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Freitag, den 30. April 1880.

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erlilmMKÄllit. Brgan für die Interessen der Arbeiter.

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Ul»l iw Kalkliiholdichl. Die letzte« Nachrichten aus Griechenland lauten wieder ungünstiger. E« gewinnt fast den Anschein, als wolle Griechenland offen darauf hinarbeite«, einen blutigen Zu« fammenstoß herbeizuführe», zu dem die Pforte, die froh ist, wenn man sie in Ruhe läßt, auch nicht den geringste« An« laß gegeben hat. Eine solche Haltung würde diese lleine Macht sicherlich nicht bewahren, wenn ihr nicht von Rußland der Rücke» gedeckt würde. Da» Spiel Rußlands ist nachgerade Jeder» man» klar und auch jene deutsche» Blätter, die sonst an da» Phantom de»ErbfieundcS* zu glauben pflegten, habe« sich dieser Tage voll äußerster Erbitterung gegen die unaufhör» lichen Friedentstörungen Rußlands im Orient ausgesprochen, diese Einsicht, vielleicht auch der Muth, sie auszusprechen, kommt freilich etwa» sehr spät. Und was tbun die Mächte? Sie berathe», berathen, berathe», und an diesen Berathuvgen nehme» die Diplomaten de» heilige« Rußland selber Theil und schlage« mit lächelnder Miene vor, den Friede« durch Befriedigung der griechischenAnsprüche" zu befestigen, wäh- rend zuglerch die Grieche« Anweisung habe«, u« keine» Preis»achzugeben und ihre Ansprüche so hoch als möglich zu spannen. Die russische Politik ist klar. Die Türkei soll durch

tZachdruck Btrtoten.]

IleuMeton.

.erstäcker.

M«e Mutter. Roman von Friedrich (Fortsetzung) Helene�leise� imtnet'% einmal zu schreiben, heimnch wahren will, darf man nie einem Papier �enn fein Mensch kann wiffen, wem *.5 1 einmal durch Zufall in die Hand t;->.»ur daran, wie Du selber da» heimniß Deiner Geburt erfahre«: nur dadurch, Deine Mutter diese nöthigste aller VorsichtSmaß. regeln versäumte, durch ewe« in Deine also»» ungerechte Hände gerathenen Brief. Nein, alle« Derartige entweder mündlich oder gar nicht abgemacht werden, und ohne Zeuge», schon Deiner Mutter und de«- schon Deinetwegen, und einmal habe ich de« Versuch aeän� gesehen, Felix?" rief Helene rasch und .. 5 i»-und mir kein Wort davon gesagt," setzte sie im. r�LUUtrsSvoll hinzu,war da» recht?" ,'4 Di, nicht unnöthiger Weise weh thu» wollte, Und wa» sagte

" sagte rief ihr als Ge- an« ei» .e» e« daß

. sie?" c."2ch hatte mich ihrem Gatte« und ihr, als ich damals �u« kaufte, an einem dritte» Orte vorstelle« laffe» « aesckl»« dann die Gelegeihett, nachdem der«auf ab» «MoÄ'.U"ch bei thne» als Nachbar, in ihrer etgene» viiit-«"zuführe». Natürlich war e, nur eine Form« S.» if 1 K eZf m das der Fall, so hätte Madame Baule»

