tinjtlien SlendS. Unsere gebildeten Herren und Damen lennm unfern Göthe und zumal GSthe'»„Faust ", find über daZ Gleichen entzüekt und wetnm auch Thränen über dieselbe— Gleichen ist einmal klasfisch und stylvoll—«S würde also un- gemeine„Unbildung" verrathen, wenn man nicht so lhut, alS wenn man Göthe verstände und mit ihm empfände. Jede höhere Tochter weih, daß ste mit Sretchen sympathifiren und sie reizend und entzückend finden muh. Wie aber würde man absprechen, wenn man mit dem Gleichen im wirklichen Leben in Berührung käme; mit einem Gretchen, daS noch lange nicht in solche unselige Verstrickungen und Verhältniffe gelangt wäre, wie daS un» von unserm größten Dichter in rein menschlicher Verklarung vorgeführte Opfer. Wie weih man da die Nase zu rümpfen. w.'lch pharisäischen Hochmuth zu entfalten, wie brüstet fich va die satte und zahlungsfähige Moral, wie spricht man über solche»„Geschöpf" ab, gnadiae Kau und anadige» Fräulein sühlen fich in ihrer zart-ästhctischen Nervosttat höchst unangenehm berührt, und Frau Registrator und Frau Meisterin müssen e» doch der gnädigen Frau und dem gnädigen Fräulein nachthun, weil es ja mit zur Feinheit gehört.„D-r Menschheit ganzer Jammer saht mich an." E» giebt de» Elend» gar so viel und noch mehr der Gedanken- und EmpfindungSlofigkeit, so daß die meisten vielleicht bei einzelnen Fällen aus ihrer Gleichgiltigkeit aufgerüttelt werden, aber in wenigen Minuten fich wieder beruhigen. DaS MenschlichkeitSgefühl, da» in dem Elend de» Einzelnen der Menschheit ganzen Jammer erblickt und uns selbst al» Milleidende ergreift, zeigt man vielleicht, wo e» in poetischer Verklärung fich darstellt, wenn eS ali GSthe'scheS Gleichen oder Correggio'S büßende Magdalene vor geführt wird, aber nicht wenn wir dem Elend in der rauhen und nüchtern. prosaischen Wirklichkeit begegnen. Unsere Leser haben auS der gestrigen Nummer ersehen, daß am Sonnabend zwei Mädchen auS dem Umfluthgraben in Braunschweig ge- zogen worden find. Sie hatten fich zusammengebunden und vereint da» naffe Grad gesucht. Zwei Mädchen von 20 und 32 Jahren. Denkt Euch, von der verächtlichsten Sorte— Tingeltangelsängerinnen, wie die„Lande», eitung" ste nennt. Kann man fich verwerstichere Kreaturen denken? Und zumal wenn solche Geschöpfe noch menschlich zu fühlen und ,u denken fich unterfangen. E» ekelte fie des Elend», das fie umgab, und noch mehr, da zu dem Elend fich noch zu ihnen gesellte da» Licht auf eine deffere reinere Welt. Sie hatten noch ein Herz, in dem die Liebe ihre Stätte fand, und durch diese Liebe murde ihnen erst recht ihre hoffnungslose Lage klar. Die Ge- liebten waren junge KommiS; wo war da die Ausficht, au« ihrer Lage erlöst zu werden? Ueber kurz oder lang hätten die jungen Leute fich doch der geltenden Lebensklugheit fügen müssen. Da beschloffen die Mädchen ihrem Leben ein Ende zu machen: jede von ihnen schrieb noch einen Brief an ihren Ge- liebten, in dem fie ihren Empfindungen der LebenShoffnungS- lofigkeit Ausdruck geben. Die Wasser verschlingen fie und heute deckt fie wohl bereit» da» Grab. Wa» ist da weiter? Die find längst vergessen und die weltklugen Leute sagen mit mephistopbclifcher kalter Gleichgiltigkeit:„Es ist die Erste nicht." Aber eS giebt auch noch Andere, die noch weiter gehen: die fich selbst einen Heiligenschein zu geben meinen, wenn fie so recht von oben herab auf die„Sünder" herab« blicken.