tlären, selbst das abscheuliche Verbrechen auf dem Niederwald, zu sagen, daß die Leute, welche daffelbe eingeftanden, mit Geld zu ihren Aussagen bestimmt seien, das geht zu weit, und so liegen auch die Dinge nicht. Es handelt fich bei den Attentaten um ernfte Verbrechen, hervorgegangen aus verdammungswür digen Ueberzeugungen und gewachsen auf einem Boden, der sehr gefährlich ist. Gegen die Handlungen der Anarchisten müssen wir uns nach jeder Richtung vorsehen. Von diesem Ges fichtspunkte aus ist das Gefes beschlossen, welches der Vor redner zum Gegenstande seiner Kritit gemacht hat, und die große Einmüthigkeit, mit welcher das Votum gefaßt wurde, Tönnte demselben beweisen, wie Der Reichstag ents ſchloſſen war, gegen alle anarchistischen Bestrebungen einzuschreiten. Das Gesetz ist sehr hart, es ist in Den gewöhnlichen Rahmen juristischer Anschauungen nicht zu bringen, es ist eine außerordentliche Maßregel gegen eine außerordentliche Verworfenheit. Man darf die gewöhnlichen Anschauungen juristischer Bestimmungen nicht auf das felbe anwenden. Es ist leider wahr, daß es nicht möglich sein wird, durch dieses Gesez die verbrecherische Handhabung der Sprengstoffe ganz hintanzuhalten. Aber darüber lönne fein Sweifel bestehen, daß die bloße Existenz des Gesetzes auf die anarchischen Bestrebungen abschredend eingewirkt hat, und ich glaube nicht, daß wir dasselbe im gegenwärtigen Augenblic abschaffen tönnen. Der vorligende Antrag geht aber auf die Aufhebung des Gesetzes, nicht auf die Revision desselben, die ich für möglich halte. Diesen Antrag verneine ich absolut und glaube, daß die Majorität des Reichstags in diesem Punkte mit mir übereinstimmt. Ich kann zugeben, daß einzelne Fälle besonderer Härte nachweisbar find, die zeigen, daß eine richtige Anwendung des Gesezes nicht überall getroffen ist. Aber das ist immer der Fall, und es liegt in der Natur der Sache, daß bet der Ausführung dieses Gesetzes fich vorzugweise Fälle er eignen, die eine Richtigstellung durch die Gnade des Landesherrn nothwendig oder nüßlich erscheinen laffen. So sehr wir wünschen, daß auch den sozialdemokratischen Anschauungen eine freie Er örterung gewährt wird, so sehr wir bemüht find, die Bestres bungen auf dem Gebiete der Sozialreform zu unterstüßen, um so entschiedener wenden wir uns gegen die anarchistischen Beftrebungen. Der Antragsteller bemängelt es, daß auch in dieses Gefeß eine Bestimmung über die Todesstrate aufgenommen ist. Es ist gewiß eine traurige Nothwendigkeit, daß wir aufs Neue auf die Todesstrafe returriren müssen. Ich halte dieselbe an und für fich für nothwendig und zuläsfig; allerdings nur in den seltensten Fällen, und solch ein Fall liegt hier vor. Wenn es auch einem hochherzigen Monarchen schwer gefallen sein mag, Todesurtheile zu unterschreiben, so hat er doch sein Herz bezwungen in einer Beit, wo so teuflische Verbrechen begangen worden find. Mögen wir alle mitwirken, daß der Rechtsfinn, der religiöse Sinn und der Sinn für Deonung in voller Anerkennung unserer bestehenden Verhältnisse immer mehr Wurzel faßt; bann fönnen mir auch eine Aufhebung des Gesezes denken. So lange das nicht der Fall ist, ist auch eine solche Aufhebung unmöglich. Damit ist nicht gesagt, daß nicht die bisher gemachten Erfahrungen es nüßlich erscheinen laffen fönnten, diese oder fene Bestimmung zu ändern oder flar zu stellen. Das zu thun find wir bereit, wenn uns die Nothwendigkeit nachgewiesen wird. In dieser Richtung babe ich auch die Mittheilungen des Herrn Antragstellers mit Interesse gehört. Aber so lange Attentate so erklärt werden, als dies heute geschehen ist, halte ich mich für verpflichtet, Protest dagegen einzulegen. Den Anarchisten gegenüber fenne ich teine Milde und teine Rüdficht.