diese fortwährenden Anzapfungen zu einem VerzweiflungS« kämpf getrieben weiden und dann muß sie untergehe», den« sie ist de» sie umgebenden Feinden nicht mehr gewachsen. Oder wen« die Türkei sich nicht zum Kampfe drängen läßt, so bröckelt Stück für Stück von ihrem Leibe ab und schließ- lich steht sie nur noch als ein Schatten von dem da. wa« sie emsten« war. Was ist der Türkei von de« Balkan- länder» überhaupt«och übrig gebliebe«? Za Europa wird sie bald nicht mehr Land übrig habe», wen» es so weiter geht, als seinerzeit da« byzantinische Kaiserreich, da e» von de» Türken überwältigt ward; hätte die Türkei ihre asiatische« Provinzen nicht, so wäre sie schon lange au« dem Reiche der Großmächte gestrichen worden. An und für sich kümmert un» da» Ver« schwinde« de» Türkenthums aus Europa sehr wenig; wir sehen e« gar nicht ungern, wen« der Halbmond nicht mehr am Bosporus domivirt. Aber die Sache liegt eben gegen» wältig so, daß in dem Moment, da der Halbmond au» Konstantiaopel verschwindet, die Russen sich dort festsetze«. Und damit wäre wohl der europäische Friede«in Drag, daß man für lange Zeit nur noch vom Hörensagen kenne« würde. Da» Ziel Rußlands ist, sich in Konstanttnopel festzu« setze«, heute verdeckt man dies Ziel unter diplomatische« Redensarten; zur Zeit Katharinas n. sagte man e» ganz offen. Wenn Griechenland die Türkei provozirt, so leistet es Rußland dieselbe Gefälligkeit, wie ftüher die Herzegowina und Serbien . Man wird vergebens nach Anhaltspunkten suche» zu einem Vergleich zwischen dem Griechenland von heute und jenem Griechenland , das sich im dritten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts zu jenem großartige» Kampfe gegen die Türkei erhob. Damals«ahm das ganze gebildete Europa Antheil an dem Kampfe und Tausende strömten herbei, der griechische« Sache begeistert ihre» Arm zu leihen. Aber wo find heute unter de» Grieche« jene Helden, die damals die Aufmerksamkett der Welt auf sich lenkte»? Man wird heute vergebens«ach Leuten wie Marko Bozzari», Miauli« und Kanaris suche«. Und auch die Sache ist eine andere. Damals konnte Griechenland , als der angegriffene und unterdrückte Theil, auf die Sympathie Europa's rechne»; beute handelt Griechenland im Interesse Rußlands und hat keine» anderen Zweck, als de«, die Verwinung auf der Balkanhalbinsel zu vermehre«. Darum wird e» heute auch kein Philhellenenthum mehr eben, sondern man begreift, daß Griechenland dieselbe llolle übernommen hat, wie Montenegro die Rolle de» Friedensstörer» auf russische « Befehl und in russischem Seit meh> den« einem Jahrzehnt hat Rußland die Balkanvölker nicht mehr zur Ruhe komme« lassen, mit ganz Und wa» sagte sie?" Ich hatte mich in unserer alten brasilianische» eundi» nicht geint," lachte Felix.Die Gräfin «ford konnte keine Ähnung haben, den« sie zuckte mit keiner Wimper, mein Name rief keine Erinnerung in ihrer Seele wach. Ich war ihr ei« vollkomme« ftemder Mensch." Und war sie gut, war sie freundlich?" fragte Helene, und ihr Blick hing angstvoll an de« Lippe« de« Gatte«. Sie war sehr vornehm und sehr stolz", sagte Felix »ach einigem Zögern;ich konnte nicht warm bei ihr werde«. Aber laß Dir da» keine Sorge» machen, Kind," fuhr er herzlich fort, al« er de» schmerzliche« Zug in ihrem Antlitz bemerkte;gegen eine» vollkomme« fremde» Menschen konnte sie ja auch kaum ander» sei«. Nur dürfen wir nicht« übereile« und müssen vor alle» Dinge« erst einmal bekannt mtt der Familie werden. Sie soll Dich erst sehe» und lieb gewinne», und dann findet sich einmal eine Gelegenheit, wo Du sie, am beste« hier bei un«, ohne Zeugen spreche« u»d Dich ihr entdecke« kannst. Willst Du da« mir über« lasse«?" Vo« Herzen gern, Felix." sagte Hele«e mtt tiefem Gr« fühl.Wem auf der Welt könnte ich lieber den heißeste« Wunsch meiner Seele anvertrauen, al» Dir, der Du schon so oft bewiese» hast, wie lieb ich Dir bi«, wie gut Du e» mtt mir meinst." Schön, meine Puppe," lachte da Felix wieder i« der alte«, muntern Laune und schloß sie in die Arme.Dann aber mach' auch jetzt'wieder ei« freundliche« Gesicht und laß Kummer und Sorgen fahre«. Wa» geschehe« kann, geschieht, dann habe» wir un« wenigsten» selber keine Vor» würfe zu mache». Und nun, Schatz, nimm Dich vor alle« Dinge» einmal Deiner Kinder an, den« die kleine Gesell- schaft macht ja draußen einen Heidenlärm." Ich kann sie nicht mehr bändige«, Herr Graf!" rief in diesem Augenblick die Bonne, die mtt ihnen au« dem Nebenzimmer kam.Günther will absolut hinaus auf de« Markt unter die Bude«, und Helenche« verlangt ebenfalls zur Musik!" Vortrefflich, dann gehen wir unter die Buden,"

