Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 74.
Parlamentsberichte.
75. Situng vom 27. März, 1 Uhr.
Am Tische des Bundesraths: Fürst von Bismard, von Boetticher, von Scholz, von Burchard.
Die zweite Berathung des Gesezentwurfs, betreffend das Branntweinmonopol, wird fortgeseßt.
Sonntag, den 28. März 1886.
Reichstag zeige einmal dem persönlichen Regiment energisch die Zähne und es wird sofort anders gegen ihn auftreten. Bei seinen träben Aussichten in die Zukunft und die Erhaltung des Friedens hat er wohl weniger an auswärtige Konflikte, als an innere Vorgänge in Frankreich , Belgien und England gedacht und speziell die bekannte Aeußerung des von ihm nicht genannten fran zöfifchen Kriegsministers Boulanger im Sirne gehabt, wenn er die Lage deshalb als eine sehr gefährliche bezeichnete, weil in ge wiffen Ländern selbst von der Regierungsbant herab eine den autoritären Begriffen nicht entsprechende Sprache geführt werde, die sozialistische Gefahren in Aussicht stellte. Ich finde in dieser Rede nicht das Geringfte, was einem republikanischen Minifter nicht volllommen wohl anstände. Wenn der franzö
Abg. v. Vollmar( So.): Die Vorlage ist hinreichend gerichtet, ich will nur auf die Rede des Kanzlers Einiges be meifen. Er hat gestern auch meine Fraltion zu den reichsfeindlichen gezählt; das ist ja nichts Neues und schmerzt uns auch garnicht. Reichsfeinde heißen ja in Deutschland seit lange Die Feinde bes herrschenden Systems des Kanzlers. Feinde des Reiches, b. h. des Gemeinwesens, des deutschen Volles, find wir jedenfalls nicht, sondern nur Gegner des herrschenden Systems. Als Vorspann zum Echnapsmonopol hätte der Kanzler diese sozialdemokratischen Reichsfeinde sehr wohl ge brauchen können, denn er pflegt jede Hilfe anzunehmen, die ihm eine Majortiät verschafft. 31 macht er es plöslich den Gegnern des Monopols zum Vorwurf, daß fich auch Sozialdemokraten unter ihnen befinden. Man hätte uns recht wohl gebrauchen tönnen. Es fehlte nicht an Stimmen, die mir und meiner Partei tlar zu machen suchten, daß ja das Schnaps monopol eigentlich etwas sozialistisches sei, auf das einzugehen wir gewiffermaßen die Pflicht hätten; daß wenn wir auf dieses Monopol eingingen, wir sehr wohl unsere Bedingungen ftellen fönnten, die dann auch angenommen werden würden, wenn sie annehmbar erscheinen; daß dann auch eine andere bis gestern noch sehr schwankende Partei fich allenfalls auch hätte bereit finden laffen. Aber meine Partei ist ein für alle Mal für der artige Machenschaften nicht feil und fann auf sie nicht eingehen, so lange die Hegierung ihr gegenübersteht, wie es jeßt der Fall ift. Wir Sozialdemokraten werden nie und nimmermehr in eine Hand einschlagen, welche Voll und Freiheit unterdrückt. Von den dret Dingen, die der Kanzler als Grundlage des Reiches bezeichnete; ein starkes Heer, gute Finanzen und die Bufriedenheit der Bürger, ist uns das dritte das allerwesent lichste, bei dem fich die beiden ersten von selbst verstehen. Aber von dieser Zufriedenheit ist nichts zu merten, und darum tönnen wir in diesem wie in anderen Fällen für die Regierung nicht einftehen. Steuerbrud, Aussaugung der Nermsten, poli tische und wirthschaftliche Unterdrüdung schaffen die Bufrieden beit der deutschen Reichsbürger nicht. Des Kanzlers geftrige Rede war der stärkste Ausdrud des persönlichen Regiments; er hält uns nicht für die richtige Vertretung des Volles, läßt fich durch uns auf seinen Wegen nicht hindern, fieht