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Beilage zum Berliner BolNlatt.
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V arlamentsberichte. Herrenhaus. o, 13'®Hunß vom 12. April, 12 Uhr. Am Ministeriische Fürst v. Bismarck , v. Pütt» !amer, v. Boetticher, v. Gohler, Tr. Friedberg und Kommissarien. Auf der TageSordnuna steht lediglich die Beraihung der kirchenpoli tischen Vorlage. Zur Epezialdiskulston liegen die Anträge deS Herrn v. Z o l t o w s k i vor, der die Klausel bezüglich der geistlichen Institute der Erzdiözese Gncsen- Bosen au! den KommisstonSbeschlüssen entfernen will. Bischof Kopp hat seine, von der Kommtsston verworfenen Anträge in «twaS abgeänderter Fassung wieder eingebracht. Außerdem liegt folgende Resolution vor: „Das Herrenhaus wolle beschließen: der lonigl. Staats. regierung seine fortdauernde Bereitwilligkeit zu erllären, bei einer adschlnßenden Revision der kirchlichen Gesetzgebung, so- weit die unve, äußerlichen Rechte deS Staats dieselbe zulassen, dehufS Herbeisührung eines friedlichen Verhältnisses zu der römisch. katholischen Kirche mitzuwirken, und ersucht die StaatSregierung, unter dieser Voraussetzung und zu diesem Zvecke einen anderwetten Gesitzentwurf vorzulegen." Dieselbe ist unterstützt von den Herren von Bernuth, Beseler, Bödcher, Bote, Bötticher, Bredt, BreSlau , Prinz zu Schönaich- Carolath, Dietze, Dave, Graf von Dyhrn. Forchhammer. Francke, FriedenSburg. Friedlaender, Miquel. Ostermeyer. v. Pfuel , Graf v. Pückler Ech-dlau, Reichert, Reopell, Fürst zu Salm-Reiff-rscheid, von Schuhmann, Graf von Schwerin, Staude, Struckmann, Theune, Tooshüy, Ubbelohde. In der Generaldikkusfion erhält zunächst daS Wort der Berichterstatter Adams: Die Entscheidung, vor welche wir heute gestellt find, ist eine überaus wichtige und folgenschwere. Es handelt sich darum, ob das Werk des Friedens, welches die Regierung eingeleitet und Ihre Kommission nach Kräften !u fördern gesucht hat, zu einem segensreichen Abschlüsse ge- ührt oder wieder auf eine unabsehbare Zrit verschoben werden oll. Dem preußischen Staat die Befugniß zu geben, Ein- Wendungen gegen die Anstellung eineS Priesters zu machen, davor zu warnen, ist dasjenige, waZ man von der Kurie nur verlangen kann. Sie konzediit damit dem Staate, daß er, wenn seine Gründe nicht berücksichtigt werden, ohne einen neuen Kampf anzufangen, vollständig in der Lage ist, alle ihm zu Gebote st-henden Mittel anzuwenden, um eine solche Anstellung zu verhindern. Daß die Kirche daS vollständige Einspruchsrecht veS Gesetzes von 1873 jetzt anerkennen würde, konnte Niemand erwarten, weil die Regiernng selbst schon 1882 eine Aenderung dieter Bestimmung vorgeschlagen hatte. Prüfen Sie die einzelnen Paragraphen deS Gesetzes mit Rückficht darauf, ob sie im Interesse deZ Staates vereinbar find oder nicht und od ihre Aufrechterhaltung den Frieden im Lande sichert. Bischof Dr. Kopp: Gestatten Sie mir. die einleitende Rede deS Herrn Vorredner! ein wenig weiter auszuführen. ES ist ein giftiger Mehlthau, welcher auf unserem ganzen StaatSleSen ruht und alle politischen und kirchlichen Verhält- Nisse vergiftet. Wir können selbst der großartigen politischen Entwickelung, die unser Baterland genommen hat, nicht recht froh werden. Argwohn und Mißtrauen entzweit die einzelnen Glieder de! gemeinsamen Vaterlandes, Murren und