Fachberein der Tischler. Den Mitgliedern zur Nach richt, daß die zu gestern Abend nach Jordan's Salon, Neue Grünftraße 28, einberufene Generalversammlung des Vereins mit der Tagesordnung: 1. Vortrag des Herrn Dr. med. Weise über moderne Wundbehandlung. 2. Antrag eines Mitgliedes um Gewährung des Rechtsschutzes, nicht abgehalten werden fonnte, da die polizeiliche Genehmigung hierzu nicht ertheilt wurde.
Fachverein der Mechaniker, Dptiler, Uhrmacher, chirur gischer und anderer Instrumentenmacher. Mittwoch, den 23. Juni, Abends präzise 8 Uhr, im Lokale des Herrn Nieft, Kom mandantenftr. 71-72, Mitglieder. Versammlung. T. D.: 1. Be richt der Delegirten vom Verbandstage. 2. Disfuifton. 3. Ver. fchiedenes. 4. Fragelaften. Am gefl. Angabe der Vertrauens Ieute wird ersucht. Gäste willkommen. Aufnahme neuer Mit glieder. Die Mitglieder werden dringend ersucht, die ausge füllten Fragebogen abzugeben.
Oeffentliche Versammlung der Metallschrauben, Facondreher und Berufsgenossen Berlins Mittwoch, den 23. Juni, Abends 8 Uhr, im Lokale des Herrn Weid, Alexanderftr. 31. Tagesordnung: 1. Berichterstattung über den Verlauf der Arbeitseinstellung bei der Firma Erdmann und Groß. 2. Vorlage des zwischen Arbeitgebern und Ar nehmer vereinbarten Lohntarifs. 3. Generalabrechnung ber eingegangenen Quittungsliften. Alle Kollegen, ob Mitglieder oder nicht, werden ersucht, in dieser Versammlung anwesend zu sein, da dieselbe den vorläufigen Abschluß unserer Lohnbewes gung bildet.
Freie Vereinigung sämmtlicher in der chirurgischen Branche beschäftigten Berufsgenossen. Dienstag, den 22. Juli, Abends 8 Uhr: Statutenmäßige Mitgliederversammlung im Lokale des Herrn Seefeldt, Grenadierftr. 33. Tagesordnung: Preisdifferenzen in verschiedenen Gummi. und Metallwert ftätten. Diskussion. Verschiedenes. Fragelaften. Ausgabe der Billets zu der am 1. Auguft stattfindenden Dampferpartie nach Schmödwig. Meister und Säfte willkommen.
Senefelderbund, Mitgliedschaft Berlin . Dienstag, den 22. Juni, Abends 8 Uhr, Versammlung in Weld's Restaurant, Alexanderstraße 31.
Gauverein Berliner Bildhauer, Annenstr. 16. Heute fachlicher Abend, Vorlesung.
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* Rauchflub Zum Wrangel" jeben Dienstag Abend Uhr im Restaurant Wrangelstr. 32.
* Bitherflub„ Südoft" jeden Dienstag, Abende 8 Uhr, bei Schmidt, Manteuffelstr. 71.
Die Papierpräger der Berliner Luruspapierfabrit von Hain u. Mosler theilen hierdurch sämmtlichen Gewerts genoffen mit, daß fie in genannter Fabrit in Lohndifferenzen liegen, welche allem Anscheine nach in einem Streit ihr Ende nehmen werden. Die genannte Firma hat sich im Beitraum von 4 Stunden bereits nach anderen Arbeitskräften umgesehen und ist willens, falls fie teine männlichen Arbeiter bekommt, weibliche einzustellen. Die hier beschäftigten Arbeiter sind über. zeugt, daß der Streit im Laufe des Nachmittags ausbrechen wird, und erwarten von sämmtlichen Kollegen, daß fie den Buzug fern balten. Mit follegialischem Gruß die Arbeiter oben genannter Fabrit.