eine Demüthigung ohne Gleichen, ein arges Kanoffa darin, daß er als tonftitutioneller Minister zu und hierher tommen muß, um eine Steuer bewilligt zu erhalten, und hält es für möglich, daß deutsche Fürsten , das Opfer ihrer Rechte bereuend, den berühmten ewi gen Bund wieder einmal brechen könnten. Dazu dunkle, nicht faßbare Drohungen, es fönne die Beit fommen, wo das Retch nicht mehr in der bisherigen Weise existirt, und zwar durch Blenderung von oben her, verbunden mit dem etwas deutlicheren Ausspruch: ,, wer zulegt lacht, lacht am besten; wir hier bet der Regierung werden lachen, wenn Sie nicht mehr da find und vielleicht wo anders lachen werden." Das ist einfach die Sprache des Diktators, nicht die eines fonftitutionellen Ministers. Neben dem Unmuth darüber, daß man zum Reichstage fo fprechen tönne, tann ein Sozialdemokrat noch eine gewiffe Schadenfreude haben. Wenn sonst einer von uns auf die Möglichkeit gewaltsamer Umwälzungen zu später Reue wegen Unterlaffung rechtzeitig getroffener Maßregeln hinwies, dann bieg es: die Sozialdemokraten, diese Revolutionäre, drohen, mit ihnen ist in Ruhe und Frieden nicht zu verhandeln. Aber der Reichstanzler darf einer Volksvertretung, die nur ihre Rechte ausübt, offen und selbst mit An tufung der blutigen Schatten von 1866 mit ihrer, ja mit der Beseitigung des Reiches drohen. Man mag uns vieles nachfagen, aber man fann uns unmöglich den Vorwurf machen, wir hätten jemals gefagt, daß wir das Reich, das Gemeinwesen des deutschen Bolles in seiner jegigen Busammen legung auseinandertreiben, sprengen oder vernichten wollten. L30, Gründer des Reiches, feinem enten Beamten
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Dorbehalten, demselben Beamten, der uns als eine Gefahr für Das Reich verfolgt. Er hat den Reichstag mit der Boltsver tretung anderer 2änder verglichen und diesen Vergleich zu Un gunsten des efteren ausfallen lassen. Aber leine würde sich tine Sprache, wie die seinige, auch nur einen Augenblick ge fallen laffen, und er führt fie, weil der Reichstag fie fich ge fallen läßt; Jeder wird behandelt, wie er es verdient. Der
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R. C. Darf man vom Wetter reben? Das ist enthieben gefährlich, denn wenn man sich etwas vorgenommen bat, fich vielleicht schon lange auf eine Sache, freut, dann tommt gewiß etwas dazwischen, meistens ein Regenguß. Bozu wäre der Regen auch da, wenn er Bergnügen nicht [ 891 Waffer werden laffen tönnte? Es ist zwar noch nicht der erste April, die geliebte Miethe ist noch nicht fällig, auch ber Steuermann hat noch nicht das Recht, in unser stilles Beim einzubringen, trotzdem blüht der etwas verfrühte Aprilscherz schon recht üppig, er hat das Gute, seine Wir niemals zu verfellen. Schadet nichts, der Mensch gewöhnt sich schließlich an Alles, und soll sein, wenn nicht fröhlich ber Fink in blauer Luft sein Luft sein Oster Ronzert probirt, mit aller Macht Frühling wird, und die winterlichen Diebe fich zum Abschiedseinbruch rüften? Die Mailäfer tecken die Fühlhörner aus und mit züchtigen, zur Erde geentten Bliden trippeln Ronfirmandinnen daher; fie denken ifrig nach über die ihnen überreich gespendeten Warnungen on ben unter Blumen verborgenen Fallstriden und leise, eife bämmert in manchen ber bolden Rinder die Gewißheit uf, daß es für seine zarten Finger gar kein hübscheres, efügigeres Spielzeug geben tönnte, als einen braven