„Da steht man'»: das kommt davon. Warum wollen die Mädcbm nicht arbeiten? Uebrrdies haben wir allerlei fromme Vereine, selbst für gefallene Mädchen; wir helfen den Gefallenen und zeigen ihnen den Weg zur Befferung." Wir kennen da»! Wir kennen diesen Weg der Buße! Er ist die Ettödtung der menschlichen Natur, der menschlichm Leben»fteudigkeit: wa» da gerettet wird, ist meistens das, was im Himmel vielleicht sehr viel werth sein mag, aber auf Erden des Erhalten» kaum wetth ist. Die Härte gegen den Nebenmenschen tritt besonder» scharf hervor gerade unter den Frauen selbst und zumal in den feineren Kreisen. Wie ist man entzückt von der reizenden Naivetät der Komtesse, de» gnädigen Fräulein», jener Naivetät, wie st« in den Rollen für vi« jugendlichen Liebhaberinnen tausendfach dar- gestellt wird, aber ander» ist eS, wenn die Lebinslust und LebenSfreudigtett fich in einem jungen Mädchen, vielleicht der Waise eine» bochgestellten Beamten, die al» Gouvernante oder in sonstiger Stellung ihr Unterkommen findet, an einem Ge- sellschaft»abind zeigt und die Tochter deS HauseS in den Schatten steM? Nein, mein. Fräulein, daS schickt sich nicht; Sie find arm und abhängig und sollen fich stet» Ihrer Stellung bewußt sein und daß Sie von unserer Gnade leben. Da» ist da»„beneidenswetthe" Loo» selbst eines Mädchens au»„guter" Familie und von der„guten" Gesellschaft protegirt.— Daß zum Leben etwa» mehr gehört, wie die bloße Nahrung und Kleidung, daß die Lebensfreudigkeit und Jugendfrische, da» warme Herz und das lebendige Em- pfinden erst das menschliche Leben bilden, da» wird den Armen gegenüber zu leicht vergessen. Warum haben die Mädchen nicht arbetten wollen? Warum find 16« und 17jährige Mädchen nicht so ernster Lebentanschauung wie die alte ehrwürdige Stiftidame,(die vielleicht mit ihrer Ehrwürdigkeit ebenso kokettitt wie in ihren jünaerm Jahren mit den frischen Reizen ihrer Person)? Jungen Herren gegenüber, Kavalieren, Stu- denten, Assessoren, Lieutenant» u. s. w.. gehört es zum guten Tone, auch unter sehr würdigen Damen, ihnen tausenderlei Vergehen als„Jugendthorheiten" nachzusehen; aber über ein junge» Mädchen, daS kaum den Kinderschuhen entwachsen rst. da wird von den bejahrtesten Herren und Damen beim ge- ringsten Vergehen der Stab gebrochen. Da» Leben in den Fabriken und sonstigen weiblichen Arbeit»stStten rst nicht so lockend, daß junge, lebensfreudige Mädchen nicht leicht in die Versuchung kommm, fich demselben ,u entziehen und in an- derer Weise da« Leben kennen zu lernen. Ist doch die Lage der weiblichen Arbeiter eine derattige, daß ein nur zu großer Theil den Versuchungen zum Opfer fällt. Was wird alle» den jungen Herren zu gute gehalten? Der muß schon sehr Schlimme» begangen haben, wenn e» ihm auf seinem Lebenswege hinderlich«erden soll. Der kleinste Leichtfinn aber wird dem jungen Madchen schon al» unsühnbareS Verbrechen angerechnet. Warum haben fich die beiden jungen Mädchen nicht an irgend einen der Rettungs- vereine gewendet?