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Nuhlaud. Ende Mär, wurde in Dvrpat eine nihilistische Geheim« druckeret aufgehoben, welche sich— stbenfoUl schon längere Zeit— in der ober« Etage deö Hausei Bokownew(am großen Marli) befand. Der in der mittleren Etage desselben Hausei wohnende Dozent der Univerfität, Doklor Dehio, Assistent an der tUinik, hörte seit einiger Zeit Nachts ein verdächtiges Klopsen über sich, welches sich durch seine Regelmäßigkeit auf« zrichnete und Aehnlichkeit mit dem Geräusche einer sich in Tgätigkeit defindenden Druckerpreffe zu haben schien. Er machte schließlich über seine Wahrnehmung dem Dorpater Gendarmen« Obersten Mittheilung und bei der in Folge dessen angeordne- ten Haussuchung fand man eine vollkommen eingerichtete Druckerei vor. Fünf Studenten(vier Russen und ein Jude) wurden verhaftet. Sie leisteten keinen Widerstand. Die Haltung Rußlands , welche allein die Wiederher- stellung der Ruhe auf dem Balkan verzögert und verhindert, wird in der ungarischen Presse scharf befämpst. So schreibt der„Pester Lloyd" in einem Leitartikel:„Rußland ist dereinzigeEtaat in Europa , dessen Politik eine wirkliche und unmittelbare europäische Gefahr in sich schließt. Denn die russische Politik ist. allein unter den europäischen Staaten, stetig, unbeirrt, unauf- hörltch auf eine solche Veränderung der europäischen Karte ge- lichtet, welche nicht nur eine Erschütterung und Bedrohung, sondern eine vollkommene Umwälzung des bestehenden Gleich« gewichis zur Folge haben würde. Mag daS Testament PeterS des Großen schwarz auf weiß im Archiv zu St. Petersburg liegen oder nicht,, der leitend« Gedanke der russischen Politik bleibt die Eroberung Konstantinopels , die Herrschaft über die Meerengen, und wenn nicht der Besitz der Balkan -Haldinsel, so, doch das unbedingte Uebergewicht auf derselben. Damit wäre aber ein Uebergewicht und eine Vorherrschaft seitens Rußlands in Europa begründet, welche nicht nur mit den In« teressin der übrigen Staaten, sondern geradezu mit der Ruhe, der Sicherheit, in letzter Instanz mit dem Bestände derselben nicht mehr verträglich wäre und welches diese zu einem Kampfe auf Leben und Tod zwingen würde— gar nicht zu gedenken der innerpolittschen, der den Fortschritt, die Freiheit und Kul« tur betreffenden, selbst ststlichen und ethischen Folgen, mit welchen ein von der russischen Uebermacht auSgeüdler Druck auf ganz Europa , wenigstens auf dem gesammten Festlande lasten würde. Balkauländer. In Athen scheint daS Kricgsfieber wieder zuzunehmen, troydem es immer klarer wird, daß die griechische Armee zu einer Altion gegen die Türkei unfähig ist. Der Kriegsminister soll zwar bei einer Inspektion der Befestigungen von Arta eine kriegerische Ansprache an die Offiziere gehalten haben, in welcher er erklärte, die Truppen würden nicht eher nach der Heimath zurückkehren, biS die Landesehre auf dem Schlachtfelde Genug- thuung empfangen hätte, allein thatsächlich sollen nur 45000 Mann an der Grenze unter Waffen stehen, nachdem 5000 Mann feit der Modrlistrung Krankheiten erlegen und 13 000 Soldaten auf Urlaub entlassen find oder fich sonst von der Truppe ent- kernt haben. Schlimmer