geringen Pause«. Ob es Rußland ernsthaft darum zu thu» ist, den Baltanvölker» ihre Freiheit zu verschaffe«, diese Frage wird von Niemanden im Ernste ausgesprochen wer» den. In dem Moment, wo sich die Griechen darauf ein- lasse», die Siurmböcke für die russischen AnnektionSbestre» buage» zu fei», find sie russische Vasalle» und sie werde« da» auch bleiben. Wann wird die« einmal anders werden? Nu«, ent» weder lassen e» sich die europäische« Großmächte auf alle Zeit gefallen, daß ihnen Rußland ei» Schnippchen«ach dem anderen schlägt, und dann werden wir eine ständige Kriegsgefahr mit allem, wa« daraus entspringt, habe«. Oder man läßt sich die« G-bahreo nicht gefallen und schließt stch einmüthig gegen jene Macht zusammen, die ihrem ganze» Charakter nach eine asiatische und keine europäische ist. Leider ist die letztere Eventualität in weiter Ferne. DaS ist ei» trauriger Zustand. Jede» kleine Staatchen wie Montenegro und Griechenland kann, sobald eS will, die Orientfrage aufwühle« und die Gefahr«ine» europäische« Krieges nahe rücken. Wann wird sich Europa von dem russischen Alp, der so schwer auf ihm lastet, befteie«? politische Ueberstcht. Der Bertiner Demotratiseye Verein nahm in seiner Sitzung vom 22. April nack einem Referate de» Herrn Lede- bour über den Elberfelder Parteitag der rheintsch.w'stfälischen Demokratie aus Antrag de« Ausschuffe« folgende Resolution an:Der demokratische Verein ,u Berlin billigt vollkommen den auf dem Parteitage zu Eiberfeld ausgesprochenen Wunsch der rheinisch. w stsälischen Pattrigenoffen, mit der süd deut- scher, VollSp arte i ein freundschaftliches Verhältniß zu unterhalten, da dieser Wunsch mit allen btiheriaen«und- gedungen der norddeutschen Demokratie im Einklang steht. Der Verein betont aber, daß erst dann dieses freundschaftliche«er. haltniß zu einer Verschmelzung der beiden Pnteigruppen führen ÖÄWÄtta aa Ä"s: ma&rsA ober auch mcht eilig mit der Verbrüderung. Mtt der Ver» wird es noch gute Wege haben, da die Zustimmung der Volks- Partei von Untersuchung deS Beibringen» abhängen wird, dai die neuePartei einzuwerfen hat! Wir werden in der Saurengurkenzeit, wenn es uns an sonstigem politischen Stoff mangelt, auf die Weiterentwickeluna diese? wilth'"-"'-........- Ztg lachte Felix, dem e« ganz erwünscht kam, etwas ge» funden zu habe», wa« seine junge Frau für de« Augen» blick zerstreuen konnte, und et« Jubelgeschret der Kinder antwortete ihm. Helene war nicht recht damit«inverflande«, aber da« kleine Volk hatte einmal die Zusage und nahm de» Papa beim Wort, und die«öthige« Anordnungen waren bald ge« troffen. Es mochte jetzt etwa zwei Uhr fein; da» Diner, welche» da» junge Paar stets mit den Kinder« und der Bonne einnahm, war auf fünf Uhr bestellt, und mtt dem jubelnde» Knaben an der Hand, während Helene da» Töch» terchen führte, von der Bonne und einer Magd begleitet, die mitgenommen wurde, um die Kleinste von Zett zu Zeit »u trage«, fchrttten sie in da» Treiben hinaus, da« selbst bi» hierher seine Trabanten gesandt hatte. Die Schützen- wiese lag aber auch gar nicht weit von dort entfernt, und man konnte das Hämmer« der Pauken, wie einzelne Trom» vetevstöße und ebenso den scharfen, kurzen Krach der Büchsen» schüsse, wen« auch durch die Entfernung gemildert, doch deutlich bi» hier herüber höre«. Und die Kinder waren selig, den» überall bot sich ihnen Neue», Ungeahntes. Hier stand eine Polichinell- Bude mit de» kleine», de» weglichen Figuren und der geheimnißvollen, au« dem Kat- wnkaste» herauSklingenden Stimme. Dort auf einem große«, runden Tische, vo» zahlreichen Zuschauern umringt, gab eine bunt gekleidete Äffenfamilie ihre Vorstellungen. Da drüben wurde nach einer Reihe vo« aufgestellten Scheiben und Sternen mit Bolzenbüchse» geschossen, und wen« man da» Ziel ttaf, so sprang p ötzlich ein bunt gemalter Mann mit einer spitzen Mütze heraus, oder ein lauter Knall kün» dete den Treffer. Und dann die Karroussel«! Wie jubelte das kleine Pärchen, als es die bunt beflaggte» schwebenden Pferde und Wagen sah, und natürlich gaben sie keine Ruhe, bis sie mitten darin saßen und, vo» der Bonne und Magd bewacht, ihre« Rundritt machen durften. Der kleine Günther ließ aber richtig nicht«ach, bi« er auch auf ein» der kleinen Pferdchm gesetzt wurde, wo er versprach, sich tüchtig festzuhalten. Er faßte auch