an
Abg. Lenzmann( gegen die einfache Tagesordnung): Herr Viered hat seinem Antrage einen schlechten Gefallen erwiefen, als er seine durch nichts gerechtfertigte Auffassung von der Genesis der Attentate vortrug. Ich stehe in dieser Be siebung vollständig auf dem Boden, auf den sich Abg. Windt horst gestellt hat, indem er die Attentate als das Produkt einer verbrecherischen Atmosphäre bezeichnete. Aber darin muß ich dem Kollegen Windthorst entschieden widersprechen, wenn er sagt, wir bedürften einer derartigen außerordentlichen Maßregel gegen außerordentliche Verworfenheit. Ich behaupte, das Gefeß trifft gar nicht die außerordentliche Verworfenheit, und demgemäß ist auch die außerordentliche Maßregel nicht erforderlich und auch nicht zweddienlich. Ich glaube nicht, daß das Gefet auf ene toordinirte Attentatsangst zurückzuführen ist, fie mag wohl mitgewirkt haben, aber nur insofern, als vielleicht den Einen oder Anderen unter uns die Aengftlichkeit, in den Augen des Bolles verkannt zu werden, veranlagt hat, für das Gesetz zu stimmen. Das Gefeß ist, meines Erachtens, ein Produkt der Sommerhige von 1884, insofern das Gesetz so kurz vor Schluß ber Seffion eingebracht wurde, daß Niemand gegenüber der Erklärung der Regierung, fte bedürfe des Gesezes, eine dila torische Behandlung eintreten laffen wollte. Herr Kollege Windthorft giebt zu, daß das Geses Mängel hat, folche Mängel, daß selbst die Gnadeninstanz wiederholt hat eins treten müffen; wenn er trotz alledem zu dem Antrag auf einfache Tagesordnung fommt, weil der Antrag auf Revision nicht gestellt sei, so verstehe ich das nicht. Wir find ja nicht an den Antrag gebunden, sondern können ibn in eine Rom misfion verweisen, damit diese einen neuen Gefeßentwurf aus. arbeitet. Es bedarf gegenüber dem Antrage Windthorst nur des Nachweises, daß bei weiterer Hinausschiebung einer Revision des Gefeßes ein damnum irreparabile ent fteht. Unter dem Befege hat aber schon eine Menge Unschuldiger leiden müssen, müssen, meinem Gefühl will es aber nicht entsprechen, daß man so sehr geneigt ist, Fehler der Gefeßgebung im Wege der Gnade wieder gut zu machen. Es paßt dies nicht in einen Rechtsstaat, entspricht nicht dem Rechtszustand, ganz abgesehen davon, daß die Gnadeninstanz gar nicht im Stande ist, alle Verationen, alle Angst und alles Leiden der Verurtheilten aufzuheben. Dabei ist nicht zu vergessen, daß die ganzen brafonischen Bestim mungen vollkommen werthloß find demjenigen gegenüber, der getroffen werden soll; der verbrecherische Aitentatsunternehmer wird vom Gesetze nicht getroffen, er wird Mittel und Wege genug finden, sein Verbrechen auszuführen trop des Gesezes. Betroffen davon wird nicht der außerordentlich verworfene Mensch, sondern der, welcher polizeiliche Vorschriften nicht beobachtet und befolgt. Außerdem ist ein Hauptfehler des Gesetzes, Daß Fälle unter daffelbe subsumirt werden lönnen und müssen, welche garnicht darunter gehören dürfen. Ist das Gefeß von uns als mangelhaft ertannt, so sollten wir die erfte Gelegen beit ergreifen, um diese Mangelhaftigkeit zu beseitigen und Befferung eintreten zu laffen, wo dies möglich ist.