission beantragt dagegen die Aufrechterhaltung d'S bisherigen Steuersatzes, daneben aber eine besondere Melaffesteuer, welche für dies nigen Zackerfabriken, welche die auS den Rüden gewonnene Melaffe selbst entzückern, in Form einet Zaschlagi von 10 Pf. für den Doppelzentner Rüben, von den Fabriken, welche an« gekaufte Melaffe entzuckern, ohne Rüben zu verarbeiten, durch eine besondere Melaffisteucr von 3,30 M. pro 100 Kilogramm Melaffe erhoben werden soll. Die Exvortoergütung(§ 2) soll nach der Vorlage von 18 M. am 18 20 M- erhöbt werden, während die Kommisston eine Ermäßigung auf 16,80 M. für Rübenzucker von mindesten» #0 pßt. Polarisation vorschlägt.(Für raffinirten K. Zucker «erden die ExportdonifikationSsätze entsprechend höher de« meffen.) Es liegen dazu 3 Anträge vor: 1. Rohland will die Rüben�euer von 1,60 M. in zwei Stufen auf 1,40 Mk. bezw. 1,20 Mk. ermäßtaen und dem» rnisprechenv auch die Bonisikation von 18 auf 14 bezw. 12 ff. herabsetzen. 2. Graf Etolberg will die Rüdensteuer auf 1,60 M. belaffen, dagegen die Bonisikation in zwei Stufen auf 17,40 bezw. 16,40 W. ermäßigen. 3. GöyvonOlenhusenund Pfafferott wollen neben einer Rüdensteuer von 1 M. eine Konsumsteuer von 10 ff. per Dopoelzentner Zucker erheben und die Exportdonisitation auf 10,50 M. festsetzen. Außerdem gebt während der Verhandlung 4. ein Antrag der Abgeordneten Heine und Bock ein, wonach die Export- Vergütung noch einer Ausbeute von 1 Zentner Zucker auf 0 Zintner Rüden bei 93 pCt. Polarisation des Rübenzuckers bttneffen werden soll. Referent Witte: Den Vorschlägen der Kommission gegenüd r haben die an dem bestehenden Zustand Jnteresfirien ihre Uneigennützigkeit auf das nachd ücklichste und, wie sie de- haupteten, nur auS sachlichen Gründen betont, und daS bis- weilen in so drastischer Weise, daß die Kenner der wahren Situation sich eines Lächelns nicht enthalten konnten. Die Mehrheit der Kommission ist der Anficht gewesen, daß eine Erhöhung der Rüdensteuer ein höchst nachtheiltgrr Schritt sein werde zur Meiasseentzuckerung. Mit der Einführung der Me- laffesteuer ist die Möglichkeit gegebnt, den Wünschen der In. dustrie in Bezug auf die Festsetzung der Exportbonifikation entgegenzukommen. Die Vortheile, die sich daraus ergeben, werden besonders dm LandeSihctlm zu statten kommen, welche zocke, ärmere Rüben produziren. Ich empfehle daher, die§§ 1 und 2 w der von der Kommisston vorgeschlagenen Fassung an» iunehmen. Staatssekretär v. Burchard: ES wird Niemand Ihrer Kommission die volle Anerkennung versagen, daß sie mft größter Hingebung versucht hat, die höchst sckwierige Frage der Neu- Regelung der Zuckersteuer zu lösen. Um so mehr muß ich es beklagen, daß ihre Vorschläge auS materiellen und formellen «rünben nicht die Zustimmung der verbündeten Regierungen Asrden finden können. Eine Melaffebesteuerung würde in jeder sonn, namentlich aber, wie hier vorgeschlagen, meines ErachtevS "bllig unausführbar sein. Unsere Steuer ist um die Hälfte «iediiger als die in Frankreich ; sie ist erheblich niedriger alS bit in Holland und Belgien ; sie entspricht ungefähr dem Maß «r»riastung in Oesterreich . Jedenfalls ist zur Zeit kein An. Jj� dieseS wichtige Finanzobjekt allmältg �adbröcktln zu abbröckeln Maffenbclastung darauf hinzuwirken, daß die Kaliitt Thealrr. Ernesto Rosst als«ras Thorane. ■ --"o Rossi als Graf des Konsums sich verringert, und daS würde die Folge deS Stolbrrgschcn Antrages sein. Schon jetzt soll die Busfuhrvergütung herabgesetzt werden, das