»r. 71. Donnerstag, den 35. März 1886. HI. Jahrg. crliaerHollisliInll Krgan für die Interessen der Arbeiter. 4 Abonnements� Einlaäung. Zum bevorstehenden VterteljahrSwechsel erlauben wir uni, alle Arbeiter Berlins zum Abonnement auf das Kerliner Ualksblatt� mit der Gratisbeilage IUustrirtes Konntagsblatt" einzuladen. ..Werliner Yolksbratt" tostet für das ganze Vierteljahr frei ins HauS 4 Mark, für den Monat April 1 Mark 35 Pf� pro Woche 35 Pfg. Bestellungen werden von fämmtlichen ZeitungSspeditemen, sowie von der Expedition unseres Blattes, Zimmerstr. 44, eist« gegengenommen. Für außerhalb nehmen alle Postanstalten Abonnement? für das nächste Vierteljahr zum Preise von 4 Mark entgegen. Tie Redaktton und Expedition de»Berliner Volksblatt". Uttzleiche. Nicht« ist belehrender als Vergleiche, auch in der Politik. So kann mau eS mit einer gewissen Freude de« grüßen, daß unsere offiziöse und freiwillig-gouvernementale Pieffe, wenn mau von den chauvinistischen Hetzereien ab« steht, sich lebhaft mit de« französischen Zuständen beschäftigt sie wird dadurch leicht zu Vergleiche« mit den deutschen politischen Verhältnissen geführt. Wir haben selbstveiständlich viele« auszusetzen an de» politischen Verhältnissen Frankreich «. E« herrscht dort that« sächlich eme Gesellschaftsklasse anstatt des Volks. Auch dort suchf'man den Ruhm wenigstens in einem Theile der Nation in auswärtigen Verwickelungen und schließlich in menschenmordenden Kriegen. Auch dort ist von einer allge- meine» Völkerverbrüderung nur in Phrasen die Rede, doch thut das deutsche Kanzlerblatt den ftanzösischen Arbeiter» unrecht, wenn es besonders von der VersolgungSwuth der« selben wegen fremder Arbeiiskonkurrenz spricht. DieseVerfolgungiwuth" ist in Frankreich nicht in höherem Grade vorhanden, als in England, in Deutschland selbst und in Nordamerika . Dieselbe entsteht übrigens au» der.Lohndrückerei", die von den Fremde» au« Roth leichter Stübt wird, als von den Einbeimische». Wenn aber bei ieser Hetzerei unserer deutschen Arbeiter gegen die ftanzöst« sche», auch«ach dieser Richtung hin die französische Depu» tirtenkammer von derN-rdd. Ällg. Ztg." angegriffen wird, weil die Kammer dem Pariser Gemeinderath zugestimmt hat, JeitilMon. Der Trödler. Roma« von A. E. Brachvogel. (Fortsetzung) Da es bereits Spätherbst war, dunkelte es zeitiger. Die Mutter blieb auf dem Mittelwege de« Kirchhof« zurück. während sich Mathilde dem Rasenhügel einer geliebte« Freundin näherte, welche erst vor einiger Zeit in der höchsten Blüthe des Lebens als Braut gestorben war. Hier pflegte Machilde Edmund zu treffe». Zn tiefes Sinnen verloren, erwartete er sie auch bereits. Edmund!" Der junge Man« fuhr auf..Mathilde! Mein Gott, und so treffen wir uns denn hier zum letzte» Male!" ist. Laß un« ernst wie in einer Andacht dies« traurige Stunde des Abschieds feiern, damit, wenn wen» Alle« anders kommt, als uuser Herz sich vielleicht einbildet, wir wenigsten» an diesen Herbstabend ohne Vorwürfe denke« ""�Mathilde, mein liebe«, einzige« Mädchen! Du Freu»« din meiner Jugend, Schwester und Geliebte, Du, die Du mir Alle« bist, wa« ei» Herz stolz mache» kann, wie magst Du so trostlo« rede»? Wie kann meine so muntere, schal« tische, hoffnungsreiche kleine Braut in einem