gebäudes und dem daranstoßenden Gartenhof abgeschloffen ist, wird im Erdgeschoß fast nur von Staatsgefangenen bewohnt; Der erste Stock ist zum Lazareth eingerichtet. Im Erdgeschoß weilte Kraszewski viele Monate in verhältnismäßig behaglich eingerichteten Räumen. Er bewohnte ein großes Gemach mit bequemer Ausstattung, hatte eine Kammer zur Toilette und ein ebenfalls behaglich eingerichtetes Schlafzimmer. In demselben Gebäude war Hauptmann a. D. Hentsch untergebracht. Die Berliner Baftille" öffnete fich auch für Rapitän von Saraum, ferner für verschiedene in der Bahlmeister- Affaire verwidelte Bersönlichkeiten und jest wieder für die Rieler Landesverräther Prohl und Schwarz. Das Haus eignet sich vortrefflich zu Ein der für Staatsgefangene erforderlichen folirung. langer von einem diden Teppich bedeckter Gang läuft an den Bellen( es find ihrer ihrer etwa 20) entlang. Die Außenseite ist durch Fenster mit blinden Scheiben für Auge und Ohr gesperrt. Beim Paffiren des Ganges ist es den Gefangenen ftreng untersagt, an den polirten Thüren, die feineswegs gefängnißmäßig aussehen, stehen zu bleiben oder gar durch das runde, finnreich ausgeschnittene Beobachtungsloch( in Moabit nennt man es, wie in Frankreich , Judas ) zu sehen. In Folge der Teppiche, welche allenthalben, auch in ben Bellen, gelegt find, entgeht selbst dem schärfften Dhr der Schritt der vorübergehenden Aufseher oder Ung üdsgefährten. Jeden Tag dürfen die Gefangenen 1 Stunde Bor- und Nach mittags an die Luft; die Staatsgefangenen werden aber nur einzeln auf den fleinen, mit wenigen Bäumen und Büschen gefchmückten hof gebracht. Die Bellen werden täglich mehrere Male befichtigt. Gegen 10 Uhr erscheint der Ober- Inspektor Herr Mat, ein Beamter, dessen Freundlichkeit gerühmt wird. Der Dber Aufseher, welcher sich ebenfalls einstellt, hat be fonders über Reinlichkeit zu wachen, denn die Gefangenen müffen, falls ihnen nicht ein besonderer Kalefaktor zugetheilt worden ist, die gebohnten Dielen selbst säubern, die rein lichen, mit blendend weißer Wäsche bezogenen Betten vor schriftsmäßig in Ordnung bringen sc. Einmal am Tage er scheint der Aufseher des Unternehmers" mit einem mächtigen Kontobuch, um die Bestellungen der Selbstbeföftiger in Em pfang zu nehmen. Jedes Viertelpfund Wurst, fede Flasche Bier ac. wird verzeichnet, und der Wuffeber hat dafür zu forgen, daß die Gefangenen nur so viel anschreiben lassen, wie ihnen von der höheren Behörde erlaubt ist. Wurst z. B. darf ge wöhnlich nur für 50 Bf. wöchentlich verbraucht werden. Abends 6 Uhr fommt die Nachtvisite. Dann bleiben die Ges fangenen in ihren durch Gas hell erleuchteten Bellen sich selbst überlassen. Bei der Nachtvifite werden auch die am Tage vom Untersuchungsrichter durchgesehenen Briefe übergeben. 9 Uhr dürfen die Gefangenen lesen, die Lektüre erhalten fte aus der Anstaltsbibliothek oder aus Leihbibliotheken. Diese und andere Vergünstigungen bleiben lediglich Sache des Unter suchungsrichters. Er herrscht in diesen Räumen als König. Die Verwaltung hat blindlings seine Befehle auszuführen. Während der Nacht versteht ein besonderer Aufseher den Dienft auf dem Gang. Ihm ist es nicht gestattet, die Bellen, deren Schlüffel er hat, ohne zwingenden Grund zu betreten. Geschieht es dennoch, so muß er es schleunigft durch den elet frischen Telegraphen, der wie in Hotels in jeder Belle anges bracht ist, der Kontrole melden, von wo aus er überbies ftündlich kontrolirt wird. Bei den