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Die Sache ist indessen nicht so einfach, und wer sich heute die Mühe nimmt, die Schaufenster in der Reichshauptstadt betrachten, den überschleicht ein ganz sonderbares Gefühl, Denn er an feine Bukünftige denkt, wenn er schon eine
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fische Kriegsminister wirklich das gedacht hat, so gefällt er mir ganz außerordentlich und ich fann nur wünschen, daß mehrere folcher Minister die französische Scheinrepublit zu einer wirllichen machen und daß nicht nur die einzelnen Personen, son dern der ganze Geist der Republik von diesen Grundsägen burchtränkt wird. Das würde aber feine Gefahr für das Deutsche Reich und das deutsche Volt, sondern nur für das persönliche Regiment sein, wenn dieser Einfluß fich von Frant reich aus auf die anderen Länder geltend machte, denen gegen über ein die Bügel immer schärfer anziehendes persönliches Re giment allerdings in teine rofige Lage gerathen würde. Darin hat der Reichstanaler vollkommen Recht; auch darin, daß die Befestigung des Reiches Eile hat. Aber fte beruht auf dem Vertrauen des Bolles und der Achtung der herrschenden Ges walt vor seinem Selbstbestimmungsrecht. Sie hat nichts dafür gethan, eine solche Befestigung zu bewirken, dagegen sehr viel, Das Reich auf das Aergste zu schwächen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. v. Kardorff: Ich spreche zunächst meine Genug thuung darüber aus, daß die sozialdemokratische Partei fich zum eisten Male in sehr deutlicher Weise voll auf den Boden des Deutschen Reiches gestellt hat.( Bustimmung rechts.) Jm Großen und Ganzen hat fte fich sonst auf den extrem inters nationalen Standpunkt gestellt und die Gründung des Reichs als Nebensache behandelt. Wenn der Vorredner aber meinte, Der Reichskanzler habe ja die Abficht kundgegeben, dieses Reich zu sprengen, so hat er diese Aeußerung mißverständlich auf gefaßt. Ich glaube nicht, daß der Reichskanzler annimmt, daß selbst bei der für mich nicht sympathischen und wünschens werthen Eventualität, daß der Reichstag in seiner gegenwär tigen Verfassung nicht mehr bestände, daß Deutsche Reich zu Grunde gehen würde. Es könnte ja vielleicht eine andere Volksvertretung an die Stelle dieses Reichstages treten. Gewiß, die Befestigung des Reiches beruht auf dem Vertrauen der Bürger. Herr Richter sprach von einem Geschent an die Großgrundbefiter. Hätte die Kommission die Preisfirirung geprüft, so würde diese wahrscheinlich einer großen Nenderung unter zogen worden sein. Wenn aber Herr Richter bestritt, daß er mit jener Aeußerung den Adel oder die Magnaten treffen wollte, so muß doch jeder Unbefangene gefühlt haben, daß den Schlesischen Magnaten auf Kosten des darbenden Volles etwas extra bezahlt werden sollte. Mit Recht nannte dies der Reichs. tangler Erregung von Klaffenbaß. Herr Richter ist ja auf die Herr Richter ist ja auf die Grundbefizer in den öftlichen Provinzen nicht gut zu sprechen. Sie gehören eben nicht zur freisinnigen Partei. Aber die ganze Welt fann doch nicht aus Preßengeln bestehen, und selbst herr Richter wird nach seinen Erfahrungen mit der Freifinnigen Beitung" froh sein, daß es so ift. Das muß ich allerdings zu geben, daß durch diese oder eine andere Branntweinvorlage der landwirthschaftlichen Noth im Osten nicht dauernd abgeholfen werden lann. Dies fann nur geschehen durch die Einführung der Doppelwährung( Heiterkeit lints), wie ja auch von bedeuten ben Staatsmännern außerhalb Deutschlands anerkannt worden ist, daß die Silberentwerthung eine Kalamität set. Ich bedauere, daß wir in dieser Beziehung von dem Finanzminister v. Scholz so wenig unterstüßt werden. Entschließt sich die Regierung, zum Bimetallismus zurüdjufehren, so wird mit einem Schlage der Wohlstand in den östlichen Provinzen hergestellt.