Tone mit mir spreche», als sei ew Zeitraum von höchstens drei Jahre» die Ewigkeit I Ich war, al« ich die Ordre, nach S... zu gehe», erhielt, wie vom Donner gerührt, wie unsinmg! Nunmehr aber ist ja. reiflich erwogen, die Sache nicht so schlimm, wie sie aussteht. Drei Jahre sind bald vorbei, Schatz, alle Gerichtsferien komme ich wieder, und wen« wir Uns treu sind, Herzchen, und ich bin erst Assessor, bin selbst« ständig, dann sollst Du sehen, wird mein Papa nicht Nein sagen, selbst wenn er auch jetzt dagegen wäre, wa« wir nicht einmal wisse«. Ich will recht fleißig fei», damit der bei städtischen Bauten keine ftemdea Arbeiter zu beschäftige«, so mag ja dieser Angriff vom internationalen Standpunkt recht lobenSwerth sei», jedoch»och loben«» weither wäre e», da» Sprüchwort zu beherzigen:Kehr vor deiner Thür!" Ja der Reichstagskommisflon für de« Bau de« Nordostsee­kanal» war e« der Vertreter des Reichskanzler», welcher einer mißverstandene« Aeußerung de» sozialistische» Vertreters gegenüber mit einer gewisse» Freudigkeit erklärte, daß die RetchSregierung gern bereit sei, auswärtige Arbeiter vom Kanalbau au«zuschließe«. Diese Angelegenheit, die ja seiner Zeit in den Zeitungen, auch in diesem Blatte erörtert wurde, wurde nicht weiter besprochen, da der sozialistische Vertreter in der betreffenden KommissionSfitzung ausdrücklich erklärte, er habe gar nicht an den Ausschluß ausländischer Arbeiter gedacht und auch davon nicht» erwähnt. Angesichts solcher Thatsachen sollte das offiziöse Organ doch etwa« vorsichtiger mit seine« Vorwürfe» und Hetzereien sein. Unter dem internationalen Mäntelchen, mit welchem sich dieNordd. Allg. Ztg." drapirt, schaut ja doch meter« lang der Pferdefuß hervor. Daß bei solchen Gelegenheiten da» Kanzlerblatt e« nicht lassen kann, die deutschen Sozialistenführer zu ver« dächtigen,vor den Franzose» zu schweifwedel»", kann man als selbstverständlich, der Hetzmanie de« Blatte« ent- sprechend ansehen, welche« sich über de« wahren That« bestand eben nicht hinwegsetzen kann. Deshalb sind auch derartige Verdächtigungen äußerst gleichgiltig. Aus de» bisherige« Vergleichen kann ma»«un nicht gerade behaupten, daß eins von de» genannten Ländern zu Gunsten des anderen au» denselben hervorgegangen sei. Auch die freiwillig-gouvernementale»Post" stellt Ver« 'ie an und spricht von der niedergehenden Entwickelung icpublik i» Frankreich . Doch ist dies Blatt ehrlicher und meint, daß diese Be« obachtung auch unS mahne, genau nachzusehen, ob nicht auch Deutschland sich im Niedergang befände; und offen und ehrlich gesteht die»Post" zu, daß ein Rückblick auf die innere Entwickelung de» Deutschen Reiche « durchaus kein erfreulicher sei. Wir stimmen dem völlig zu. Partikularismus, de» auch diePost" al««in zerstörende« Moment bezeichnet, allüberall nicht nur bei den Hannoveraner», den Hessen u. s. w., nein, besonders bei den Preußen, nicht blo« bei den mit de« Reiche« Einheit unzufriedenen Elemente«, nein, auch bei den Regierungen der Einzelstaaten. Ja, selbst bei dem Fürsten Reichskanzler, der de« preußischen Partikularlandtag gegen den Reich«- tag deutscher Nation»»lief I ich rasch in der Karriere vonücke, und gieb Acht, Alle« wird gut." Ich weiß nicht, Edmund, was mich abhält, in Deinen