Beilage zum Berliner Bolksblatt.

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Sonntag» den 6. Inni t8Mt.

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P arlamentsverichte. Rbaeorduetenhau». 90. Sitzung vom S. Juni, 10 Uhr. »m RegwunMisch« v. B o e t t i ch e r und Kommiffarirn. Nuf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Adstim- «ung über den Gesetzentwurf. betreffend die Anstellung und da» Dienstverhältnttz der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volks» schulen im Gebiete der Provinzen Posen und Westpreutzen. Abg. Szuman: Ei ist nicht meine Absicht, in die ma» terielle Diskussion dieser Vorlage von Neuem wieder etnzu« kcetm; alle« Wesentliche, waS in dieser Beziehung hat vorge- bracht werden können, ist bereits gesagt, und wenn sich auch vielleicht noch dieser oder jener Punkt hervorheben liehe, so hat der Kollege Windihorst vor wenigen Tagen mit Recht ge- sagt: Bekchlüffe, die im Voraus gefaßt worden find, würde selbst ein Engel, wenn er vom Himmel herabstiege, nicht mehr rückgängig machen können. Ich nehme aber die Gelegenheit wahr, um allen Denjenigen in diesem Hause, welche in diesem schweren Kampfe uns ihren Beistand ge- liehen haben, im Namen meiner Landsleute und meinem eigenen den tiefgefühlten Dank auszusprechen. Es waren dicht die Geringsten deS deutschen Volkes, die zu uns gestanden, und ihr Vorgehen wird dem deutschen Volke sicherlich zur Ehre »ereichen. Wir danken ihnen auS vollem Herzen. Schließlich habe ich noch im Namen meiner LandSleute und ich meine, auch im Sinne und im Geiste unseres gesammttn Volkes und namen, ltch verjcnigen, welche un» hierher gesandt haben, um 'hre Rechte zu vertreten eine Erklärung abzugeben, welche wie folgt lautet: Mit der Massenausweisung der Polen , welche nicht preußische Unterthanen sind, auS Preußen, und dem da« wit im Zusammenhang stehenden Antrage Achenbach ist ein vysiem von Maßnahmen und Gesetzvorlagen inaugurirt wor» ben, welches seine Spitze gegen die polnische Nationalität als wiche richtet. Eine Begründung dieser Maßnahmen auf -iechtsgrundsätze oder zwingende Roth ist nicht gegeben: Gegenthe'l verstoßen dieselben alle gegen die Grund- |e deS ChristenlhumS, der Humanität und wahren iiuliur, gegen naiürliches. Völker» und Vertragsrecht u>>d feierlich«, in der Gesetzsammlung niedergelegte königliche «echeißungen ebenso, wie gegen den Wortlaut und den klaren Sinn der Verfassung. Im Namen dieser Humanität, der Ge» wchtigkeit, des natürlichen und verbrieften Recht» legen wir hiermit gegen dieses und alle sogenannten Polengesetze Ver» Wahrung ein und erklären, daß wir an dem göttlichen und dem �iltraairecht, welche die Erhaltung unserer Nationalität ge- währletsten, mit ungebrochener Heftigkeit und Treue festhallen wollen, daß wir Niemandem das Reckt zugestehm können und wollen, diese Rechte gegen unseren Willen zu schmälern und einzuschränken, und daß, insofern diese Vorlage und alle son» stizen Maßnahmen unsere heiligen Rechte zu beeinträchtigen «nimmt und geeignet find, wir denselben jeden gesetzlich zu- �iftzen Widerstand entgegen zu setzen und alleS das vorzu«