( Oh! links.) In demselben Augenblid, in welchem die preußische Regierung bestrebt ist, durch eine große firchenpolitische Vorlage( hört! lints; aha! im Bentrum) den kirchlichen Frieden wieder herzustellen, erleben wir, daß von denjenigen Herren, die wir mit dem Bentrum innig verbündet sehen, namentlich von der Preffe, das Aeußerste geschieht, um diesem tirchlichen Frieden zu steuern. Lesen Sie die Artikel des Moffe'schen Tageblattes" u. f. w., überall wird die preußische Regierung mit dem bittersten Hohn verfolgt, man spricht von einem Gang nach Kanoffa, Verzicht auf die Rechte des Staates. Und nun sehen wir die Herren vom Zentrum blind der Führung des Abgeordneten Richter folgen in Bezug auf eine Vorlage,
zeit erscheint, einen ungleich größeren Interessentenkreis findet und nicht nur die Küstenstriche, sondern das ganze Land heimsucht.
Indessen ferne sei es von uns, dem schönen und zarten Geschlecht allein den Vorwurf zu machen, daß es der Mode unterthan fei. Das starke Geschlecht, dessen Repräsentanten sich bramfiger Weise Herren der Schöpfung" nennen, huldigen ber Morbe ganz ebenso. Ein Blick genügt, um das zu erkennen. Man bezahlt den Anzug fertig, als solchen; die Folge ist: je mehr der Schneider am 3eug sparte, desto größer der Verdienst, da der Preis derselbe blieb. Nicht genug, daß man uns die Schöße bis zum Unglaublichen beschnitt und die doppelknöpfigen Bekleidungsstüde längst durch einreihige ersetzte, nein, nach vorne schrägt man uns die Eden fast bis zum Halsausschnitt ab, verengt die Mermel und fürzt und be schneidet, wo es nur angeht.
Bei den Damen ist es umgekehrt, wie die Natur geschichte lehrt. Erinnert man fich nicht noch der Zeit, wo bie Töchter des Landes in einem flachen, glatten Kleide einherspazierten und trotzdem nicht minder niedlich aussahen, wie unfere jezige Damenwelt? O schöne 3eit, wohin bist Du geschwunden!
III. Jahrge
welche allein wegen ihres ethischen Gewichts zu einem anderen Verhalten auffordert. Das deutsche Voll wird es einmal müde werden, dem Dreigestirn Richter, Liebknecht und Windthorft zu folgen.( Lebhafter Beifall rechts, Unruhe lints.)
Abg. Bubl: Ich habe bei der ersten Lesung erklärt, daß meine Freunde die Monopolvorlage für unannehmbar halten; und ich sagte dies im Namen meiner damals anwesenden poli tischen Freunde. Herr v. Fischer und einige Süddeutsche waren durch Landtagsverhandlungen damals abgehalten, hier zu er scheinen. Ich bielt mich ausdrücklich nicht für autorifirt, auch in ihrem Namen eine Erklärung abzugeben. Im Uebrigen glaube ich, mich auf meine Ausführungen in erster Lesung beziehen zu können. Was den Antrag v. Kardorff betrifft, so erinnere ich daran, daß gerade meine Parteigen offen in der Kommiffion für die Niederfegung einer Sublommission gestimmt haben; wir blieben damit leider in der Minorität; und ich glaube jest nicht, daß der Antrag v. Kardorff Aussicht auf Annahme hat oder überhaupt noch unserer Berathung förderlich sein tönnte. Es müßte denn sein, daß das Sentrum jeßt eine andere Haltung zur Vorlage annimmt; dann würde auch ich gegen die Annahme des Antrags Kardorff nichts einwenden.