Vermischtes.
Eine drollige Gerichtsszene spielte fich unlängst in London ab. Mig Eveline Warrens, eine, wie sie selbst ver fchämt gefteht, gegenwärtig 48jährige Dame, tlagt gegen den 27jährigen Bantbeamten Albert Da auf Grund eines Heisaths antrags, welchen ihr derselbe vor Beugen angeblich am Dftermontag geftellt, und den einzulösen er sich nun energisch weigert. Jm Gerichtssaale ruft Mr. Da erbittert: Meine tugendhafte is, ich bitte Sie, endlich einmal haartlein zu erzählen, worauf Sie Ihre fühnen Ansprüche baftren." Leise sagt Miß Eveline: Wir plauderten bei einer befreundeten Familie im Gartensalon, mehrere anwesende junge Damen nedten Mr. Ya wegen seines eigenthümlichen Namens, auch ich schloß mich dem lojen Bolle an, und Mr. Da rief endlich: Mis Eveline, ich wollte, Sie trügen meinen Namen! Jft das nicht ein het. rathsantrag?" Wuthschnaubend schreit der Bellagte: Ja, ich habe das gesagt, aber ich wollte Ihnen damit nicht meinen Namen anbieten, ich dachte, es wäre besser, Sie trügen ihn, denn bei Ihnen ist feinerlei Aussicht mehr, daß Sie ihn an Kinder vererben, während ich noch eine tom mende Generation damit unglüdlich mache, auch meine Kleinen bereinst wie ich all' die schrecklichen Wiße zu hören bekommen werden, die fie mit dem Efel, an den mein Name mahnt, in Verbindung bringen!" Der Richter ist wohlwollend genug, Mr. Da von jeder Verpflichtung gegen Mig Warrens freizu sprechen, und leise schluchzend verläßt diese, triumphirend jener den Gerichtssaal.
Ein Todesthal, welches diesen Namen mit vollem Rechte verbient, findet sich in Kalifornien unter 116 Gr. 45 Min. Weftlänge und 36 Gr. 10 Min. Nordbreite. Das Thal ift 40 englische Meilen lang und 8 Meilen breit, zieht sich von Nord nach Süd hin und ist durchweg wüft und unfruchtbar wie die ganze Umgebung, an seiner Oftseite aber findet fich ein 15 Meiler langer Strich, in welchem die charal teristischen Eigenthümlichkeiten des Thales thren Höhe punft erreicht haben. Aus diesem Puit d'enfer heraus. autommen, ist nur ift nur äußerst wenigen äußerst wenigen von denjenigen Bersonen gelungen, die dort hineingetreten find, und was fie von dort berichten, hat man in geringerem Maße auch in den übrigen Theilen des Thales gefunden. Die Gefahr nämlich, welche der Aufenthalt in dem Thale jedem lebenden Wesen bringt, beruht auf seinen atmosphärischen Verhältnissen, welche zwet jedem Drganismus gefährliche Eigenschaften zeigen. Eine der selben ist die Site, welche in den furzen Wintermonaten derart ift, daß man am Rande des Thales ungefährdet athmen lann; sobald die talte Jahreszeit aber vorüber ist, geräth der Dfen in Bluth. Im April beträgt die Temperatur Tag und Nacht im Durchschnitt 90 bis 95 Grad, im Mai 95 bis 100 Grab und ein wenig später bis zu 125 Brad an den fühlsten Stellen. Dazu lommt eine intensive Trockenheit der Luft, welche einen ungeheuren Durft erzeugt, den zu stillen man absolut nicht im Stande ist, selbst wenn man unauf hörlich trinken wollte. Diefer enormen Hige und Eroden heit ist natürlich kein lebendes Wesen zu widerstehen im Stande und alles, was in ihren Bereich geräth, wird ausgebörrt und ist unrettbar dem Tode verfallen. Diesen verhängnisvollen Eigenthümlichkeiten ist es auch zuzuschieben, daß nähere Untersuchungen in diesem Thale nicht haben angestellt werden tönnen und man über dasselbe nur unzugänglich aus dem Munde von Personen unterrichtet ist, welche auf turze Zeit an ben am wenigften gefährlichen Stellen desselben geweilt baben. Das das Thal einschließende Terrain erhebt fich üerigens 1200 bis 2000 Fuß über dem Meere und die tiefste Stelle des Thales liegt noch unter dem Meeresspiegel, gewig ein seltener Fall in so bedeutender Entfernung vom Meer. Leider machen es die erwähnten todtbringenden Erscheinungen in dem Thale unmöglich, über die Natur derfelben jemals ge naueren Aufschluß zu erlangen, so daß die Ursache derselben wohl für immer ein Räthsel bleiben wird.