LSViS-S Kampf kann nur die tiefste Verbitterung und Unfrieden zur jWge haben. Die Verantwortung für diese Folgen mag auf Menigen zurückfalle«, welche ihn ohne Notb herau» beschworen haben. Da» Urtheil, welches die zhilifirte Welt und rinftenS die Geschichte über dieses Vorgehen und unser Verhallen demgegenüber fällen werden dessen find wir in unserem Gewissen sicher wahrlich, eS wird nicht zu unserem vtachiheil ausfallen. Wir werden in diesem Kampfe ausharren n»gus ack frnem I(Lebhafte Zustimmung der Polen .) Die Vorlage wird von einer auS Konservativen, Frei- konservativen und Nationalliberalm bestehmden Mehrhett a n- ienommen; gegen dieselbe stimmm die Freisinnigen, die olen, das Zmtrum und der Abg. von Meyer(BrnSwalde). ES folgt die zweite Berathung deS vom Abg. S e e r be- »ntragten Gesetzentwurfes, betreffend die Abänderung der Ver- Ndnung über den V erkehr au f den Kunststraße n. "ach demselben soll für die Provinzen Schlesim, Westprmßen Und Posen für Fuhrwerke bei einer Ladung von mehr als 1000 bis 2000 Kilogramm einschließlich auf vierrädrigem Fuhr- werk, beziehentlich mehr als 500 bis 1000 Kilogramm ein» ichlirßlich auf zweirädrigem Fuhrwerk eine Breite der Rad» stlgendeschläge von weniger als 4 Zoll(10,46 Zentimeter) blS wob zu 6,5 Zentimeter einschließlich gestattet sein. Die Adgg Strutz und v. Haugwitz beantragen die Provinz Schlesim, Abg. Wessel dt« Provinz Westpreußm dem Gesetz zu streichen. Kerltaer Sotttttagsplanderei. . E. C. Die Zeite» find wirklich schlecht augmblicklich, °a» Gefühl der Unsicherheit und de« Gedrücktsein« herrscht Thrill, und nur wenige Mensche« giebt eS, die sich der ?Se«einen Mrsere entziehen können. Nur selten passirt »was, wa« die allgemeine Aufmerksamkeit längere Zell ,a Mruch nimmt: Alle« ist genau vorgezeichnet, unser öffent» Leben spielt sich wie ein Uhrwerk ab. auf die ange» Mete Versammlung folgt die versagte Genehmigung mtt selben Regelmäßigkeit wie die Nacht auf den Tag. i,. Und gräßliche Dinge gehen vor, die Zettunge« wage« Mibe» kaum anzudeuten, aber was sie erzähle«, genügt «M. um selbst vervenstarken Personen eine doppelte «ausehaut über das Kreu, zu jagen. Zu vinhundert Mann fetten sie im Walde, und Zeder zog eme rothe Düte her- und Zeder mehrere rotbaefärbte Eier so lasen wir SKoThÄK Hühnerei br? zum lebendig Ehrten Säugling ist doch

udesbrüder im schwarze« Erdtheil verzeichnet steht. Bu»ch das macht nichts, der Gin« ißt gerne rothzekärbte ja der Andere gekochte Krebse die Farbe allein thut s L aber wenn die Geschichte mtt de« rothe« E»ern L«. Aufsehe« erregt, wird ma« von jetzt ab überhaupt m?..Nfärbten Eier mehr fabrizire« dürfe». Wir kennen vi,"gs die Sprache der Farbe« viel zu wenig, .»°bea höchsten« einmal vom gelbe« Neide spreche« de» über wa« könnte so ew Berichterstatter au» schiede»«, Farbe« der Eier, die Jemand ißt, nicht kvmbiniren und leichtgläubige» Zeitung« aufbürd« l