Staatsgefangenen ist die Anordnung getroffen, daß der Aufseher die Belle nie allein be tritt. Bei Kraszewski wurde z. B. streng darauf gehalten, daß ftets zwei Aufseher zu ihm gingen. Täglich darf in dem großen Badezimmer, das im Erdgeschoß liegt, gebadet werden. Will Jemand einen Brief schreiben, muß er dies durch den Auffeber dem Gerichtsschreiber melben laffen, der das Gesuch bem Untersuchungsrichter vorlegt. Der Entscheid kommt ge wöhnlich erst nach 3 bis 4 Tagen, was eine fleine Ewigkeit für einen bringlichen Brief ist. Ebenso müssen Busammenkünfte mit dem Untersuchungsrichter beantragt werden. Die Insafsen des fleinen Männergefängnisses, gewiffermaßen die Honoratio ren von Alt- Moabit, genießen dabei wesentliche Vergünstigun gen. Ihnen darf die schredliche Bellen- Nummer, ein großes Blechschild, nicht, wie den Gefangenen des Hauptflügels, beim Gang zum Untersuchungsrichter auf Die Brust ges beftet werden. Auch brauchen fte nicht die Anstaltspantoffeln, welche Entweichen verhindern sollen, zu tragen, nur Ueberrod und Kopfbedeckung ist ihnen unter fagt. Auch werden sie beim Ein- und Ausgange gewöhnlich nicht untersucht. Sie werden außerdem nicht auf dem gе= wöhnlichen Wege, durch den C- Flügel, vorgeführt, weil sie fonft auf Treppen und Rorridoren zu sehr mit dem Bublifum in Berührung fommen würden. Ihr Weg geht vielmehr durch ben B Flügel direkt in das Arbeitszimmer des Landgerichts raths Brausewet er, der vom Reichsgericht zu diesen schwierigen Nach dieser Schilderung Untersuchungen abgesondert ist." scheinen die Landesverräther unter den Verbrechern" immer noch als besonders noble Leute zu gelten. Mit politischen Gefangenen, die sich wegen anderer Sachen in Untersuchungs haft befinden, macht man viel weniger Umstände, im Gegen theil ist man ziemlich häufig bestrebt, dieselben mit gewöhn lichen Miffethätern auf eine Stufe zu stellen.
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Dabei
Bis
für die Verbreitung dieser Bitte Sorge zu tragen. Freunde und Kollegen! Die Bitte um Sammlungen hat nichts Er niedrigendes, wenn die Buftände und Aussichten dieselbe recht fertigen und wenn der Bittende felbft feine verschloffenen Ohren zur Beit gehabt hat. Im Intereffe der Arbeiterbewe gung, im Intereffe unserer Nothleidenden seld uns das, was wir nach Erledigung unserer gerechten und magvollen Forde rungen wieder sein werden: Freunde in der Noth. Alle Sendungen find an den Kassirer Herrn Nicolas, Mödern straße 127 in Berlin zu richten und wird in geeigneter Weise barüber quittirt werden. Mit lollegialischem Gruß und Handschlag: Die Berliner Tapezirer- Gehilfenschaft. J. A.: R. Sander, Vorsitzender des Fachvereins und der Lohntommiffion."
Zum Streit der Möbelpolirer in der Pfaff'schen Möbelfabrit veröffentlicht die unterzeichnete Fachkommission folgenden Bericht: Von den Möbelpolirern genannter Fabrit wurde verlangt, daß diefelben Sonntags und nach Feierabend arbeiten sollten. Diese Forderung wurde von den Bolirern ganz entschieden abgelehnt, und zwar deshalb, weil zur Zeit mehr als genug Kollegen arbeitslos find, welche gern arbeiten möchten, und weil noch genügend Platz für neue Arbeitskräfte in der Fabrit vorhanden ist. Hierauf wurden fammtliche Bolirer des Saales Nr. 1 entlaffen, welche, unter Protest gegen das Ungeseßliche dieser Entlassung, die Fabrik verließen. Unmittelbar darauf wurden die Entlaffenen wieder zurüdgerufen und ihnen erklärt, daß sie weiter arbeiten fönnten.
