Beilage zum Berliner Bolksblatt.89.Donnerstag, de« 13. April 1889.III. ZatzMParlameutsberichte.Herrenhaus.IS. Sitzung vom 14. April, 1 Uhr.Am Mmstertische: von Scholz und Kommtffarien.Zur Berathung steht zunächst die Selundärdahn»vorläge, denn unveränderte Genehmigung die Eisenbahn«tomm�fion empfiehlt.In der Generaldtskusfion bringtOberbürgermeister Bachmann(Bromberg) die speziellenWünsche seiner Heimathstadt und ihrer westpreußischen undposenschen Nachbarschaft um bessere Bahnverbindung zur Sprache.Die in Betracht kommenden Linien: 1. Verlängerung derLinie Blomberg Fordon in das Kulmer Land, 2. Bromberg-Elsenau»um Anschluß an Gnesen-Nakel und RogascN'Jnow«razlaw, 3. Bromderg-C one. Tuchel seien als nothwendig undzur Ausführung geeignet nicht nur von der Gesammtheit derInteressenten anerkannt, sondern auch von der Bromberger Re-oierung und dem Oberprästdium zu Posen an maßgebenderStelle befürwortet worden. Redner bittet die Eisenbahnver-waltung um thunlichste Berückstchtigung der vorgetragenenWünsche, deren Erfüllung auch die GermanifirungSdestrebunzensehr wesentlich fördern würde.Ministerialdirektor Schneider: Der Herr Minister deröffentlichen Arbeiten ist zu seinem Bedauern durch ein trau*riges Familienereigniß verhindert, der heutigen Sitzung deizu-wohnen. Auf die Anfrage deS Vorredners eine(bestimmteAntwort oder Zusage zu geben bin nicht in der Lage, kannvielmehr nur auf eme Jim anderen Hause von dem Ministerabgegebene Erklärung«ezug nehmen, nach welcher alle der.artigen Wünsche registrirt und eingehend geprüft werden sollenund die Fürsorge für die weitere Ausdehnung des Sekundär-bahnnetzes nach wie vor im Auge behalten wird.In der SpezialdiSkusfion werden die Forderungen für dieim§ 1 in Vorschlag gebrachten Linien nach wenig erheblicherDebatte unverändert bewilligt und darauf daS Gesetz imGanzen d-firitio angenommen.Die Petitionen des Grmeinderatbs Liedler und Genossenzu Eltville um Ausbau der Strecke Eltville. Langenschwalbach,des G-mcindevorstandeS zu Lindau um Anschluß der Selun-dSrdahn Letnefelde- Duderftadt an die Hannöversche Staats«bahn, und deS Bürgermeisters Luthgen und Genossen zuSchönebeck um den Bau einer Sekundär bahn von Schönebecknach Blumberg werden als durch diese Beschlußfassung erledigterachtet.Ebenso erklärt das HauS ohne DiSkusfion den Bericht,betreffend die Verwendung des Erlöses für verkaufte BerlinerStadtdahnparzellen, und den Bericht, betreffend die Bauaus.führungen und Beschaffungen der Eisen dahnverwaltung fürdas Fahr 1. Oktober 1884 bis 1885, durch Kenntnißnahme fürerledigt.Fn einmaliger Schlußberathung wird der 37. Bericht derStaatsschulden- Kommisfion pro 1884 85 erledigt, das Hausertheilt der Hauptverwallung der Staatsschulden die beantragteDecharge.A ich in Bezug auf die Allgemeine Rechnung pro1882/83 wird nach dem Antrage der Finanz* und Etats-kommisfion die Entlastung der Staatsregierung ausgesprochen.Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 12 Uhr.(Poienvorlagei;.)