Beilage zum Berliner Volksblatt.
78.
Freitag» de« 2. April 1886.
III.
Zik Nmuhw in und um Wich. Die»Reforme  ', da« Orga« der Jonsoo'scheu Fort- schritt'pariei, hat eine« Epezialb«» chtcrstatter in den ivsur« ßiitt« Zudustriebezirk geschickt, welcher die Lage in sehr ar- deiterfreundlichem Sinne bemtheilt. Wir theilen nachstthevd Emigei au« seine» Berichten mit. So schreibt er u. A. oul Lüttich   vom 22. März Abend«: Die urnütze Entfaltung militärischer Kräfte hat ihre logische Wirkung gehabt. Während man in Seraivg klug genug war, die Truppe« in den Fabriken zu verbergen und sie nicht auf die Straßen zu schicken, hat man hier Soldaten und Patrouille« in drohender Haltung überall herum mar« schiren lassen. Daher hat eine Kolllsio» nicht auf sich warte« lassen. Sert drei Tage« hat die Gegenwart der Truppe« die Albeittrbcvö kerung auf« Höchste gereizt. E» bildete« sich allenthalben Gruppen von Streikende« oder Neugierige«. Sie wäre« still, aber entschlösse»;«an hörte keine« Gesang und keine« Ruf; aber wer« man ihnen am* Lebe« gehen will, werde» sie rhre Haut theuer verkaufen. Diese Leute höre» nicht auf die Aufwiegler, die der Aibeitgeber überall sieht, um die Wirkungen de« Elend« zu erklären, gerade wie die Religio« überall nur Götter und Wunder sieht, um die Vorgänge in der Natur zu erklären. Aber sie leiden ent- seälich, denn 50 bi« 100 Fr. monatlich reiche« zum Lebe» «icht hin; ihre Arbeit ist die härteste, die man sich dnrken kann, und dazu komme« noch tausend Ouälereie» voa Seite« der Agenten der industrielle« Feudalherren, von denen sie beherrscht werde«. Heute, Montag, sind Soldate« angelangt, um sich in den Dienst dieser Feudalherre« zu stellen; zu dieser Provokation komme» die drakonische» unauistlhrdaren Verordvurg-.n de« Bürgermeister«. Der Belagerungszustand herrscht und man steht außerhalb de« Gesetze«. Daher biete« auch die Straßen zu Tilleur z. B da« Btld eine« Schlachtfeldes. Die Läden sind ge« schloffen und die Bewohner wage« keinen Schritt auf die Straße. Und sie haben Recht, denn man hat nicht umsonst an« gekündigt, daß man blindling» nach allen Richtungen schieße» werde. In Tilleur, wo Herr Braconnieur herrscht, der mit der Grube Horloz mehrere Millionen verdient hat, haben die Soldaten, die seine Zeche bewache«, Blut vergossen. In der Nähe befindet sich ei» Uebergang, auf dem sich ewige Leute bewegten, da die engen Straßen von Tilleur gesperrt waren. Sie konvten da kein Unheil anrichte«, aber man forderte sie auf, zurückzugehen. Sie kreuzten die Arme und riefen: Schießt nur, Feiglinge!" En wird geschossen, ansang« zu hoch, um zu treffen; dann ließ der Offizier zielen und noch- mal« schießen, worauf ei« Kmd, eine Frau und ei» Ar- beiter fielen; die übrigen bliebe« stehen und riefen: Schießt nur, Feiglinge!" Ist da« nicht herzzerreißend? Da« Kind, ei» Knabe au« Zemappe, wurde sterbend in da« Spital»ach Lüttich   gebracht. Nach solchen Szene« ist e« natürlich, daß der Zorn wächst und der Konflikt wird fiter wieder entbrenne«. Zedermao» ist bewaffnet und schießt mit Revolvern, und sei c« auch nur, um Lärm zu mache». E» hat sich eine wahre Mevschenjagd heraus- gebildet; wer in einem oberen Stockwerke zum Fenster hin- ausschaut oder auf einer hervorragende» Stelle, wird auf« gefordert, herabzukomme»; folgt er»icht augenblicklich, so wird auf ihn geschaffen. Die Eigenthümer der Mine» sind völlig kriegsgerüstet; sie halte« Wache in ihren Häuser», um- aeben von den Offizieren, die an ihrem Tisch fitzen; sie habe« die besten Schußwaffe« und drohen, auf alle Gruppe» zu schieße«, die sich in der Nähe ihrer Grube« bilden sollte«. Die Furcht macht wild und e« scheint schon, daß die Grubenbesitzer keine Mensche« mehr find. So weit sind wir gekommen, Dank den unnützen durch unsere Behörden ge- troffen e« Vorkehrungen. Und da« heißt manregieren"!