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Der hintende Bote tam jedoch nach, denn als dieselben eine Woche gearbeitet hatten, wurde ihnen von ihrem Meister auf Drängen des Fabrifdirigenten gekündigt, folglich find fie als Opfer der so viel gepriesenen" Selbsthilfe" anzusehen. Wir find der Meinung, diese Männer hätten dem Herrn Kommerzienrath Pfaff in ihrer Einigkeit imponiren müffen, jedoch ist das gerade Gegentheil der Fall, denn die Polirer wurden mit einem Male der Nachlässigkeit in der Arbeit beschuldigt, welchen Vorwurf jedoch der Bolirmeister Herr Schubert als eine unwahrheit bezeichnet hat. Für diese Wahrheitsliebe und Aufrichtigkeit des Herrn Schubert ist derfelbe mit den Bolirern zugleich entlassen worden. Da nun alle Mittel, die Angelegenheit auf gütlichem Wege zu ordnen, an der zähen Festhaltung des vom Herrn Kommerzienrath Pfaff gegebenen Befehls gescheitert find, so fordern wir Euch, Kollegen, auf, haltet den Buzug von der Fabril fern, und zeigt, daß Ihr als Kollegen zu handeln wißt. Auch Euch, Kollegen, die Ihr mit den Entlaffenen die Arbeit niederzulegen versprochen habt, rufen wir zu: Tretet muthig ein für unsere gerechte Sache, zeigt, daß ihr Männer seid, und jeder in der Fabrit, von den Tischlern bis zum legten Arbeiter, wird Euch als solche achten. Die Fachkommission des Verbands der Möbelpolirer für Berlin und Umgegend. J. A.: E. Krähe, Andreasstraße 66.
Eine für die Fachvereine äußerst wichtige Entscheidung fällte am Sonnabend das Schöffengericht in AItona. Angeflagt war der Maurergeselie Stamer, dem zur Laft gelegt wird, als Vorsitzender des Maurer- Fachvereins mit anderen Vereinen gleicher politischer Tendenz in Verbindung geftanden zu haben( Uebertretung des§ 8 des Vereinsgesezes). Der Angeklagte erklärt, daß die Tendenz des Vereins die Hebung der materiellen Lage der Mitglieder sei, Politit aber gänzlich ausgeschloffen sei. Die Anllage behauptet dagegen, daß am 7. Juli in einer Sigung des betr. Vereins poli. wie Buchthausarbeit, tische Gegenstände, wie Buchthausarbeit, Sonntagsrube, Arbeiter Schußgeset 2c., ver handelt worden sind. Die Vereinigung mit anderen Vereinen gleicher Tendenz wird dadurch begründet, daß auf einem Ron greß in Hannover eine sogenannte Kontrollommission ernannt ift, an deren Spiße der Maurer Rnegendorf in Hamburg steht. Die Polizei hat bei Mitgliedern dieser Kommission Haussuchung gehalten und zahlreiches Material gefunden, welches nach Aus führungen der Anllage, unzweifelhaft eine Verbindung sämmt licher Fachvereine durch Vermittlung dieser Kontrollommission feststellt." Das Gericht erkannte schließlich auf 30 Mart Geld ftrafe event. 6 Tage Gefängniß und auf Schließung des Altonaer Vereins. Hoffentlich wird eine höhere Inftans anders urtheilen. Denn wenn Vereine, welche die Frage der Wanderunterstüßung, der Buchthausarbeit, der Arbeitszeit er örtern, wenn Vereine, welche fich gelegentlich einmal einen Vortrag von einem Reichstagsabgeordneten halten laffenwie dies in Altona als belastend hervorgehoben wurde sofort als politische Verbindungen erklärt werden dürfen, so find aller dings alle Organisationen der Arbeiter ganz und gar der Will für der Behörden preisgegeben.