_Abgeordnetenhaus.63. Sitzung vom 14. April, 11 Uhr.Am Ministertische: v. Boetticher» V.Scholz undmehrere Kommissorien.Vom Herrenhause ist der Gesetz- Entwurf, betreffend Ad«Sndecung der kirchenpolitischen Gesetze, eingegangen.Elfter Gegenstand der TageS- Ordnung ist die erste Be-rathung de« Gesetz Entwurf», betreffend die Gewährung einesBettrages Preußens von 50 Millionen Mark zur Herstellungdes Nord>Ostsee«Kanals.Abg. W t n d t h o r st: Der Kanal hat eine doppelt wich«tige Bedeutung; er ist einmal bestimmt zur Föiderung dermateriellen Interessen von Handel und Veikehr und zweitensunsere Wehrkraft zur See wesentlich zu verstärken. Daß schonin der Abkürzung deS Seeweges eine sehr wesentliche Besse«tung der maritimen Verhältnisse liegt, wird Jedem einleuchten.Im Reiche ist die Angelegenheit auf« Sorgfältigste geprüftworden und der Reichstag hat seine Annahme mit großer Ma«jorität ausgesprochen, so daß wir wohlihan, auch unsererseitsden Kanal anzunehmen und daS verlangte Präzipuum zu zahlen.In Bezug auf die merkantilen Verhältnisse bin ich der Anficht,baß wir den Kanal nur bewilligen können, wenn gleichzeitigfeststeht, daß die Kanaltfirung im Lande auch einen wesent.»chen Schritt vorwärts macht; ich würde nicht in derstin. für diese Vorlage zu stimmen, wenn nichtst�chfeitig die Annahme der schlcfischen Kanäle, sowieEms- Kanals gestchert ist. Unsere MontanindustrieSit. geschädigt werden, erleichterten wir EnglandStIL Ist die Ostsee, ohne daß wir den Binnenverkehr?M�ttg durch Kanäle förderten Daher sollen wir nicht ehera™. das Nord Ostsee Kanalprojekt abstimmen, che eS nichtNO! er ist. wie eS mit der anderen Kanalvorlage steht. Wennich zu meiner Befriedigung höre, daß einige Mitglieder derkonservativen Partei fich in der Kommisfion der Btnncnkanal-vorläge warm annahmen, so muß ich doch andererseits sehr de«dauern, daß andere Mitglieder fich mit einer gewissen L>den«dtgkeit entschieden dagegen erklärt haben. Dres betrachte ichals kein guteS Omen für den Verlauf der Sache. Das istmeine persönliche Stellung zur Sache, meine FiaktionSgenoffcnfind dabei in leiner Weise engagirt. Ich beantrage daher,vtese Vorlage an die Kanalkommisfion zu verweiten, und ichdabe den desonderen Wunsch, daß der Herr Prästdent dieS!x Berathung nicht eher auf die Tagesordnung setzenworden ist waS auS den anderen Kanälen ge«Hansen: Auch ich kann nur das WünschenS«Vorlage anerkennen. Es ist ein schon alter Plan,auszuführen hat. Warum Preußen geradeSJÄ lt'ttaß>°hlm soll, hat seinen Gruno in denSä ffÄ Äf««Uer aus der Nordsee in die Ostsee fahrenden Schiffe. Es&%%%%%&%.%&Ki»fitoß»« nationales Unternehmen. Schließlich empfiehlt Rednerdie Verweisung an-ine besondere Kommisfion.Seelig: Wir befinden uns gegenüber dieser Vor«rin» ganz besonderen Situation, insofern gewisser«C/Z.n Reichsgesetz von unserem Votum abhängig ist. Ua.®ie.Uunß kann daber nur die sein, daß wir prüfen, ob dievon uns verlangten 50 Millionen Mark nicht ein zu großesOpfer find. Ich glaube, wir können die Summebewilligen, ohne vorher erst Untersuchungen anzustellen, wie fichder Werth des Projektes für Preußen stellt und ob die Summediesem angemessen ist. Eine solche Berechnung würde fichüberhaupt gar nicht durchführen lassen. Die Kanallinie stehtbereit» durch den Reich stagsbeschluß fest. Beide Kanalvor-lagen miteinander zu verkoppeln, wäre falsch. Sie stehen inkeinem nur irgend denkbaren Zusammenhange. DerWerth ist unter allen Umständen für Preußen s-hrgroß. Wollen Sie schon eine Kommisfion beschließen, so wählenSie die Budgetkommiffion-Minister v. B o e