Unzufriedenheit hat viele Kreise ergriffen, selbst solche, welche sich der Förderung der Interessen, der staatlichen Interessen nicht entziehen können, ohne ihre Grundsätze zu verleugnen, und selbst die Verhandlungm über die öffentlichen Interessen leidm unter Einflüssen. welche der Sache an fich ganz fremd find. Alle Parteien find deS HaderS müde (sehr richtig!), Alle suchen den Frieden, einen wirk- lichen Frieden, welcher den unseligen Verhältnissen ein Ende macht, olle wollen die Schäden beseitigen, die unser StaatSleben unter diesem Kampfe alle Tage erleidet. An der Hand dieses Wunsches müssen wir die Vorlagen der Regierung prüfen. Das ist die Stimmung des ganzen Landes, aller Parteien, ja auch derjenigen außerhalb unsere! Landes, welche mit Sorge auf die wachsende Bewegung der Umsturzparteien blicken und deshalb an jeder Kräftigung emeS mächtigen Staats- lcdens Interesse und Freude haben. Aber nun betrachten Sie die Vorlage und beantworten Sie fich dann die Frage, ob man mit derselben zum gewünschten Ziele gelangen kann- Ich muß diese Frage verneinen. Wenn nur die Vorlage Gesetzeskraft erhielte, dann würden wir von dem Ziele noch weit entfernt scin. Die Regierungsvorlage beseitigt zunächst das Staats« «xamen, allein fie beseitigt damit nur eigentlich eine ganz un«
Kalim Ueiüer.
Wallner-Theater. R. C. Im Wallner-Theater wurde am Sonnabend Abend eine franzöfischk Posse,„Die Spielkasse" von Labiche , dem Publikum vorgeführt. Das Wallner-Theater ist die llasst» sche Stätte de» Altberliner Humors, der von der französtschen Lustrgkeit fich ganz bedeutend unterscheidet. Hier entstanden jene geflügelten Worte, die in den Sprachschatz deS UrberltnerS übergegangen find, und durch welche fich der Berliner vor allen anderen Deutschen auszeichnet.„Fall' man nich' int Essen"— mag man fich aus irgend einem Punkte fern ab von allen zivi« lisirten Gegenden befinden, und man hört diese oder ähnliche Worte, so weiß man, daß der Sprecher unbedingt am grünen Strand der Spree da! Licht der Welt erblickt hat. DaS Publikum de! Wallner- TheaterS ist nicht Anglich für sramöfische Scherze, e! verlangt orßl berlinischen Witz, und außerdem ist das L�Ptlerpersonal deS Wallner-TheaterS auch keineswegs auf die �ranzöfisch« Stücke zugeschnitten. ES ist viel zu sehr JJJH... ,??tiner Luft durchtränkt, die Schauspieler stehen in l J. v Ö'.*" Konnex mit dem eigentlichen Urberlinerthum, eS ist undenkbar, daß fie fich in ftanzöfische Rollen hinein« leben konnten. Nun kommt außerdem hinzu, daß da! Stück sich keineswegs eines besonderen Reizes der Neuheit erfreut. Der Gegenstand ist etwas sehr verbraucht,- Kleinstädter in i m?n kttissenen Kellnern geprellt werden, schließlich ohne elnen Pfennig Geld in die fatalsten Sttualionen % �°then. und endlich allgemeinen Befriedigunz gerettet werden. Labiche ist bekanntlich von einer beänstigend kaninchen- artigen Fruchtbarkeit in Bezug auf Possen gewesen, und lettrer nicht behaupten, daß er mit der„Spielkasse"
ig qs, Mpielt wurde freilich mit unerschütterlicher Bravour. Die Künstler thaten ihre Pflicht wie Leute, die fich für eine
