88DonnerKag, de« 8. April 1886.HI. Jichrg,ellmMIKÄMKrgan für dir Jntrresfen der Arbeiter.4Da»„Berliner Volksblatt"täglich ZRoraen» außer nach Sonn- und Festtagen. Ndonntmenti-rei« für verlin freis�Hau» vierteljährlich 4 Mari, monatlich 1,36 Mari, wöchentlich 66 Pf. Postabonnementüiuemt Nummer 5 Pf. vonntagi'Nummer mit illustrier Beilage 10 Pf.(«ingetragen in der Poftieitungitprerilist« für 1886 unter Nr. 769.)4 Marl.Jnsertionsgebührbeträgt für die 4 gespaltete Petitzetle oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10......Bei größeren Austrägen boher Rabatt nach Uebereiniunft. Inserate werden bi« 4Nachmittag» in der Expedition, Berlin 8W., Zimmerstraße 44, sowie von allen Annoncen»Bureaux. ohne Erhöhung des Preises, angenommen.KedaKtts«! Ke«thstr«K- S.— v»pedtti-«: Sim«erstr«tze 44.Ei» issms Eiagtstüdiißfreut uns immer,«s maz kommen, von welcher Seitees will.Bi» vor Kurzem wurde die starke AuSwande«rung au« unserem Vaterlande von de» konservative«Zeitungen entweder als etwa» Gleichziltige» oder sogar alsetwa» Nützliches hingestellt, da durq dieselbe bei der starke«Zunahme der Bevölkerung durch de» Ueberschuß der Te»dunen über die Sterbefälle Raum für die im Lande Zurück«bleibenden geschasse»»ird.Wir haben schon oft erklärt, daß in Deutschland Raumgenug für die doppelte Anzahl von Mensche» vorhanden istund daß trotzdem die Lebensbedingungen für dieselbe« vielbessere sei« könnte», wie jetzt, wenn eine rationelle Bewirth,schaftung der Ländereie», wen» eine tüchtige Aufforstung de,Abhänge und Urbarmachung deS Oedlande« erfolgte. Wennferner eine energische Regelung der gegenwärtige« planlosenProduktionsweise durch eine weise, volkSthümliche Sozial«Reform in Angriff genommen würde.Rübenbau und Kartoffelbereitung, Zucker- und Spiritus«fabrikatio», welche dazu dienen, einzelne Wenige reich zumache», da» Land aber zu verarme«, müßten dann natürlichauf da» Nothwendigste beschränkt werden.Also von einer Uebervölkerung, welche durchdie Auswanderung paralpfirt werden müßte, kann imErnste gar keine Rede sein.Deshalb ist eine zahlreiche Auswanderung immer ei»bedenkliche« Zeiche«.„Es ist etwa» faul im Staate Däne«mark"— so möchte man sage». Die Zustände auch inunserem Lande find keine gesunden, die Leute fühle» sichnicht wohl weder in politischer«och in wirthschaftlicher Hin«sich!, deshalb wandern sie au». Ob e» ihnen in der Fremdebesser geht, ist eine zweite Frage; doch kann man mit einemgewisse» Rechte sage«, daß die deutschen Einwanderer inde« Freistaate» von Nordamerika sich durchweg recht wohlbefunden haben, sonst würde der Auswandererstrom sich nichtimmer erneut dorthin wälze».Und wer»ändert den» eigentlich au»? Der ganzArme erschwingt da» UeberfahrtSgeld nicht, der Wohlhabendeund Reiche zieht gleichfalls nicht von bannen, da e r sich imVaterlande wohl fühlt; auch der sogenannte mittlere Man«nicht, der immer noch glaubt im Lande fortkomme» zukönne«. Aber r ü st i g e A r b e i t e r sind es, die einigeMark sich erspart habe», kleine Handwerker undkleine Bauer«, welche die Trümmer ihrer Habe raschversilbern, Leute, die vorwärts wolle», aber daran ver-zweifeln, daß die« in Deutschland möglich sei. Kurzumdiejenige« wandern au», welche mit de« Zustände» inDeutschland unzufrieden sind und noch eben die Mittel dazuhaben, die Auswanderung bewerkstellige» zu können.JeuMeton.Der Trödler.Roma» von A. E. Brachvogel.