Träger der gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial Demokratie " aus Berlin : fortzuschaffen, sondern daß fie auch noch geschäftlich labmzulegen find. Es hat demnach allen Anschein, als ob die Sozialistenmaßregelungen nunmehr in ein neues Stadium eintreten werben, und man darf also einigermaßen gespannt sein, was uns die nächste Bulunft auf diesem Gebiete bringen wird.

Unanfechtbare Boligen. Um den Weitläufigkeiten ein Ende zu machen, welche von den Lebensversicherungsanstalten so oft gemacht werden, wenn es sich um die Auszahlung einer fällig gewordenen Bersicherungssumme bandelt, find neuerdings Die Vorsteher einiger größeren Institute über die Frage in Er örterung getreten, ob es nicht angängig sei, unanfechtbare Boligen auszugeben, gegen deren Einlösung, sobald die Fällig teit nachgewiesen ist, absolut lein Einwand zuläsfig sein soll. Die Prämien für solche Versicherungen würden fich allerdings etwas höher geftalten, denn die Versicherungsinstitute müssen babet von der Voraussetzung ausgehen, daß fte alle iene Summen hätten sablen müssen, von deren Bablung fie in Folge begründeter Einwendungen frei geblieben find. Ganz besonders heille geftaltet fich nun die Frage, ob es angängig fet, auch beim Selbstmorde des Versicherten die verficherte Summe zu zahlen. Hier gehen zur Zeit noch die Meinungen der Fachleute weit auseinander. Während die einen der Un ficht sind, daß in dem Selbstmorde eine freiwillige Auf­lofungserklärung des eingegangenen Versicherungsvertrages feitens der Selbstmörders liege, und deshalb die Auszahlung ber Versicherungssumme in diesem Falle unthunlich sei, er bliden andere in dem Selbstmorde einen durchaus von dem freien Willen unabhängigen Aft, der durch äußere zwingende Verhältnisse bedingt ist. Eine dritte vermittelnde Richtung lägt diese Frage prinzipiell unentschieden, und will nur dann im Falle des Selbstmordes nicht zahlen, wenn der Selbstmord unmittelbar nach der Versicherung, also etwa innerhalb eines Sabres nach derselben erfolgt ist, weil dann anzunehmen sei, Daß die Verficherung bereits unter dem Vorsage eines baldigen Selbstmordes und in der Abficht einer Schädigung der Bers ficherungsgesellschaft und der Buwendung eines Vortheiles an die Empfänger der Versicherungssumme erfolgte. Es muß bedauerlich erscheinen, daß diese wichtige Frage lediglich von dem doch nur einseitigen Standpunkte der intereffecten Berficherungsgesellschaften aus erörtert wird; auch das Publi­lum hat hierbei ein mindestens gleich großes Intereffe und es wäre gut, wenn deffen Meinungen laut und deutlich gehört würden.