„Die„verworfenen Geschöpfe" konnten fich ftewtß nicht mit der Buße in Sack und Asche defteunden: fie bäumten von einem Leben voll Lebensglück und Lebensfreudig- krit, voll Liebe und Sonnenschein, und da ihnen die» versagt war, wählten sie lieber den Tod. Wir leben in einer Zeit, in welcher so ungemein über die zu große„Hunmnilal geklagt wird, wo man die Humanität al» krankhafte Weichlichkeit de« wachtet: wir find nun aber unheilbar von dieser Human, tat angekränkelt und empfinden da» Loo» der Aermstcn und Elendsten al« ganzen Jammer der Menschhett. Unsere Leser und Leserinnen mögen es uns nicht zu übel nehmen, wir könnten fie ja von so vielem herrlich unterhalten, wir könnten Wen von allen möglichen Karnevalsfestlichkeiten erzählen, wir wnnten ihnen die Tolletten der Damen auf hohen und vor- Nehmen Festlichkeiten schildern, welcher Kavalier diese oder jene �ame zum Tanze geführt, und andere ähnliche interessante �inge ihnen auftischen, wir vergessen aber dieses alles gegen- öber dem Loose zweier gewöhnlicher Tlngellangelmadchen. . Ueber Herr« Etöcker und seinen Anhang finden wir w einem auSwältigen Blatte folgende beachtentwerthe Be- Pachtung:„Vor einigen Tagen ist Herr Stöcker be,m Ver- wffen eines Pferdcbahnwagens gefallen und hat fich den m verletzt. Diese Nachricht ist seit langer Zeit die erste, in P* sein Name erwähnt wird, fie erinnert allein daran, daß 2% früher so vielgenannte Mann überhaupt noch existirt. Herr W* wZ 7- was erinnert noch daran? Früher verging kein Tag, ohne uaß man fich mit ihm beschäftigen mußte, heute ist eS allein ein so trauriger Anlaß, der seinen Namen wieder in die Oeffent- lichkeit bringt. Nur in einer Rubrik begegnet man demselben noch hin und wieder; das ist in der Rubrik:„Gerichtsiäle". „Der Redakteur N. N. ist wegen Beleidigung deS Herrn Sröck-r freigesprochen." ,L»err Stöcker ist wegen Be- leidigung deS Herrn P. P. verurtheilt worden."„Herr Etöcker hat gegen daS ihn verurtheilende Unheil Berufung eingelegt"— das find die einstigen Reste der einstmaligen so unbegrenzten Herrlichkeit. Und nicht Stöcker allein ist zurückgetreten, auch sein Berliner General Stabschef Bickenbach hat die Flinte inL Korn geworfen. In einer jüngst stattgehabten Versammlung de» deutschen Antisemitenbundc» hat er feierlich aus einige Zeit Urlaub genommen. Da» Er- holungibedürfniß machte fich bei ihm an dem Tage bemerkbar, an dem er in der Stadtverordneten wähl unterlag. Wa» nützt ihm daS schönste Ehrenpräfidium in dem„Bunde", wenn e» ihn nicht einmal zu einem Vater der Stadt machen kann. Und so schüttete denn Herr P ckenbach sein Herz aus:„Als reicher Mann sei er in die Bewegung eingetteten, als armer Mann verlasse er ste. Zwar werde sein ganzes Leben den Aufgaben gehören, die ihn mit dem D. A.'B. verbunden, aber einst- weilen müsse er fich zu seiner Erholung zurückziehen. Uedrigen» waren seine persönlichen Verhältnisse niemals glänzende. Dieser Versuch, fich mit dem Nimbu» der Uneiaen« nützigkeit zu umgeben, fiel glänzend durch. Auch unter seinen Anhängern weiß man da» besser. Der Rück- gang der von Stöcker geleiteten Bewegung begann mit den öffentlichen Gerichttverhandlungen, in denen er, sei eS al» Zeuge, sei e» al» Angeklagter, zu erscheinen hatte. Seine Er- folge waren PyrrhuSstege, seine Niederlagen geradezu zer- schmetternd. Sir trugen Verwirrung in die Reihen seiner An- Hänger. Al» gar die osfiziöse Welt ihn fallen ließ, war e» ganz mit ihm vorbei. Er wurde vorfichtig. Und da die Vorstcht ihn zwang, maßvoll zu sein, wurde er langweilig. Jetzt wirkte er ermüdend. Seine Versammlungen wurden leer. ES gab keine Zwischenfälle, kein Amüsement; die Blätter fanden nicht» mehr zu berichten. Der letzte Akt hat begonnen, und bald wird eS heißen: der Vorhang fällt, da» Stück ist au». Noch ein- mal bat man versucht, neue» Leben hinein zu bringen, indem von Wien ein paar antisemitische Wanderredner hierher gekommen find. Aber da fie