(Fortsetzung)Um da» allgemeine Uebelwolle«, welche« er, ungleichseinem Vater, auf sich gelade«, kümmerte sich der jungeHenning» wenig. Mit der Einrichtung seine« Hausstandesbeschäftigt, widmete er seine Mußestunden dem Opferdienstder schöne» Baronesse, welche nunmehr in der Residenz diejeoen, um nur ver Kunst und ven>senuste» oer feinen— zu lebe«, aber feine mit jedem Tage heißer werdendeLeidenschast für Astarten zwang ihn, vorwärts zu strebe»,um sich eine Stellung im Staatsdienste zu erringen, die ihnder Geliebte« würdig mache. Durch große« Fleiß und Eifergelang e» ihm, Assessor ur werde«, und er' beschloß nun«wehr, bei Astarten seine Werbung anzubringen. Nicht alleindie Begier, zu erfahre», wie fem Antrag aufgenommen�de, sondern auch nagende Eifersucht trieb ihn hierzu®n* Gildern hatte sich nämlich von S...«ach derResidenz versetzen lassen und belagerte mit einem Heer an»derer Verehrer von Neuem das Herz der schöne» Wolken«stein.� Et war eine» ziemlich trübe« Wintertag« gegen dieDunkelstunde und gerade zu derjenigen Zeit, wo er sicherwar, Mutter und Tochter allein zu sprechen, als sich Ed«wund ei» Herz faßte und in feinster Toilette auf die Liebe«.Werbung fuhr. Er gab seine Karte ab und ward ange«meldet. Zu seiner größten Freud« war die Holde sogarallein ,u Hause.Er trat hochklopfende« Herze«», glühend vor innererBewegung, ein und fand Astarten auf einer Ottomane imgroßen Erkerfenster, dessen duftende üppige Blumengewindeeinen künstlichen Sommer um ste zauberten. Sie hatteDaß man e» al« ei» Zeiche« der Wohlhabenheit eine»Lande» hinstellt, wen» derartige Leute, die noch ewigehundert Mark zur Verfügung habe«, auswandern, da« istE" falsch. Diese hunderte von Mark find, wie wir schon, die Sparpfennige einzelner nicht mit großer Familieeter Arbeiter oder die Trümmer der kleinen Vermögenvon Handwerker» und Kleinbauer«, die ihnen bei der Kon-kurrenz de» Großbefitze« und de« Großkapitals«och übriggeblieben find.Könnte» die Arbester s ä m m t l i ch und mehr er«übrigen, wie jetzt einige wenige, hätten die Handwerker undKlewbauer» AuSficht, nicht vollends zu Grunde gerichtet zuwerde» im Laufe der Zeit, dann würde die Auswanderungau» Deutschland eine nur gering« sei«. Eine starke Aus«Wanderung al» ei» Zeichen der Wohlhabenheit unsere»Lande« zu bezeichne»— ist somit ein Zeiche» großer Kurz«sichtigkest.———Die„Norddeutsche Allgemeine Zeitung" brachte voreinige» Tagen da» Ergebnih der Volkszählung vom1. Dezember vorige» Zahre», au» welcher hervorgeht, daßder Prozentsatz der Zunahme der Bevölkerung sich in denletzten fünf Zahre» bedeutend vermindert hat. Von1870—1875 betrug dieselbe 0,92 Prozent, von 1875 bi»1880 gar 1,14 Prozent und von 1880— 1885 nur0,70 Prozent.Da« Kanzlerblatt gesteht nun selbst«in und mit einemBedauern, daß da» Manko des Zuwachse« durch>ie große Auswanderung«ach überseeischen Länder», die ingewisse«die großde« letzten fünf Zahren zirka«ine Million Personenbetragen hat, entstanden fei. Die Einwanderung nach Deutsch«land komme dabei gar nicht in Betracht, da«ach de» anderneuropässchen Länder» ebenso viele Deutsche«»»wanderten,al« Einwohner derselbe« nach Deutschland herüberzöge«.Auch zeigt un» die„Nordd. Allg. Ztg.", daß die land-wirthschaftttche Bevölkerung ei» größere» Kontingent zurAuswanderung stellt, al» die industrielle, da erster« leichterlohnende Beschäftigung in Amerika findet, al» die letztere.Diese Erscheinung wird von dem genannte» Blatte sehr"»ajir' m«M w �-i ihrschmerzlich empfunden, weil dadurch die Arbeitskräfte in de»von ihr besonder» protegirte« altpreußische»,"""'~vwzen zu mangeln beginnen und der ArbestSlöstlichen Pro-______________ u w iSloha zum Aergerder'dortigea Gutsbesitzer etwas in die Höhe geht.Wenn somit auch da« Bedauern der„Nordd. Allg. Ztg."