( Abg. Hänel tuft:„ Der Antrag lautet auf Aufhebung.") Ja wohl, Herr Kollege Hänel, ich werde eventuell nachher einen folchen stellen, stimmen Sie dafür. Im Augenblick fann eine Befferung nur durch Verweisung des Antrages Viered an eine Kommiffion, welche die nöthige Gesezesformulirung zu finden haben würde, ermöglicht werden. Ich erkläre keineswegs, daß ich mit der vollständigen Aufhebung des Gefeßes einverstanden bin; ich bin mit Kollege Windthorft der Anficht, daß wir etwas brafonischer Maßregeln bedürfect, um Furcht vor Attentats aus führungen zu erweden, aber auch der Ansicht, daß es eine Forderung der Gerechtigkeit ist, die Bestrafung Unschuldiger neben Erreichung dieses Hauptzwedes zu verhüten. Ich ersuche Sie, den Antrag Windthorft abzulehnen und den Antrag Biered an eine Kommission zu verweisen.
Abg. Hänel( persönlich): Der Herr Abg. Lenzmann hat mich misverstanden: ich habe, um ihn darauf aufmerksam zu machen, daß der Gesezentwurf, wie er vorliegt, einfach auf Aufhebung des Dynamitgeseges geht und nicht auf Revifton, die Worte dazwischen gerufen. Einem einfachen Antrage auf Aufhebung des Gesezes gebührt die Annahme der einfachen Tagesordnung.
Hierauf wird der Antrag Windthorft auf einfache Tages. ordnung mit allen Stimmen gegen die der Sozialdemokraten, einzelner Deutschfreifinniger und Mitglieder der Vollspartei angenommen.
Schluß 4 Uhr. Nächste Sizung: Freitag 1 Uhr. ( Dritte Berathung des Gefeßentwurfs, betr. Abänderung von § 5 des Tarifgefeßes und zweite Berathung des Branntwein monopols.)
Abgeordnetenhaus.
48. Situng vom 24. März, 12 Uhr.
Am Ministertische: Kommiffarien.
Auf der Tagesordnung steht eine Reihe von Kommissionsberichten über Petitionen und Wahlprüfungen.
Der Klempnermeister Dswald Linke in Warmbrunn ist Eigenthümer eines in der Nähe des Warmbrunner Hellquellen belegenen Grundstückes. Da in Folge einer von der Badevers waitung vorgenommenen Neubohrung in dem auf diesem Grundstück befindlichen Brunnen Waffermangel eintrat, so beabsichtigte Linte im Jahre 1882 einen neuen Brunnen herstellen zu lassen; die Erlaubniß dazu wurde ihm indeß vom Amtsvorsteher versagt, und die Beschwerden des Linke gegen diese Versagung find abgewiesen worden.
Die Petitionskommifton beantragt, über die dieserhalb von dem pp. Linke beim Hause eingereichte Betition
in Erwägung, daß es seitens des Abgeordnetenhauses für unawedmäßig erachtet ist, die nach dem Verwaltungsrechte zu lässige Beschränkung der Eigenthumsrechte der HeilquellennachTagesordnung überzugehen. barn durch allgemeine gefeßliche Bestimmungen zu regeln, zur
Das Haus tritt diesem Vorschlage ohne Debatte bet.
Auch bezüglich der Betition des Magiftrats zu Hildesheim , betreffend die Reinigung der den Gerichtsbehörden vorzuführen ben Gefangenen, hat die Kommission den Uebergang zur Tages ordnung beschloffen.