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Die Knappschaftsfaffen erfreuen sich in ihrer heutigen bureaukratischen Organisation durchaus feiner Beliebtheit bei bureaukratischen Organisation durchaus feiner Beliebtheit bei den betheiligten Arbeitern. So ift, wie aus Westfalen gemeldet wird, unter den Mitgliedern des ättischen Knappschaftsvereins eine lebhafte Bewegung ent standen, welche auf eine Benderung der Verwaltung des genannten Vereins abjielt. In einer vor einigen Tagen in Bochum ftattgehabten Versammlung der Delegirten der ein zelnen Bergwettsvereine wurde eine Petition an den Minister Der öffentlichen Arbeiten beschloffen, in welcher die Bergleute Die freie und direkte Wahl ihrer Vertreter, der Knappschaftsälteften, die freie Wahl der Aerzte, Abänderung
Rontrol Rommiffions- Mitglieder anwesend find, von welchen jeder Bugereifte Auskunft erhält, wie die Verhältnisse in seiner Branche find und ob Arbeit vorhanden ist oder nicht. Die Roften hierzu find von den betreffenden betheiligten Vereinen gebedt und die Plakate auch nach anderen Städten an die Bes vollmächtigten und Raffirer, sowie an die Herbergen selbst ges sendet und an geeigneter Stelle aufgehängt worden. Jeder Fachgenosse wird gebeten, die Reisenden darauf aufmerksam zu machen und fte soviel als möglich nach der neu und gut eingerichteten Bentral- Herberge, Gasthaus zum Deutschen Raiser, Große Arche Nr. 6, zu senden, woselbst fie reelle Bedienung und foulante Breise finden.
Ueber den Nothstand in Hamburg schreibt das gewiß unverdächtige Hamb. Fremdenblatt":" Niemand hat eine reale Vorstellung von der Armuth zahlreicher Familien, als derjenige, der fich die Mühe und Beit nimmt, einmal in die engen Höfe zu geben und dort in die kleinen dunklen Wohnungen, genannt Buden, zu treten, oder die Keller und Böden zu besuchen, wo so viele Menschen, groß und flein, zusammen gedrängt, ihren Tages- und Nachtaufenthalt haben. Erst durch eigene Anschauung gewinnt man einen annähernd richtigen Einblick in die wahre Noth, die in der reichen Stadt Ham burg Tausende von Menschen brückt. Am schlimmsten scheinen mir diejenigen Arbeiter gestellt zu sein, die bisher gewohnt waren, durch eigene Thätigkeit ihre Familien aus reichend zu ernähren. Ihnen tam es sehr ungewohnt vor, jest milde Gaben annehmen zu müssen Ich traf viele Familien mit 5, 6 und mehr Kindern, deren Dberhaupt über 10 Wochen feinen Verdienst mehr gehabt batte. Starle Männer, die gerne arbeiten, blickten gebeugt und ernst auf ihre unversorgte Kinderschaar, und auf den andauernden Frost, der die Aussicht auf Erwerb in Frage stellt. Aus vielen Beispielen will ich nur einige anführen. Ein Mann wohnt bei seiner Frau und drei Kindern in einem Raum, der sonst als Vorplas dient. Das würde nun freilich nicht angehen, wenn sie Mobilien hätten. Auch Betten fehlten ganz, diese befinden sich nebst anderen Sachen im Leihhause oder sonstwo. Ein spärliches Lager auf dem Fußboden dient ihnen als Nachtquartier. Eine andere Familie mit fieben fleinen Kindern war ebenso arm, aber ich sah doch noch einige leere Bettstellen mit alten Meidern. Eine junge, franke