Abg. Strutz befürwortet seinen Antrag. Für Posen möge ein Bcdürfniß nach solchen Gesetze vorhanden sein, in Schlifien nicht. Er schädige die Wegebauverdände und damit die Steuerzahler. Abg. Schmidt(Sagan) bestreitet dieS. Was für Posen gelte, treffe auch für Schlesien zu. Er bitte deshalb, dem in zweiter Lesung angenommenen Antrage von Huene gemäß auch Schlesien in daS Gesetz aufzunehmen, zumal da dieser Anttag mit so großer Majorität angenommen sei. Abg. Haugwitz tritt als MUantragsteller für den An- ttag Strutz ein. Er hätte nicht« dagegen einzuwenden gehabt, wenn Herr v. Hume nur den Regierungsbezirk Oppeln in den Geltungsbereich des Ges-tzes aufzunehmen beantragt hätte. Für Ätederschlesten dagegen läge um so weniger ein Bedürfniß vor, als hier fast nur landwirthschaftliche und wenig gewerbliche Fuhrwerke im Betriebe seien. Dieselben Interessenten, welche jetzt so eifrig die Ausdehnung dieseSGesetzrs auf die Provinz Schle» fien wünschen» würden recht bald bitten, sie um GotteS willen von dem Gesetz zu befreien. Denn st« würden die Erfahrung machen, daß in Folge desselben ihre Chausseen ruinirt und die Interessen der Wegebauverdände aufS empfindlichste ge» schädigt werden. Abg.». Huene kann die Besorgniß nicht theilen. Die zahlreichen Kreise, welche er befragt habe, wünschten dringend die Ausdehnung deS Gesetzes aut ganz Schlesien . Die Anträge Strutz und Wessel werden hierauf ab- gelehnt und daS Gesetz unverändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung im Ganzen angenommen. Damit ist die Tagesordnung erledigt. Der Präsident erbittet die Ermächtigung, Tag, Stunde unv Tagesordnung der nächsten nach Pfingsten, jeden- falls nicht vor dem 21. Juni, stattfindenden Sitzung den Mit- gliedern nach ihrer tzeimath hin mitzuthellen. Da» HauS ist damit einverstanden. Schluß 11 Uhr. Lokales. Der Gipfel de« Nachdruck«. DasCentralblatt für die Lextil- Industrie", eines der reichsten Unternehmcrorgane, de- mächligt sich in unerhörter Weise fremden geist gen Eigenthum». Allzu merkwürdig wäre die» nun gerade nicht, andere gewisse Zeitungen huldigen ja mit gleicher Vorliebe dem Sport deS Nachdruck! ohne Quellenangabe, bei dem genannten Fachblatt jedoch liegt die Sache etwa! anders. In seiner Nr. 21 dringt eS unterManuiakturwaaren und Konfellion" einen Theil der vor ca. 4 Monaten imBerliner Volksblatt" veröffentlichten Resultate der Enquete über Lohnverhällnisse der Berliner Frauenarbeit. Nicht nur, daß jeder Hinweis auf daS Eni- lehnen fehlt, hat das edle Unternehmerblatt noch die Kühnheit, den ge liehenen Artikel unter das ZeichenNachdruck ohne Quellenangade untersagt" zu zwingen. Nun find die bereit» früher gemachten Mittheilungen nochmals durch einen Theil der Presse gegangen und alle diesbezüglichen Organe nannten selbstverständlich das famoseCentralblatt für die Textil- Jndustrie" als Quelle. Es konnte jetzt sagen, seht, wir Arbeit« geber erwärmen unS auch für die armen Näherinnen. Doch schon in der nächsten Nr. 22 nahm die tapfere Zettungsieele Alles wieder zurück. Ein Trikotfadrikant, derca. 70 Ma­schinen und 150 Leute beschäftigt", wurde ins Treffen geschickt. Wir haben bereits Antwort gegeben. Und nun glaube man nicht, daß daS hier gekennzeichnete Blatt es für passend hielte, den Verfasser, welcher wochenlang mühsam daS Material zu- sammengettagen, zu entschädigen; weit gefehlt. Spott und schroffe Worte sind das Acquioalent. Wie dringend eine Anzahl der durch da« Brand- ««glück in der Schinkestraße geschädigten Familien der Hilfe bedarf, mögen unsere Leser au» nachstehendem Schreiben er- sehen, welches von Herrn Gustav Schulze, Vertreter des städti- schen OSnabrücker Steinwerks, Kottbuser Ufer 34, derPost" zugegangen ist:Von einem Augenzeugen wurde gestem Mittag das Elend und die Noth einiger Abgebrannten an dem Stammtische deS Witthaus'schen Restaurants, Oranienstr. 190, geschildert und unter dm S'ammgästen ein« sofortige Samm- lung beschlossen, die einige 30 M. ergab, um damit der größten Roth sofort zu steuern. Mit noch zwei Herren wurde auch ich detraut, die kleine Gab« nach Gutdünkm zu vertheilen, und begaben wir unS daher gemeinschaftlich zur Brandstelle, um die benöchigsten Abgebrannten persönlich aufzusuchen. Trotz- dem wir dereit» die verschiedensten Adressen von Bedürftigen gesammelt hatten, kamen wir doch nur erst zu einer Familie, der wir einstimmig deschloffm, unsere ganze Sammlung allein zu überlaffm. ES ist die» die Familie Haucke, deS Inspektor» deS Schönedergftchen FuhrgefchäftS, der di» auf ein paar Bett- die vie

stücke und die Kleider,

Familie am Körper hatte, Alle»