IeuiUeton.
N«rei« W<i#«««ig mehr Gerechtigkeit. Von Elise Grimpe. E« ist um die fünfte Morgenstunde. Schwere, feuchte Nebel, wie sie Pari« häufig im Winter hat, lagern drückend auf dem gewaltige« Häusermeer. Die Still« in de» enge» 4 N Gassen und dunklen Höfen wird schon hin und wieder von eilenden Schritten unterbrochen; denn die Befriedigung der Lebensbedürfnisse erheischt ein ftühzetlige« Aufstehen und harte Arbeit. Ein Fenster nach dem andern wirb in de» A'.beiterwohvungen hell, doch vermag der matte Schein durch I» den dicke« Nebel nicht einmal bi« zum nächste« Hause zu dringe». Z« einem der viele« erleuchteten Stübchen steht eine halbavgekleidete schmächtige Männergestalt, über da« Bett einer blaffen Frau gebeugt und hebt au« ihren Arme» vorfichttg ein kleine« schreiende« Kind zu sich empor. Mit rührender Liebe und Sorgfalt schaukelt er dasselbe auf dem einen Arm, während er mit der anderen Hand eine« leichten Kräuteraufguß bereitet. Sodann setzt er sich an den Tisch, doch so, daß die Augen der kranken Frau auf ihm ruhen können, legt sich da« kleine, zarte Geschöpfchen behutsam zu- «cht und versucht, ihm etwa« von dem Aufguß einzuflößen. Dabei giebt ihm die Vaterliebe allerlei witzige Einfälle ein, und er plaudert zu dem Knäbchen so veruünfttg und dennoch so drollig, daß selbst die leidende Mutter heiter lächelt. Trotz der vielfach mißglückten Versuche, be- schäftigi sich der Man« geduldig eine ganze Viertelstunde mit dem Kinde. Endlich glaubt er seine Pflicht seinen» Sohne gegenüber erfüllt zu haben, und sehr glücklich dar- über, daß sich der kleine liebe Schreihals beruhigt hat, legt er ihn sanft in der Mutter Arm zurück. Einen Augenbl.ck schauen sich die Gatte« zärtlich in die Augen, dann streicht ihr der Mann da« dunkle Haar au« der Stirne und drückt eine» Kuß auf dieselbe.Du siehst«och immer recht bleich und angegriffen aus, Stephanie," murmelt er bewegt und greift nach der schmalen kleinen Hand, die er liebkosend streichest.
Hätte man, um der Furcht der Grubenbesitzer Rechnung zu trage«, Nacht« die wichtigsten Punkte mit Militär besetzt und diese« da beisammen gehalten, hätten dann die Gemeinde- behörden, soweit sie populär sind, in freundlicher und väter­licher Weise, wie c« ihre Pflicht ist, al« persönliche und über beiden Theilen stehende Autorität intervenirt, statt all ihren Einfluß und Machtmittel blo« den Besitzern gegen die Arbeiter zur Verfügung zu stellen, so wäre absolut nicht« passirt, während jetzt da« Uebel unheilbar ist. Ueber die Ursache« de« Streiks macht der Korrespondent folgende Mittheilunge»: Die Arbeiter verlangen eine Lohnerhöhung, aber nur darum, weil soeben der Lohn herabgesetzt worden ist. Sie verlangen ferner, au« den Gruben aufsteigen zu können, sobald sie mit ihrer Arbeit fertig sind, während die Vermal- tung will, daß sie bleiben, bi« Alle fertig sind, man will sie also zwingen, schweißkiefend und haldnackt in de» kalt« feuchten, von Wasser ttiefenden Gallerien zu bleiben. Der Streik wäre auch ohne die Unruhen in Lütttch ausgebrochen. Er ist»icht da« Werk von Aufwieglern, sondern da« Produkt wachsenden Elend« und zahlloser Quälereien. Die Verwal- tungen selbst sahen den Streik voraus, den« sie haben schon vor 14 Tage» da« Quantum vorräthigen Dynamit« in ver- schieden«» Grube« beträchtlich vermindert. Da« Sinken der Löhne ist offenbar; ist doch in dem -offiziellen Berichte de« Direktor« der Mrnenabtheilung für den Bezirk Lüttich   konstatirt worden, daß 