heißt, eS würde gegenüber dem jetzigen Soll der Stcuerbelastung eine Hrrabs tzung eintreten. Wenn nun nach Verlauf einiger Jahre ein ähnliches Mißoerhältniß zwischen Steuer und Ver- gütung vorliegen sollte, dann würde es allerdings in der Kon» sequenz des Antrages liegen, daß wieder eine Herabminderung der Vergütung stattfinden würde unter Beibehaltung der Sieuei sätze; eS würde mit anderen Worten eine weitere Herab. Minderung der Eteuerauflage auf den Zuckerkonsum herbeige- führt sein. Ich glaube nicht, daß die verbündeten Regierungen bei den gesteigerten Anforderungen an daS Reich und der Schwierigkeit, andere Steuerobjelte heranzuziehen, auf diesen Vorschlag eingehen werden. Er hat eine prinzipielle Bedeutung, weil er im Gegensatz zu dem bisher innegehaltenen Wege eine Herabsetzung deS Maßes der Zuckerbesteuerung zur Folge hat. Auch wtrthschaftlich ist der Antrag bedenklich. Für den inländischen Preis des Zuckers ist mit entscheidend die Höhe der Vergütung. Setzen Sie diese herab, so be. wirken Sie ganz unzweifelhaft damit ein Hcradgehen deS Zucker preise» im Jnlande. Giebt aber die Gesetzgebung auf diese Weise den Anstoß zu einer Baisse, so wird drese nicht bloS auf das Maß der Herabsetzung der AuSfuhrvergütung beschiäntt bleiben, sondern sich wahrscheinlich in noch weUeren Kreisen fühlbar machen. Ferner: setzen wir die Vergütung herab, so wwd natürlich versucht werden, die jetzt lagernden sehr erheb. lichm Vorräthe ins Ausland abzusetzen zum jetzigen höheren Veigüiungtsatze. Das wird unzweifelhaft zu einer Herab. setzu g des PceiseS führen und eS wird nicht gelingen, diese Vorrathe sämmtltch zu den hiheren Sätzen auf den aus ändischm Markt zu werfen. Werden aber die Vorräthe erst nach Ein. führung der niedigeren VergüiungSsätze ausgeführt, dann wird die Industrie erst recht geschädigt. So sehr die verbündeten Regierungen im finaiziellen Interesse natürlich der Fabrikat» steuer zustimmen würden, so erkennen sie die Materialbe» steuerung für unsere Verhältnisse als die richtige Form an. Um diese aber durchzuführen, muß der Reichstag den Vor- schlägm der Regierung entgegenkommen. Sonst würde eS schwer abzuwenden sein, daß die Fabrikatsteuer an die Stelle der jetzigen Materialsteuer trete. Abg. R o h l a n d: Man kann darüber verschiedener An- ficht sein, ob die Matertal- oder Fabrikatsteuer die richtigere sei. Wenn man sich aber für die Materialbesteuerung ent- scheidet, dann wäre es eine Bestrafung der Intelligenz und deS Fleißes, wenn man die, welche Melasseentzuckerungsanstaltm eingerichtet haben, jetzt besteuern wollte. Sie haben es gethan auf Grund der bestehenden Gesetzgebung, und wenn man fie jetzt besteuert, so vt'letzt man ihr Rechtigefühl. Diese Steuer würde aber auch eine ungerechte, weil ungleiche sein. Denn die Rüde in ungünstigem Klima und schlechtem Boden läßt mehr Melasse zurück als die in gutem Klima und gutem Boden. Man sollte die Zucker»Industrie, die sich ohnehin schon in einer schlimmen Position befindet, nicht mit einer größeren Steuer belasten, sondern ihr im Gegenthcil mit Erleichterungen unter die Arme greifen. Wird der Bunvesrath, wenn er in 3 bis 5 Jahren die Jndust ie durch diese Zuckersteuer an dm Rand de» Abgrundes aefübrt hat und gezwungen ist, mit einem Male zur Fabri tatsteuer überzugehen, diese EHetzeSvorlage ver» antworten können? Ich bitte den BundeSrath, sich die Sache noch einmal zu überlegen, ehe es zu spät ist. Agg. v. WedellMalchow: Im Gegensatz zur Re» gierung halten wir eine