bcltbare Ruine, welche schon durch daS Gesetz vom 31. Mai 1882 geschaffen worden ist. Aber alle anderen Anstellungs- dedingungen bleiben unberührt bestehen. Dann will die Re- gierungSvorlage die Vorbildung de! Klerus auf eine neue Basti stellen. Auch diese Frage war zum Theil schon vorher erledigt. Di« Fassung der allgemeinen StaatSaufficht hat doch für unS große Sorge. Da man zugeben muß, daß diese allgemeine Staats- aufficht ohne bestimmte Grenzen ist, und ich bezweifle, daß in diesen allgemeinen Ausdrücken nicht die Gefahr zu neuen Kon- fltkten vorhanden ist. Sie sollen dasjenige an die Kirche zurück- geben, wa» ihr, wie fie meint, mit Unrecht entzogen ist, und auch zur Dankbarkeit dafür schließt fich die Kirche in diesem oder jenem Punkte an die staatlichen Auffassungen und Wünsche an. Ich meine, in diesem Licht müßten Sie unsere Arbeit auch betrachten, und dann werden Sie sich nicht ine machen lassen, wenn man Ihnen beständig von Konzesstonen spricht, sondern werden im Auge behalten, vaß Sie ja die Richte zurückgeben, welche im mißverstandenm E fer, so will ich sagen, der Kirche genommen find, und dagegen aber, und daS beweisen Ihnen die einzelnen Artikel, wirkliche Konzesstonen von Sellen der Kirche erhalten. Lassen Sie sich auch nicht irre machen durch einen anderen Einwurf, den ich auch gehört habe, man müsse für die Ehre deS Staates sorgen. Worin besteht denn die Ehre deS preußischen Staates? Ich finde diese Ehre in dem Hochhalten seiner Devise:»nruu cniqne. Nun aber bitte ich, eS mir nicht zu verargen, wenn ich eS offen aus« spreche: die katholischen Unterthanen haben daS Ge- fühl, als wenn ihrer Kirche gegenüber diese Devise nicht immer ganz hochgehalten wäre, und das harten fie nicht für ganz ehrenvoll. Sehen Sie, da liegt eine Ge- legenheit, die Ehre de! Staate! zu wahren und für die Ehre deS Staates zu sorgen. Ach, wie wenig erbaulich muß eS für daS Busland sein, wenn eS wahmimmt, daß der große mäch- tige Staat, dessen bewunderungswürdige Politik in der ganzen Welt den Frieden erhält, im eigenen Lande keinen Frieden hat und mit den eigenen Unterthanen nicht im Frieden leben kann. Ich bitte Sie, fich nicht durch Phrasen, und wenn fie auch an historische Ereignisse fich anknüpfen ließen, irre machen zu lassen. Ehrenvoll war der Tag nicht für den preußischen Staat, als man fich in einer hochgradig polllischen Verstim- mung dllhinreißen ließ, die Verhältnisse der Kirche einseitig zu ordnen. Aber ein wahrer Ehrentag wird e! für Sie fein, wenn Sie dazu beitragen, daß dem Lande der Friede wiedergegeben wird und ein jeder katholische Unterthan zu friedlichen Ver- hältnisscn gelangen kann.(Beifall.) Prof. Dr. B e s e l e r: Man erwartete von der Regierung, daß fie da» Staatsinteresse und die EtaatShoheitSrechte voll« kommen wahmehme und andererseits da, wo wirklich lästige Bcstimmungen der Maigesetze hervortreten, eine Milderung und nöthigenfallS eine Beseitigung stattfände. Die Vorlage der Regierung hat diesen Erwartungen entsprochen, wenigstens in der letzteren Beziehung. DaS Wesentliche ist daS Einspruchs - recht, und dieses will die Kurie nicht zugestehen. ES war ein schwerer Fehler, daß man die Anzeigepflicht an die Spitze der Maizesrtze gestellt und damit den passiven Widerstand heraus« gefordert hat. Dieser Fehler muß verbessert werden. ES wäre daS allein Richtige, diese unglückliche Anzeigepflicht in ihren einzelnen Bestimmungen noch in dieser Sesston gesetzlich auch für die ordentlichen Pfarrer aufzuheben und die sonstigen Kau- telen anderweitig zu schaffen. Damit würden wir für die Re- gierung eine