1884 die Kohlen­gruben ein Drittel mehr Reingewinn erzielt hätte», al« im vorherigen Jahre,Dank der Herabsetzung der Löhne". Im Zahre 1883 betrug der Reingewinn 1 238 094 Fr., 1884 betrug er 1 935 895 Fr. 21 Gruben arbeiteten noch mit Verlust, aber sie hatten ihre Produktion eingeschränkt und verloren eine Million weniger. I» derselben Zeit fiel der jährliche Durchschnittslohn von 1017 auf 938 Fr. Wörtlich heißt es in dem angeführte« Berichte:Da« all- gemeine Resultat der Operationen in deur abgelaufenen Betriebsjahre ist viel befriedigender, al« da» de« vorher- gehende» Jahre«, da« auch schon eine Besserung gegenüber 1882 aufweist. Man kann diese« Resultat nur der Vcr- Minderung der Produktionskosten zuschreiben, die um 8 pCt. herabgesetzt werden konnte»; da« war da« Ergebniß einer Reduktion der Löhne um mehr al« die Hälfte." Also habe« die Eigenthümer von Jahr zu Jahr ihre Lage verbessert, indem sie den Lohn ihrer Arbeiter vermin- derten. Und nun wollen sie sich über den Streik wundern, de« sie den Aufwieglern zuschreiben, während sie allein selbst daran schuld find! Und die Behörden gebe» ihnen Recht, indem sie au« Gefälligkett für sie über eine ganze friedliche Gegmd den Belagerungszustand verhängen! Der Korrespondent kündigt sodann an, daß er auch für einzelne Gruben bestimmte Daten mittheilen und überhaupt alle seine Angaben ziffernmäßig belege« werde. Dan» wendet « sich gegen de» Vorwurf, daß der Arbeiter in günstigm Zeiten hätte sparen sollen; er führt nämlich über den Rein- gewinn und den Durchschnittslohn die folgenden offiziellen Ziffer» an: Reingewinn: 14 290000 35 529 000 93 495 000 22 962 000 12 895 000 Im Jahre 1878 wurde mit Verlust gearbeitet und der Durchfchntttslohn fiel auf 835 Fr.Aber", fragt der Korre­spondent,wer hätte eigentlich sparen sollen, die Arbeiter oder die Eigenthümer?"
Zahr: 1871: 1872: 1873: 1874: 1875:
Durchschnittslohn: 864 1047 1353 1 184 1 136
3a", seufzt sie klagend,die Kräfte wolle» diesmal gar nicht wiederkehren." Du müßtest bessere Nahrung und Pflege habe», dann würde« auch die Kräfte wiederkomme», aber so?"--- Der Man» wandte sich ab. Er wollte nicht, daß fein« Frau den Unmuth in seinen Augen sah. Doch Stephanie kannte ihren Man« sehr gut, und mit leiser Stimme sagte sie bit- tend:Raoul, mach Dir meinetwegen keine Sorgen. Ich fühle mich»ach fünf Tagen verhältnißmäßig ganz wohl, auch die Kräfte werde» mrt der Zeit allmälig kommen." Der Man» antwortete nicht; Halbknieend kauerte er vor dem brennenden Kamin und rührt« eifrig in der Suppe. Dan« kostete er ein wenig, legte den Löffel bei Seite und begann in der Stube, in welcher alle« drunter und drüber lag, Ordnung zu schaffen, sodann zu kehre«. Dabei fließ er unvorsichtiger Weise an ein kleine« Bett, welche« er vorher immer recht sorgfältig umgangen hatte, und fast gleichzeitig Hobe« sich zwei dunkle Lockenköpfche» hervor.Papa, auf- stehen I" rief glücklich das eine und lallte da« zweite,auf- stehen, Papa!" Zu gleicher Zeit streckten sich vier dicke, runde Aermche» verlangend dem Papa entgegen. Meine armen, lieben Kinderchen, ich kann nicht I" rief der sich beeilende Mann,nur«och 15 Minuten habe ich Zeit." Mit scherzhaften Worte» suchte er die weinende« Kinder auf andere Gedanke» zu bringe», während er die Suppe vom Feuer nahm und aufschöpfte. I« den einen Teller rührte er ei» Ei hinein und reichte ihn seiner Frau, welche er vorher aufgerichtet und ihr die Kepskisse» al« Stütze für da« schwache Kreuz