vertrauungSvollen To« einzustimmen. Du sprichst ganz ver« »ünftig, und ich sehe wohl die Möglichkeit, daß e« so kom- me« kann,»ie Du sagst, und wenn Du da« Alle« wahr machst, liebt mich gewiß mein Vater zu sehr, um auf seinem ungerecht«« Vorurtheile zu beflehe«. Dennoch aber, so ei«- fach sich'« ansieht, kann mein Herz nicht an unsere künftige Vereinigung glauben, ach, ist von einer unbeschreiblichen Traurigkeit, von solch' trübe« Ahnungen erfüllt, wie ich Dir gar nicht erkläre» kann." Aber, mein Mädchen, kannst Du mich denn der Untreue für fähig halten, glauben, ich könne nur eine Sekunde ver« gessen, daß Du meine erste, meine einzige Liebe bist, nebe» der kein andere« Frauenherz bestehen, kein andere« Mädchen« bild sich in mein Herz eindrängen kann?! Willst Du mir die selige Zuversicht raube», ich befitze Dein felsenfeste« Ver- traue«, ohne das ich nicht leben kann und mag? Wie will ich wiederum auf Deine Liebe bauen, Mathilde, nicht jeden Tag im furchtbarsten Zwiespalt von Eifersucht und Hoffnung schweben, wenn ich nicht eben so versichert bin, Du bauest auf die Ewigkeit meiner zärtliche» Gefühle, wie ich auf die Dauer der Deine«?!" So wahr hier drunten meine herzliebe Anna schläft, die auch nicht glücklich werden durfte auf Erden, so wahr, Edmund, liebe ich Dich und bleibe Dein eigen! Ich werd' Niemandes Frau, al» Deine! Auch wen« Du mich nicht mehr lieben solltest, will ich wie eine Schwester an Dir hängen, da« kannst Du mir vor dem Allmächsige« glauben!" Sie hatte seine beiden Hände ergriffe«, mit empor« gerichtete», von Thräne» verdunkelte« Blicken und brechender Stimme ein Gelöbniß ausgesprochen, durch welches sie sich für's Leben unlösbar zu binden, ihre Zukunft unwidenuflich zu besiegeln wünschte. Und wen» ich Dir die Treue und Liebe nicht bewahre, welche meine Brust in dieser schmerzlich süße« Minute durchalüht, wen» ich jemal« vergesse, daß Du meine mir vor Gott verlobte Braut bist, und je mein Gefühl für Dich erkaltet, möge alle Schmach, alle« Mißgeschick der Welt mein Daß ma» bei solchen Erscheinungen von der nieder» gehenden Entwicklung der deutsche« Reichsidee sicherlich mit demselben, wen» nicht mit größerem Rechte sprechen kann, als von der niedergehenden Entwicklung der französischen Republik, da» liegt doch klar auf der Hand. Daß ferner die Franzosen , wenn sie auf den deutschen PartikulariSmu« blicken, den Niedergang der Reichsidee noch lebendiger vor Augen sehen, wie die» ein deutscher Patriot e« thut. ist gleichfall« nahe liegend, deshalb wöge man in Deutschland nicht so hochmüthig auf andere Nationen blicke«, sonder« ernsthaste Vergleiche anstellen und zuerst vor der eigenen Thüre kehre«. Altthmals zur FrMsiirtll Frikdhuft- Wirr. Die sämmtlichen Verurtheilten haben beim Reichsgericht Berufung eingelegt, so lautet die letzte Nachricht in Bezug auf die Gerichtsoerhandlungen in der Frankfurter Friedhofs» affaire. Wir wollen noch einen kurzen Rückblick auf das Ereigniß werfen, da dasselbe auf die Handhabung des Eozialtstenges.