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Eine der winzigsten Baulichkeiten Berlins ist die jenige an der Grenze des Mühlendammes und Röllnischen Fischmarktes Nr. 1, gegenwärtig zu einer Obftbandlung" ein. gerichtet. Hier wurde im Jahre 1592 der noch jest erlenn bare ,, Mühlenweg" zwischen des Korschners"( Kürschners ) Haus und der Brücke" bergestellt, um bei Feuersgefahr zum Waffer bolen an die Spree gelangen zu können. Die Herrichtung berartiger Gänge, wie ein folcher aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in dem bebauten Durchgange Fischerstr. 30 noch vorhanden ist, war für die damalige Beit mit ihren pri mitiven Löschvorrichtungen geboten. Bezüglich des Mühlen. bammes sei erwähnt, daß die Bahl der dortigen Brände feit bem erften uns bekannt gewordenen, welcher am 25. Dezember 1579, Nachts 1 Ubr, bas neben der ersten Mühle gelegene Häuslein" des Messerschmieds Hans Außen verheerte, bis Aum legten Brande am 3. April 1838 ziemlich beträchtlich war. Merkwürdiger Weise fanden die meisten dieser Brände im De sember statt. Bei Anlegung jenes Wafferganges bestand der Rühlendamm noch aus einer mit Verlaufsbuden befeßten höl jernen Brüde längs des Gerönnes" vom Mühlenbof bis zum Rönnenftein" bei der Fischerstraße. Krämer und Handweiter, Handels- und Kaufleute hatten fich hier etablirt, und entrich teten dem furfürstlichen Mühlenhauptmann ein Stättegeld; bei Ausbefferungsarbeiten an den Mühlen mußten die Buden abgebrochen und demnächst wieder aufgebaut werden. In den Jabren 1657 bis 1698 war der Mühlenweg" Gegenstand eines Streites zwischen der Stadt Kölln uad dem Amte Müb lenhof. Jene beanspruchte ihn als ihr Eigenthum, das Amt führte dagegen den Nachweis, daß es d n Bang schon im Jabre 1605, als der Kurfürft die nicht zur Ausführung ge langte mafftoe Erbauung der Buden beabsichtigte, durch einen Thorweg verfchloffen habe. In diesen Gegenstreit mischte sich Dann der Apotheker Benzer, welcher den Gang als eine Ber tinens feines Hauses am Fischmarkt"( Nr. 1) beanspruchte, doch fiel die schließliche Entscheidung zu Gunsten des Amtes Mahlenhof aus.

Die Tage des Mühlendammes find gezählt und da­mit die eines ganz eigenartigen Stüdes Berliner Geschäfts lebens. Nur hier findet man noch die Bilder für bestimmte Stände, welche verschiedene Handwerke, die Schifffahrt, die Jägeret u. dal. glorifi iren. Daneben den ,, Hamburger Laden" für Schiffer mit wollenen Jacken, vosen von englischem Leder, Windflaggen u. a. m. Bu ibnen gesellt fich eine Semmel und Kuchenbude als Auswahl der einstigen Bäderichragen, eine Tuchhandlung, beren es früher hier eine ganze Anzahl gab, als man das Zuch zu den Anzügen in Berlin noch selbst eintaufte; Kaleoder, Blaneten und Traumbuchhandlungen, und endlich jene: Läden mit bundertlet Nichtigkeiten; Spielfachen, Radauflöten, Vegirapparate, Scherz. Artikeln c., beren Fabrikar ten noch unentwegt der Devise, billig und schlecht" buldigen.

Zur Warnung. Unter Bezugnahme auf die in den legten Tagen an den Anschlags äulen erichienenen Bekannt machungen über die Annahme und Beförderung von Stadt­briefen durch Privat Unternehmungen( Berliner Badetfabrt Gesellschaft, Verein Hansa) wird darauf aufmerksam gemacht, daß nach§ 1 des Postgesetes die Beförderung verschloffener Briefe gegen Bezahlung awtichen awei Drten mit Poftanftalten auf andere Weise als durch die Poft verboten ist. Danach würde also Jemand, welcher einen Brief von Berlin nach Schöneberg oder Wilmersdorf a. mit einer solchen Privat Unternehmung verschickt, der gefeßlichen Strafe verfallen.

theilweise auch erhöhten Verdienst brachte, vermochte dennoch nicht, die Wunden, die der Winter geschlagen, völlig zu heilen. Dazu kam das fröhliche Pfingstest, welches Jeden, wenn auch wider Willen, zu größeren Ausgaben veranlagt hat, als sein wirthschaftliches Budget eigentlich erlaubte. Dieses außer ordentliche Defisit muß naturgen äß durch außerordentliche Mittel gedeckt werden und so werden schweren Herzens die Feftgewänder ausgezogen und nebft anderen entbehrlichen" Dingen dem Arsenal des Leibamtes einverleibt Dingen dem Arsenal des Leibamtes einverleibt mit schwerem Herzen, denn mer weiß, ob wir uns wiedersehn!