Die amerikanische Presse. Das fürzlich von Geo. P. Rowell u. Co. in New- York veröffentlichte Beitungs. Moreßbuch für 1886 giebt die Titel von nicht weniger als 14 160 Beitungen und Beitschriften, welche in den Ber. Staaten, und von 679, welche in Kanaba erscheinen. Die Bahl der in den Ver. Staaten erscheinenden täglichen Beilungen ist 1216, eine Bunahme von 33 seit 1885. Unter den Zeitschriften find 1200, welche ihre Abonnentenzahl auf höher als 5000 angeben. Es giebt 700 religiöse Zeitschriften, von denen die meisten in New
Dort, Philadelphia und Boston erscheinen. Die Sache der Pro bibitionisten verfechten 129 Wochenblätter und Beitschriften, während ihre Gegner nur durch acht Organe vertreten find. Die Seidenzaupenzüchter haben 3, die Jmter 6, die Hühnerzüchter Seidenraupenzüchter haben 3, die Smter 6, die Hühnerzüchter 32, die Babnärzte 18, die Stenographen 9, die Taubftummen und Blinden zusammen 19 Journale. Die Zahl der deutschen Beitungen und Beitschriften beträgt über 600; ihr zunächft fommt Die Bahl der in schwedischer, norwegischer und dänischer Sprache erscheinden, etwa 60, dann die in franzöftscher 42. Es giebt polnische und finnische Beitungen, und je eine Beitschrift, Die in gaelischer, hebräischer, chinesischer Sprache, und in dem Jolom ber Cherokee Indianer gedruckt wird. Dem diesjährigen Beitungs Abreßbuch ist eine Lifte der im Jahre 1776 in den Vereinigten Staaten erscheinenden Zeitungen und Beitschriften beigegeben. Sie enthält nur 7 Namen ein großartiger Kontraft gegen heute.
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Polizet. Zum Glück find die Verlegungen der Frau nicht lebensgefährlich, frühere Drohungen des Mannes und die fonftigen Nebenumstände legen aber die Vermuthung nabe, daß Benter seine Ehefrau vorsäßlich tödten wollte.
München , 18. Junt. Am Dienstag hat sich hier ein jun ger Mann mit dem Ausrufe:„ Ich will den Tod meines Königs sterben!" in den Stadtbach gestürzt; er wurde aber von berbeigeeilten Personen herausgezogen und scheint durch das falte Bad von seiner Zodessehnsucht geheilt au sein.- Aus Würzburg wird unter dem geftrigen Datum gemeldet: Die heute erschienene Nr. 142 der N. Bayer . Landes- Btg." wurde tonfiszirt. Anlaß bot eine längere Rorrespondenz aus München unter der Spigmarke Rönig Otto I. " Der Ausläufer eines hiesigen Geschäfts wurde gestern auf offener Straße irrfinnig, indem er schrie: Mörder! Bum König will ich, ich will ihn retten! Helft, Leute!" Nur unter Anwendung größter Gewalt fonnte der irrfinnig Gewordene dingfeft ge macht werden. Gestern wurden zwei Personen wegen un paffender Aeußerungen über die Borgänge in München ver haftet. Berhaftungen und Zeitungs- Konfislationen werden aus vielen anderen bayerischen Städten gemeldet.