über die starke Auswanderung ein einseitiges genannt werdenmuß, so ist e» immer doch erfreulich, daß da» Kanzlerblattnunmehr die starke Auswanderung überhaupt bedauert. Zu«stände aber, welch« zur Auswanderung führe», könne« nachder.Nordd. Allg. Ztg."„nur allmälig durch eine wohlüberlegte, die Interessen aller Berufsstände gleichmäßigpflgeende VolkSwirthschaftS-Politik" abgeändert werden.—Wir wollen nicht mit dem Kanzlerblatt rechte», wa»eben gelesen, da« Buch fortgelegt und stante vor sich hin.Eine rothe Ampel von geschliffenem Glase, welche von derDecke herabhing, goß ein röthlich-matte» Licht über da«fchön« Mädchen au«, während draußen die Dämmerungde« Winterabends ihre«eblichte« Schatten auf die Straßesenkte.Astarte war wirklich vollendet schön.— Hoch«ndmajestätisch gewachsen, von volle», künstlerisch tadellose»Formen, ward ihr blendender Nacken noch gehoben durchda« dunkle Kleid von Atlas, welches sie stet» trug, unddessen Spitzengarnitur ihr« volle» Arme, ihre runden, üp<pige« Schulter» umschlossen. Ihre Nase, fei» geboae» mitvoinehm geblähten Flügel», jhr_ große», blaues, sonnen«hafte» Auge und eine üppige Fülle goldblonden Haare«, da«in Ringellocken auf Nacken und Brust herabrann, vollen-beten eine Erscheinung, die wohl Männerherzen verführe»konnte. Ein« nur, eine gewisse vornehme Ruhe,«ine leiden«schaft»lose Langsamkeit der Bewegung verlieh ihr etwa««alte», Statuenhafte« und hätte leicht für geistlos gelte«könne», hätte Astarte nicht eben so viel Bildung wie ein«große Gelenkigkeit der Konversation besessen, welche nieerregt oder gar von tiefere» Wallungen de« Gemüth»durchzittert wurde, aber stet« voll graziöser Ungezwungen-heit war.Al» Edmund zu ihr trat, reichte sie ihm lächelnd dieHand.„Ich bezweifle, mein gnädige« Fräulein, daß Sie eine»Begriff davon habe» können, wie glücklich e« mich macht,daß mir der Zufall die hohe Gunst erweist, Sie allein zusehen."„Zn der That, lieber Freund, das habe» Sie gewiß demZufall, oder vielmehr meiner Tante, der Oberhofmeistcrin,Gräfin Weigelsberg zu danke», die plötzlich erheblichunwohl geworden ist und Mama zu sich bitten ließ. Nehme«Sie Platz."-„Die Frau Oberhofmeisterin ist doch nicht bedenklicherkrankt?"„Hoffentlich nicht," lächelte Astarte.„Es wäre wenig-I sten» vom Schicksal gar zu malitiö», wenn eine theurediele Phrase eigentlich für eine Bedeutung habe» s o l l—wirkliche Bedewung hat sie nicht. Zede Sozial- Reform— die„Nordd. Allg. Ztg.' braucht hier sonderbarer Weiseda» verzwickte Wort:„VolkSwirthschaftSpolitik"— muß indie bestehende« Verhältnisse eingreifen, und wen» sie ernst-Haft zu Gunsten der Mühselige» und Beladene» eingreife«soll, so muß sie von dem Rücken der letzteren etwasabnehme« und es auf de« Rücke» der weniger Beladene»lege«— sonst ist eine Sozial-Reform zu Gunsten der Ar-beiter und Armen die pure Heuchelei.