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Donnerstag, den 29. April 1886.

III. Jahrg.

Berliner Volksblatt

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner   Boltsblatt

a água Dorgens außer nach Conn- und Festtagen. bonnementspreis für Berlin   fret in's Qaus oiecteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 85 Bf. Boftabonnement 4. Starf Einzelne Nummer Bf. Sonntags- Nummer mit illuftritter Bellage 10 Bf. ingetragen in ber Boiseitungspreisliste für 1888 unter Nr. 769.)

Redaktion: Beuthstraße 2.

Abonnements- Einladung.

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» Berliner Volksblatt"

mit der Gratisbeilage

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Den neu hinzutretenden Abonnenten wird der bis jetzt erschienene Theil des spannenden Romans

gratis nachgeliefert.

Eine Mutter

von

Friedrich Gerktäcker

Expedition des Berliner Volksblatt", Berlin   SW., Zimmerftr. 44.

Bur Weltausstellung in Paris  . Unsere Stellung zu dieser Ausstellung, die im Jahre 1889 stattfindet, ist unseren Lesern bekannt. Wir begrüßen dieselbe mit Freuden und würden auf das Tiefste im In­tereffe des deutschen Wolfes es bebauern, wenn Deutschland  nach la bon der Ausstellung fern bliebe. and G

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Wir finden auch kein Hinderniß der Betheiligung ber Deutschen   an der Pariser Weltausstellung in der nationalen Ausstellung, welche im Jahre 1888 in Berlin   stattfinden soll. Im Gegentheil, man tann diese Ausstellung als ein glänzendes Vorspiel, als eine Vorprobe betrachten. Und wir sind keinen Augenblick im 3weifel, daß diese Probe trefflich ausfallen wird, da die deutsche Industrie, der deutsche Gewerbefleiß, die deutsche Kunst trotz der vielen Hindernisse, bie sich entgegenthürmten, in den letzten Jahren qualitativ bedeutend gestiegen find.

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Noch weniger aber befürchten wir, daß auf der Pariser Weltausstellung unliebsame nationale oder chauvinistische Busammenstöße stattfinden werden. Wohl wissen wir, es hüben und brüben an chauvinistischen Narren und Bösewichtern nicht fehlt, aber wir wissen auch, daß die geringfte Regung des Chau­vinismus, sollte sie fich auf der Weltausstellung zeigen, von der öffentlichen Meinung verurtheilt, vom Volke selbst ohne

Radbrud verboten.]

Feuilleton.

Eine Mutter.

Roman von Friedrich Gerstäder. ( Fortsetzung)

fo en Namen!" rief Pfeffer. Weshalb nehmen Sie nicht einen

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Aber Sie haben boch, zum Teufel, auch noch andere von denen?"

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Allerdings, Herr Pfeffer," sagte Rebe etwas verlegen, aber die anderen flingen eben auch nicht beffer. Ich heiße mit meinem vollen Namen Horatius Scipio Quintus."

Weiter nichts?"

Nanu bitt' ich aber zu grüßen!" rief Pfeffer erstaunt.

Mein Vater war ein armer Schullehrer," fuhr Rebe fort, ber für die Alten schwärmte er ist lange todt",

Insertionsgebühr

beträgt für die 4 gespaltete Betitzelle oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Bfennige. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 lbs Nachmittags in der Expedition, Berlin   SW., Simmerstraße 44, sowie von allen Annonc Bureaur, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Expedition: Bimmerstraße 44.

viel Federlesens und geräuschlos unterbrüdt werben würde. Und weil die Chauvinisten hüben und drüben wissen, daß fie ihre Schwäche verrathen und sich der Lächerlichkeit preis geben würden, deshalb werden sie auch selbst jede öffent­liche Regung des Chauvinismus im Reime erstiden.

Also nach dieser Richtung ist durchaus nichts zu be fürchten. Diejenigen Deutschen   aber, welche auf der großen Pariser Weltausstellung den hundertsten Jahrestag ber großen französischen   Revolution nicht feiern mögen, fönnen sich von der offiziellen Feier fern halten, aber es muß schon ein frebsrother Stockreaktionär sein, der bie großen Errungenschaften der französischen   Revolution, besonders in Bezug auf Kunst, Industrie und Wissenschaft nicht anerkennen wollte. Jeder gebildete Deutsche kennt den sozialen Segen, den auch und gerade für unser Vater­land jene Bewegung im Nachbarlande vor 100 Jahren ge­bracht hat.­

Das Rommissionsmitglied Jules Roche erklärte in der französischen   Rammer, nachdem er den der Ausstellung zustim menden Bericht verlesen hatte, noch folgendes:

