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Nr. 144.

Donnerstag, den 24. Juni 1886.

III. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Drgan für die die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner   Volksblatt"

erscheint täglich Morgens außer nach Sonne und Feftiagen. Abonnementspreis für Berlin   fret in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Bf. Bostabonnement 4 Mart. Einzelne Nummer 5 Bf. Sonntags- Nummer mit der illuftrirten Beilage 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1886 unter Nr. 769.)

Redaktion: Beuthstraße 2.

Die Kolonialpolitik.

Man kann heute billiger Weise einmal fragen, was benn aus der vielberufenen Rolonialfrage geworden ist. Der Reichstag   hat ja seine Schuldigkeit" gethan; er hat bem Gouverneur von Ramerum eine Dampfbarkasse und im Weiteren für Ram run eine nicht unbedeutende Summe für die Errichtung von- Gefängnissen bewilligt, so daß die Bivilisation in vollem Staat ihren Einzug in jene Gebiete halten fann. Aber wo find jene rofigen Träume geblieben, bie über der äußeren Politit des Reiches wie leichte Wölf­hen schwebten, jene glänzenden Verheißungen, die uns glauben machen sollten, daß über Deutschland   nunmehr eine neue Mera bes Glüds und des Wohlstandes aufgehen werde, nachdem wir einige Rüftenftriche in Afrika   besezt und dort bas Reichsbanner aufgepflanzt hatten? Nun, in jener 3eit bes Rolonialfiebers" erhoben wir unsere Stimme, warnend und spottend zugleich, allein wir wurden so wenig gehört wie alle Anderen, die an den so grell gleißenben Traum nicht glauben wollten. Wir hatten ja 3eit, wir fonnten es ja abwarten, wie die Rolonialpolitik, Diese Sammlung sonderbarer Jbeen, verlaufen würde, ja, fonderbarer ist wohl noch kein Gebante gewesen, als ber, ein großes Volt in Mitteleuropa  , bas eine mehr als zweis taufenbjährige Geschichte hat, und heute an einer tiefen volkswirthschaftlichen Misere leidet, zu Wohlstand und Blüthe bringen zu wollen durch den Erwerb einiger Kleiner Landftriche in Afrika  , die sich noch dazu als gänzlich uns brauchbar erweisen. Wenn die Regierung von China fich die Lüneburger   Haide ankaufen würde mit der ausge sprochenen Abficht, baburch die ökonomischen Verhältnisse bes chinesischen Reiches zu heben, so würde diese Wirth fchaftspolitit jedenfalls eine sehr scharfe Kritik erfahren. Bet uns aber giebt es Leute, die Alles vortrefflich finden, was einmal im 3uge ist, wenn es nur den Segen von oben bat.

Die Warnungen erfahrener Aerzte, Naturforscher und Afrikareisenden haben nicht genügt, bas Rolo. nialfieber zu vertreiben. Erft als man preußische Unter offiziere   fuchte, bie in Ramerun gegen hohes Gehalt ben Gendarmendienst übernehmen sollten, und als man fast teine fand, ba wurden die Rolonialschwärmer denn doch flußig, benn wohin sich selbst ein preußischer Unteroffizier nicht zu geben getraute, da muß denn doch wohl nicht gut wohnen fein. Nun tommt aber auch noch der Bericht des Kom­missars Göhring über Lüderikland, welcher nachweist, bas bort eigentlich gar nichts von Bedeutung ist, als der Fisfang. Diesen reichen Fischfang könnte man, so meint der Bericht, so organisiren, baß die Fische in ihrer großen Anzahl als Dünger in Europa   verwendet werden.

Radbrud verboten.]

Feuilleton.

Eine Mutter.

Roman von Friedrich Gerstäder. ( Fortsetzung)

Am andern Morgen.

Lange hatten keine zwei, solcher Art zusammentreffende Ereignisse die Gemüther einer Stadt so gleichzeitig und in allen Schichten der Gesellschaft in Aufregung gefekt, als die in den vorigen Rapiteln beschriebenen.

Da war fast kein Haus in Haßburg, bis zu der niedrigsten Hütte hinab, das sich nicht für den einen oder andern Theil der Tragödie intereffirte, benn Graf Monford war nicht besser und genauer in den höheren, als Hanbor in ben mittleren Kreifen bekannt; und selbst die Handarbeiter unb Tagelöhner nahmen Partei in der Sache, denn fie alle fannten ben sogenannten alten Frik," ben Maulwurfs fänger, ber jest nicht auf einem einfachen Wildfrevel er wischt sein burfte, sondern jebenfalls bei der Flucht der jungen Gräfin geholfen haben mußte.