gleichzeitig slavisch gestnnt find, so finden auch fie im Augenblick bei unS keinen Willkommen. Wie Sternschnuppen tauchten ste auf und verschwanden wieder, Nie« mand weiß, wa» aus ihnen geworden. Auch diese Haupt« und Staatsaktion war eine verfehlte." Gegen den Mitinhaber eine» hiesigen Fabrikgeschäft» steht eine bemerkenSwetthe Anklageerhebung in Aussicht. Ein Bruder deS Bettessenven hatte bis gegen Weihnachten hier- selbst ein Geschäft bettieben, dann dasselbe aufgegeben und war zu seinem Bruder, dem jetzt Beschuldigten gezogen; von diesem aus ist er alSbald aus Berlin verschwunden und hat seinen zahlreichen Gläubigern daS Nachsehen gelassen. Diese erstatteten gegen den Bruder de» Entflohenen die Anzeige beim Staatsanwalt, doch lehnte dieser, wie auch der Oberstaatsan- walt ein Einschreiten ab, auf die Beschwerde an daS Kammergericht hat dieses die Erhebung der Anklage gegen dm Odm- genannten angeordnet, weil der Verdacht vorliege, daß derselbe dem Entflohenen zur Flucht behilflich gewesen und fich dadurch der Begünstigung schuldig gemacht habe; hierbei sei eS nicht nötbig, daß er die Strafthaten de» Entflohenen genau kannte; inwieweit ihm dieselben bekannt waren und namentlich ob ste ihm in dem zur Etrafbarkeit erforderlichen Maße bekannt waren, müsse durch die Untersuchung ermittelt werden. Ei« Wiener CafS, welche» vor nicht langer Zeit mit verschwenderischer Pracht Unter den Linden eingerrchtct worden ist, wird, wie verlautet, mit dem 1. April d. I. wegm mangelnder Frequenz eingehen. Da« Bedürfniß nach derartigen Lokalen scheint doch mdlich nicht mehr vorhanden zu sein. Uereine mh Nersammwngen. * Da» sinkende Schiff. Gewiß kennt ein Jeder die äußerst lehrreiche Fabel von den Ratten, die da» Schiff ver- lassen und fich in Sicherheit zu bringen suchen; ein sicheres Zeichen dafür, daß das resp. Schiff dem sicheren Untergänge geweiht ist. Diese Fabel hat im Leben die verschiedenste Nutz- anwendung erfahren und an fie wurdm wir auch unwillkürlich erinnert durch vi« außerordentliche Generalversammlung der Berliner Tischler, welche Herr Krug— Mitglied der verflossenen Zentral-Lohnlommisfion— mit der Tagesordnung:„Die für Gemaßregelte errichtete Werkstelle und die Geschäftshandhabung in derselben", im Namen der in derselbm beschäftigten Arbeiter am 17. Män nach Keller'S Gesellschaftsbau» einberufm hatte. Eine große Anzahl Tischler war erschienen, und diese brauchten ihr Erscheinen nicht bereuen, denn ihnen wurde die Genug- thuung, zu sehen und zu hören, daß dasjenige, was fie schon lange vorauSgesehm und vorausgesagt, fich mit unwidersteh- licher Macht zu vollziehen beginnt, nämlich der Zusammenbruch der letzten Ueberreste der„Rödel'schen Lohnkommisfion". Auch die letzten Pfeller, auf welche da» schwächliche Gebäude fich noch stützte, find umgefallen und ein Windhauch kann über Nacht auch noch die letzten Spuren verweben. Die Kommission»« Mitglieder lehnen sich in corpore gegen ihren Herrn und Meister auf! Welch Schauspiel! Aber ach, ein Schauspiel nur! So erfreulich diese Thatsache an fich auch ist. so bedauerlich ist es doch hinwiederum, daß e» der vorliegenden Motive be« durfte, um fie zum Abfall ,u bewegen. Eine schöne Rolle war eS nicht, welche diese Herren auch am Abend deS 17. März vor der Oeffentlichkeit spielten, al» fie mit Denunziationen gegen den„Geschäftsführer" der Werk- stelle hervortraten. Nur weil fie zu der Uederzeugung ge- kommen, verficherte der