Ei« neue« Feld der Berichterstattung erschließt sich allen de» Leute«, die heute durch die Nichtgevehmigungen der Ver- sammlunam so schwer geschädigt find; bald wird es heiße»: .Im konservativen Bürgerverein Soundso wurden in der gestrige» Mitgliederversammlung himmelblaue oder grasgrüne Eier gegessen." Wie tief läßt ein« solche Mittheilung nicht de» gewiegte« Politiker blicke«. Und dann erst die ver- schiedme« Farbmkombinatione». Es bricht beispielsweise in einem solchen Verein ei« Streit aus; die eine Partei schwört zu Cremer, die andere zu Jrmer. Die eine Partei ißt dann nur kohlrabenschwarz gefärbte Eier, während die andere solche von einer Farbe genießt, di« es gar nicht giebt. Es läßt sich an der Sache nun leider nichts mehr ändern, und derTante Voß" gebührt der Ruhmeskranz, daß sie sich von jene« Berichterstatter zuerst hat Übertölpel» lasse«. Aber da« schadet nicht», da» neue Gebiet ist»«« einmal erschlossen, und nun fest darauf los fabrizirt, alle«, was die Feder führt. Doch genug vom Eiertanz, gehe« wir zu ernsten Sache« über. Die Parlamente find au», selbst di« Branntweinsteuer- kommission hat sich in die Büsche geschlagen und auch die Leute, die für fünfzehn Mark täglich Gesetze mache«, haben da« Geschäft geschlossen und widme» sich jetzt der ihnen so überaus»othwendigen Sommerruhe. Nur im rothe« Haufe hat die Sommerhitze die Väter der Stadt»och nicht über- mannt, hin und wieder reißt Herr Hoffman« II noch eine» seiner bekannten Witze, aber dann lagert's sich auch wie die Ruhe im Dornrösche« über die erhitzte und schwitzende Gesellschaft. Niemand sagt mehr ei» Wort, nicht einmal, wen» die sp überaus erforderliche» Erhöhungen der Dividende« der

verbrannt ist. Wir fanden die Familie Haucke, in der Hermannstraße Nr. 23 im Keller wohnend, im tiefsten Elend. Vier Kinder, davon ein vierteljähriges im Spahn- korbe, die drei anderen, an trockenen Brodrinden nagend, umgaben die Mutter, die auf dem einzigen Stück Möbel, daS sich in der ganzen Wohnung vorfand und allein gerettet war, das zugleich als Tisch und Stuhl dienen mußte, einem umge- kehrten Kommoder kästen, saß und abgehärmt, krank und elend vor sich hinstarrte. Die Frau machte den Eindruck, als ob sie ftüher bessere Tage gesehen hätte, die Kinder waren reinlich und schienen gut erzogen; der Vater war nickt anwesend, sondern in GrsckiLftm thäiig. Und in ähnlicher Weise findet die Wohlthätigkeit noch vielfach Gelegenheit, Wunden zu heilen, nur muß die erste Hilfe sofort erfolgen und zwar am besten an Ort und Stelle selbst und direkt. So war unS als dringend bedürftig noch die Wittwe Schulz, Kottbuser Damm, ein Anweiser und mehrere Kutscher der abgebrannten Ge- schäfte, denen AlleS verbrannt und verlorm ist, empfohlen. Auch der Fuhrherr Schöneberg selbst ist dem Wobsthärigkeits- sinn setner Mitbürger dringend zu empfehlen, da er den meisten und grüßten Schaden hat, der dadurch nur um so größer ist, als er noch nicht in der Lage ist, wieder sein Ge« schäft zu betreiben. Ich möchte durch dies« Zeilen nur Ihre Aufmerksamkeit erregen und Sie bitten, für die Bedürftigen noch einen Appell an die Herzen Ihrer Leser, an den Wovl- thätigleitsfinn der Berliner zu erlassen, durch sofortige Hilfe wenigstens dem größten Elend in Etwas zu steuern. Wenn die Wohlthätigkeit der Berliner Bevölkerung für fremdes Unglück ge- weckt werden soll, treten hohe Persönlichkeiten an die Spitze der Komitee'S; soviel mir bekannt, hat man dies in diesem Falle unterlassen. Man unterschätzt daS Elend, weil eS Be- dürftige find, die ihre Roth nicht Jedem klagen, sondern da» Unglück still und ergeben für sich tragen." Mit den letzten Worten mag eS der Einsender recht gut meinen, aber er täuscht sich.Hohe Persönlichkeiten" treten gewöhnlich nur an die Spitze von Komitees, wenn ei sich darum handelt, in den Zeitungen genannt zu werden, und die vielbesprochene Mild- thätigleit jener Kceise äußert sich nur dann, wenn in fernen, romantischen Gegenden irgend ein Unglück passirt ist. Hier in Berlin hat das Unglück und Elend nicht daS Poetische an sich, es ift ganz etwa» Anderes, wenn in Italien durch ein Erd- beben Menschen verarmen und umkommen, dann bildet sich sehr schnell in Deutschland ein Komitee, welches sammelt und Hunderttausende vielleicht Millionen aufbringt, und in Italien findet sich dann ebenso schnell ein Konsortium, welches diese Gaben in Empfang nimmt. Wo eigentlich die Gelder bleiben, davon erfährt man nie etwaS, bei dem Unglück auf Jsckia bat eS in Neapel beispielsweise die gemeinsten Skandalgeschichten über den Verbleid der Gelder gegeben ob die Unglücklichen wirklich etwas erhalten haben, darüber ist niemals etwas in die Oeffmtlichkett gedrungen. Aber das schadet auch nichts, die Hauptsache ist bei derartigen Sammlungen immer, daß man sich mit seiner eigenen Mildthätigleit brüsten kann. So ein gewöhnliches Brandunglück in Berlin selbst entbehrt zu sehr der Poesie, als daß«in wirklich mildthätigeS Herz dadurch ge- rührt werden könnte. Ein feiner Dienst. In vielen Zeitungen hört man häufig Klagen über schlechte Dienstboten, seltener jedoch nehmm die Blätter davon Notiz, daß es auch schlechteHerrschaften" giebt. Man sollte eigentlich meinen, daß Leute, welche fich Dienst- boten halten, mindester.» soviel Verständniß haben müßten, den Dienstboten ein angemeff-nes Quantum von Nahrungsmitteln zukommen zu lassen, damtt sie ihre, durch schwere körperliche Arbeit verbrauchten Kräfte wieder ersetzen können. Doch weil gefehtt. ES wird unS nämlich ein Fall mitgetheilt, der dazu angethan ist, ein recht drastische» Streiflicht auf die An- schauungen mancher Herrschaften zu werfen. Ein junge« Mädchen, so schreibt man un», kam vor einiger Zeit hier nach Berlin , um fich ihr Fortkommen zu suchen. Sie fand denn auch bald eine Stelle al« Dienstmädchen und zwar bei dem Kaufmann F. in der Kronenftraße, wo fie zum 1. d. M. zu­zog. Sie machte fich mit Luft und Liebe an die Arbeit, über deren Mangel fie fich gerade nicht zu beklagen brauchte. DeS Morgens erhielt fie denn auch eine Tasse Kaffee und zwei Semmeln, ei wurde schließlich Mittag, aber von einem weiteren Frühstück war kein« Rede. Mit einer solchen unfreiwilligen Sckweninaerkur war jedoch der Magen des jungen Mädchens in keiner Weise einverstanden, und fie erlaubte fich schließlich die bescheidene Anfrage, wie es eigentlich in dieser Familie mtt dem zweiten Frühstück bestellt sei. DieMadame" gab ihr zur Antwort, daß man sich einschränken müsse, außerdem würde man von vielem Essenungeftalten". DaS junge Mädchen schien aber von einem zweiten Frühstück keine besonderen Nach- theile für ihre Figur zu defürch-en und sie beschloß daher, fich au» eigenen Mitteln zu dekösiigen. Zu Mittag wurde dai Essen für dieHerrschaft" aus einem Restaurant geholt und