Peft, 19. Juni. ( Selbstmord auf den Schienen.) Gestern Nachmittags warf fich in der Nähe der Kelenfölder Eisenbahnstation lurz vor Einlangen eines Buges ein ungefähr 35jäh riger, anständig gekleideter Mann auf die Schienen. Eine Rettung des Mannes war nicht mehr möglich und ging der ganze Bug über denselben hinweg. Der schredlich verstümmelte Leichnam wurde in die Todtenhalle des Rochusspitals be fördert.
Literarisches.
§ Julius Lippert, Kulturgeschichte der Menschheit in threm organischen Aufbau. Stuttgart , Ente 1886.( Erscheint in Lieferungen à 1 Mart.)
Die Kosten der Wirthschaft eines Millionärs. Mr. Gould's Wohnung in New Yort, ist ein einfach aussehendes, doppeltes Braunfteinbaus, dessen neres aber wahrhaft palaft doppeltes Braunsteinhaus, dessen neres aber wahrhaft palaft ähnlich ist. Die Gemälde an den Wänden haben allein einen Werth von einer halben Million Dollars, während Möbel und Ausstattung von der allertheuersten Art find. Die Familie wohnt im zweiten Stockwert und bestehen die Räume aus Schlafzimmer, Boudoir, Ankleidezimmer und Badezimmer, meist in blaßgrau und filber gehalten. Im Parterre bat die einzige Tochter eine ähnliche Reihe Bimmer in rosa und weiß. Im dritten Stockwerk befinden sich die Bibliothek und ein großes Kinderzimmer für die 3 fleinen Knaben, deren Lehrer 2000, 2000, 4000 und 1800 Dollars das Jahr erhalten. Auch Auch George Gould's Bimmer find in demselben Stockwert, während die Dienerschaft in der obersten Etage untergebracht ist. Der Haushofmeifter erbält 1000 Dollars, sein Gehilfe 400 Dollars, Mr. Gould's Diener 600 Dollars, der Obertoch und fein Gehilfe beide 1500 Dollars, die Wirth schafterin 1000 Dollars das Jahr. Der Tochter find 5000 Dollars jährlich für ihre Garderobe ausgesezt. Die Ausgabe für Rutscher und Marstall beläuft sich auf 6000 Dollars das Jahr. Der Landfts Gould's befindet sich in Irvington. Er laufte ihn im Jahre 1880 für 200 000 Dollars, jest wird er niedrig auf 1 000 000 Dollars geschäßt. Das in gothi fchem Stile gebaute Haus liegt am Hudson und gewährt eine prachtvolle Aussicht. Der Rasenplat um daffelbe ist 95 Morschung des wissenschaftlichen Stoffes eine bedeutende Gabe der gen groß und die makadamifirte Fabiftraße, welche dahin führt, eine viertel Meile lang. Der Befiz umfaßt 510 Morgen, wovon 200 Waldland find. Achtzehn Leute sind das ganze Jahr dort als Bedienstete, im Sommer aber steigt ihre Bahl auf nahe 100. Die Treib- und Gewächshäuser debnen fich über eine Fläche von 900 Fuß in der Länge und 450 Fuß in der Breite aus. Die Unterhaltungsloften des Landfiges in Irvington betragen, niedrig bemeffen, 380 Doll. täglich. Für seine Dampfyacht Atalanta" hat Mr. Gould 100 000 Dollars gezahlt. Das Schiff loftet ihm monatlich
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750 Dollars an Löhnen, 200 Dollars an Roblen, Reparaturen 2c. und 800 Dollars für allgemeine Ausgaben, wenn er mit seiner Familie an Bord ist. Wie sehr muß fich doch Mr. Gould früher geplagt und wie fleißig muß er gefpart haben, um jezt diese Früchte seines ,, EntbehrungsLohnes" genießen zu fönnen.