„Eine die Interesse« aller BerufsstSnde gleichmäßig pflegende VolkSwirthschaftSpolitik" gehört einfachzu den Unmöglichkeiten. Durch die VolkSwirthschaftSpolitikzu Ende der 60er und Anfang der 70er Zahre wurde inDeutschland da« mobile Kapital zu Ungunsten de»Grundbesitze» bevorzugt; zu Ende der 70er undAnfang der 80er Zahre fand da» gerade Gegen»theil statt.Und nun meine« wir, müßten doch endlich die Ar-beiter an die Reihe kommen durch eine gesunde volk«-Mmliche, Roth und Elend im Voraus abwehrende Sozial-Dan» würde auch der allzugroßen Auswanderung einwirksamer Damm entgegengesetzt.Daß aber da» Kanzlerblatt diese Auswanderung selbst«nd die U- fache« derselben überhaupt beklagt, das ist ei«beachtenSwerthesEingeständniß, welche» arellabsticht von dem durchau« gleichziltige« Verhalten, welche»man in maßgebende» Kreisen bislang gegenüber derrapide« Auswanderung au» unserem Vaterlande einnahm.Yivat seqnenslPolMsche Weverstcht.Ein demokratischer Erzbischof ist Monseigneur Guilbertvon Bordeaux. Derselbe schreibt in einer soeben erschienenenBroschüre:„Die demokratische Bewegung reißt die moderneWelt mit unwiderstehlich«! Kraft vorwärts. Der demokratischeGeist, da» Streben nach Freiheit, Gleichheit und Biüderlich»reit, ist überall hin gedrungen und zeigt stck mehr und mehrbei allen Völkern der alten wie der neuen Welt. ES scheintuns sicher ,u sein, daß.......nach dem Laufe deine Stätte habenumher, bei allen unseren Nachbarn, in England,' Spanien"Deutschland, Belgien und Oesterreich, da« demokratische Elementunaufhörlich an Boden gewinnt. Sind nicht alle Regierungenkonstitutionell oder parlamentarisch mit dem allgemeinen Stimm-recht oder unablässigen, auf dieses zielenden Wahlreformen tDas ist mehr oder weniger die Regierung de» Volke» durchda» Volk, wie auch die offiziell« Regierungsform sein möge,republikanisch oder monarchisch. Keine menschliche Macht kanndiesen Zug, den wir für ein Werk der Vorsehung halten, zurück-Tante so plötzlich sterben müßte, nachdem ste la«geZahre sich um eine so einflußreiche Stellung bei Hofe be-müht hat."„Da« Schicksal ist aber manchmal höchst malitiö»."„Dann eeige mW"'legenen Menschengeiste», mein Theurer, und man wird ganzman ihm die vornehme Stirn de« üb«»gut mit ihm fettig werden. Apropo«, Sie haben nunmehrzwei ungeheure Berge Überstanden, Ihr letztes Examenund Ihre neue Einrichtung. Erzähle« Sie mir doch vonIhrem Haus«, ich bin höchst neugierig, ob Sie Geschmackbesitze» l"„Gnädige» Fräulein, wenn ich Sie und Ihre FrauMama einlade» dürfte, sich davon selbst zu Überzeuge»,würde mir da» die größte Gunst sei«. Sicher ist meineEinrichtung lange nicht vollendet genug, um der Dame,welche dieselbe einst für ihr Eigenthum ansehm sollte, nichtüberflüssig Grund zur Verbesserung zu geben."„Ei, wer weiß auch? Zch habe Ihre« Geschmack oftbewundert und bi» gewiß, wen« ich in Ihr Hau« komme,werde ich de» Vergnügen» kein Ende finden, vielleicht ver»liebe ich mich gar darein, haha, und Sie habe» dann Roth,mich loS zu werden."„Zch wünschte, Sie sprächen im Ernst so, meine schön«Freundin, dann könnte ich kühnere Wünsche wagen, dennich wäre eitel genug, zu glauben, Sie liebten oa» Hau»mein« Eltern auch um meinetwillen I"Astarte sah ihm fest in da» glühende Gesicht, dannübergoß sich ihr Antlitz mit Purpur, ihr Aua« senkte sich.Der entscheidende Augenblick in Edmund« Lebe« warda, eine Sekunde Zögeruag nur und e» war zu spät!Eine« kalten Stich gab es ihm durch'« Herz, denn tückischtauchte seine Jugendliebe, de« Vater» letzte« Bild empor!Wie ei» schmerzlich süße», geisterhafte» Zaubertöne« au»ferner Zeit umiönte ihn klagend das Lied I Wie der Duftder Linden vom Oberhoff wehte e« ihn an, umsonst! Vorsich diese« holde Weib, diese wilde, selig« Götierminute,und zaudern?— Er sank zu ihren Füße«, ergriff ihreHände, die er mit Küsse» bedeckte,»mschlang mit glüher-der Gewalt diesen schöne» verlockende« Köiper:„Astarte.