Melaffebesteuerung für sehr wohl durch« sührbar, glauben auch nicht, daß es nothtg sein würde, zu diesem Zweck in das Gesetz eine Definition deS Begriffes „Melasse" aufzunehmen. Abg. Lohren: Die Majolität meiner Parteigenossen erblickt in den Beschlüssen der Kommisston nicht blas eine V-r» befferung der jetzigen Verhältnisse, sondern auch der Re« gierungsvorlage. Bundetkommiffar Geh. Rath B o c c i u S muß dem Vor» redner gegenüber daran festhalten, daß die Melassesteuer, wie fie die Kommisston vorschlage, zur Zeit nicht durchsühr» � Äbg. Graf Udo Stolberg: Ich verkenne nicht das Wohlwollen, von dem die Regierung bei Eindringung ihrer Vorlage geleitet wurde; trotzdem hat sich letztere nur eines geringen Beifalls erfreut, und in der Kommisfion sind nur zwei Milglicder dafür«ingetreten. Den Zucker so erheblich mehr zu zu belasten, wie es die Regierung will, halte ich schon deshalb für bedenklich, weil er bereits in Höhe der Hälfte seines Werth», also im Vergleich zu anderen Konsumtidilten außerordentlich hoch belastet ist. Abg. Buhl: Der Staatssekretär von Burchard hat die Kommisfionsvorschläge einer sehr abfälligen, schneldigm Kritik stand als günstig hinzu, daß die Rolle in gebrochenem Deutsch vorgetragen werden muß, daS gebrochene Deutsch Rosfi'S war jedoch etwa» zu natürlich gebrochen. Einzelne Laute deS deutschen JdtomS find dem Romanen überhaupt nicht geläufig. für das deutsche „GH" sagt der Italiener sowohl wie der Franzose regelmäßig„K". Außerdem war die Figur des Grafen Thorane gerade nicht diejenige, welche Emesto Rossi be'onderS günstt, liegt. Wer Ecnesto Rossi beispielsweise im o 8n" g-seben hat. wenn er mit der ganzen Gluth unge» zahmler Leidenschaft, mit der überwältigenden Kraft seines GenieS da» Publikum hinreißt, der erkannte ihn vorgestern Abend kaum wiedi r. In einzelnen Szenen kam allerdings sein un« gemeine» Talent zum Durchbruch, er verstand eS. sich in die Herzen seiner Zuhörer einzuschmeicheln durch die Ungelünstclt- heit seiner Naturlaute, durch jene wunderbare Art sich zu geben, dann aber wurde man unwillkürlich wieder ängstlich, man be« dauerte, daß ein so eminentes Talent in einer unpassenden Rolle vergeudet wurde. Dankbar muß die liebenswürdige Künstlerlaune deS großen Tragöden anerkannt werden, daß er fich dem deutschm Publikum einmal in einer deutschen Rolle präsentiren wollte. Leider blieb da» Können hinter dem Wollen ,uttt jjie übrigen Darsteller thaten ihr Möglichstes, um nicht hinler dem Gast zu verschwinden. Herr Biencke verstand eS, mit gutem Humor, die Rolle deS Mack in seiner steifen, dienst. lichen Haltung wiederzugeben, F au Carlsen war als Frau Rath Göthe ganz die liebevolle, forzsame, dabei doch seldstde« wußte Herrin des HauseS, ebenso verstand es Herr Guthery, fich gut mit seiner Rolle alS penfionirter Professor abzufinden. Auch Herr Meißner und Frau Walther- Trost waren recht drastisch. Fräulein Mey»r als Grete! schwärmte sehr anschau» lich für ihren Sergeant Major, den zukünftigen„Entendenten." Weniger befriedigte Herr Kur, als Rath Götbe, er fand sich nicht recht in die Rolle deS freiheittstolien Patriziers. AlS Debütantin trat Fräulein Carlowsfa vom Deutschen Th-ater in Moskau auf, sie gab den jungen Göthe mit vielem Geschick und Feuer. unterzogen; ebenso aber auch der Abgeordnete Lohren die Re- gierungSvortage. Aber wir müssen doch aus dem gegen- wältigen Zustande Heraue. Wie fich der Herr Staats» selretär so prinzipiell ableh-end gegen den Antrag deS Grafen Stolderg verhallen und