Ein noch nicht gefundener Planet. Bekanntlich wurde der Planet Neptun nach den Berechnungen des Aftronomen Leverrier gefunden, welche dieser auf Grund der Störungen des damals als äußersten bekannten Blaneten, des Uranus , angeftellt hatte. Man hat nun in ganz ähnlicher Weise aus Störungen in der Bahn einiger Kometen den Schluß gezogen, daß wahrscheinlich noch jenseits des Neptun ein großer Planet um die Sonne treift. Namhafte Gelehrte, mie Oppolzer und Watson find feft von dem Vorhandensein eines solchen Planeten überzeugt, dem bereits der Name Bullan, wegen feiner Nähe bet der Sonne, gegeben worden ist. Eben wegen bieſer Nähe der Sonne, welche ihn durch ihren Glanz über ftrahlt, ist es so ungemein schwierig, den Planeten aufzufinden, und manche angebliche Auffindungen desselben, wie z. B. bei der vollständigen Sonnenfinsterniß im Jahre 1878, haben sich als Verwechslungen mit Figfternen herausgeftellt. Der Direktor der Sternwarte in Washington , Mr. D. P. Zodo, hat mit feinem 34füßigen Teleskop nach dem Bultan, dessen möglicher Blag auf eine ziemlich eng begrenzte Stelle des Himmels be schränkt ist, eine mühsame Nachforschung gehalten, die aber, wie der Tgl. Rundsch." geschrieben wird, ein negatives Ergebnis hatte. Mr. Todd machte nun darauf aufmerksam, daß Die Frage am leichtesten durch Sternphotographie wird ent schieden werden können, da durch dieselbe die lichtschwächsten Dbjekte dem Auge wahrnehmbar gemacht werden. Die uf findung des fattsam besprochenen Nebels in den Ble Es mag jaden bietet ein Beispiel hierfür. bier übrigens der Drt sein, um den Lesern eine Frage zu be antworten, die vielfach an uns gerichtet worden ist. Es ist nämlich den meisten nicht phyfittalisch Gebildeten ein Räthsel, daß man am Himmel etwas photographiren lönne, was dem Auge an fich unsichtbar ift. Hierauf muß zunächst er. widert werden, daß es gewiffe Lichtstrahlen giebt, die eine bes sonders ausgesprochene chemische Wirkung befizen und auf das Auge nur wenig einwirken. Ferner aber liegt die Lösung des Pro blems in der Anhäufung der lange fortgesezten einfachen Lichtwir tungen. Das Auge ist nur imStande, eine furze Beit den Lichteindruck auf die Negbaut whiten zu laffen. Die photographische Platte aber, obgleich an fich weniger lichtempfindlich als das Auge, wird Der ftundenlang Willung eines und Des selben Lichtstrahls ausgesetzt, indem das Fernrohr dem Bilde des Sternes nachbewegt wird. Dutch Anhäufung der einzelnen Helligkeiten ergiebt sich dann eine auch dem Auge Direkt wahrnehmbare große Gesammthelligkeit.
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Kleine Mittheilungen.
Er durchschwamm
Hamburg , 20. Junt.( Menschenjagd.) Ein Handwerks bursche, welcher vorgestein Nachmittag von einem Ronftabler verhaftet wurde, weil er auf Rothenburgsort gebettelt hatte, enifloh dem Beamten, lief den Bolldamm entlang und sprang, nachdem er sich seiner Kleidung schon während des Laufens entledigt batte, in den dortigen Kanal. diesen, feine Kleidung in die Höbe baltend und erreichte glück lich Baalenwärber, während ein ihn verfolgender zweiter Kon stabler diesen Det mit einer Jolle erreichte und dann am Lande die Verfolgung des Flüchtlings fortsette. Diefer, durch einen von der Elbbrüde her auf ihn zukommenden Konstabler in die Enge getrieben, warf rasch entschloffen sämmtliche Kleidungsftüde von fich und sprang in die große Elbe . Nachdem er die felbe ungefähr bis zur Mitte durchschwommen hatte, wurde er von dem Strom erfaßt und elbabwärts getrieben und später Don einem ihm begegnenden Schiffer an Bord genommen und auf hannoverschem Gebiet ans Land gesezt, von wo er unan gehalten seinen Weg fortsegen tönnte.