außerordentlich günstige Position und auch einen Frieden gewinnen. Denn die Regierung ist nicht allein der Friedensstörer, möchte ich dem Herrn Bischof sagen: xeeeatvr et extra et intra! Als evangelischer Christ ist e! mir unmög- lich, meine Ucberzeuguna zu verleugnen, und deshalb werde ich gegen da! Gesetz und die Anträge stimmen. Prafident des EtaatSministeriums Fürst v. Bismarck : Meine Heirm, der Herr Vorredner ist als Mitglied diese? HauseS im Vergleich zu mir in der günstigen Lage, vollberechtigt seiner persönlichen Anficht und nichts als dieser, ohne Rücksicht auf die Frage, welchen Eindruck fie auf ander! Dmkende machen kann, Ausdruck zw geben. Ich bin durch meine ministerielle Stellung daran verhindert, das Gleiche zu t|un; ich muß meine persönlichen Ansichten mannigfach der Staatsraison unter Rückficht auf die Gesammtheit unseres StaatSIebenS unterordnen, und in diesem Augenblick verbietet mir die Entschließung deS Staatsministeriums, fich die Entscheidung über seine Stellung zur Vorlage und die Anträge an Se. Majestät noch vorzubehalten, in die Einzelheiten de S Vor- träges de! Herrn Vorredners polemisch einzugehen. Ich er« greife vorzugsweise daS Wort, weil ich zu dem Rückblick auf die Vergangenheit und die Entstehung der Gesetze, die unS be« schäftigen, eine besondere Berechtigung habe, indem ich der verlorene Sache opfern. Sie mußten entschieden daS Gefühl haben, daß sie etwas darstellen mußten, woran weder fie selbst noch Jemand im Publikum glaubten. Trotzdem wurde häufig recht herzlich gelacht, und daS war daS Verdienst der Herren Thomas, Gutherp. Alexander, Meißner und Blencke. Auch die Damen Frau Carlsen und Frl. Timling thaten ihr bestes. Die Regie war recht sorgfältig; dennoch glauben wir, daß die „Spielkaffe" bald ausgespielt sein wird.
Kleine Mittheilunge«. Marburg , 8. April. (Eisenbahnunfall.) Der Morgens 6 Uhr von Frankfurt nach Kassel fahrende Personenzug Nr. 315 erlitt heute früh in der Nähe htestger Station einen Unfall, der leicht einen schlimmen AuZgang hfitte baden können. Ein Bauer fuhr mit einem schwerbeladenen KieSwagen so nahe an daS Geleise, daß sein Wagen den Zug streifte und sämmttiche Trittbretter auf der einen Seite von den Waggon? wegriß. In Kassel mußte deshalb neu rangirt«erden. Hamburg , 10. April. (Gesunken und ertrunken.) Ver- gangene Nacht sank ein bei der Kupferschmelze auf dem GraS- brook vor Anker gelegter, mit Kupfererz beladener oberländer Kahn so plötzlich, daß es einem Bootsmann«, der fich an Bord desselben befand, nicht mehr möglich war, fich zu retten. Der Kahn soll in den nächsten Tagen wieder gehoben werden. Es wurde heut Morgen sofort versucht, die Leiche deS ertrunkenen Bootsmannes aufzufinden, die Versuche blieben jedoch ohne Erfola. Pest, 10. April. (Verunglückter Arbeiter.) Ein bedauernS« werthes Unglück ereignete fich beute Nachmittags bei dem im Bau begriffenen Hause Ecke Jsabella- und Königs« gaffe. Ein großer Quaderstein blieb nämlich während des Aufziehen! in der Höhe zwischen zwei Brettern des Gerüste! stecken und schlug daS eine Brett, auf dem der Tagelöhner Paul RecSka stand, um, so daß dieser in die Tiefe stürzte. Gleichzeitig riß auch das Seil und der Stein fiel mit großem Gepolter zu Boden. Rccska erlitt bei dem Sturze lebenSge« sährliche Verletzungen und wurde in bewußtlosem Zustande ins Rochuslpital gebracht.