noch als der Zustand der Armee ist die Lag« der griechischen Finanzen und selbst die offiziöse„Nea Ephimerts" muß zugeben, daß eS nicht gelungen sei, die in Autficht genommenen Anleihen abzuschließen oder die Obliga» tionen der 170 Millionen-Anleihe und die SchatzbondS in ent« sprechender Weise zu plaziren. Politisch ist außerdem Grie« chenland fast vollständig isolirt. Die Geduld der Mächte wegen Griechenlands ist erschöpft; wenn dieses nicht sehr bald abrüstet oder den Krieg erklärt, wird die Türkei den Ausbruch des Krieges provoziren. — Von maßgebender Leite erklärt man, daß die vor Kurzem auS Berlin verbreitete Nachricht, Fürst Alexander hege die Abficht, fich zum König deS vereinigten Bulgarien zu prollamiren, vollständig jeder Begründung entbehrt. In Ost« rumelien sowohl als im Fürstenthume herrschten überall die voll« ständigste Ruh« und Ordnung. Was die Stimmung der Be» völkerunz anbelangt, so sei es eine tendenziöse Darstellung, wenn in einigen, namentlich rusfischen Organen behauptet wird, daß das bulgarische Volk nicht mehr zum Fürsten Alexander halte und dieser bei demselben keine Stütze in seiner Adleh- nung deS modifizirten UebereinkommenS mit der Pforte finde. Die Verhandlungen der Sobranje, in welcher die legalen Vertreter der Bevölkerung ihre Wünsche und Sympathien offen zum Ausdrucke bringen werden» dürften bald daS Gegen« theil diweisen. — In Petersburg erklärt man die Resultate der Kon« stantinepeler Konferenz für unbefriedigend, da man zweifelt, daß Oesterreich und England einen Austrag zur Durchführung an Rußland übertragen werde. Die„Nowoje Wremja" meint, die Konferenz solle für den Fall eines ferneren Widerstandes des Fürsten Alexander dessen Absetzung beschließen. Auch daS neue serbische Ministerium soll wegen seiner feindlichen Stellung zu Oesterreich in Petersburg Mißfallen erregen. Amerika. In New-Nork hat nach der„N.-N. Hdlsz." vom 27. Mär, Ans Kunst und Leben. Im Alhambra > Theater wird am nächsten Sonnabend die früher im Friedrich- Wilhelmstädtischen Theater mit großem ( gegebene Jacobson'jche Posse„Berliner auf Reisen" übrung gebracht. Die Direktion hat diese Vorstellung .�irischen Personale als Benefiz bewilligt. DaS technische Personal, au« Theaiermeister nebst Gehilfen, Logenschließern w. bestehend, hat leine leichte Arbeit. Der Schaustiieltr erntet Beifall und Anerkennung, die Mitglieder des technischen Per« . i1?i still und lautloS, fast unbemerkt ihre keineswegs leichte Pflicht erfüllen. ES ist daher diesen Leuten reckt wohl .?0.�ä«�au8 tu gönnen, und da bei dieser Vorstellung ebenfalls Bon««iltigkcit haben, so ist eS dem Publikum leichk, Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden und fich eine angenehme Unterhaltung, dm Benefiziantm aber einen klingen« den Erfolg zu bereiten. % 5er EchSfer'sche Männergesangverei«„der Elser hatte am 5. April ein Konzeit in der Philharmonie veranstaltet, welches ein glänzendes Zeugniß von der LeistungS« >abtzkeit deS Verein« ablegte. Der unermüdliche Leiter der Vereins, Herr Otto Schäfer, hatte daS Konzert gut vorbereitet, lo daß alle Chöre vorzüglich gelangen. Das Programm bot Mend« Chöre:„Osfian" von Beschnitt,„Heimkehr" von «dt,„Ständchen" von Stürmer,„Der Gondelfahrer" von Schubert und„Soldatenlied" von Franz LiSzt . Der Ohor, eine«cht interessante Komposttion, welcher von k!?»,*5*2#? und Pauken degleitet wird, erlebte in Berlin niV'f, Aufführung: derselbe gefiel besonder« und mußte, wiederholt werden. Der schwierige ewDmb fiiIan0 60ns vortrefflich. Chorklang. Jntona« Non und Aussprache warm tadellos. Der Verein verfügt über hohe und leistungsfähige Tenöre und ist von denselben Herr Wessel, welcher die verfchirdmen Soli'S sang, besonders rüh« )u% �wähnen. Die Verein«kapelle brachte sieben Stücke u r0,,l5i lnwch die saubere Wiedergabe von m �werture„Lodoiska u. Metraa Valie espagnole" SanVf ul �-�"»."lowischen" Vorträge kämm uns �"»komisch vor, denn dieselben paßten gar nicht in da« Pro« GZKMMSS m&iz aÄ a»tes
der größte Theil der Bürgerschaft schon seit längerer Zeit die Vermutbung gehegt, daß ein Theil der Stadtraths« Mitglieder die Stadt systematisch de« schwindelt hat. Jaehne, der Viz-prastdmt deS Stadt« raths, hat sofort nach seiner Verhaftung ein Geständniß abae- legt: sein Prozeß, meint das genannte Blatt, wird ohne Zweifel dazu beitragen, die Schwindeleien seiner Mitschuldigen, d. h. der Stadt? cuhS. Mitglieder, welche ebenfalls für Er- theilung der Konzesston zum Bau der Broadway Bahn Be« stechungsgelder angenommen haben, aufzudecken, damit die- selbm ebenfalls zur Verantwortung gezogen werden können. Wie inzwischen telegrophisch gemeldet wordm ist, find bereits weitere Verhaftungen«folgt. Die„N.-N. HdlSz." hofft,„daß man auch dem Hauptschwindler, dem biederm„Jake" Sharp, welcher die Bestechungsgelder verthetlt, an dm Kragen gehen und daS New-Vorker Gemeinwesen endlich für einige Zeit von einer Anzahl Leuten b-freim werde, welche nicht nur die Stadtkaffe um bedeutende Summm gebracht, sondern auch Schmach und Schande auf die städtische Verwaltung gehäuft hätten._
— Die Interpellation wegen der Weichsel « Überschwemmung im Abgeordnetenhaus« ist von Adge« ordneten aller Parteien unterzeichnet und lautet, wie folat: 1) Welche Resultate haben die amtlichen Ermittelungen über den Umfang der im Weichselgebiet eingetretmen dieSjährigm Ueberschwemwungen ergeben? 2) Welche Maßregeln gedenkt die königliche StaatSregierung zur Wiederherstellung der zer« störten dezw. geschädigten Schleusen und Dämme zu treffen? 4) Wird die königliche StaatSregierung fich durch die bei der diesjährigen Uederjckwemmung gemachten Erfahrungen veran. laßt sehen, mit der Regulirung der Weichselmündung schleunigst vorzugehen? — Dem Abgeordnetenhause ist der Gesetzentwurf zuge- gangen, betr. den Beitrag Preußens in Höhe von 50 Mill. Marl zu den Kosten deS Nordostseekanal». Auf die von Dem Kanal in landwirthschaftlrcher Beziehung zu erwartmdm Vor« thelle find hierbei 10 Millionen verrechnet. Die Kosten sollen durch Anleihen nach Maßgabe des Fortganges deS BaueS auf« gebracht werden. Nereine und Versammlungen. t Herr Hofpredtaer Elöcker und du Berliner Män- telnähertnneu— so hätte eigentlich die Tagesordnung der Mäntelnäherinncn Versammlung lautm sollm, die unter dem Vorfitz der Frau Büge am Montag Rbmd in Silbers Salon, Schwedterstraße 