Es läßt sich denken, daß die abenteuerlichsten Ents tellungen dabei zum Vorschein kamen, denn nichts ist so toll und unwahrscheinlich, das nicht doch bei solchen Ge legenheiten eine Menge von Gläubigen und Weiterträgern fände. Leiber liegt es dabei nun einmal im Menschen- ober, wenn das zu allgemein ist, doch in dem größten Theil der zivilifirten Welt, daß fie am liebsten Böses oder Nachtheiliges von ihren Mitmenschen hören und es mit viel größerer Borliebe nacherzählen, als das Gegentheil. Selbst gute Menschen, bie nie mit Abficht einem Andern ein Unrecht ober einen Schaden zufügen würden, verweilen mit weit gespannterem Interesse bei irgend einer Schredenskunde, einem verübten Verbrechen oder einem Unglüdsfall, wie bei irgend einem freudigen Ereigniß, und betrifft die Sache nun gar bekannte, ober, noch mehr, befreundete Familien, so fönnen es bie verschiedenen Persönlichkeiten kaum erwarten,

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Insertionsgebühr

beträgt für die 4 gespaltete Beittzelle oder deren Haum 40 Bf. Arbeitsmarkt 10 Bfennige. Bei größeren Aufträgen bober Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin   SW., Bimmerftraße 44, sowie von allen Annoncen Bureaur, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Expedition: Zimmerstraße 44.

Also die Erzielung von Fischbünger als Resultat unserer tolonialpolitischen Bestrebungen! Der Herr Kommissar weiß wohl faum, wie es bei uns schon mit dem Fischdünger oder Fischguano, wie man nicht zutreffend sagt, zuge Bei Eckernförde   in Schleswig Holstein  gangen ist. werden oft so viele Häringe gefangen, daß die Räuchereien feine Verwendung für dieselben haben. Die Bauern holen sich dann die überschüssigen Fischmengen als Dünger gegen ganz geringes Entgelt. Es ist aber schon vorgekommen, daß die überschüssigen Fische zu zahlreich waren; die Bauern wollten sie nicht einmal umsonst haben und der Düngstoff vermoberte unbenutzt an der Küste von Eckernförde  . Man wird also teine große Sehnsucht nach den Fischleichen von Angra Pequena   haben und die natio nale Düngermiffion des Herrn überig dürfte von vorn herein keine Aussicht auf irgend welche Bedeutung haben.

Was wir dagegen an diesen famosen Kolonien haben, bas ist die Aussicht, durch dieselben den internatio nalen Berwidelungen und Streitigkeiten nalen Berwidelungen und Streitigkeiten näher gebracht zu sein, denn früher. Der Streit um bie Rarolineninseln hat bewiesen, mit welcher Schnelligkeit solche Streitigkeiten herbeigeführt werden fönnen. Nicht immer dürfte es dem Maun auf dem Stuhl Petri   zu Rom ge Nehmen lingen, folche Streitigkeiten zu schlichten. wir

an, daß zwischen England und dem Deuts Rolonial Konflikte entständen, und schen Reich baß fie sehr leicht entstehen können, liegt auf der Hand. England wird schwerlich den Papst als Schiedsrichter aner­tennen wollen, wenn es überhaupt gewillt ist, fich einem solchen zu unterwerfen. Und dann! Nun, wer möchte die Eventualitäten berechnen, die aus einer solchen Verwickelung entstehen tönnten!

Die Rolonialfchwärmerei dürfte jest so abgekühlt fein, daß man dieselbe taum noch für einen ernsthaften Faktor unferes politischen Lebens nehmen kann. 3u ben eigents 3u ben eigents lichen Rolonialschwärmern gehören nur noch jene Spieß­bürger und servilen Professoren, welche die Kolonien haupts fächlich für Deportations& we de erworben wissen wollten. Sie sprachen es ganz offen aus, daß sie so bach­ten. Sie glaubten, burch massenhafte Deportation fönnten fie sich der überflüffigen" Arbeitskräfte entledigen, und so­bachte man wohl auch daran, baran, die pos bann unbequemen Elemente abzulösen. Oppofitio litisch für ihre Preßverbrechen burch nelle Journalisten für ihre Preßverbrechen burch eine Reise nach Ramerun und einen unfreiwilligen längeren Aufenthalt in den so gepriesenen Gebirgen baselbst büßen zu lassen, däuchte manchem Philister gar nicht so übel. Doch auch hier sind die Bäume nicht in den Himmel gewachsen.