einzige unter den jetzigen EtaatSminifiern bin, der bereit» bei Erlaß der Kirchengesttze im Amte war und also ein gütiger Zeuge über die Tendenzen und die Absichten, die damit ver« bunden waren. Ich kann aus diesem Umstände vielleicht auch den Beruf herleiten, als Vertreter der damaligen Intentionen der Regierung aufzutreten. In meiner Qualität als Zeuge wrll ich besonder! eine Verwahrung einlegen gegen so manche Jrrthümer und Entstellungen, die in böswilliger Ab» ficht erfunden und in menschlicher Dummheit geglaubt werden(Heiterkeit) über die Tendenz und Bedeutung der Mai« gesetze. Ick habe ja überhaupt mit dem Uebelstande zu kämpfen, daß meine Gegner, um mir die Schuld an allen möglichen Uebeln der Welt aufbürden zu können, meinen Einfluß und meine Macht in weltlichen Dingen bei Weitem übertreiben: ihnen erwächst daraus der Vortheil leichtgläubigen Leuten gegenüber, bei jedem unerfreulichen Ereignisse zu sagen, daß mir die Schuld daran hauptsächlich beiwohnt. Nachdem wir uns über die Regierungsvorlage im Ministerium verständigt und die Ge» nehmigung Sr. Majestät deS König! für dieselbe eingeholt hatten, fragte eS sich, welchen Weg wir einschlagen wollten, um die Tendenzen derselben zu verwirklichen, d. h. um den katho« lischen Unterthanen deS Königs von Preußen das richtige Ver» ständniß der Absichten der Regierung zu eröffnen. ES waren zwei Wege: einmal der der einfachen gewöhnlichen Gesetz» äedung, dann der der vorgängigen Verhandlung mit der römt» schen Kurie. Ich habe den letzteren auS mannigfachen Gründen vorgezogen;— nicht, daß ich eine zwei« fettige Verhandlung erstredt oder geführt hätte, aber ich habe eS für nützlich gehalten, die Vorlage, die wir dem preußischen Landtage zu machen beabfichtigen, zur Kenntniß Sr. Heiligkeit deS PapsteS zu bringen und sein Urtheil dar» über zu hören, ohne zu versprechen, daß wir unsere Entschließung dem Urtheil gemäß ändern würden. Ich habe diesem Weg den Vorzug gegeben, weil ick den Eindruck habe, daß ich bei dem Papste Leo xui. mehr Wohlwollen und mehr Interesse für die Befestigung des Deutschen Reiches und für da! Wohl» ergehen de! preußischen Staates finden würde, als ich zu Zeiten in der Majorität des deutschen Reichstags gefunden habe. lHört!) Ich halte den Papst für deutsch -freundlicher als daS Zentrum; der Papst ist eben ein weiser, gemäßigter und fried- liebender Herr. Ob man daS von allen Mitgliedern der Reichs- tagSmajorität sagen kann, lasse ich dahingestellt sein.(Heiterkeit.) Der Papst ist außerdem nicht Weife, er ist nicht Pole und ist auch nicht deutschsreistnnig.(Heiterkeit.) Er hat auch keine Anlehnung mit der Sozialdemokratie. Kurz, alle die Einflüsse, die im Parlament die Situation fälschen, finden in Rom nicht statt. Der Papst ist rein Katholik und nichts als Karholik. Dadurch, daß er es ist, werden ja eine Anzahl Schwierigkeiten an fich geboren, aber die Schwierigkeiten werden nicht komplizirt durch daS Bedürfniß der Anlehnung und deS Empfangs und der Vergeltung von Liebesdiensten anderer Parteien. Der Pavst ist frei und repräsentirt die freie katho- lisch« Kirche: daS Zentrum repräsentirt die katholische Kirche im Dienste de! Parlamentarismus und der Wahlumtriebe, und deshalb habe ich eS vorgezogen, mich an den von allen Bundes« genossen, die mit dem Zenlrum die Majorität im Reichstage bilden, vollständig freien Papst, an die Kurie zu wenden, um dort die Verlheidigung zu suchen, und ich bin auch entschloffen, in den weiteren Phasen auf diesem Wege fortzufahren, da ich von der Weisheit und Friedensliebe Leo xiil. mehr Erfolg für den inneren Frieden Deutschlands erwarte, wie von den Ver» Handlungen im Reichstage, und weil ich der Zentrumspartei , so wie sie jetzt zusammengesetzt ist, nicht gegenübertreten will, ohne den katholischen Preußen die Gewißheit vorher zu geben, s?