23, stattfand. Zunächst sprach Frau Büge über den Nutzen einer straffen Organisation für die Arbeite« rinnen und empfahl den Beitritt zu« Mäntelnäherinnenverein und zum„Verein zur Vertretung der Interessen der Arbeite« rinnen". Im Verlaufe der Diskusston verlas fie einm Artikel des„Konfektionär", nach welchem die diesjährige Geschäftslage der Mäntelkonfeklion eine außerordentlich günstige sei. Aus der Schwei,. England, Amerika seien übergroße Ordre» einge« gangen. Die Bedingungen zur Erhöhung der Löhne seien demnach, bemerkte die Referentin dazu, in diesem Jahre sehr günstig.— Frau Löhs« machte Mittheilungen über Schneider- meister, die unglaublich niedrige Löhne für dir Herstellung von Kindermänteln zahlen, so 30—40 Pf. pro Stück.— Soweit war die Stimmung der Versammlung eine ruhige gewesen, fie wurde jedoch sehr erregt, al» Frau Büge, an die letzte Partei« Versammlung der Cyristlich-Sozialen bei Buggenhaaen an- knüpfend, fich gegen den Vorwurf vertheidigte, fie habe An« schluß an Stöcker gesucht. Sie sagte etwa: Daß ich um die Veranstaltung einer Tellersammlung dort gebeten habe, gebe ich zu. Mehr ist mir nicht bewußt. Wie mich Herr Aschen« brennet mit Fräulein Ottilis in Verbindung bringen konnte, begreife ich nicht. Ich habe Herrn Aschendrenner dt» zu jener Stund«, wo ich ihn wegen seiner Worte zu Rede stellte, nicht ge« kannt. Ich habe Herrn Singer niemal« verdächtigt. Herr Singer hat mir selbst gesagt, daß er höhere Löhne als die anderen Firmen deshalb nicht zahlrn könne, weil er sonst bald ruinirt sein würde; lieber verwende er seinen Ver« dienst im Interesse der Arbeiter und Arbeiterinnen.{Lebhafter Beifall) Er ist der Einzige gewesen, der unsere Bewegung bis jetzt unterstützt hat, und es würde eine groß« Ungerechtig- keit von mir sein, um derartige verleumderische Behauptungen, wie fie Herr Aschenbrenner vorgebracht hat, auszusprechen. Nur Fräulein OttiliS ist bei Aschenbrenner gewesen, Herr Stöcker aber ist von einer anderen Person, von Frau Krancke- mann, besucht worden.— Frau Kranckemann: Ich muß be- kennen, daß ich bei Stöcker war, aber Frau Büge hatte das- selbe vor.(Lärm.) Mir ist jede Hllfe, von welcher Seite ste auch kommt, recht. Ich war mit den von Herrn Stöcker ent- wickelten Änstchten vollkommen einverstanden.(Unruhe.) Stöcker will nur helfen, er verlangt gar nicht, daß die Ar- beiterinnen in sein Fahrwasser einlenken.(Rufe: Wer's glaubt!) UebleS hat Frau Büge über Singer nicht ge«
Syloio in der Titelrolle zur Aufführung gelangen; da lief an die Direktion folgender, über 300 Unterschriften tragender Protest ein:„Wir Unterzeichnete, Mitglieder der besten Ge- sellschaft, durchweg anständige Damen, erklären hiermit, daß der K5jäbrige, kleine häßliche Syloio ein unglaubwürdiger, 1a unmöglicher„Don Juan" ist, den fich Zuschauerinnen mtt einem halbwegs guten Opernglas« nicht gefallen lassen können. Mag Syloio den„Rigoletto", den„AmonaSro" und ähnliche Rollen geben— aber einen solchen„Don Juan" lassen wir Spanierinnen un» nicht bieten." Die Madrider Operndirektion sucht jetzt für ihre anspruchsvollen Theaterbesucherinnen einen „Don Juan" in den besten Jahren und von angenehmem Aeußeren. Theater-Panik. Au» Rom