nothleidende» Pferdebahn-Aktionäre erhöht werde«. WeS- halb soll bei einer solchen Gelegenheit auch»och viel ge- redet werde». Daß die Leute die Erhöhung nicht misse« könne», liegt auf der Hand, jede» Kind weiß e« ganz genau, und die Väter der Stadt find dann auch so einsichtsvoll, ohne viele Redensarten zu verliere« in eine Verminderung der Laste«, welche eine Pferdebahnlinie an die Stadt zu zahle« hat, zu willige«. E» ist aber auch geradezu unver- zeihlich, daß bisher»och Niemand auf die glücklich« Idee gekommen ist, für die fast verhungernde» Aktionäre eine öffentliche Kollekte zu veranstalten, um denselben die so überaus»othwendige Erholung und Erquickung in Karlsbad oder Marienbad zu Theil werde» zu lasse». Wir find fest überzeugt, daß jeder Laternenanzünder und Straßen- reiniger eine» ordentlichen Posten Geld beisteuern wird, den» di« Leute könne» ja kaum noch wissen, was sie mit ihre« Mammon anfange» solle», und fie werden höchst- wahrscheinlich nicht so knickerig sei«, daß sie sich lumpen lassen, wen» es fich einmal um ein hochherziges Werk handelt. Selbstredend muß der Mensch haben, wa« er braucht. Die Pferdebahn muß mehr Geld verdiene», also her damit, Steuerzahler; die städtischen Arbeiter brauchen keine» Mi- nimallohn von drei Mark, also zugeklappt den Magistrat- liche» Xrnheim, denn wa» zu viel ist, ist zu viel. Und wem das nicht paßt, der kann gehe», e« ist schöne« Wetter draußen, wen» es nicht regnet. Er kann Landpartie» mache« oder angela gehe», beide« ist amüsant. Angeln ist fteilich besser, da« schärst die Geduld und den Durst, und bringt manchmal«in paar Jkeleie und ei« Strafmandat ei«. Geduld ist heute«othwendig, und ma« muß sich diese Tugend anzueigne« versuche«, auch wen« man niemals angela geht.