Frau, deren Mann außerhalb der Stadt Arbeit fucht, saß entträftet auf einer Seite der Bettstelle und neben ihr lag ein 10 Wochen altes Kind im Sterben. Es fehlte Feuerung und Brot; die Bude war dunkel und feucht. Eine frante Wittwe, die ihren Mann vorigen Herbst durch den Tod verlor und bei deffen Pflege selbst ihre Gesund heit einbüßte, lag auf einem alten Gopha, umringt von sechs Kindern, die noch im schulpflichtigen Alter waren. In einer Kleinen Wohnung sprangen mir drei hübsche Kinderchen ents gegen; die Mutter weinte und der Vater sah ernst darein, er hatte schon lange vergeblich auf Arbeit gewartet. Er war nicht unhöflich, aber auch nicht dankbar, als seine Frau die Karten annahm. Familien, die sonst ihr gutes Austommen hatten, find gänzlich auf den Strand gerathen und bliden mit Sehn fucht dem baldigen Witterungswechsel entgegen, wo sie durch Arbeit wieder in den Stand gesezt werden, für ihre Familie zu sorgen. Was den Anblick der materiellen Noth verschlimmert, find die denkbar ungünstigen Wohnräume ohne Luft und Licht, in den engen Höfen, Gängen und Gaffen, aber das tritt vor läufig zurüd vor der Frage nach Broderwerb. Der Besuch dieser Behausungen menschlichen Elends erfordert viel persön lichen Muth und gute Nerven, aber er wird auch reichlich be lohnt durch die Freude der Kinder und durch die Dankesthränen der Bedrängten." So das Hamburger Fremden blatt", und wir möchten dem nur noch die Frage hinzufügen: wenn schon Wohlthaten, denen immer der Malel des Almosens anbafiet, fo tröstend auf auf den Arbeiterstand wirten, welchen Enthusiasmus würde erft eine Gesezgebung hervorrufen, welche dem Arbeiter ein ficheres Auslommen aus seiner Hände Arbeit verschafft? Welch eine hobe Aufgabe winit hier den Vertretern des Volles und der Regierung! Freilich faffen wir diese Aufgabe nicht so auf, wie die Ham burger Reform", welche fürzlich schrieb: Wenn jemals die foziale Pflichterfüllung am Blag war, wenn man jemals mit Grund an die werkthätige Hilfeleistung appellitte, so ist es jest, heute. Es gilt den Männern und Familien, die, sobald nur wieder Arbeit zu haben ist, ihre Kräfte einfegen für die Bere mehrung des Kapitals. Daber mag legteres einmal einen fleinen Tribut ohne scheinbar fichtbare Gegenleistung der Arbeit sollen." Nein, darum wünschen wir allerdings eine arbeiterfreundliche Gefeßgebung nicht, weil sie im Intereffe des Kapitais liegt, und weil die Arbeiter erhalten werden müffen, damit später das Rapital wieder seine goldenen Früchte brechen fann. Die Arbeiter, die Schöpfer alles Reichthums, haben das Recht, wenigftens ein anständiges Auskommen zu fordern, auch wenn das Kapital nichts davon hat. So wie die hams burger Reform" begrünbet man wohl Maßregeln für unver nünftige Arbeitsthiere, aber nicht für eine Menschenklaffe, deren Bleichberechtigung heute auf politischem Gebiet bereits grund föglich anerkannt ist und nur auf wirthschaftlichem Gebiet noch hartnäckig geleugnet wird.
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Soziales und Arbeiterbewegung.bes Bahlungsmodus des Krankengeldes und Blenderung, bezw. Hamburg und aus Schwerin .