Es ist noch nicht lange her, daß J. Lippert seine Lauf bahn als soziologischer Schriftsteller begann, beute steht er be reits mit in der ersten Reihe der modernen Soziologen. Seine Beschichte der Familie"( 1883) und feine Allgemeine Ges fchichte des Briefterthums"( 1884) haben bereits allseitige Be achtung gefunden, und da Lippert mit einer feltenen Beherr
Darstellung verbindet, so war er vor allem berufen, weitere Kreise in das Gesammtgebiet der Kulturgeschichte einzuführen. Bisher liegen uns von seinem neuesten Werte vier Lieferungen Dor, in welchen er nach einer Einleitung über die allmälige Entwidlung aller heute dem Menschen gleichsam ,, angeborenen" Eigenschaften und Triebe die ursprüngliche Ernährungs- und Lebensweise, die Familien- und Religionsformen, die Ent stehung gewiffer altruistischer Regungen neben den ursprüng lich beschränkt egoistischen, ferner die Sprachverbältniffe und die Ausbreitung der einzelnen Menschheitstheile be fpricht. Daß man hier immer mit Lippert überein ftimmen wird, ist bei der heutigen Unfertigkeit der Soziologie überhaupt nicht möglich. Die Hypothese ist heute noch das mächtigste Hilfsmittel der durch Comte neubegründeten Wiffen schaft und oft find natürlich für dieselben konstatirten That fachen mehrere hypothesen zur Erklärung dentbar. Lipperts Schriften verrathen überall eine starke Selbstständigkeit des Dentens und da lann es nicht ausbleiben, daß manche feiner Erflärungen Anderen nicht so swingend erscheinen wie ihm selbst. Aber das liegt, wie gesagt, nicht am Autor, sondern an ber Natur des Stoffes, und alles in allem verspricht Lipperts Wert die beste gemeinverständliche Busammen faffung der soziologischen Forschungen in ihrem heutigen Stande zu werden. Wir empfehlen es daber allen, welche fich für dieses in Deutschland noch immer vernachläffigte Gebiet der Wissenschaft intereffiren und werden bei Fortsetzung des Buches noch weiter auf baffelbe zurüd Tommen.
Sprechsaal.
Die Rebattion stellt die Benutzung des Sprechsaals, soweit Raum baffir abzugeben ist, bem Publikum zur Besprechung von Angelegenheiten allgemeinen Intereffes zur Verfügung; fie verwahrt fich aber gleichzeitig bagegen, mit bem Inhalt beffelben identifizirt zu werben.
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Bezugnehmend auf den in Nr. 140 des Berliner Bolts blatt" enthaltenen Bericht des Fachvereins der Steinbruder und Lithographen fühle ich mich verpflichtet, folgendes richtig zu stellen: Der Sis des Vorstandes des Senefelder Bundes befindet sich nicht in München , sondern der Bentral Ausschuß desselben bat fein Domizil in Frankfurt a. M. Außerdem steht der Senefelder Bund" mit dem in Frage stehenden Denkmal bes Altmeisters Senefelder durchaus in leinem Bus fammen. In Folge dessen tonnte von München aus auch lein Komitee eingefeg" worden. Das Romitee bat fich seiner Bit an den verschiebenen Drten von selbst gebildet, der Bentralfis derselben war wiederum Berlin . Von dieser Stelle erwarten allerdings alle Diejenigen, welche zu dem Denkmal beigetragen haben, immer noch einen Rechenschaftsbericht, welcher nunmehr burch die öffentliche Anregung wohl bald erfolgen dürfte. Albert Schulz, Borfigender, Chorinerstr. 84.