Abg. Möllmann( Osnabrüd, nat.- tib.) beantragt das gegen die Ueberweisung an die Regierung zur Berücksichtigung. Bei der Annerion sei ausdrüdlich bestimmt worden, daß es hinsichtlich der Polizeiloften in den neuen Landestheilen bei ben hierüber bestehenden Vorschriften bleiben solle. Nun habe in Hannover eine Verpflichtung der Polizeibehörden resp. der Gemeinden zur Reinigung von aufgegriffenen Gefangenen, sobald fie unverzüglich dem Richter vorgeführt werden, nicht be standen. Jetzt habe der Minister des Innern gleichwohl auch in Hannover die Tragung der Reinigungsloften von den Ge meinden in ihrer Eigenschaft als Polizeiobrigkeiten verlangt und berufe fich, um diesen Anspruch zu begründen, auf ältere altpreußische Verordnungen, die für Hannover niemals in Geltung getreten seien.
Regierungskommissar Geh. Rath v. d. Brinden bittet, dem Kommiffioneantrag zuzustimmen; die Materie set für den ganzen Staat dahin geordnet, daß die Reinigung von den Justizbedienten der Gefängnißverwaltung besorgt wird, während die Bos lizeibehörden dafür eine angemessene Entschädigung leisten. Wollen die Polizeibehörden auf diesen modus vivendi nicht eingehen, so haben sie die Reinigung selbst zu besorgen. Ueber die Ber pflichtung der Gemeinden zur Roftentragung tonne ein Zweifel pflichtung der Gemeinden zur Kostentragung lönne ein Bweifel nicht bestehen.
Abg. v. Bismard( Flatow): Unzweifelhaft hat doch der Chef der Polizei die Befugniß, den Polizeibehörden aufzu geben, daß die dem Richter vorzuführenden Gefangenen ge reinigt werden sollen, und die Kosten dafür hat die Polizeibehörde dann zu tragen. Diese Befugniß gilt gleichmäßig für alle Theile der Monarchie; der bezüglich der Provinz Hannover ergangenen Verordnung von 1867 fann doch nicht der Sinn untergelegt werden, als ob an den früheren Vorschriften in Hannover bezüglich der Polizeikoften für alle Beit nichts geändert werden dürfe. Ich bitte, dem Kommissionsantrag zuzuftimmen.
In legterem Sinne äußern fich noch die Abgg. Mooren und v. Rauchhaupt, während seitens der Abgg. Sperlich ( Bentrum), Sattler und 3elle der Antrag Möllmann empfohlen und dahin erweitert wird, der Regierung nochmals eine gesegliche Regelung der Materie für die ganze Monarchie zur Erwägung zu geben.
Das Haus entscheidet mit schwacher Majorität im Sinne des Kommissionsantrages.
Ueber die Petition des Rittergutsbefizers von Wendstern zu Alfftedt, Kreis Lehe , betr. die Aufhebung des§ 5 des han noverschen Gesetzes von 1836 über die Ablösbarkeit des Lehns verbandes, wird mit Rücksicht darauf, daß seitens der Minister des Innern, der Just z und für die Landwirthschaft die Auf bebung des hier fraglichen Vereinzelungsverbotes im Wege der Gesetzgebung in Aussicht gestellt ist, zur Tagesordnung über. gegangen.
Jm Wahlkreife 2. Minden find am 5. November 1885 gewählt 1. der Hofprediger Stöder in Berlin , 2. der Gutsbe fizer Meyer zu Selbausen, Beide nur mit einer Stimme Majorität, 3. Der Biegeleibefizer Schnatsmeier mit 559 von 631 Stimmen.
Die Wahlprüfungs- Kommission beantragt, die Wahl des Abg. Schnatsmeier für giltig zu erklären, die Wahlen der beiden anderen Abgg. Stöcker und Meyer zu beanstanden und bezüglich der letteren über verschiedene Bunkie des eingegangenen Proteftes Beweis erheben zu laffen.