Referent, Herr Klose, daß die be- stehende Mißwirthsckast nicht weiter bestehen könne, seien ste veranlaßt, vor die Oeffentlichkeit hinzutreten und den Berliner Tischlern— ein unnöthiges Beginnen— die Augen zu öffnen über die Werkstelle, um ihnen zu sagen, daß dieselbe mit einer ganz bedeutenden Unterbilanz arbeite und die Berliner Tischler zu veranlassen, Hand auf die Werkstelle»u legen, um zu retten, was etwa noch zu retten ist. Eich selber suchten fie rein- zuwaschen von aller Mitschuld durch die Angabe, daß sie nicht» weiter waren, al» lediglich Arbeiter, ohne jeden Einfluß auf die GefchästSführung und auch ohne jede Kenntniß derselben. Der Kaufkontrakt laute auf den Namen de» Henn Rödel, der Miethskontrakt laute auf den Namen de» Herrn Rödel' der« selbe sei uneingeschränkter Herr und Meister in der Werlstille. Sehr tressend bemerkte Herr Schaar, daß der Referent nicht hätte um den Berg herumzugehen brauchen, e» wisse ja doch ein Jeder, daß auch fie nunmehr da» Schicksal ereilt habe, daß fie der„Geschäftsführer" von fich abgeschüttelt habe und daß fie nur auS diesem Grunde mit Anklagen gegen ihr Oberhaupt hervortreten, in der Hoffnung, daß die Berliner Tischler fich ihrer annehmen würden. Darin hätten fie fich aber getäuscht — und fie haben fich thatsächlich getäuscht— denn die Versammlung wandte fich mit Entrüstung von ihnen ab, um so mehr, alS durch den weiteren Verlauf der Debatten Dinge zu Tage gefördert wurden, die jede» RechtlichkeUSgefühl auf das Aeußerste empören müssen. Ein Wunder war es nicht, daß fich diese Empörung in den schärfsten Wotten, in der vernichtendsten Kritik, in der Vorführung de» Sündenregisters der bekannten Personen Luft machte, und namentlich Herr Zubeil war eS, der in wahrbaft ergreifenden Worten über Herrn Klose den Stab brach. Wir haben un» immer gewünscht, den Mann zu sehen, wie er da- saß auf den Trümmern Karthago '»,— jetzt wünschen wir e» nicht mehr. In beherzigender Weise ermahnte er jeden, fich einer festen zielbwußtcn Arbeiterorganisation anzuschließen. Die Versammlung lehnte es mit Entschiedenheit ad, irgend etwaS in dieser Sache zu thun, überließ es vielmehr der vestehenden Revisionskommission, ihr Amt zu Ende zu führen und Herrn Rödel, mit der Werkstelle zu machen, wa» er wolle. Zu holen sei doch nicht» mehr. Daß aber auch da» letzte Haupt der Hydra bald falle, dafür werde gesorgt werden. Mit einem Hoch auf die Fachorganisation der Tischler schloß die Ver- sammlung. bf«. Drei imposante Mafsenversammlunae» der Ber - liner Maurer fanden in Sachen der Lohnbewegung am Mittwoch, den 17. d. Mt»., Abends, gleichzeitig in drei der größten hicfigen Lokale, auf„Tivoli" am Kmizderg(für den Süd« und West-Beziry, in der„Tonhalle", Friedrichstr. 112 (für den Nord- Bezirk), in„Büß' Salon", Frankfutterstraße 87 (für den Ost Bezirk) statt. Eine jede dieser Versammlungen war äußerst zahlreich, biS zur Ueberfüllung aller Räumlich« keiten, besucht und fast überall konnte ein Theil der zu dem Meeting Herbeigeströmten keinen Einlaß mehr finden. Im Ganzen haben nahe an 8000 Berliner Maurer den Versamm« lungen beigewohnt. Der Zuttttt zu denselben war nur Mau» rem. die fich als solche legitimiren konnten, gestattet und die scharf gehandhabte Konttole über den Einlaß— al» Legiti« matton galt ausschließlich daS Krankenkaffenbuch— ermöglichte zugleich einen verläsfigen Ausweis über die Zahl der Theil- nehmer. Hiernach war die Versammlung