-tzeS ein grelles Licht wirft. Auch steht die Berathung des Eozialisten- Die Thatsachen?etz-n wir bei unseren Lesern alS bekannt voraus; haben doch die ausführlichen GeiichtSverhandlungen in fast allen deutschen Zeitungen ohne Ausnahme der Paitei- richtung gestanden. Betrachtungen über die Affaire anzustellen. das ist freilich nicht nach Jedermanns Geschmack. Die konservativen und nationalliberalen Blätter haben sich unbeschränkten Staatsgewalt und im Interesse Ver herrschenden Klaffen. Wäre diese Freisprechung erfolgt, dann hätte man den hellen Jubel hören können, der aus den Reihen der Anhänger des Puttlamer'schen Systems erschallt wäre! Man hätte nun- mehr aber annehmen können, daß fie bei dem Mißerfolg ihrem Aergrr Luft gemacht haben würden durch ein dem Frankfuiter Gerichtshof dargebrachtes TadelSvotum doch, merkwürdig §enug, daS haben fie unterlaffen wohl aus einer gewissen iurcdt vor der Stimmung und dem Rcchtsgefühle deS Vo.keS. Denn wohl feiten hat der Ausgang eines Prozesses die Masse deS Volke« so sehr befriedigt, wie derjenige des Fried- hofSprozeffeS. Wenn auch einem oder dem andern die Höhe deS Straf- maßeS angefichts der brutalen Handlungsweise der Polizei- beamten nicht genügt hat, so kommt eS darauf weniger an, da nicht diese kleine Zahl Frankfurter Beamten, sondern das ganze System durch den richterlichen UrthetlSspruch getroffen Lohn sei»! Hör' Du mich, mei» Schöpfer, Du, meine arme tobte Mutter, die mir hienieden zu erblicken versagt ward, ihr und alle redlichen Herzen sollet mich verdammen, wen» ich meine Schwüre Dir breche, Geliebte!" Flammend, mit einer Art wilder Hast, die an Wahn« sin» streifte, hatte Edmund diese Beiheueiung ausgestoßen, und seine Thräne» bedeckten Mathilden» Siir» und Wange, al« er fie wild unter Schluchze» und Küssen, unter heiße» Versicherungen seiner Standhaftigkeit an sich preßte. Dann standen fie stumm, betrachteten einander lange und tiefaufseufzend, al« wollte Einer sich de« Andern Bild mit liebender Besorgniß unauslöschlich in'« Gedächtniß grabe». Edmund", flüsterte das Mädchen,es mag sich vielleicht in Zukunft Alle« nach unseren Wünschen fügen. Ein« ist gewiß und wahrhaftig. Hier a» meiner Anna Grab lasse« wir unsre Jugend, unsre selige erste LiebeSzeit, die« reine sorglose Glück der Kinderjabre, ach den stillen Friede» zu» rück, in welchem un« sonst die ganze Welt al« ein Wonne« reich erschien, gemacht zum Paradiese! Da« ist vorbei? Wir werde» un« lieb, unendlich lieb haben, wie sonst, Edmund, so glücklich sind wir nie wieder I" Sie bedeckte ihr Gesicht, riß sich los und eilte von ihm. Ein stechender Schmerz, eine jähe Kälte überkam Edmund. Er schrie auf und stürzte ihr nach, gerade al« Mutter Christine besorgt, an den Aufbruch mahnend, heran- kam und die Tochter in ihre Arme schloß. Edmund," sprach nach einer Weile die Mutter,seien Sie doch vernünftig, bringe» Sie Maihilden nicht ganz außer Fassung! Wir müssen nach Hau »." Die Liebenden nahmen sich nach Kräften zusinnmen, und alle Drei verließe» langsam de« F.iedhof. Auf dem Wege nach der Stadt ward unter ihnen festgesetzt, daß Edmund alle Monate an Mathilde» einmal schreibe» und fie den Brief beantworten sollte. Die zuverlässige Beate erwählten sie zur Mittelsperson, um jeden Ver&achr zu ver­meiden. Den größten Kummer machte ihren der fürchterliche Gedanke, daß sie am ander» Morgen, wo E-mund um fech« Uhr mit Extrapost abreisen sollte, einander nicht mehr spreche» sollte«. Beide begriffe», daß sie dies verrathen,