t t i ch e r: Ich sähe eS am liebsten,wenn Sie die Vorlage bebufs einer schnelleren Förderung deSWerks gleich in zweiter Lesung erledigten. Am treffendstenscheint mir der Abg. Seelig den Standpunkt der preußischenLandeSoertretung zur Vorlage charalteristrt zu haben.Es handelt sich hier einfach um die Frage, obPreußen von seinem partikularen Standpunkte einsolches Interesse an der Herstellung deS Kanal» hat, daßfich eine Aufwendung von 50 Mllionen rechtfertigt.Die preußische Regierung hat ein solches Präzipuum sehr sorg-fältig erwogen. Preußen hat, wenn auch keine rechtliche, sodoch eine moralische Verpflichtung, den Eiderkanal auszubauen;bei Annahme der Vorlage würde ihr dieser Bau erspartbleiben. Die Regierung geht davon aus, daß, wenn es fichum ein so großartiges nationale? Werk handelt, man nicht aufHeller und Pfennig die etwaigen Vortheile herausrechnen soll.(Beifall.) Preußen muß mit gutem Beispiel vorangehen undfich nicht dem Vorwurf aussetzen, es habe zu genau gerechnetHätte übrigens die preußische Regierung nicht so liberal demReiche gegenüber operirt, so würde die Herstellung deS Kanalsauf Schwierigkeiten gestoßen sein, deren Beseitigung nicht ganzleicht gewesen wäre, und die fich vielleicht so aufgebauscht hätten,daß das ganze Werk in Frage gestellt wäre. Ich kann deshalbnur den Standpunkt akzepriren, daß Sie keine detaillirteVorrechnung der für Preußen fich hieraus ergebendenVortheile von uns verlangm. WaS die AusführungendeS Abgeordneten Windthorst betrifft, so kann ich eS jabegreifen, wenn man dieses Projekt mit dem Ausbau desbinnenländischen Kanalnetze» in eine gew sse Verbindung bringt.Daß Ihnen in diesem Jahre zum zwellen Male die früherschon einmal gefallene Vorlage gemacht worden ist, kann Ihnenbeweisen, daß die Regierung den höchsten Werth auf die Her«fiellung der Binnenkanäle legt. AlleS, waS darüber verbreitetwird, daß das Jniercsse der Regierung für die Vorlage,namentlich die westlichen Kanäle nicht in gleich hohem Maße,wie früher, vorhanden sei, ist eitel Schwindel.(Heiterkeit.)Es handelt fich um so wichtige Unternehmungen, das ich derenUnterlassung geradezu in die Kategorie der Sünden rechnenwürde. Ader trotz aller Begeisterung für die binnenländischenKanäle kann ich doch nicht den Standpunkt einnehmen, daßich sage: wenn ich nicht beides bekomme, will ich gar nichts.(Sehr wahr!) Ich kann begreifen, daß Schlefien in einegewisse Konkurrenz mit Westfalen kommt, aber dadurchfich zu dem Entschlüsse bringen zu lassen, dieses großenationale Unternehmen, für das sämmtliche Parteiendes Reichstages eingetreten find, fallen zu lassen, wenn nichtdie andere Kanalvorlage zu Stande kommt, verstehe ich nicht.Wenn Sie das preußische Interesse für so stark halten,daß Sie die 51 Millionen bewilligen wollen, dann könnenSie auf jenes Interesse keine Rücksicht nehmen. B-urthetlenund prüfen Sie die Vorlage mit Rücksicht auf die InteressenPreußens und des deutschen Vaterlandes und dewilltgen Sieden Beitrag zu einem Werke, das nicht nur der deutschenWehrkraft, sondern auch dem deutschen Handel und der Schifffahrt zu großem Vortheil gereichen wird.