sorgfäftig zurechtgeschobe« hatte. Obgleich die Mutter in strafendem Tone die Kinder ermahnte, hübsch artig zu sei«, verlangten diese doch«ach Kinderart, vom Papa angekleidet zu werde«. E« that dem Manne von Herzen weh, dem Wunsche der Kinder»icht nachkommen zu können. Er beugte sich zu ihnen und herzte und küßte seine Lieblinge, indem er ihnen allerlei Versprechungen zuflüsterte. Dan» rückte er da« Bettche» an den Tisch, stellte jedem seinen Teller mit Suppe hin und empfahl die größte Vorficht beim Essen. Die unerbittliche Znt scheint in beschränkte« Momenten
P arlamentsberichte. Deutscher   Reichstag  . £79. Sitzung vom 1. April, 2Uhr. Am Tische de« BundeSrathe« von Schelling und Kommiffarien. Eingegangen find der Freundschaft»-, SchifffahrtS- und Handelsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Sultan von Sanfid« und«ine Nachweisung der Veränderungen im Bestand« de« als Eigenthum des Reich« festgestellten Grund« befitze«. Zur zwetten Berathung steht die Ergänzung de« § 809 der Zivilprozeßordnung durch folgenden dritten Absatz:Die Vollziehung ist vor der Zustellung de« Arrest» befchl« an den Schuldner zulässta. Sie ist jedoch ohne Wir- kung, wenn die Zustellung nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und vor Ablauf der für diese im vorhergehen» den Absätze bestimmten Frist erfolgt." Abg. Meyer(Halle  ): Diese Fassung de« Zusätze« durch die Kommisfion sagt mir bei weitem mehr zu und fordert theoretisch und praktisch viel weniger Bedenken herau« al« der Entwurf der Regierungen, aber noch immer kann ich e« nicht für weise haltm, schon jetzt zu dieser gesetzgeberischen Neuerung zu schreiten. Durch die Vorlage, durch die Bewegung in der Wissenschaft in Folg« derselben und durch den Kommisfions» bericht ist die theoretische Seite der Frage so tief durch- gearbeitet werden, daß man nun abwarten sollte, ob nicht die Praxis aus eigener Kraft ohne eine gesetzgeberische Neuerung zu desrikdiu enden Resultaten gelangt. Ich beantrage dahir, die dritte Lesung auf drei Monate zu vertagen, damit in dem dadurch gewonnenen Jahr die Gelegenheit gefunden wird, die Sache auf Grund des jetzt geförderten Material« noch einmal zur Entscheidung de« Reichsgericht« zu dringen, ob etwa auf diese Weise nicht eine befriedigende Ordnung herbeiaefübrt werden kann. Die Zivilprozeßordnung ist eine gesetzgeberische Arbeit von hervorragender Gründlichkeit und Einheit de« Ge- danken«; fie hat stch einen Respekt verdient, den fich in den letzten Jahrzenten nur«in geringer Thetl der Gesetze erworben hat. Man sollte daher zögern, ehe man ein solche« Gesetz ändert, zumal der erste aus dem Gebäude gerissene Stein auch an anderen Enden Nothschreie aus der Praxi« berau« veran­lassen und die Neigung zu gesetzgeberischen Abänderungen steigern kann. Wollen wir zu einem guten Zioilprozeßver- fahren gelangen, so müssen wir dem unsrigen, da» kaum»eben Jahre in Kraft ist, Zeit lassen, fich in der Praxi« zu bewähren, seine Grundsätze von der Theorie nach allen Richtungen hin durch» arbeiten zu lassen und nicht durch ein fremde« Einschiebsel feine organische Interpretation zu beeinträchtigen. Sollten nach einem Jahre in der Praxis keine Aenderungen gegen den gegenwärtigen Zustand eintreten, so würde ich allerdings der Vorlage in der Fassung der Kommisfion zustimmen. Aber gegen die großen Nachtheile einer Aenderung ohne Noth kommt der kleine Nach» theil nicht in Betracht, daß die Praxi« fich noch ein achtes Jahr mit dem