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Sic transit gloria mundi! So vergeht der Welt Herzlichkeit, fann man gegenwärtig beim Anblick des alten Ge richtsgebäudes an der Ede der Charlotten und Bimmerstraße richtsgebäudes an der Ede der Charlotten und Bimmerftraße fagen. Ene definitive Bestimmung über das alte Gebäude scheint der Justizfistus noch nicht getroffen au haben und so bat denn eine prootio ische Vermiethung der Räume stattge funden. Wenn in den Räumen, wo ehemals die Heirathalon sense für noch unter Vormundschaft ftebende Verlobte ertheilt wurden, fich heute ein Möbellager zu hochzeitsausstattungen befindet, so ist die veränderte Bestimmung dieser Räume doch noch auf die gleiche Ursache zurüdzu ühren; wenn aber an dem felben Blaz, an dem früher der Richter in Robe und Barett Recht sprach, heute allabendlich frischer Kartoffel Buffert servirt wird, so ist der ewig ruhende Bol in dieser Erscheinungen Flucht nicht leicht zu finden. Wäre es nicht vedmäßig, wenn der Juftigislus bei solchen Vermiethungen beschränkende Be ftimmungen hinsichtlich der Benugung der Räume träfe aur Wahrung der äußeren Würde der Juftis, die ja in der Ein führung von Robe nnd Barett zum Ausdrud gekommen ist? Bei provisorischen Vermiethungen alter Gebäude paffirt es leicht, daß lichischeue Gesellschaft hier ihr Unterlommen sucht und findet, und es wäre doch ein recht interessantes Schau spiel, wenn im Justizpalaft zu Moabit Dinge verhandelt würden, die unter dem schüßenden Dach des alten Gerichtsgebäudes fich ereignet haben.

Der von den Arbeitern der Kettner'schen Fabrik für chirurgische Instrumente für die Abgebrannten in Rigdorf gesammelte Betrag von 12.80 M. ift am Sonnabend vor Pfingsten von Herrn Gries an Herrn Hande , Herrmannftr. 23, abgeliefert worden.

Das diesjährige Sommerfest der Tapesirer Berlins und ihrer Familien findet am 19. Juli in Bublmann's Baude ville. Theater in der Schönhauser Allee statt und wird u. A. aus Theatervorstellung, Ball, Kaffeekochen, Kinderbeluftigungen u. f. m. bestehen. Der gefällige Wirth hat dem Vergnügungs fomitee die weitgehendsten Kongeffionen gemacht, so daß ein Festerfolg selbst für den Fall ungünftiger Witterung als ge. fichert zu betrachten sein durfte. Bei startem, frequentem Billetvertauf würde sogar ein erheblicher Ueberschuß zu erzielen sein. Bu diefem Swede erfucht die Vergnügungstommiffton, dem Billetverkauf den weitesten Umfang zu fichern, erfiens, weil die Hälfte dieser Einnahme dem Berliner Bewert der Tapezirergehilfen gehört, während der gesammte Erlös aus dem Billetoerlauf an der Kaffe dem Wirthe zufällt und aweitens, well beabsichtigt ist, das Lolal möglichst für Fremde abzusperien.

Von eigenthümlichen Lähmungserscheinungen ist ein Arbeiter betroffen worden, der gestern vom Profeffor Mendel in der Berliner medizinischen Gesellschaft vorgeführt wurde. Demselben find an der rechten Hand drei Finger und an der linten zwei gelähmt, während die übrigen vollständig von dem Leiden verschont geblieben find. Der Battent arbeitete früher in einer Gummifabrit, und auffallender Weise find gerade die jenigen Finger von der Krankheit ergriffen worden, die er da zu verwenden mußte, um das Gummi in lösenden Schwefel. fohlenstoff au tauchen. Auch bei den anderen Arbeitern der Fabrik bat fich eine allerdings weniger intenfive Wirkung Dieser Thätigkeit in dem Bittern der Hände bemerkbar ge macht.