auf„Tivoli" von 4013, die in der..Tonhalle" von 2383 und die in„Büß' Salon" von 1411 Maurergesellen besucht und belief fich die Gesammtzahl der Theilnehmer an allen drei Versammlungen genau auf 7807. Auf„Tivoli" erstattete Herr Vehrend, int der„Tonhalle" Herr Wille und bei Büß Herr Blaurock Bettch« über den neuesten Stand der Frage in Betreff des VerHand« lungSmoduS zwischen der bestehenden Meister-Lohnkommisfion und einer Gesammtvertretung der Gesellenschaft in Sachen der Lohnfrage»c. Dabei war zu konstatiren und wurde von sämmtlichen Referenten betont, daß die Lohnkommisfion der Meister die bestehende Einundzwanzlger- Gesellen-Lohnkom- misston, d. h. die unlängst mit Rücksicht auf die Einwände der Meister-Lohnkommisfion auf einundzwanzig Mitglieder ver« stärkte, frühere Elfer-Lohnkommisston der Maurer noch immer nicht als verhandlungSfäbig resp. als richtige Vertretung der gesammten Gesellenschaft anerkannt hat und nach wie vor auf ihrem unzulänglichen Standpunkte verharrt, wonach alle Krankenkassen, Körperschaften und Vereinigungen der Maurer und Putzer für je 100 ihrer Mitglieder einen Ver- treter wählen sollen. Dieser Vorschlag der Meister wurde unter eingehender, schon aus früheren Versammlungen und VersammlungSderichten dekannten Äotivirung, als„reich an Widersprüchen und Unzulänglichkeiten der verschiedensten Art" charattettfitt und zrnückgewiesen. Ferner wieS man darauf hin, daß der Vorschlag zur wechselseitigen Verhandlung zwischen den Baugeschäftsinhabern bezw. Meistern und Gesellen nicht, wie die Meister-Lohnkommisfion deHaupte, von den Meistern, sondern von den Gesellen ausgegangen sei, die schon im Juni 1885 und in dem im Dezember v. I. an sämmtliche Berliner Baugeschättstnhaber versandten Zirkular(durch die darin mit« getheilte Resolutton der betreffenden kurz vorher stattgehabten Generalversammlung der Berliner Maurer) solche VerHand- lungen den Meistern vorgeschlagen hätten. Endlich wurde u. Ä. noch eine irrthümliche Behauptung der Meister- Lohn« kommisfion richtig gestellt bezüglich der ersten am 21. Februar d. I. im„Klubhause" in der Krausenstraße abgehaltenen Kon« serenz zwischen der Meister-Lohnkommisfion und verschiedenen von ihr dazu eingeladenen Mitgliedern diverser Vereinigungen und Körperschaften der Berliner Maurergesellen. Dieser Be» richtigung zufolge waren und find die an jener Konferenz de» theiligt gewesenen Gesellen nicht, wie die Meister jetzt meinen, al» erne Vertretung der Berliner Maurergesellen zu bettachten und zwar aus keinem anderen Grunde, al» weil fie von der Meisterkommisfion persönlich dazu eingeladen, nicht aber von der Gesammtheit der Gesellenschaft zu Vettretern derselbm gewählt waren. Eben veShalb könnten, so wurde betont, die Erklärungen und Beschlüsse jener Konferenz vom 21. Februar für die Ge« sammtheit der Gesellenschaft keinerlei bindmde Kraft haben und habe die Maurer-Lohnkommisfion damals auch nicht versäumt, sofott dagegen zu protestirm. Die Di«kusfion war in allm drei Versammlungen eine sehr animitte und in der tzaupftache durch« au» übereinstimmende. Allendhalben sprachen fich sämmtliche Redner dahin au», daß an ein weiteres Mäkeln und Feilschm hinfichtlich der geeignetsten Vettretung der Gesammtheit der Berliner Maurer für die Verhandlungen mit der Meister-Lohn« kommisfion über die diesjährigen ArbeiHbedtngungen unter keinen Umständen zu denken, vielmehr die Gesellmschaft fest entschloffen sei, an der jetzigm