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Zum Streit der Berliner Tapezirer- Gehilfen er lägt die Gehilfenschaft folgenden Aufruf an die deutschen Arbeiter, speziell an die die beutsche Tapesirer- Gehilfenschaft: Freunde und Kollegen! Das Berliner Zapezirer Gewerbe ift für den Arbeitnehmer Stand eines derjenigen, welches durch seine glänzende Außenseite sehr oft den hungernden Magen verdecken muß. Von 1000 hier am Drte beschäftigten Gehilfen haben notorisch 300 durch 7 Monate und 600 durch 5 Monate im Jahre teine Arbeit. Bei Beginn der Saison, also in den Monaten März, April, September, Oktober, möchten wir Nächte hindurch arbeiten, um tie riesigen Auf träge zu bewältigen, und Schaaren von zugereiften Kollegen find uns dabei behilflih, um nachher zum vegetiren, nein- der Wahrheit die Ehre direkt zum bungern uns verurtheilt zu sehen. Als Minimallohn werden 12-15 M. geboten, dafür aber noch verlangt, möglichst im Gesellschaftsanzuge anzutreten, um der vornehmen Kundschaft Sand in die Augen zu streuen. Unsere Arbeitgeber lennen diese Bustände, bestreiten nicht die Berechtigung einer Aufbefferung, aber dieselbe, foll erreicht werden durch Jnnunas Ausschüsse, durch den Befähigungsnachweis zc. Diesen Zuständen wollen wir ein Ende machen und in richtiger Auffaffurg der jezigen Situation und da ferner in Güte nichts au erreichen ist, stehen wir im Streit, haben wir Mann für Mann die Arbeit niedergelegt. Unsere Arbeitgeber find bis jetzt noch vertreten durch den Innungsvorstand und derselbe wendet fich in höchst sonderbarer Weise Die Kundschaft unter Anführung durchaus wahrer Thatsachen. Die Nebenbemerkung: daß unfere Bewegung eine sozialdemokratische sei", foll wahr der haben, die Hilfe Scheinlich den Bwed haben, Behörde zu erbitten, wenigftens hat sich bis jetzt noch fein Ar beitgeber eines anderen Gewerbes, obendrein noch der Kundschaft gegenüber, zu solchen Denunziationen hinreißen laffen. Unsere Antwort wird naturgemäß unser Steg oder die Nieder lage fein; wir wollen feine Verständigung, wenigstens nicht mit solchen Vertretern. Da wir jedoch eben erst die traurigfte Geschäftsperiode zurückgelegt und einen Uebergang es bei uns nicht giebt; da ferner der Ausstand ein sehr langer und harter werden wird, bitten wir um Eure Unterfügung, bitten wir um Eure Hilfe durch Fernhalten von Buzug und Sammlung für unsere Nothleidenden. In jeder Versammlung muß die Mittheilung gemacht werden, daß bekannte Tapezirer davon zu be nachrichtigen find: für das Jahr 1886 ift der Buzug nach Berlin im Jntereffe des Tapezirergewerbes zu unterlassen und Berantwortlicher Bedakteur St.
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Beseitigung der Befugniß des Knappschaftsvorstandes bei der Penfionirung verlangen. Die Knappschaftsältesten wurden bisher in der Weise gewählt, daß nicht die Gesammtheit der Mitglieder des Knappschaftsvereins die Vertreter bestimmte, sondern dies nur seitens der Mitglieder der ersten und zweiten Klaffe geschah. Von den genannten drei Personen lann dann Der Knappschaftsvorstand eine ais den Arbeitervertreter wählen, und daß der Gefügigfte gewählt wird, braucht wohl nicht her. vorgehoben zu werden. Was das Krankengeld anbetrifft, so find bezüglich der Bahlung deffelben die Mitglieder in bret Die erste Klaffe zablt an monatlichen Bei Klaffen eingetheilt. trägen 3 t. 50 Bf., die zweite 2 M. 75 Pf., die dritte 2 M. 25 Pf. Die der ersten und zweiten Klaffe angehörenden Mit glieder find ältere Leute, denen die schwere Bergmannsarbeit nicht mehr so gut von statten geht, als den jüngeren Leuten, aus denen die dritte Klaffe besteht. Die legteren haben einen höheren Verdienst und erhalten, da nach den Vorschriften des neuen Strantenfaffengeseßes die Krankenunterstügung sich nach dem Lohn richtet, eine größere Unterstügung im Krankheitsfalle, als biejenigen, welche doch mehr an Krantenbeiträgen leisten. Es liegt in diesem Modus eine große Ungerechtigkeit. Auch die Forderung der Bergleute bezüglich der freien Wahl der erste ist eine durchaus berechtigte, ba, wie mannig. fache Vorkommnisse gezeigt haben, der Zwang, fich an die von dem Knappschaftsvorstand bezeichneten Aerzte zu wenden, schon große Unzuträglichkeiten für die Arbeiter mit sich gebracht hat. Hoffentlich hat der Minister ein Einsehen und verhilft den Betenten zu ihrem Rechte.