Nach längerer Debatte wird demgemäß beschlossen.
Die Wahl der Abgeordneten Mahlstedt( 5. Stade ) Schäffer, v. Schendendorff und Baier( 8. Steg nig, Görlig- Lauban) und Franz( Jerichow I. und II.) wer ben ohne Debatte für giltig erklärt, ebenso entgegen dem Antrage der Kommiffion auf Beanstandung die Wahl des Abg. Simon von 8astrow.
Von Landwirthen aus 110 Drtschaften der Provinz Bosen wird um den Erlaß gesetzlicher Bestimmungen zum Schuß der Darniederliegenden Landwirthschaft petitionirt.
Die Kommiffion beantragt eine motivirte Tagesordnung, in welcher auf die Annahme der lex Quene, die Erhöhung der Schutzölle, die Annahme des Antrags v. Huene- Kardorff zur Währungsfrage verwiesen und weiter ausgesprochen wird, daß Petitionen auf Einführung eines Wollzolles auch beim Reichstage eingereicht sind und daher diese Frage jedenfalls von diesem in nächster Beit erörtert werden wird, endlich, daß durch das dem Bundesrath vorliegende Gefes über Einführung des Branntweinmonopols die Besteuerung des Spiritus von Grund aus geregelt werden soll.
Abg. Janssen( Aachen ) polemifirt gegen die Befürwor» tung des Wollolls; die Industrie könne mit deutscher Wolle allein nicht auskommen.
Abg. v. Rauchhaupt will sich eines Eingebens in extenso auf die Betita enthalten, Da bereits in der Etatsberathung seitens der Konservativen das nöthige aesagt sei und es nicht bezweifelt werden könne, daß Die Regierung ernsthaft auf Abhilfe denke. Bei der Krifts, die über die Landwirthschaft hereinbreche, müffe aber wenig stens wiederum auch aus dem Hause Beugniß dafür abgelegt werden, daß die Konservativen den ganzen Ernst der Lage er faffen. Set auch das Branntweinmonopol als abgelehnt zu betrachten, so werde doch die Regierung Mittel und Wege suchen, den Verfall der preußischen Branntweinbrennerei zu verhindern. Eins habe die Regierung schon jetzt in der Hand, nämlich auf die Ausführung der Sprittlaufel im spanischen Handelsvertrage derart zu achten, daß nicht, wie es nach Bei tungsnotizen mehr und mehr geschehe, ruffischer Sprit in Hamburg als deutscher Sprit exportirt werde. Sie müsse Hamburg als deutscher Sprit exportirt werde. Sie müsse darauf hinwiten, daß nicht mehr der spanische Ronful in Hamburg allein über die Ausstellung von Ursprungsattesten zu befinden habe. Was den Wollzoll anbetreffe, so würden
die Wollzollindustriellen fich dadurch jeder Besorgnis ent schlagen fönnen, daß fie die Bestrebungen zur Hebung des Brennereigewerbes unterstüßten( hört, hört! und Heiterleit links), denn die Landwirthschaft werde den Wollzoll nicht brauchen, wenn der Brennerei fräftig aufgeholfen wird. Mit diesen beiden Erwerbsquellen, dem Schaf und der Kartoffel, stehe und falle der Often der Monarchie. ( Widerspruch links.) Jedenfalls werde seitens der Konservativen Alles, was in ihrer Macht stehe, an Anregungen, Anträgen u. f. w. geschehen, um der Nothlage der Landwirthschaft und Der Kommunen abzuhelfen, wenn der Reichstag fich weiter weigere, die erforderliche Abhilfe durch Gewährung neuer Mittel zu schaffen.( Beifall rechts.)