Einundzwanziger-Lohnkommisfion der Berliner Maurer unentwegt festzuhalten. Al» die allein maßgebende und allen vernünftigen Anforderungen an ein« Gesammtvettretung entsprechende Körperschaft sei diese Lohn« kommisfion einfach deshalb anzuerkennen, weil fie von einer allgemeinen öffentlichm Generalversammlung der Berliner Maurer, von welcher jeder Berliner Maurer Kenntniß haben konnte und zu welcher ein Jeder Zutritt hatte, gewählt worden ist. In diesem Sinne wurde auch in allen drei Verfamm« lungen einstimmig resolvitt. Schließlich haben wir vor Mit- theilung einer jener Resolutionen nur noch von einem kleinen Intermezzo Notiz zu nehmen, welche», al» die Versammlung bei Büß in der Frankfurter sttaße nach ungefähr einunddreiviertel- stündiger Dauer und nach Erledigung ihrer Aufgabe ohnehin ihrem Ende nahe war, den immerhin etwas befremdenden unfreiwilligen Schluß derselben bildete. Anläßlich einiger, un» sehr harmlos erschienener Aeußerungen de» Referenten in seinem Schlußwort löste nämlich der über« wachende Pslizeibeamte unter Hinweis auf den bekannten§ 9 de» Sozialistengesetze» die Versammlung auf, die fich dann unter stürmischen Hochrufen auf den Steg der gerechten Sache in allerbester Ordnung trennte. Die in der Versamm« lung in der„Tonhalle" gefaßte Resolution, mit der alle übrigen, in anderen Versammlungen ebenfalls einsttmmia angenommenen Resolutionen dem Sinne nach völlig überereinsttmmen, lautet: „Die heutige rc. Generalversammlung der Berliner Maurer deschließt erstens, in Erwägung, daß die am 26. Februar in der„Tonhalle" von un» gewählte Kommisfion, welche mit der Meister-Lohnkommisfion, über Lohn- und sonstige Ardeitsbedin« gungen verhandeln soll, unser volles Vettraue» besitzt, von einer nochmaligen Wahl Abstand zu nehmen; zweitens erkennen wir die nochmals von un» bestätigte Kommisfion als die alleinige und wahre Vertretung der Maurer Berlin » und Um« aegend an; dttttens stehen wir einer friedlichen Lösung unserer brennenden Lohnfrage sympathisch gegenüber und ersuchen wir die Meister Lohnkommisfion bald und ernstlich in die geplanten Verhandlungen mit unserer oben erwähnten Kommisfion ein« zutttten." Wir können und wollen dem nicht» hinzufügen, als daß wir unseren Bericht über die stattgehabte imposante Kundgebung der Berliner Maurer mit dem Wunsche schließen» die bttreffenden BaugeschästSinhaber« und Meistettreife möchten, so lange eS noch nicht zu spät ist, dem im dritten Punkt der oben mitgetheilten Resolution ausgesprochenen Ersuchen der Berliner Maurer die verdiente Beachtung schenken. * Der Fachvereiu der Metallschrauben-, Faeon- dreher und BerufSgenoffen Berlin » hielt am Sonntag in Weick'» Lokal, Nlexanverstr. 31, eine zahlreich besuchte General« Versammlung ab mit der Tagesordnung: 1. Bericht über ven Streik bei der Firma Schaal, Voß u. Co., Stallschreiberstr. 59. 2. Bericht der Kommisfion über vir Verhandlungen mit den Prinzipalen in Bezug auf den Minimal-Lohntarif. 3. Verschiedenes. Der Vorfitzende Herr Jakobs machte zunächst darauf aufmettsam, daß in dem Bericht über die außerordent- liche Versammlung bei Wohlhaupt der Name Reuter als d-r de» Vorfitzenden genannt worden sei, dieses sei ein Jrrthum de» betreffenden Zeitungiberichterstatters, da er(JalobS) der Vorfitzende gewesen sei. Zum 1. Punkt der Tagesordnung erklärte hierauf der Vorfitzende, daß vorläufig der Streik bei der
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