vom 4. d. wird gemeldet: „Während der gestrigen Vorstellung im Teatro Quirino, wo gegenwärtig die Operetten-Gesellschast Tani gafttrt, schlugen wahrend deS Zwischenaktes nach dem dritten Ä.te der Overette „Kakadu" bei herabgelassenem vorbange au» dm geöffneten Versenkungen auf der Bühne plötzlich Flammm hervor. Auf der von vlelm Personen besetzten Bühne entstand nun eine fürchterliche Panik; die Theatelbesucher stürzten zu den AuS« Sangen, wo ein gefährliches Gedränge entstand. Unterdessen atten Feuerwehrmänner daS Feuer auf der Bühne schon ge« löscht und eS gelang dann auch, daS Publikum allmälig zu beruhigen. Ernstere Verletzungen find nicht zu beklagen. Einige Besucher erlitten Quetschungen und leichtere Verwun« dungm währmd de« Gedränges vei dm Ausgängen. Dai Feuer entstand durch da« Platzen eineS GaSrohreS unterhalb der Bühne." Ein Duell zwischen zwei Dame«. SS handelt fich um ein wirkliches und wahrhattigeS Duell. Die eine der duelltrmden Damen, eine Französtn Namen« Madame Astie de Volsayre, scheint sehr kampflustiger Natur zu sein, denn fie hatte schon vor einiger Zeit eine Affaire mit einer anderen Flanzöfin; die Sache wurde tndeß noch vor dem blutigen Ausirag gütlich beigelegt. Diesmal kam eS aber zum Schlagen. Madame Astie bekam nämlich Streit mit einer amerikanischen Dame. Miß Shelby, und zwar über die Frage, ob die französischen oder die amerikanischen Doktorinnen tüchtiger seien. Der Streit wurde so lebhaft, daß Madame Astie der Gegnerin ihrm Handschub ini Gestcht warf. Dieser Schimpf konnte nur mit Blut getilgt werdm. Vier„echte Dank«»" dienten als Sekundanten, als Waffe wurde der Degm und als Kampfplatz das Schlachtfeld von Waterloo ausgewählt. Am Donnerstag fand daS Duell statt, dessen Resultat war,
sagt. Sie wollte übrigens mit zu Herrn Stöcker gehen, aber auf Abrathen der Frau Dr. Hofmann ließ sie avon ab. Wir wollten es aber heimlich tbun!(Widerspruch.) Schneider Jeschonnek: Mir ist nicht jede Hilfe recht, von welcher Seite fie auch kommt. Die Hand deS Herrn Etöcker nehmen die Arbeiterinnen Berlins nicht an.(Ledhafter Beifall.) Frau Büge handelte unverzeihlich, als ste in einer christlich.fozialen Versammlung eine Tellersammlung veranstalten ließ. Sie sollte doch wissen, daß Stöcker nur in seinem und seiner Partei In» tereffe etwa» thut, Frau Büge hätte fich an die richtige Quelle» und da» find vi« Arbeiter allein, wenden sollm. Die ganze Arbeiterschaft würde ste dann unterstützen!(Ledhafter Beifall.) — Frau Büge entschuldigt fich mit dem Hinweise auf den Auftuf und die Statuten de« Mäntelnäherinnenverein«; fie habe völlig ahnungslos, ohne Berechnung und ohne Tücke um die Tellersammluna gebeten.„Ja, ich sage, al« Frau Krancke« mann hinter meinem Rllckm fich doch auf mich berufend, z« Stöcker ging, beaad ich mich ebenfall» zu ihm, um mich gegen jeden von Frau Kranckemann gethanm Schritt zu verwahren. Ich habe hierbei nicht» gegen Herrn Singer geäußert". Frau Deckend, auf die Frl. Ottilie bei Aschenbrenner fich für ihre Behauptungen gegen Singer berufen hatte, bekundet, daß ihr Herr Singer mehr für die Arbeit gezahlt habe, als fie zu ver« langen hatte.