" Ihre Rommission macht einmüthig alle patriotisch ge finnten Franzosen, die aufgeklärten Männer aller Nationen auf die Größe und Bedeutung der Weltausstellung von 1889 aufmerksam, welche die würdige Säfularfeier der französischen   Revolution sein soll. Sie muß nicht nur die sehenswertheften Erzeugnisse zur Schau stellen; fie muß vor allem ein weites und herrliches Bild des verflossenen Jahrhunderts, der während dieses Beitraumes in der befreiten und rehabilitirten Arbeit vollzogenen Wand­lungen, der Siege der Wissenschaft über die Natur sein, welche von Tag zu Tag den Bedürfnissen bes Menschen, ben fie fo lange gebieterisch unterjochte, mehr bienfibar gemacht wird. Von ben Sorgen und auch von den Jämmerlichkeiten des politischen Lebens in Anspruch genommen, vergeffen wir allzu sehr, daß der soziale Fortschritt nicht nur ben Verfassungen und Gesehen, sondern noch mehr den An­strengungen der Wissenschaft, den großen und immer wohl thätigen Befreiern entspringt. Die Weltausstellung von 1889 muß vor Aller Augen dieses Dogma der neuen Welt, welches sich auf die Vernunft und die Gerechtigkeit stüßt, stablend leuchten laffen." Nun, wer mag gerade vom Standpunkte der heutigen, herrschenden Gesellschaft aus diesen Aeußerungen entgegentreten?

-

Von allen Mitgliedern des Deutschen Reichstages wüßten wir am Ende nur drei: Die Herren Adermann, Kleift Rezow und Stöder die unduldsamen Ur­reaktionäre!

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Und wie fern von Chauvinismus, von Völkerhaß und Nationalitätsdünkel halten sich obige Worte des frans zöfifchen Rammerbeputirten. Also auf, nach Paris  !

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meine Rollen ab, und damit Basta wenn Ihnen eine von denen zusagen sollte, mit dem größten Vergnügen in das andere mische ich mich nicht. So viel sage ich Ihnen aber: hier wenn Sie wirklich Talent hätten tommen Sie zu nichts; Handor spielt Alles, also eine Aus ficht bleibt Ihnen nicht, und deshalb bitte ich Sie jetzt sehr ernstlich, daß Sie dem armen Mädchen, dem Jettchen, teinen weiteren Sparren in den Kopf setzen!"

Aber, bester Herr Pfeffer!"

" Ich glaube, Sie haben mich verstanden?" Bollkommen!"

"

Schön, dann brauchen wir auch weiter nichts darüber zu reben, und ich

die Thür auf und herein stürzte in größter Eile und mit Er wurde hier unterbrochen, denn in dem Moment flog

einem Allerseitigen Guten Morgen" Fräulein Baffini, Pfeffers älteste Schwester, ebenfalls Mitglied des hiesigen Stadttheaters- mit einem riesigen Toupet von hochrothen tion fügte er leise hinzu, und ich mochte ihn nicht dadurch noch Locken, dabei dekolletirt und sehr phantastisch angezogen. im Grabe tränken, daß ich den ihm einst lieb gewefenen Namen verwarf." Sie machte auch nicht viel Umstände.

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Sehr ehrenwerth, Herr Horatius Cocles Nebe  , wollt ich sagen," brummte Pfeffer, aber ich glaube, Sie haben Ihren todten Papa noch viel mehr damit gekränkt, baß Sie unter bie Romöbianten gegangen ober, wenn Ihnen der Ausdruck beffer gefällt, Mime geworden find. Keines­falls hätten Sie zu studiren gebraucht, um ein schlechter

Schauspieler zu werden."

Aber ich hoffe ein guter zu werden, Herr Pfeffer." Da haben wir wieber bie Hoffnung, und indessen be­schäftigen Sie sich mit Hinaustragen von Stühlen und Ab­Leiern von kleinen Rollen!"

-

" Fürchtegott," rief sie, ich habe meine Dose vergeffen und muß in die Probe, borg mir die Deinige." wie sie mit ihrem Theaternamen Fräulein Baffini hieß, ba ihr der Name Pfeffer zu prosaisch Klang- spielte Charakter- und Anstandsbamen. Sie war aber jeder 3oll eine Schauspielerin und, wenn auch schon im Anfange ber Vierziger was sie übrigens hartnädig leugnete, boch noch so liebenswürdig foquet, wie ein junges Mädchen von ftebenzehn Jahren.

-

,, Schon wieder einmal," fagte Pfeffer, wie es übrigens schien, nicht sehr erbaut von dem Ueberfall; merkwürdig, daß Du nie etwas von Deiner Auftakelei vergißt. Frauen­zimmer, wie fiehst Du heute Morgen wieber aus gerab' wie ein Pfingstocse!"

Weil ich keine größeren bekommen kann!" rief Rebe. benn ber Direktor auch nur bazu zu bewegen, mir ein mal einen Verfuch zu gestatten? Erlaubt er mir denn nur ein einziges Mal, zu zeigen, was ich willich fans? Ach, mein befter Herr Pfeffer, wenn Sie es nur ein einziges Mal bahin bringen könnten, daß ich..." einer 9abe mit der ganzen Schmiere nichts zu thun! Ich spiele Stebe!"

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Bleiben Sie mir vom Leibe," rief Pfeffer rafch; ich

Du bist und bleibst ein Grobian!" rief Fräulein Baffint, indem sie ohne Weiteres die auf dem Tisch stehende Dofe an fich nahm und einsteckte was müssen denn nur andere Leute von Dir denken. Guten Morgen, Herr

Aber nicht zum blutigen Waffentanze, nicht zur Entfachung des Völlerhaffes, sondern zum frieblichen, lehrreichen Wettkampfe auf den Gebieten der Wissenschaften, der Runst und der Industrie und zur Verbrüderung der Nationen.