Letzte Nachrichten.
Zur englischen Wahlbewegung. Der tonservative helf Sporn Lord Churchill hat ein Manifest an seine Wähler erlaffen, in welchem er mit sehr scharfen Ausdrücken, ben Eigenfinn, den grenzenlosen Egoismus und die greisenhafte Eitelleit Gladstone's geißelt, welchen allein die gegenwärtige Krifts zuzuschreiben fet, und wirft die Frage auf, wie lange fich die Wähler wohl noch der Autotratie eines Breises, bie bereits im Jabre 1868 begonnen habe, unterwerfen würden. Gladstone verlange jegt ein Blebiszit für seine Person, welches an die schlimmsten Tage des zweiten Raiserreichs erinnere. Churchill beschwört die Wähler, der unendlich gefahrvollen Diftatur, welch Gladstone verlange, nicht zuzuftimmen.
In dem Proseffe wegen Ermordung des Ingenieurs Watrin in Decazeville hat das Schwurgericht des Aveyrone Departements die Angellagten Bedel zu 8jähriger Bwangsarbeit, Lescure zu 7jähriger, Blanc zu 6jähriger und Cauffanel 5jähriger Gefängnißftrafe verurtheilt. Die übrigen Angeklagter
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In der Nacht vom 19. zum 20. b. wurde Decazeville von einem großen Feuer heimgefucht. Fünf Bersonen find in den Flammen umgekommen. Die Kreu 8tg." glaubt, das Feuer sei von den von der Stompagnie zurüd gewiesenen Arbeitern angelegt worden.
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In Bremen ist ein Maurerftreit ausgebrochen.
Dem begnadigten und wiederangestellten Polizei tommiffar Meher scheinen die Kirchhofsvorgänge nur um Eine große Auf- furz nach seiner Suspendirung vom Amte eine Gehaltsgu Vortheil gereicht zu haben. Nach der Boff. 8tg." soll ihm
Burgstädt ,( Sachsen .) 19. Junt. regung entstand am Donnerstag hier in In der dortigen Selterwafferbude verabreichte die 26 Jahre alte, von ihrem Ehemann getrennt lebende Bergarbeitersfrau Benter Selterwaffer. Wiederholt hatte sich deren Ehemann am Donnerstag an der gedachten Bude zu schaffen gemacht. Auch als er Nachmittags bort verlehrte, laufte er sich ein Glas Waffer. Während nun die verebelichte Benker das Waffer ins Glas einließ, erfaßte fie plößlich der Ehemann an den Haaren, zog die Frau über den Budentisch hinweg und verseste der felben mittelft eines Taschenmessers mehrere Stiche in Kopf und Raden. Darauf reinigte er sein Meffer vom Blute, äußerte seine Befriedigung darüber, daß, wie er glaubte, er seine Frau getödtet habe und stellte sich freiwillig bei der
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heißt, von privater Seite gedeckt worden. Man hört auch, daß balb nach Meyer's Berurtheilung eine dessen Begnadigung erbittende Eingabe nach Berlin abgegangen ift, welche außer von Bewohnern feines Polizeibeziris von einflußreichen Män nern der nationalliberalen und tonservativen Richtung unter zeichnet war.- zeichnet war. Die Nationalliberalen durften natürlich nicht fehlen.
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Briefkasten der Redaktion. D. W. 8. Ihre Einsendung wird in einer der nächsten
Nummern veröffentlicht werden.
Verantwortlicher Redakteur R. Gronheim in Berlin . Druck und Verlag von Mar Bading in Berlin SW.. Beuthstraße 2.
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