Abg. v. Tiedemann( Bomft) schließt sich diesen AusSpritklausel, daß fich ist in Hamburg die Praxis heraus führungen in allen Punkten an und bemerkt bezüglich der gebildet habe, ruffischen Sprit an der Börse zu laufen, ihn in Hamburg rettifiziren zu laffen und mit der vom Hamburger Senat ausgeftelten Bescheinigung über die dort erfolgte Refti Ursprungs dieses Sprits au führen, was von jenem als ge filation dem spanischen Konsul den Beweis des deutschen nügend erachtet werde. Damit sei die preußische Brennerei in Hamburg , das ja in dieser Beziehung leider" zum Deutschen Reich gehöre( Unruhe lints), fonkurrenzunfähig ge macht.
-
Katafters
Regierungskommissar Generalinspektor des Sauß erklärt, daß die Regierung der Lage der Landwirth schaft unausgesezte Aufmerksamkeit zuwende und auch die heutigen Anregungen in eingehendste Erwägung nehmen werde.
Abg. Mehr( Konig, natlib.) bittet die Konservativen, doch nicht immer blos mit Worten, sondern auch endlich mit Thaten, mit pofitiven Anträgen zu fommen, wenn fie Minifter vor sich sehen, welche die Nothlage der Landwirthschaft nicht erkennen.
Abg. Meyer( Breslau ): Daß die Brennerei in Deutsch land fich zur Beit in einer Nothlage befindet, erkennen wir an, aber der Grund ist hauptsächlich die ungeheure Produktionsfteigerung. Spiritus ist an fich kein Weltmarktsartikel( Lachen rechts); jedes Land kann sich seinen Bedarf an Spiritus allein erzeugen. Von den 120 Millionen Liter, die der Weltmarkt braucht, produzirt Deutschland zwei Driitel. Wo sollen denn neue Absagwege und Verwendungszwecke ausfindig gemacht werden? In dieser Sadgaffe befinden sich jetzt die Spiritus industriellen. Herr v. Rauchhaupt appellirt an den Reichstag , er entwickelt damit doch mindestens denselben Eifer für die Brennerei des Dftens wie für die Befferung der Reichs finanzen. Wenn nichts anderes hinter Ihren Vorschlägen fteckt als die Einführung oder Erhöhung der Exportprämien, da in werden Sie, wie die Suderindustrie zeigt, zwar die Brennerei ruiniren, nicht aber der Landwirthschaft irgend einen Dienst leisten.( Beifall links.)
Abg. v. Tiedemann( Bomft) bestreitet die Richtigs telt dieser Ausführungen; die Erportprämie allein könne die Brennerei Industrie Rußland gegenüber wieder fonkurrenzfähig machen.
Abg. Dirichlet: Troß der anfänglichen guten Vorsäge des Abg. v. Rauchhaupt befinden wir uns nun doch inmitten einer der schönsten agrarischen Debatten. Zunächst trete ich den Ausführungen des Abg. Meyer meinerseits durchweg bei. Mit der Thatsache, daß Hamburg zum Deutschen Reiche gehört, gehört, müssen wir doch ebenfalls rechnen; Was soll man denn dazu sagen, wenn hier die Geschäftspraxis hamburgischer Behörden so unqualifizirbar angegriffen wiro? ( Gelächter rechts.) Wegen der Sorittlaufel hätten sich die Herren doch an die Weisheit des Reichskanzlers bei der Bes rathung des fpanischen Handelsvertrages wenden sollen! Auss schließlich von Schafen und Kartoffeln lebt der Often feines wegs( Lachen rechts), jedenfalls wird der den Wollindustriellen gegebene Rath, die Einführung eines Wollzolls zu fördern, Dem Dften feinen Vortheil bringen.
Abg. Meyer( Breslau ) tritt nochmals für seine Auf faffung ein.
Abg. v. Tiedemann( Bomft) verwahrt fich dagegen, den Hamburger Senat angegriffen zu haben.
Der Kommiffionsantrag wird darauf angenommen und um 4 Uhr die Sigung vertagt.