Faffen wir alles zusammen, so müssen wir zu bem bis fte im Stande waren, der Sache die weiteste Verbreitung zu geben. So verworren und unbestimmt alle folche ersten Gerüchte" aber überhaupt sind, etwas Wahres ist doch gewöhnlich daran, und die Gesellschaft hat besonders eine faum zu überschäßende Gabe im Kombiniren, was ihr in diesem Fall aber noch außerdem sehr erleichtert

wurde.

Wie der Gedanke schon an jenem Abend in der Hölle" aufgetaucht und ausgesprochen worden, daß die Flucht des ersten Liebhabers am Theater mit dem der jungen Gräfin auf bas genaueste in Berbindung stehen könne, so ver­breitete sich diese Erzählung des Geschehenen als unwider legbare Thatsache am nächsten Morgen durch die ganze Stadt, und die Gräfin Monford hätte jenes Abschiebsbillet zu verbrennen ge ihrer Tochter nicht so sorgfältig braucht; der Inhalt desselben fonnte nicht genauer überall bekannt sein, und wenn es Feodor Strohwisch selber ge­lesen hätte.

Es gab des Neuen aber in der That auf einmal zu viel, um es gleich ordentlich zu fichten und zu verwerthen, und wahrlich, der Stoff, wenn nur ordentlich eingetheilt, würde für den ganzen Sommer und bis spät in ben Herbst hinein gelangt haben, um die Gemüther in einer angenehmen Aufregung zu erhalten. So puffte les mit einem Male in die Höhe; es war ordent lich schabe.

Und dabei sollen die Damen auch noch ihren Put für ben heute Abend stattfindenden Ball herrichten, wo jebe darauf brannte, Besuche zu machen oder zu empfangen. Es war das schwierigste Stud Arbeit, das fie in ihrem ganzen Leben geleistet, und nur die Aussicht, auch dafür heute Abend wenigstens ihre Meinungen auszutauschen und noch eine Maffe interessanter Einzelheiten zu erfahren, konnte fie einigermaßen dafür entschädigen.

Unberührt von dem Auen saß indessen der Held des vorigen Theaterabends, Horatius   Rebe, in seinem leinen, ärmlichen Dachftübchen und träumte den verlebten seligsten Tag seines Lebens noch einmal burch.

Er wußte von Allem nichts, weder von Handor's

Schluß kommen, daß die kolonialpolitischen Bestrebungen ganzlich gescheitert find. Sie mußten scheitern, weil teine überfeeischen Gebiete mehr vorhanden sind, die sich zu einer vortheilhaften Koloniftrung eignen. 3u spät! heißt es auch hier und es geht Deutschland   wie dem Poeten bei der Theilung der Welt, nur mit dem Unterschieb, daß ihm kein Himmel offen steht.

Das hätte man alles vorher wissen können. Aber man schien es nicht wissen zu wollen!

Politische Uebersicht.

Zur deutschen   Gewerbeausstellung in Berlin  . Von den Gegnern dieser Ausstellung, die außerhalb des Reiches Hauptstadt ihren Wohnfis haben, meist Partitularisten und Egoisten, wird immer behauptet, daß die deutsche Großinduftrie in threr Gesammtheit dem Unternehmen fern stebe. Das ist nicht richtig. Gerade Großindustrielle von hervorragender Be deutung und zwar viele Hunderte an der Bahl haben fich für die Beschidung der Ausstellung entschieden. Unter denselben befindet sich auch die tönigliche Eragießerei( von Miller) au München  ; bann die fönigliche Porzellanmanufattur zu Meißen  . Es hängt nun im Wesentlichen von den Entschließungen des Bundesraths ab, ob derselbe einen Reichsauschuß von 3 Millio nen Mart gewähren will. Wir halten einen solchen Buschuß im Interesse der wirthschaftlichen Belebung für viel wichtiger und richtiger, als die vielen Millionen, welche die Reichsvers tretung für die deutsche Kolonialpolitit" verausgabt. Wir würden die Nichtgewährung der geforderten, vergleichungsweise sehr geringen Summe für die Ausstellung in Berlin   ganz bes sonders bellagen, weil dadurch Bundesrath und Reichstag roiederum zeigten, wie wenig Verständniß sie für die praktische

Förderung der wirthschaftlichen Intereffen in der That

beftgen.