— Nachdem noch zwischen Frau Büge und Frau Kranckemann eine! längere Auseinandersetzung stattgefunde« hatte, schloß die Versammlung mit der Bewilligung einer Tellersammlung für eine nothleivende Familie, die 10,55 Mark ergab. bfa. Zum neue« Tarif der hiesigen Eteinträger, der bekanntlich am 1. Mai d. I. in Kraft treten soll, kann stch die liebe„BaugewerlS Zeitung" die höhnische Randglosse nicht versagen, daß,„ob der Tarif durchgeführt wird, zur Zeit eine noch nicht zu beantwortende Frage sei", daß„aber, wer damit rechnet, ein kluger Mann" sei und„ein noch klügerer, wenn er fich Maschinenkrast zur Beförderung deS Baumaterials für diesen Sommer sichert". So die Pyrhia der Berliner Bau- Innung, Herr Feilsch. Wir wollen uns für heute nur auf ein paar kurze Bemerkungm über den zitirtm Orakelspmch jmer „Arbeiterfreunde" beschränken. Zunächst hattm wir e» für zweifellos, daß man auf die von der Reklame so angepriesene Materialien-Hedemaschinm weder mit Furcht noch mit Hoff- nung zu blicken nöthig hat und der größte Theil dessen, wa» darüber gesprochen, geschrieben und gedruckt wird, mehr oder minder auf Humbug hinausläuft. Bei der bekannten Art der hiestgea Bauführung und bei der Hast, mit welcher die hierbei allein in Betracht kommenden Privatdauten ausgeführt werden, ist es von vornherein schlechterding« unmöglich, daß es je ge« lingen wird, Hedemaschinen herzustellen, die den realen Be« dürfnissen derartig genügen, um eine deträchiliche Verminde- rung der erheischten Anzahtderjenigen Arbeiter befürchten zu lassen, welche heute zum Heranschaffen der Materialien gebraucht werben. Selbst unter den günstigsten Voraussetzungen wird eine ver« hälinißmäßia bedeutende Anzahl von menschlichen ArbeUSlcäf« ten unentbehrlich sein, um da» Baumaterial(Steine und Mörtel) zur Maschine und von der Maschine zur Arbeitsstätte zu befördern, fie auf- und abzuladen und auf den oft in den verschiedensten Höhepuntten liegenden Arbeitsstellen zur Ver« theilung zu dringen. Die Aufstellung von Dampf- oder son» stigen Kraftmaschinen wird nur äußerst selten in befriedigender Weise möglich sein und daS Aufwinden nach wie vor über« wiegend durch Handarbeit vellführt werden müssen. Trotzdem soll und kann nicht geleugnet werden, daß die Verwerthung der Maschine zum Heden deS Baumaterials nicht ganz ohne ungünstigen Einfluß auf die künftige Giftal, ung der Verhältnisse des ArbeitSmackteS. speziell für die Stein« träger bleiben wird. Da nämlich derjenige Theil der seitherigen Arbeitsleistungen der Steinträger, welcher, wie dai Hinausschleppen der Steine ,c. auf die Bau-ArbeitSstellen, ein ganz besonder» ungewöhnliches Maß von Körperlraft erfordert, durch die Anwendung der Hebemaschine wenn auch keine wesentliche, so doch immer einige Einschränkung elfahren und außerdem noch der Umstand Platz greifen wird, daß zu dm übrigen Steinträaerarbeiten auch gewöhnliche Arbeiter von durchschnittlicher Körperkrast brauchbar sein werden, so wird ohne Zweifel das Angebot von Arbeitskraft stch vermehren und die Lohnhöhe herabgehen. Wenn nun auch vorausfichtrich mit der Hebemaschine kaum auf der Mehrzahl der Bauten ein experi« menteller Versuch gemacht werden dürste, so werden