Ueber den Schiffling'schen Doppelmord und die Ver­bältnisse der davon zunächst Betroffenen find vielfach unrichtige Mittheilungen in die Preffe gelangt. Es wird uns nunmehr von einem Berichterstatter, welcher seine Information bei dem Bruder der ermordeten Frau Schiffling, Herrn Dreilant, ein gezogen bat, u. A. mitgetheilt, daß die Nachricht, die fleine Anna Schiffling solle wegen beginnender Melancholie nach Luckenwalde übersiedeln, Herrn Dreilant selbst aufs höchfte und Unangenehmste überrascht hat. Die tleine Anna befindet fich in der Pflege der Dreilani'ichen Eheleute recht wohl, um fomehr als sie fich in Gesellschaft einer beinahe gleichaltrigen Nichte befindet, welche die kinderlosen aber defto linderfreund Itcheren Dreilant'ichen Eheleute schon vor Jahren zu fich ge­nommen und die bisher schon die Spiellameradin der Anna gewefen ift. Sollte sich die Nothwendigkeit einer Abwechselung im Domizil zeigen, so würde Herr Dreilant, als Pflegevater und Vormund, doch zunächst dem Verlangen seines Bruders in Fabremalde bei Landsberg a. W. entgegenkommen und dies ibm so liebgewordene Kind auf furze Beit überlaffen. Die Nachricht, daß das Kind nach Ludenwalde lommen sollte, schmerzt ihn umfomebr, als die Familie dort gar leine Ver wandte bat und irgend ein erfindungsreicher Berichterstatter nur aus dem Unftande, daß er( Dreilant), bisher den Vertrieb für eine Ludenwalder Braueret batte, auf ein Familienverhältnis geschloffen haben tann. Herr Dreilant führt im Intereffe feiner Nichte das Geschäft ihrer ermordeten Eltern in der Mödernstraße 78 so lange fort, bis er es preiswerth veräußern tann, für sein eigenes Geschäft hat er inzwischen einen Stell vertreter bestellt. Das Geschäft in der Mödernstraße 78 ist feit Montag eröffnet, der Andrang soll in den Abendstunden und besonders des Sonnabends und Sonntags ein rapider sein. Die unheimlichen Reminiszenzen an den Mord, die Waschschüssel mit dem Blutwaffer und die Frühstücksteller auf dem Tisch in der Küche find entfernt, sonst ist noch alles in tatt erhalten und zwar auf besonderen Wunsch der Behörde. Der Berichterstatter hat das Wohnzimmer, in welchem der Mord verübt wurde, in Augenschein genommen und giebt uns darüber folgende Schilderung: Das Bimmer ist eine im Par terre des Border hauses belegene sogen. Berliner Stube" von geringer Breite, der Eingang zu derselben führt über einen Korridor, von dem man links zu der Vorderstube und rechts zu der Küche des benachbarten Miethers gelangt und zwar liegen die drei Thüren so bart aneinander, baß man vergebens versuchen würde, eine E: llärung für die Basfivität der nächsten Nachbarn zu finden, wenn nicht bereits bekannt geworden wäre, daß die Schiffling'ichen Eheleute nicht immer friedlich mitein. ander verlehrt haben. In dem Bimmer selbst befindet sich an der rechten Wand, welche die Scheidemand der benachbarten Küche bildet und an beren äußeren Ende fich das nach dem Hofe zu gebende Fenster befindet, zunächst das Bett des Man nes. Die Matrage desselben zeigt noch die Blu fl de und an den hellen Tapeten der Wand reichen die Sprizfl de bis zur Mannesböbe an denselben, und zwar am Fußende des Bettes befindet sich ein großer blutiger Fleck, der nach den Erklärungen des Herrn Dreifant und auch augenscheinlich durch das Auf werfen der blutigen Betten dahin gekommen ist. Anschließend an das Beit des Mannes und bis unmittelbar zum Fenster reichend, befindet sich das Beit der Frau. Die Schmalseite des Bimmers, nach dem Seitenflügel des Hauses zu belegen, ift burch eine Polstergarnitur( Sopha und Seffe) und dasor be findlichen Sophatisch so beengt, daß es erklärlich erscheint, wenn die aus dem Schlaf aufgefchredie und angegriffene Frau nicht sofort das Freie gewinnen, resp. zum Fenster gelangen fonnte. Gegenüber den Betten befinden sich an der andern Wand zwei Kleider pinden, in beren einem fich das bereits an gegebene Geld befunden, ein Wäsche pind und dicht daneben, gegenüber dem Bett des ermordeten Vaters, die eiserne, sogen. und das furze Fühjahr, in dem die unterbrochene Thätigkeit Felbbettstelle, in welcher die fleine Anna geschlafen. Die Frau muß nach der Beschreibung( fle soll mit den Füßen nach ihrem