dessen direkte Ablehnung durch die verbündten Regierungen in Ausstcht stellen konnte, habe ich nickt verstehen können. Nehmen wir den Vorschlag der Kommisfion an, so betreten wir zwar einen schwer gang» baren, aber doch den gangbarsten Weg. Minister für die Landwirthschaft Dr. Lucius: Ich be» baute, daß die Vorschläge der verbündeten Re Gerungen so wenig Anklang in dem hohen Hause gefunden haben, weil ich nach wie vor der Ar ficht bin, daß fie am meisten den Intet» essen der Landwirthschaft und Industrie Rechnung traaen. Die Vorschläge bewegen fich genau auf der Bahn der Ent- Wickelung der gesammten Zuckersteuer, fie verfolgen den Zweck, einmal die Stcueremnahmen auS dem Zucker wieder in ein richtiges Vthältniß zu setzen, fie zu erHöven, andererseits die Exportbonifikation entsprechend den jetzigen Rendementsverhält- wissen zu reguliren. Deshalb wird die graduelle Erhöhung der Steuer um 10 Pfennig für den Doppelzentner im ersten und wieder um 10 Pfennig in dem zweiten Jahre vorge« schlagen; das würde bei Verarbeitung von 100 Millionen Doppelzentnern per Jahr 10 Mill. Mark ausmachen, vom zweiten Jahr an doppelt soviel. DaS ist ein unzweifelhaftes Ergebniß, waS bei keiner anderen Besteuerungsfmm erreicht wird. Mit Herrn Abg Lohren thcile ick vom landwirthschaftlichen Stand« punkte die Anficht, daß die Melaffebesteuerung wünschenSwertH ist, wenn fie nur möglich wäre. Sie ist aber nicht möglich, und meines Erachten» wird der Versuch, die Melaff, steuer einzuführen, kläglich scheitern. Die gleichen Ausführungen de» Dr. Scheibler hierüder find um so zutreffender, alS er ein Anhänger der Fabnka'stcuer ist. Sämmtlicher in der Rüde enthaltene Zucker ist mit der Rohsteuer bereit» getroffen. und eS ist ganz gleichziliig. wie die Säfte nachher weiter dehandelt werden. Pfropfen Sie die Melafststeuer auf die Robfteuer auf. so bahnen S.e damit den Uedergang zur Fabrikatsteuer.(Sehr richtig! rechts.) Dann würde entweder die Melasse noch Frank» reich gehen, wie zum Thetl schon jetzt, um zum Spiritus ver» wendet zu werden, was also indirekt den heimischen Kartoffelspiritus brennern Konkurrenz machen würde, oder nach England, dann würden fich nothwindig dort Strontian- oder Coelestm» fabriken entwickeln und so die heimische Landschaft geschädigt werden. Nihmcn Sie die Vorlage der verbündeten Regierungen unverändert an im Interesse der Landwirthschaft und der In- dustrie.(Beifall rechts.) Abg. Heine(Sozialdemokrat): Ich habe mich an den Berathungrn der Kommisfion nur so lange detheiligt. alS AuS» ficht dafür vorhanden war, die Rohmaterialsteuer durch eine Fabrikatstener zu ersetzen Als eS fich aber nur noch darum handelte, wie hoch die Exportbonifikation zu bemessen sei, habe ich eS im Interesse der fort chreitenden Kultur für besser gehalten, wenn ich nicht mehr thetlnehme(Heiterkeit), ich bereiste deshalb lieber den 19. sächsischen Wahlk, eis, um den fünfimdzwanzigsten Sozialdemokraten durchdringen zu helfen. (Große Heiterkeit.) Die Zuckerindufirie soll nothleivend sein und deshalb noch mehr StaafSunterstützung erhalten. Wenn wir für die nothleidenden Arbeiter etwa» erbitten wollten, würde man uns gar nicht beachten. Die nothleivende Industrie ist freilich etwa» Andere»! Abrr die Roth im Volke ist sehr groß. Hier in Berlin gehen die beschäftigungslosen Arbeiter Abends in den Vororten betteln und nach der„Germania " herrscht in Westpreußen der Hungertyphus ganz schrecklich. Die nothlcidende Industrie ist nur ein ganz imaginärer Be» griff, denn