bisherigen Zustand beHilst. Referent v. Cuny: Die Kommisfion theilt da« Be» dauern, fich zu einem Vorschlag genöthigt zu sehen, der in da« System der Zivilprozeßordnung eingreift und würde es eben- fall« auf einen Versuch der Abhilfe im Wege der Praxi« an» kommen lassen, wenn nicht bereit« Erfahrungen gemacht wären. Der Uebelstand, der den Anlaß zur Vorlage gab, stellte fich nicht heute und gestern, sondern beinahe an dem Tage ein, an welchem die Zivilprozeßordnung ins Lebe« trat. Namentlich die kausmännischen Kreise mit starkem überseeischen Schiffs» verkehr erklärten e« sofort für kaum' möglich, auf Grundlage ihrer Bestimmungen rechtzeitig Arrest anzulegen. Diese Er» fahrungen liegen bereit« hinter un«, wir brauchen nicht erst noch ein Jahr, um fie zu machen. In der Kommisfion wurde un« das von bervorragender juristischer Seite au« der Milte de« Hamdmgrschen Handelsverkehr« berau» destätiat. Fast täglich kommt eS vor, daß HamdurgerHäuser Arrest auf das Guthaben von Ausländem in Hamburg   legen müssen und da ist e« sehr häufig unmöglich, diesen Arrest rechtzeitig zu vollziehen, weil die Zu stellung, die nach der Zivilprozeßordnung entweder vorher oder spätesten« gleichzeitig mit der Ärrestvollziehung stattfinden muß, eben nicht rechtzeitig erfolgen kann. Auf einem anderen Wege al« dem der Gesetzgebung zu helfen, ist unmöglich. Abg. Klemm spricht fich in demselben Sinne au«.
schneller denn je zu verlaufen. Der Mao« hatte jetzt nicht mehr Zeit, seine Suppe zu essen, und trank fie aus dem Teller, warf fich schnell fernen Dienstpaletot über, den« er war Kondukteur bei der Tramway-Gesellschaft, und eilte »ach der Thür. Aber er konnte so schnell nicht hinaus; er kehrte noch einmal um und trat an da« Bett feiner Frau. Stephanie", sagte er innig und legte seinen Arm behutsam um die Schulter seines Weibe«,laß Dir die Zeit nicht lang werden und vor alle» Dingen rege Dich nicht auf. Madame Pierre wird wohl ab und zu«ach Euch sehen kommen und auch die Kinder anziehen. Versprich mir, heute noch nicht da« Bett zu verlassen." Versprich Du mir, heute Mittag nicht mehr zu kom- men," bat sie dagegen.Ich fürchte, diese Anstrengung und AbHetzerei macht Dich noch krank, und wa« dann?-- «Nun, ich verspreche e« Dir," sagte er, einen Kuß auf ihre Lippen drückend. Er ordnet« die Kissen und legte fie sanft au« seinem Arm. Jetzt streckten fich verlangend«och vier Aermchen«ach ihm au«. Mit fliegender Hast herzte der Vater noch einmal seine Lieblinge, dann stürmte er hinaus in den feuchten Nebel, der'sich allmälig jetzt in feinen Rege« verwandelte. Stephanie lauschte den davon eilende« Schrstte» ihre« Manne  « und ihre großen dunklen Augen füllte« sich mit Thränen. Sie kam sich so elend, schwach und verlassen vor sammt ihren drei kleine» Würmern. Den« der Tag von Morgen» 6% bi« Abend« 10'/« Uhr ist lang, entsetzlich lang, und der Handreichungen bedarf fie viele. Wer sollte sie ihr leisten? Wohl war Madame Pierre, ihre Flur- nachbarin, gut und theilnahmSvoll, aber sie konnte nur des Morgen« flüchtig«ach den Kindern sehen, weil sie zwei Aufwartefiellen hatte und den ganzen Tag außer dem Hause war. Und die anderen Frauen im Hause? Nun, die hatten ihre Anstandivifite gemacht, höflich ihre Dienste angeboten und waren«icht mehr wiedergekommen. E« war wohl auch «icht ander« zu verlangen, denn Jeder ist sich selbst der Nächste, und der Kampf um« tägliche Brod ist hart, be­sonder« in dem rasend schnellen Getriebe einer Großstadt.