Eine für die Fußgänger äußerst lebensgefährliche Paffage wird gegenwärtig an der Dranienbrüde geschaffen. Bur Herstellung der beiden erhöhten seitlichen Uebergänge aur Verhütung von Baffanten Vertebraftodungen bei Schiffsdurch laffungen steht man im Begriff, die beiden jeßigen Fußgänger. wege gänzlich abzusperren, wodurch die Fußgänger gezwungen werden, ihren Weg zwischen den Pferdebabn und anderen Fuhrwerken hindurch zu nehmen. Bei dem hier ununterbrochen ftarten Baffantenverlehr und der verhältnismäßig geringen Breite der Brücke ist das Bafftren derfelben nur mit größter Gefahr für das Leben und die Gesundheit zu ermöglichen.

Frohe Fefte- saure Wochen. Wie jeder Ueberan Spannung der menschlichen Kräfie fei es, auf welchem Ge biete es auch immer wolle- eine Reaktion auf dem Fuße nachfolgt, so machen fich auch die Nachwehen des froh verleb ten Pfingftfefies gegenwärtig für weite Kreise recht fühlbar und finden ihren fichtbaren Ausdrud in dem Maffenandrang au den Berliner Leihämtern. Wenngleich fich dieselben stets eines lebhaften Verkehrs zu erfreuen haben und sich bei etlichen gewiffermaßen fogar schon ein Stammpublikum berausgebildet bat, so ist doch a. 8. die Frequenz in den Leibhäusern eine auffallend starte. Diese Erscheinung hat indeffen, recht betrach tet, durchaus nichts Auffälliges an fich und ist nur eine logische Folge der Verhältnisse. Der größte Theil des vier ten" Standes ist eben so gestellt, daß er, wie man zu sagen pflegt, aus der Hand in den Mund lebt und des täglichen ununterbrochenen Erwerbes benöthigt ist, um das Dasein zu fristen. Der verflossene Winter bat aber vielfach lange Unter brechungen im nothwendigen täglichen Erwerbe eintreten laffen,

mit neuer Rraft wieder aufgenommen wurde, wenngleich es

Bett und mit dem Kopf nach dem gegenüberbelegenen Kleider spinde zu gelegen baben) unmittelbar und in schneller Hinters einanderfolge die Wunden und den Todesstoß erhalten haben. Der Mörder muß dann über fie hinweg dem Fenster auge schritten sein, daß er, wie die Blutspuren am Fensterkreuz be weisen, au öffnen versuchte. Als er aber an den Fenstern des Nebenhauses bereits Leute sah, eilte er wieder über die Leiche der Frau hinweg und an der des Mannes vorüber dem ge wöhnlichen Ausgange zu. Da ist es erklärlich, daß er bas Kind in der Aufregung unbehelligt Iteg. Später hätte er ja in die Wohnung auch nicht wieder hineintommen tönnen, da Das Schloß der Korridorihür, wie überall, ein Drüderschloß ist, außerdem auch die Nachbarn bereits auf dem Korridor sein tonnten.