(Ledhafter Betfall.)Graf Baudissin spricht fich ebenfalls für die Voilageau». Finanzielle Bedenken könnten gegenüber der nationalenBedeutung und den Voriheilen dieses WerkeS nicht in Be-tracht kommen. Auch fei die Höhe deS Beitrages durchausbillig und gerecht.Abg. Natorp: Ich kann mich nur den AusführungendeS Abg. Windthorst anschließen. Bezüglich der geschäftlichenBehandlung kann rch die Nothwendigkeit der Prüfung in einerbesonderen oder dir Budgetkommiffion nicht einsehen. Die mitdem Projekt verbundenen wtrthschaftlichen Zwecke find so be«deutend, daß eine eingehende Prüfung statifinven muß. Diedurch den Nord Oft iec- Kanal eintretende Verschiebung derwirthschaftlichen Vertältniffe ist so stark, daß ste von den de-denklichsten Folgen für das ganze Land werden können. Wirdder Kanal ohne den Ausbcu de» binnenländischen N'tzeS aus-geführt, so wird Englands Konkurrenz in der Nord undOstsee äußerst bedenklich gestärkt. Meine politischen Freundenehmen eine durchaus entgegenkommende Stellung zu derVorlage ein, wir bitten aber, die nöthige Vorprüfung durchdie Kanalkommisfion vornehmen zu lassen.Abg. Dr. Hänel: Die Herren Windthorst und Natorpbefolgen die Taktik, diese Kanalvor läge als Vo spann für an«dere Kanalprojelte zu benutzen. Für die interesfirten Herren istdas ganz richtig, aber sachlich liegt dazu nicht der mindesteGrund vor. ES handelt fich hier darum, die Seehäfen an derNnrd- und Ostsee in Vcrdinaung zu bringen und das Projektnützt beiden in gleich-r W ise; die Bedingungen der aus*wältigen Konkurrenz werden dadurch in keiner Weise verändert.Es handelt fich auch schlechterdings um keine neue Anlage, derEiderkanal hat fich schon lange als ungenügend erwiesen undseine Korrektion hat fich als nothwendig herausgestellt. Wirhaben allen Anlaß, diese günstige Konjunktur zu denutzen.Dieses Projekt aber mit anderen zu verquicken itt unmöglich.Es ist ganz auf fich selbst gestellt und muß in fich selbst de-urtheilt werden. Ich würde dem Herrn Staats �sekretär Unrecht thun, wenn ich seinen sachlichen und»utressenden Ausführungen noch ein Wort hinzufügen wollte.Ich empfehle in Uebereinstimmung mit Herrn Seelig die Ucber-Weisung der Vorlage an die Budgetkommisston.Abg. Dr. Windthorst: Daß die Herren aus Schleswig-Holstein diesen Kanal wollen und die anderen liegen lassen,verstehe ich. Das ist die Politik des absoluten Interesses.Wir Andere haben da? Interesse, für alle Theile Deutsch'andSgleichmäßig zu sorgen. Gewiß wollen wir die Nord- undOftsee verbinden, damit Hamburg und Bremen mit den Oft«seehä'en in Verbindung kommen. J h wünsche aber nicht, daßder ausländische Markt zu Ungunsten de« inländischen be.günsttgt wird. Da um wünsche ich den Bau dieses Kanals,aber auch gleichzeitig den Bau aller übrigen Kanäle. Ichschließe mich nunmehr dem Antrage an, die Vorlageeiner besonderen Kommisfion von 21 Mitgliedern zu über.weisen.Die Vorlage wird einer besonderen Kommisfion von 21Mitgliedern überwiesen.Es fvlrt die Berathung von Petit tonen.Ueder die Petition de» Oberlehrer Düte am Realprogym«nastum zu Marburg um gesetzliche Feststellung einer GehaitS»skala für die Lehrer höherer Lehranstalten, geht das HauS, demKommisstonSantrage gemäß, zur Tagesordnung über.Die Petition de» Gemcirderalhs zu Elten, betreffend dieUnterdaltung des WegeS von Elten nach Lobith, wird derRegierung zur Berücksichtigung, die Petition von Bewohnernder Insel Borkum, betreffend daS Grundduchwesen