Aus dem glatten Kleidchen wurde ein Faltenrod, über diesem entstand die Lunika. Hoffentlich heißt das Ding auch so, denn es ist nichts unangenehmer, als wenn man seine Weisheit ausframen will, und das Publikum merkt, daß man von der Sache selbst keine Ahnung hat. Nehmen wir also an, das Ding heißt Tunika. Als schließlich troß allen Aufbauschens sich ein Mehr nicht anbringen ließ, kam man auf die bee, den weiblichen Körper fünftlich zu verlängern. Der Gebante war nicht übel; es lebe die Intelli genz! Und nun behängte man diese Anbaue mit breis und
muß es natürlich„ Gegenwärtige" heißen. Brr, die Robe! Am besten kann man sie mit der ominösen See lange vergleichen, nur mit dem Unterschiebe, daß die Sees vierfachen Lagen und Falten von 3eugftoff. lange gewöhnlich nur einmal jährlich zur Sauregurkenzeit
Wenn das so fortgeht, kommen wir bald dahin, daß uftaucht, während die Seeschlange Mode zu jeder Jahres- das starke Geschlecht im Rostüm des Apollo von Belvedere
Bundesbevollmächtigter Minister v. Schola: Der Rück blid auf die stattgehabten Verhandlungen ist für die Regie rungen nicht ganz unbefriedigend und der Ausblick in die Bu tunft ist hoffnungsreich. Als wir die Vorlage einbrachten, wurde sofort hier darüber das Verdikt gefällt, sie sei politisch, finanziell und wirthschaftlich verwerflich. Die politische Seite der Sache hat nun gestern der Reichstanzler bereits völlig er schöpfend dargestellt; in Bezug auf die finanzielle Verwerflich feit ist in den Verhandlungen des Plenums und der Kom misfion auch nicht das Geringste erwiesen worden. Und ins besondere haben die Angriffe des Abg. Richter gegen unsere Etatsberechnung nicht das geringste thatsächliche Moment zu Tage gefördert; im Gegentheil haben wir zahlreiche Belege dafür in Händen, daß der Ertrag des Monopols von uns be deutend geringer angenommen worden ist, als er fich in Wil lichkeit stellen würde. Sehr namhafte Autoritäten find zu dieser Meinung, z. B. der auf diesem Gebiete sehr vifitirte Julius Wolff , der Fabritant Rantorowicz in Posen u. A. Ueber die Art, wie die Petitionen, der Entrüftungs fturm", beispielsweise Oberschleften mit dem be tannten Freischnaps, in anderen Gegenden mit einem achtbaren Brorenetikum für jede Unterschrift zu Stande ge tommen find, haben Sie schon genug gehört. In Frankfurt a. M. ist eine große gebrudte Betition in Umlauf gefegt worden; schöner Drud mit einem rothen Bettel, der den With instruirt, wie er, gültigft" für die Unterschriften zu sorgen habe, und mit vorgedruckten Nummern, so daß auf jedem solchen Thellinftrument 130 Unterschriften Blaz hatten. Der Heraus geber war ein Liqueurfabrikant. Ein solches Exemplar nun 3. B. enthielt am Anfang unverfängliche Unterschriften, wohl von Kunden des betreffenden Wirths; aber schon bei Nr. 20 und 21, wo Kaspar Spaß und Elisa Rat anfangen, wird die Sache verdächtiger. Nr. 29 ift Gottfried Reiterstiefel; Nr. 32 Hund Mops; 33 Minna Kaz; 36 Hirsch heißt er.( Große Seiterkeit.) Dann fommt 38, 39, 40 Jobann Sturm, Chiftian Wind, Ferdinand Luft.