Frankreich   und Deutschland  , die Nachbarländer, bewohnt von edlen Völkern, haben feinerlei Grund, fich zu hassen und zu befehden; ihre wirthschaftlichen Interessen laufen auseinander, fie bauen verschiedene Produkte der Landwirth schaft und auch die industriellen Erzeugnisse fordern nur in wenigen 3weigen eine ernsthafte Ronkurrenz heraus, in weit wenigeren 3weigen, als zum Beispiel fie uns in den stammverwandten Ländern, in England und Nordamerika  , erwächst.

Mögen die Nationen auf einer Weltausstellung gegen feitig fich die schönsten Produkte, die besten Erzeugnisse ihres Fleißes, ihrer Geschicklichkeit, ihrer Runst und ihrer Wissen schaft vorführen, um Handel und Wandel mehr zu beleben, um gegenseitige Achtung und Liebe zu erringen.

Und wenn Deutschland   eintritt in diesen schönen Wettkampf es wird in der vordersten Reihe stehen!

Welch' herrliches Leben wird sich in Paris   entfalten. Schon hat die Stabt acht Millionen Franks zur Aus­ftellung bewilligt und vier bis fünf Millionen sollen nachfolgen, darunter eine halbe Million als 3uschuß zu den Festen der Arbeitervereine.

Aber auch der Staat hat schon seine Busage gemacht. Eine Garantiegesellschaft hat sich gebildet, welche Antheil­scheine von je 500 Franks ausgiebt, für die eine übergroße Anzahl von Abnehmern sich finden wird. Die Franzosen wissen, was in solchen Fällen die Nationalehre erfordert.

So wird in Paris   Alles wohl vorbereitet zum Empfange ber Repräsentanten aller anderen Nationen, der Repräsens tanten auf dem Gebiete des Friedens und des Fortschritts. Mögen fich tüchtige Repräsentanten aus allen Ländern der Welt einfinden und möge vor allem Deutschland   nicht fehlen.

Politische Uebersicht.

Der Westfälische Handwerkertag zu Münster   hat die Feiertage benügt, um reattionäre Reden zu halten. Freiherr v. Schorlemer  .ift war so gnädig, das erste Referat zu halten und wußte fich und seine Freunde vom Bentrum bei den Ehrenmitglied- meinte er- des allgemeinen bayerischen und biederen Jnnungsmeistern in das beste Licht zu stellen. Als

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des allgemeinen deutschen   Handwerkerbundes, aber auch als attiver Handwerker bin ich aur Theilnahme an Ihrer Ber  fammlung wohl legitimirt; habe ich doch als Schreiner für die groben Klöße, die dem Handwerk in den Weg gelegt find, die paffenden groben Keile fabrisiren helfen und bin jezt als

Und willst Du nicht einmel zu Deiner Schwester hin übergeben? Sie ist nicht recht wohl."

H

Es hat schon zehn Uhr geschlagen, und ich komme im ersten Aft," rief Fräulein Bassini, und damit war sie aus der Thür verschwunden.

Als sie dieselbe öffnete, sah Sebe braußen in der Küche Henrietten stehen.

,, Also, mein lieber Herr Pfeffer?"

Nun, ich denke, Sie haben auch Probe; Sie machen ja wohl einen von den Ballgäften?"

,, Beiber," seufzte ber junge Mann, aber ich tomme erst am Schluß des zweiten Altes."

"

War mir sehr angenehm," sagte Pfeffer mit einer ausgeworfen hätte. Miene, als ob er ihn eben so lieb wie nicht zur Thür hin­

Rebe machte eine Verbeugung und verließ das Simmer. Wie er bie Thür hinter sich zubrückte, traf ihr Licht nur durch ein Thürfenster des Vorsaales erhielt, er vorn in der kleinen, der kleinen, halbbunkeln Küche, bie

Jettchen.

"

daß ich Ihnen wenigstens Guten Morgen fagen kann." Mein liebes Fräulein, ich banke meinem Schicksal, Leiſe. Guten Morgen, Herr Rebe," erwiderte Henriette

" Ihre Frau Mutter ist nicht wohl?"

Hoffentlich nur eine Erkältung."

Hoffentlich und Sie arbeiten so fleißig?" " Ich muß ja wohl."

-

" Sie glauben nicht, wie lang mir der geftrige Tag geworden ist wie lang mir mein übriges Leben werden wird."

Ich verstehe Sie nicht," sagte Jettchen Leiſe.

3hr Onkel hat mir mit ziemlich deutlichen Worten das Haus verboten und ich fühle selber, daß er dabei in seinem Rechte ist. 3ürnen Sie mir nicht, mein liebes Jettchen, wenn ich seinem Befehl gehorche- ich sehe ein, baß es sein muß."

Drinnen im 3immer flingelte es.

Mädchen.

Die Mutter verlangt nach mir," rief bas junge