daselbst, alsMaterial überwiesen.Bezüglich der Petitionen von penfionirten Volks«schullehrern wegen Verbesserung ihrer Loge beschließtdaS HauS nach dem KommtsstonS- Antrage: in Erwägung, daß die Ausdehnung des LehrervenstonSgesetzeS vom6. Juli 1885 auf die vor dem 1. April 1883 emeritirten Volks«schullehrer rückfichtlich einer neuen PenfionSberechnung und Er«höhung ohne Mehrbelastung der Kommunen nicht ausführbartft, dagegen die königliche Etaatsrcgierung den Gesuchen derPetenten aus dem UnterstützungSfonds nach Bedürtniß undMöglichkeit seiner Zeit gerecht werden wird, über die Petitionenzur Tagesordnung überzugehen.Darauf werden die Wahlen der Abgg. v. Grote, Kleineund von Steinau für giltig erklärt.Schluß 1 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr.(Nachlragsetat.)zokales.er. Auch nicht Übel! Nachts zwischen 12 und 2 Uhr,wenn Berlin in tiefem Schlafe liegt, wenn man nach de»TageS Last und Mühe frische Kräfte zu erneut- r Thäligkeitsammelt und der Traumgott uns liebliche Bilder oo gaukeltvon schönen Zeiten, da wirkt ein Mann mit der Zähigkeit einesrichtigen KneipgenieS für unS sündige Erdensötne; nimmerruht er, wenn es gilt für die Ideale des ChristenthumS undder Judenh-tze einzutreten; mit einer wahrhaft stählernen Kon»stiturion sitzt er fich hinweg über die gewöhnliche TageSein-theilung, an die wir armen Menschenkinder leider immer nochgeduudiN find.-- In der Nacht zum Dienstag war's, wildbrauste der Sturm durch die Straßen Berlins, er klapperteHöhnisch mit den Scheiden der Laternen, die ihr fahle? Lichtin die Regenpfützen warfen und ängstlich strebte der verspäteteWanderer dem warmen Bette zu. Und wer leins sein eigennannte, zog den fahlen, verschossenen Rock enger um die Schul»lern und erwartete mit brennender Sehnsucht den kommendenMorgen. In dem Hause Friedrichstr.2l4, in den Räumen de»christlichenVereins herrschte jedoch noch reaeS Leben, mansah dort ab und zu eilig und gcheimnißvoll einen Mann mit aufge»klapptemRockkragen eintreten— hier ging entwider etwaS vor,»dermußte etwaS ganz besonderes loS sein. BeideS war der Fall.Man höre nur, waS die Zeitungen berichten:„In der Nachtzum Dienstag, zwischen 12 und 2 Uhr, fand in der Friedrich.straße 214, in den Räumrn drs christlichen Vereins, einereligiöse Kelln er- V ers a m m l un g statt,»u derdurch Inserate und durch direkte Aufforderung an 250 dergrößten Hoteis und Etablissements eingeladen worden war.Herr Hofprediger Stöcker hielt nach Gesang undGebet eine Ansprache. Nack Mitlheilung des Vorfitzendengiebt es in Beilin etwa 20 000 Kellner; die„Kreuzzeitung"fchäyt die Zahl der Anwesenden auf etwa 200. ES sollendiese mitternächtigen Gedetverjammlungen fortgesetzt werden,um den Kellnern, welche durch ihren Beruf Abends verhindertfind, Versammlungen zu besuchen, dazu Gelegenheit zu gehen,wenn ste von der Arbeit kommen." Armer Kellner, Dein«Arbeitgeber können fich nicht zu der Ansicht emporschwingen,daß Du für Deine gewiß nicht leichte Tbäligkeit auch einenregelrechten Lohn verlangen darfst, die Trinkgeldnickel kürztman Dir auf alle mögliche Weise, und wenn Du jetzt spätAbendS, nachdem endlich der letzte ausdauerndste Stammgastden. letzten Tropf,» getrunken und Dir für drei Gla« Bierwohlaezahlie 45 Vfenniae bezahlt hat und Du mit müden.vielleicht