Nothstandsnachrichten erschallen auch aus Dttensen bei In Ottensen starben zwei Kinder, deren Mutter, eine Wittme, im Wochenbett liegt, im buchstäblichen Sinne des Wortes hungers und zwar in dem Augenblick, als der Polizeiarzt von Ottenien die Mutter besuchte, um ihr hilfe zu leisten. Die armen Würmer hatten in den legten Wochen ausschließlich von Rartoffel schalen, die sie sich selbst töfteten, gelebt. Der Arzt ton ftatirte den Hungertod. Drei andere Geschwister hodien bungernd und frierend in der Ede der elenden Wohnung ber Wöchnerin. Der Arzt war von dem Anblid so erschüttert, daß er sofort für Nahrung sorgte. Jetzt hat sich die Stadt der Nothleidenden angenommen.
Eine neue Arbeiterkolonie„ Lühlerheim" in der Lübler Haide, etwa 2 Stunden von Wesel entfernt, ist am 15. Fe bruar in aller Stille eröffnet worden. Obwohl nichts davon verlautete, war fte sofort von 94 Personen gefüllt, mehr wie 100 lönnen überhaupt sicht Aufnahme finden! Die„ Ger mania", der wir diese Nachricht entnehmen, rechnet heraus, daß die Kolonie der umwohnenden Gegend viel Geld ersparen werde, weil nothwendig der Bettel zurüdgehen müffe. Trot dem lobt das ultramontane Blatt die altbewährte Opfer willigkeit" der Provinz. Wenn man profitirt, opfert man nichts!
Bigarrenarbeiterstreit. Wie wir schon gemeldet haben, ift in Ostrowo in der Fränkel'schen Bigarrenfabril ein Streit ausgebrochen. Die Unterstügungen haben es ermöglicht, bak Die Streifenden bis jest aushalten fonnten. Aus anderen Ge genden neu engagirte Arbeiter weigerten sich, die Arbeit in ber Fräntel'ichen Fabrit aufzunehmen, als fte hörten, daß dafelbft der Streit ausgebrochen sei. Eine hierauf seitens des Herrn Fränkel mit der Verwaltung des Ostrower Jufliz- Gefängnisfes beabsichtigte Vereinbarung, Stäflinge der Gefangenanstalt nach dem im Rawitscher Buchthause eingeführten Syftem mit Anfertigung von Bigarren für Rechnung des Herrn Fränkel
th. Bravo ! Die am 1. Dltober 1885 zu Erfurt von 9 vereinigten Fach- und Unterstügungs- Vereinen gegründete Bentral Herberge ist ein leuchtendes Beispiel wahrer Arbeiterfolidarität. Die Bentral Herberge wurde bis Ende Februar d. J. von 220 Reisenden besucht, welche fich auf die einzelnen Ge werbe wie folgt vertheilen: 15 Schuhmacher, 13 Schneider, 20 Tischler, 9 Glaser, 8 Buchbinder, 44 Buchdrucker und Schriftsetzer, 5 Maurer, 11 Bigarrenarbeiter, 8 Bimmerer, Strafhaft zu verbüßen haben, um während derselben die Stunf Echriftseger, 5 Maurer, 11 Bigarrenarbeiter, 8 Bimmerer, 20 Schloffer, 21 Brauer, 5 Metallarbeiter, 4 Fleischer, 5 Berg des Bigarrenmackens mit Nußen für den Unternehmer anwen leute, 3 Stellmacher, 5 Kellner, 3 Bäcker, 5 Schmiede, den und ausführen zu können. Herrn Fränkel wird hiernach 1 Gerber, 2 Zapezirer, 4 Korbmacher, 2 Maler, 1 Gärtner, nichts anderes übrig bleiben, als den Streitenden Konzeffionen Berbunden ist die Bentral- Herberge mit einem unentgeltlichen berren Arbeitsnachweis für Vereinsmitglieder. Um dies möglichst zu
Man sieht hier, mit welchem Fanatismus die zeffionen zu machen. Und da nimmt man es den Arbeitern verbreiten, wurden Plakate angefertigt, auf denen angegeben übel, wenn fie energisch auf ihren Forderungen bestehen ift, zu welcher Zeit die betreffenden Arbeitsnachweis und bleiben!
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