doch unter allen Umständen die Steinträger klug und vernünftig handeln, ÄK btt , j1- 18 erstarkte Organisation, an den„Fachverein der Steinträger und verwandten Berufe", kampfbereit machen und ,u energischer Abwehr rüsten. Dmn nur eine zahlreiche feste Organisation vermag dem wirthschaftlick stärkeren Elemente, dem Kapital, gegenüber Widerstand zu leisten und Erfolge von nur einiger Dauer zu erzielm. * Der Fachveret« der Tischler hielt am 3. April eine Mitglieder> Versammlung in Jordan'« Salon, Neue Grün« straße 28 ab. Herr Hans Land hielt daselbst einen Vortrag über„Die Werrhschätzung de» LebmS in unserer Zeit". Der« daß beim zweiten Gang Miß Shelby am Ann leicht geritzt wurde. Damit war den Forderungen der Ehre Genüge ge- leistet und zugleich nach der Logik de« Duell« die Streitfrage zu Gunsten der französtschen Doktorinnen entschiedm. Hoffent« lich werden fich diese jetzt bei der„schneidigen" Madame Astie entsprechend bedanken. * Herslose Eltern. Unsere Leser erinnern stch noch der sensaiionellen Nachricht von dem Selbstmorde, welchm die 17 jährige Irma SzercSSnyi, Tochter de» Kanzleichef» bei der österreichisch-ungarischen StaatSoabn Josef SzacS-'nyI in Pest , am 16. März l. I. verübt hat, indem fi« eine PhoSphorlömng trank.(Siehe„Berk. VolkSblatt" vom 1. April d. I.) Irma Szercf�ny lebte mit ihrer Stiefmutter in Unfrieden und am 15. März hatte ste einen sehr heftigen Wortwechsel mtt der« selben, der in ihr den Entschluß, fich da« Leben zu nehmen. zur Reife brachte. Vor einigen Tagen hat die Ober-Stadt« bauptmannschast in dieser Angel-genhett eine Anzeige dem Budapester StrafgerichtSbof übermittelt, demgemäß der Vater der Zcma SzercsSnyi. Josef SzercUnyi und dessen Gattin Marie Ezercs�iyi der fahrlässigen Tödtung deschuldigt werden. Motivirt wird diese Anzeige damit, daß Irma Szerci�nyi, welche am 16. März um 10 Uhr Vormittags die Phosphor« lösung trank, bis 4 Uhr Morgens des nächsten TageS in ihrem Zimmer gelassen wurde, ohne daß bis dahin ärztliche Hilfe in Anspruch genommen worden wäre, ohne daß ihr Stöhnen und Wehklagen die Eitern veranlaßt hätte, fich auch nur tn daS Zimmer ihrer unglücklichen Tochter zu begeben und nach dem Befinden derselben zu sehen. Ja ste verboten sogar der Magd, die auf das Wehklagen de» Fräuleins zu demselben eilen wollte, das Zimmer zu betreten. Erst um 4 Uhr Morgen» wurde die Hilfe eine« ArzieS in Anspruch genommen, zu einer Zeit, als ei bereits zu spät war.— Weiter wird in dieser Angelegenheit noch gemeldet, duß an dem Müschen nach dem Tode ein ebenso seltene«, alS bestialische» Verbrechen verübt worden ist. Die Obduktion lonstatirte, daß die Todte ge- schändet wurde. Der Verdacht der Thärerschast lenkte fich auf einml mit der Bewachung der Kadaver in der Leichenhalle des Rochusspitals betrauten Diener, der von der Polizei ver« nommen wurde, aber beharrlich leugnet, das Verbrechen verübt zu haben. Die Allen deflnven stch bekanntlich bereit« beim Gerichtshöfe, der die weitere Untersuchung in der Sache zu führen berufen ist. Nach Abschluß derselben wird da» Resulrat der Direktion bis Rochusspitals bekannt gegeben, die sodann im eigenen Wirkungskreise vorzugehen haben wird.