Nächste Sigung Freitag 11 Uhr.( Kanalvorlage.)
Kommunales.
w. Senkung des Wasserspiegels der Spree . Seitens des Ministers der öffentlichen Arbeiten ist der Magistrat unter Hinweis darauf, daß der Landtag den seiner Beit geforderten Koftenbetrag für die Regulirung der Spree abgelehnt habe, weil eine stärkere Heranziehung der Stadtgemeinde Berlin zu den Kosten vermißt werde, bereits in mehreren Restripten auf gefordert worden, durch Bahlung eines Roftenbeitrages fich an bem Projekte der Spreeregulirung und der Sentung des Wafferspiegels zu betheiligen. In Folge dieser Aufforderung und nachdem die Mühlendammgrundstüde von der Stadt meinde erworben worden find, ist der Magistrat der Frage näher getreten, welche Stellung die Stadtgemeinde dem Sprees regulirungsprojekte gegenüber einzunehmen habe. Seitens der Staatsbehörden ist ein Spreeregulirungsprojekt aufgestellt, welches in Aussicht nimmt, den Hauptarm der Spree für einen Ver fehr von Schiffsgefäßen von 65 m. Länge, 8 m. Brette und 1,25 m. Tiefe ganz geeignet zu machen und durch Vertiefung der Spree bis Spandau einen Wasserverkehr zu ermöglichen, der in ungleich größerem Umfange wie bisher die Stadt Berlin an das ganze in Norddeutschland vorhandene Kanal und Flußnes anschließt. Durch die mit der Ausführung dieses Projektes verbundene Sentung des Hochwasserspiegels der Spree würde es möglich werden, die innerhalb der Stadt vor bandenen Klappenbrüden zumeist ohne Anrampungen fest im Niveau der Straßen in fefte Brüden umzuwandeln. Ferner würde durch Senkung des Hochwasserspiegels der Spree das Anwachsen der Grundwafferstände entsprechend mieden werden, wodurch Die Gesundheitsverhältniffe verbessert, auch für große Gebiete der Stadt Trockenhaltung und, damit verbunden, eine bessere Verwerthung der Kellerräume ermöglicht werden würde. Bu diesen Vor theilen überwiegend fommunaler Natur treten die Vortheile, welche aus jeder Verbesserung der Verkehrswege dem Handel und dem Gewerbe erwachsen. Die Erleichterung des Schiffsvertebrs würde, wie erfahrungsmäßig überall, auch für Berlin eine Steigerung deffelben berbeiführen und mit einer wegen des Verkehrs größerer Schiffsgefäße wahrscheinlichen Fracht Ermäßigung auch eine Verbilligung der eingehenden Produlie ( Holz, Kohlen, Steine 2c.) bewirten. Diesen Vortheilen gegen über hält der Magistrat eine Betheiligung an dem Projekte für angezeigt und wird demgemäß bei der Stadtverordneten Ver fammlung beantragen, dieselbe möge fich damit einverstanden und bereit erklären, mit dem Magistrat in gemischter Deputation darüber in Berathung zu treten, ob und in wie weit die Stadtgemeinde Berlin zu dem Projekte der Spreeregulirung und Senkung des Hochwasserspiegels der Spree eine Beihilfe gewähren will.
"
vers
eine
W. Das Kuratorium der städtischen Markthallen hielt am Mittwoch Vormittag unter dem Vorfts des Obere bürgermeisters v. Fordenbed wiederum eine Sigung ab, in welcher über die innere Organisation der Markthallen weitere Beschlüsse gefaßt wurden. Es wurden sämmtliche obere Bes amtenstellen befeßt, so auch 15 Geschäftsvermittler gewählt, in deffen sollen noch einige persönliche Fefiftellungen ftatifinden und mit denselben Verhandlungen wegen der abzuschließenden Verträge gepflogen werden. Firmen find mit Rüdficht darauf,