( Heiterkeit.) Nr. 69 u. f. w. finden fich Ifidor Cognac, Jean Rum, Hannes Nordhäuser, Liesbeth Bommeranze( große Heiterkeit), Adam Anis, Joseph Excelfior ( Heiterkeit), Ferdinand Gilla, Josephine Chartreuse; Nr. 118: Eva Sau( Heiterkeit), Adam Eber, Emma Grünschnabel ( Heiterleit); und eine Anzahl Namen, die geradezu ins ganz Botige hinüberreichen. Es enthielten diese Exemplare je 130 Unterschriften; und es find sehr wohl 8000 Unterschriften an gekommen. Ich nehme ja nicht an, daß alle diese Unterschriften in der Weise hergestellt find( Fürst Bismard: Doch, doch!) aber ein großer Theil davon gewiß. Welch frevelhaftes Spiel ift hier mit dem Reichstag gespielt worden( sehr richtig! rechts), wie bedauerlich ist es, daß diesen Petitionen die Kommiffion nicht näher getreten und auf den Grund gegangen ist, wenn auch nur ein Abgeordneter sein Votum ausdrücklich auf den ,, Entrüftungssturm" bafirt und auf den berzerquidenden na tionalen Zug, der von Josefine Chartreuse ausging!" Das find die Mittel, die man in Bewegung gesezt hat, um eine an fich gute und vortreffliche Sache, eine jedenfalls in der besten Abficht von der Regierung Ihnen vorgelegte Sache in einer elenden Weise zu diskreditiren, in einer elenden Weise! ( Sehr gut! und Beifall rechts.) Da ist es erklärlich, daß der geistige Vater aller dieser Petitionen eine gewiffe Scheu be fundet hat, im Reichstag auf die nähere Erörterung der selben einzugehen. Der Abgeordnete Richter hat in der Kommission versucht, nur die Bahl der Unterschriften für
einherschreitet, während die Damen wandelnden Kleiderriegeln gleichen.
Hoffentlich geht auch hier der Krug so lange zu Waffer, bis er bricht. Das ist unsere einzige Hoffnung. Frau Mobe ist eine wetterwendische Dame. Wer weiß, wie lange es dauert, dann kommt der Umschwung. Vielleicht dauert es nur noch einige Jahrzehnte, und der Herr der Schöpfung vergräbt sich in zehnfache Lagen von Normalzeug und Nor malwollen, und unsere Damen? Na, das können wir ja ruhig abwarten.
Ans Kunst und Leben.
Die 50fte Borstellung vom Zigeunerbaron " hat am 26. b. M. im Friedrich Wilhelmstädtischen Theater ein volles Haus versammelt, welches nicht nur in antheilsfroher Stim mung den einschmeichelnden Melodien lauschte, sondern auch Die oft bewährten Darsteller der Hauptrollen mit Beifall und Blumen überschüttete. Jeder hatte seinen Antheil an dem
Blumensegen, Safft Drucker urd Barinlay Steiner, welche an diesem Abend wiederum die volle Schönheit ihrer paftosen Stimmen au flegreichem Beillang vereinten und alle thre Nummern wiederholen mußten; ebenso Fräulein Stein als Czipra, Herr Szita als Homoney. Selbstverständlich war nicht vergeffen worden des jovialen Schweinezüchters Wellhof, welchem als originelle Dvation ein aus Blumen gewundenes Schweinchen überreicht wurde, ebenso des Fräulein Wrada, beren anmuthige Arfena nebft vielen anderen reichen Blumen
spenden mit einem Blumentisch von entzückendem Arrangement geehrt wurde. Auch der fleinen Bigeunerrangen war gedacht worden: jeder fonnte zur Feier des Tages in seinen malerisch gerlumpten Rittel einen Extra Kraizer steden. Das Publikum stand mit seinem Beifall ebenfalls auf festlicher Höhe, so daß man auch der zweiten Hälfte des Bigeunerbaron Hunderts ein günftiges Prognoftifon stellen tann.
Im Deutschen Theater" wird heute, Sonntag, Romeo und Julia" und morgen, Montag, Das Käthchen von Heilbronn" gegeben. Am nächsten Dienstag, 30. D. M., geht„ Die
eilag.