Herr Windthorst, die fleine Erzellenz, ist in Dort mund auf dem latholischen Arbeiterverbandsfest am 19. und 20. b. M. in lärmendster Weise gefeiert worden. Am Sonn abend veranstaltete man ihm zu Ehren einen Fadelzug, am Sonntag einen Feftzug, an dem fich ca. 2500 Personen und vierzehn Mufitforps" betbeiligten; von auswärtigen Vereinen burg  , Böln, Dorſtfeld, Caftrop, Langenbreer, Sünne, Serne, Hamm  , Bulmte, Houtarde, Bochum  , Witten  , Barge, Schalle, Hagen  , Gelsenkirchen  , Uedendorf, Aplerbeck, Hörde, Watten fcheid, Recklinghausen  , Waltrop  , Gitel. Unter den Trans parenten, die im Festsaale nach dem Fadelauge fichtbar waren, tonnte man folgende bemerken: Wadrer Streiter, edler Rämpe, Stebe feft und wanke nicht, Deine scharf ge Kämpe, wette Plempe, Trifft so manchen faulen Wicht." Ferner: Der uns ben Kanal gegeben, Dreimal boch toll er heut wette Plempe, leben, Dortmund   preist Dich doppelt gern, Seit Du

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bift der Rettung Stern." Selbst die Germania  " vermag fich über diese Verse nur damit zu trösten, daß fie gut gemeint" gewesen seien.- Herr Windthorst sprach an beiden Tagen und aus der zweiten Rede heben wir das Folgende hervor:

wirklichem Durchgehen, noch von den Ereignissen, die fich in dem ihm überdies vollkommen fremben gräflich Monford'schen Hause zugetragen, und doch eigentlich die direkte Ursache seines gestrigen Triumphes gewesen.

Das Herz zum Berspringen voll von Glüd und Selig teit, gab er sich ganz bem einen erhebenden Gefühle hin, endlich seinen Beruf gefunden zu haben, daß seine 3u versicht, sein Vertrauen zu sich selbst ihn nicht getäuscht und daß er im Stande gewesen, nicht allein dem Publikum, nein, auch sich selber zu beweisen, er verdiene den Namen eines Rünstlers und sei besser als das, wozu man ihn bis ieht gemacht und gebraucht: ein Ausfüllfel für wertvollere Stoffe.

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Wie hatte ihn bis jetzt Alles unterbrückt und unter die Füße getreten, vom Direktor nieder bis zum Souffleur, der ihm ja hier in seinem eigenen 3immer gesagt, daß er lieber Schuster oder Schneider werden, aber jedenfalls bie Bühne verlassen solle, weil er fein Talent bafür habe! War ihm benn auch nur von einer Seite Aufmunterung und Trost geworden nur von einer Seite?" Aber ja, Henriette; fie allein hatte ihn immer getröstet, wenn er schon verzwei feln wollte, fie allein war lieb und freundlich mit ihm ge wesen und hatte ben armen Ausgestoßenen nie fühlen lassen, wie verloren und verlassen er in der Welt stehe. Und würde er sie wiedersehen? Gott   allein wußte es; denn er ging heute Morgen einen ernften Gang, und jeden Augenblic erwartete er den Freund, einen alten Rommilitonen, der hier bei einem Arzt als Famulus eingetreten war, zurück, um zu erfahren, welche Beit er mit Herrn Handor für ihr bestimmtes Renkontre ausgemacht und besprochen habe.

Und wenn er fiel?- bann mit Gott, er fiel boch ehrenvoll! Er hatte bewiesen und beweisen können, daß er ben Rampf nicht muthwillig und in Ueberschäßung seiner eigenen Kräfte gesucht, sondern daß er dazu burch ungerecht fertigte Mißhandlung und Herunterlegung gezwungen worden.

In diesem Augenblic flopfte es an die Thür, und ehe er noch Herein" rufen konnte, öffnete fich diese und der Erwartete trat ein.