&%%% sie in der Kommisston und durch die neuesten Amen« dementS erhalten hat, nicht die Genehmigung de! hohen Hause» finden sollten— die Regierungsvorlage enthält das, waS die StaatSregierung geglaubt hat, unentgeltlich und frei- willig gewähren zu können, und eS ist unmöglich für die Re- gierung, daS, waS fie vor drei Monaten den katholischen Preußen glaubte konzediren zu dürfen, mag eS wenig oder viel sein, jetzt nicht geben zu wollen, weil man fich inzwischen über weitergebende Konzessionen geärgert und gestritten hat— also für die Regierungsvorlage tritt die StaatSregierung ganz un« bedingt auf, und richtet an jeden Einzelnen die Bitte, in der Ablehnung der versöhnlichen Vorschläge doch wenigstens nicht hinter die Vorlage zurückzugehen, auch schon um deshalb, weil es für die Regierung unbedingt nothwendig ist, die freien Aeußerungen beider Häuser des Landtags zu dieser Frage zu hören, eh« fie ihre eigene Entschließung faßt. Sie hat durch den Mund deS Herrn Kultusminister die Abstcht schon ausge- sprachen, ihre definitive Entschließung zu vertagen, und fie hat da! in dem Bedürfniß gethan, fich das Vertrauen derjenigen Richtungen und Parteien im Lande zu erhalten, zu denen sie selbst Vertrauen hat bei der Sicherstellung der Zukunft deS preußischen Staates wie deS Deutschen Reichs; sie kann fich der Gefahr nicht au! setzen, für nationalgestnnte Mitarbeiter solche eintauschm zu müssen und auf die Hilfe solcher angewiesen zu sein, die zu Gunsten der polnischen Nationalität freiwillig Partei genommen haben, im Wrderspruch mit der deutschen und mit den Bemühungen der deutschen Regierung, die deutsche Nationalität zu kräftigen; fie würde nicht das Vertrauen haben auf einen Bestand, den fie dadurch gewinnen könnte, daß fie sich die Mittelparteien entfremdet. Sie kann ihr Vertrauen für die Zukunft auf dem Stand, den ich dafür eintauschen könnt«, nicht begründen. Zur Vervollständigung der Erklärung der Regierung habe ich nur noch hinzuzufügen, daß die Revision der Äatgesetze, von welcher die letzte römische Note die Gewährung der vollen Anzeigepflicht abhängig macht, von der Regierung meiner Ueberzeugung nach ohne Schwierigkeit wird zugesagt werden können(Hört! hört!), da eine solche Reviston jederzeit in der Abstcht der Regierung sowohl, wie. so viel ich weiß, in der Abficht der meisten Parteien gelegen hat; eS wäreja geradezu tendenziös, wenn wir die oft zugegebene Abficht, die Maigesetze zu revidiren, daS Entbehrliche auszuscheiden und über Konzesfionen zu verhandeln, gerade in diesem kritischen Augenblick zurückziehen wollten. Nein, wo unS von der Gegen- seile ein Angebot gemacht wird, können wir doch unmöglich sagen, jetzt wollen wir keine Revision mehr, weil unS ein Preis angeboten wird. Also diese Zustcherung zu geben, wird die Regierung ohne Weiteres in der Lage sein. Ich will auf die Auslegung, die der Herr Vorredner den Intentionen der Kurie gab, nicht weiter eingehen, als indem ich die volle Ueberzeugung ausbreche, daß, wenn wir über den Frieden verhandein und ihm näher treten, von beiden Seiten loyal, ehrlich und mit Vertrauen vei handelt werden wird, daß wir unsererseits dieselbe Zuverlässtgkeit und Lonalität auf der andern Seite voraussetzen, mit der wir solchen Verhandlungen näher treten würden. Ich bitte Sie, meine Aeußerung vorzugsweise anzunehmen als eine Richtigstellung der Auffassung der Ver-