geschwollenen Beinen nach Hause wand-rn möchtest.dann gehe hin in das HauS deS christlichen Vereins und höredie salbungsvollen Wo te deS Herrn Ho'predigerS. Er wirdDir nachweisen, daß die Suchi nach dem Trinkgeld, auchwenn man sonst kein anderes Einkommen hat, eine sündige undverwerfl cheist und bei den erhabeni n Gesängen, die in ihrer Klang«färbe in der spätenAbendftunde entschieden eine gewiffeAehnlichkeitmit dem soeben in der Kneipe gehörten haben müssen, wirdDir ein großartiger Seifensteder aufgehen, und Du wirst ge«wehr werden, daß auf der Welt alles eitel ist. nalürlich außer— Herrn Slöcker.— Eins all>rdings möchten wir gernwissen, obgleich wir nicht gern möchten, daß wir in den V-r»dacht der Neugierde gerathen. Wieviel von den 200 Kellnern,die in jener nächtlichen Versammlung anwesend waren, mögendort wohl des bloßen„UlkeS" wegen erschienen sein? Auchwenn man nicht Hofprediger ist, dringen es die Umstände biS«weilen mit fich. daß man fich noch Nachts um 1 Uhr in einemRestaurant befindet. Dann gehört nicht viel Menschenkenntnißdazu, um zu sehen, daß die Kellner— was ihnen übrigen»ein vernünftiger Mensch auch niemals verübeln wird— selbstchristlich sozialen Erö trrungen nicht mehr so ohne Weiten s zu-gänglich find; fie find eben müde, und daS ist bei einer übir«ans langen und beschwerlichen Arbeilszcit doch nur natürlich.Wenn jedoch Herr S öckrr in seiner Weise für die Zerstreuungder Kellner sorgen will, so ist da» seine Sache, wir unsererseitswürden, wenn wir Kellner wären, viel lieber schlafen gehen.Die Fortführung der Stadtbahn bis zum Span-dauer Bock und die Errichtung emrr Haltestelle caselbft tolltenach einer dem„Börsen-Kur." entnommenen Nachricht in zu-ständigen Kreisen erwogen werden. Wie jetzt die„StaalS-bürgerzfg." von unterrichteter Seite erfahren haben will, be«stättgt fich diese N chrtcht nicht. Die dazu erforderlichen Kosten,die namentlich durch die Steigung jenseits der Ueberführungder Straße von Charlottenburg nach Spandau und dmch dieAufschüttung eines hohen Bahndammes in sumpfigem Trnainverursacht würden entsprechen keineswegs den Einnahmen auSdem Verkehr nach dem Spandauer Bock. Dieser Neubau wäreaber gar nicht nö htg, da die Lokalzüge nach Spandau— vonder Fiiedrichstraße aus— entweder nördlich auf der Hambur«ger Bahn, oder lüdltch vom Spandauer Bock auf der neuen,einen Theil deS Grunewald» durchschneidenden Bahn fortge-führt werden. Namentlich würde fich diese letztere Bahn, aufder verhältnißmäß g wenize Züge gehen, zu Errichtung einerHaltestelle, und zwar gerade an dem Punkte, wo o.rDurchgang vom Bock nach dem Grunewald ist, eignen. Esfind auch schon wiederholt P tilionen diescrhalb an dieE s-nbahnver-valiung ergangen, bis j tzt vera-benS; vielleichthat die neue Aktiengesellschaft mehr Erfolg. Die falsche Nach«licht ist wahrscheinlich eine Verwechselung mit dem Projekteiner Umwandlung der eingelerfigen Strecke der Bahn südlichvom Spandauer Bock, die allerdings mit den Geleisen desHanburger Bahn nicht» zu tbun hat. in eine zwetgeleifige.Mit der Ausführung d s Projekte» märe allen bis jetzt ent»gegenst-henden Hindernissen einer Haltestelle„Spandauer Bock"mit emem Schlage abgeholfen, und die Haltestelle würde bierin gleichrr Höhe mit dem Bock und im Grunewald weit besser