ich kann mir die Fabriken nicht ohne Arbeitgeber und Ardeiter denken. Durch die Unterstützung deS Staates erhalten Besitzer, Altionäre und Rüdenbauer sehr bedeutende Vorrheile, aber nicht die Arbeiter; zergen Sie mir einen einzigen durch die Unterstützung reich gewordenen Ar» beiter I Denen geht eS sehr schlecht. In einer der größte» Fabriken, der des Herrn Kollegen Dietze in Barbu, er harten die Arbeiter in der Mehrzahl 1,50 bis 1,75 M. pro Schicht, natür» lich werden Ueberstunven gemacht, weil dieser Lohn nicht aus« reicht, um die Familie zu ernähren, jedes Versehen kostet Straf» gelder von 50 Pf. bis 3M., der Gesundheitszustand ist schlecht und die Behandlung der Leute läßt sehr viel zu wünschen übrig. Der Ardeiter soll nicht der Industrie wegen da sein. sondern die Industrie des Arbeiters wegen? W»s geschieht aber den Arbeitern? Ueber die vom Lohn eindehaltenen Straf- gelder wird niemals Rechenschaft abgelegt. Thatsache ist. daß die Herren Inspektoren die Strafgelder vielfach in die Tasche stecken und dafür ihre Champognerschuldcn bezahlen.(Hört! bei den Sozialdemokraten.) Die Unterstützung, welche derStaat bisherge« währt hat, hat fich für die Fabrikanten vorcheilhaft erwiesen, aber nicht für die Arbeiter. Wir halten den Zucker für ein noth« wendiges Lebensmittel und wünschen deshalb, daß der Ver» brauch desselben gesteigert werde. WaS unser» Antrag betrifft, so geben wir unS keinen zu großen Hoffnungen hin. Wollte man endlich zur Fabrikatsteuer übergehen, so würden fich auch die Schäden, welche mit der Exportbonifikation verbunden find, am besten beseitigen lassen. Abg. Härle: Die Mittheilungen des Staatssekretär« über daS Etträgniß der Zucker steuer im laufenden Jahre lauten geradezu erschreckend und überschreiten weit die bisher über den Verfall der Zuckersteuer gehegten Besorgnisse. Die Kom« misfion hat«S aber als ihre Pflicht ansehen müssen, der Frage der Melaffebesteuerung näher zu treten und einen dahin gehen- den Antrag zu stellen. Wenn fie die» unterlassen hätte, dann hätte man ihr von allen Seiten den Vorwurf gemacht, daß fie dieser schwierigen Frage scheu auS dem Wege gegengen fei.— Die Regierung erklärt fich auf» hestimmteste dagegen, und wenn somit keine Auestcht auf Annahme vorhanden ist. dann könnte ich mich am eh sten für den Antrag Siolberg auifpreckn, der bei Beibehaltung der bisherigen Rüdensteuer eine weiter» gebende Herabsetzung ver AuSfuhrvergütung in fich schließt, und der somit den Doppelten Zweck, Vermehrung der Reichs- einnahmen und Entlastung des JnlandSkonsumS, außer dem Antrage der Kommisfion, am besten erfüllt. Abg. Struckmann bittet»ach den Erklärungen deS landwirthschaftlichen Ministers die Regierungsvorlage anzu nehmen. Abg. Dietze(Barby )(persönlich): Der Abg. Heine hat meinenNamenindie Debatte gezogen in ganz underechtigtrr Weise, von den Verhältnissen gesprochen, die auf meiner Fabrik bestehen ollen. Er hat dabei Lohnsätze angeführt, von denen ich sagen muß, daß zwar einige Arbeiter solche erhalten; aber der weit» au« größere Theil meiner Arbeiter erhätt Löhne, die um daS Doppelte höher find, als die höchsten vom Abg. Heine ge» nannten Sätze. In Bezug auf die Strafgelder hat er gesagt, man wisse n cht, wo dieselben bleiben. Ich erwidere, daß auf meiner Fabrik es zu den äußersten Seltenheiten gehört, daß Arbeiter mit Strafgeldern belegt werden. Bis zur Einführung de« KrankenkaffengesetzeS flössen diese Gelder in die Kranken»
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