Zur Marunge'chen Mordaffäre. Dbwohl über das Schickal der vom hiefigen Schwurgericht am Landgericht II wegen Batten bezw. Batermordes Marunges- Mutter und Sohn noch gar nicht endgiltig beschlossen ist, so sollen doch schon, wie eine biefige Rorrespondenz versichert, mehr als 300 Gesuche um Bulassungstarten für die Hinrichtung bei der zu ständigen Staatsanwaltschaft eingelaufen sein. Der größte Theil der Meldungen rührt von Juristen und anderen höheren Beamten her. Die Staatsanwaltschaft soll auch bereits be schloffen haben, für den Fall, daß die Hinrichtungen stattfin ben sollten, nur 150 Karten auszugeben, so daß mehr als die Hälfte der bereits vorliegenden Gesuche unberüdüchtigt bleiben würde und neue Meldurger gar teine Aussichten auf Erfolg hätten. Dieselbe Korrespondenz weiß noch zu melden, daß der Eingang der töniglichen Entschließung bei der Staatsanwalt schaft täglich erwartet werde, und daß alle Vorbereitungen berartig getroffen feien, um eine Vollstreckung des Urtheils am Tage nach dem Eintreffen der Entscheidung in aller Frübe be witten laffen zu tönnen.- Ueber die Schauluft bei derartigen Gelegenheiten hatten wir uns früher schon geäußerft. Es ist ein trauriges Beichen für unsere Gebildeten", daß fte fich immer noch zu solchen Sachen drängen.

Eine Mutter mit ihren vierzehn Kindern lam für lich bends nach zehn Uhr ohne Hausschlüssel an das vers fchloffene Thor des Boologischen Gartens; es war eine Stodente mit ihren noch nicht flüggen Jungen. Der Aiten waren im Frühjahr die Flügel nicht rechtzeitig geftugt worden und fte lonnte nach dem benachbarten Neuen See entwischen. Dort niftete fie und gründete eine zahlreiche Familie, welche fich durch ihre Butraulichkeit die Liebe aller Gondelfahrer erwarb. Die Sehnsucht der Alten zur Scholle, auf der fte zum ersten Male das Licht der Welt erblickte, und nach dem stets reich­lichen Futter, daß ihren Schwestern auf dem Ententeiche im Boologischen Garten gereicht wird, veranlaßte fte, für fich und ihre Familie laut schnatternd Einlaß zu begehren. Und der pflichttreue Beamte, der sonst nur Leute mit Billets oder ab geftempelten Photographien einläßt, öffnete der Frau Ente nebst Famille unentgeltlich das Thor. Dieser Fall macht es auch ers flärlich, daß jeden Abend, sobald der erfte Stern fich zeigt, und der legte Vogel schweigt", zum Staunen aller Wald männer im Boologischen Garten ganze Schaaren wilder Enten antommen, die trop der Konzerte und Menschenmengen im Ententeiche einfallen und von ihren gefangenen Verwandten schnatternd begrüßt werden. Die flugen Vögel wiffen Freiheit, gute Koft und Sicherheit mit einander zu ver binden.

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In der Markthalle in der Dorotheenstraße erfolgten gestern Nachmittag tura bintereinander mehrere kurze und Scharfe Detonationen und als die Markthallenbeamten der Ur fache nachgingen, entdeckten sie, daß einige der Marktstände inbaber zum Beitvertreib mehrere-Feuerwertstörper, fogen. Frösche und Haleten, abgefeuert hatten. Gegen die Uebelthäter foll seitens der Markthalleninspektion wegen groben Unfugs vorgegangen werden. Der Markt scheint ja famos gegangen au fein, wenn die Marktleute zu dergleichen Allotria Beit finden. Ausweisung. Der Töpfer Boleslaw Przytulsky, Bor fzender der Lohnfommission und Kontrollommiffion der Töpfer Deutschlands , ist gestern auf Grund des Sozialistengesetes aus Berlin ausgewiesen worden. Derselbe wurde, als er Morgens gegen 8 Uhr feine in der Fürstenstraße 22 belegene Wohnung verließ, von zwei Polizeibeamten erwartet und nach dem Mollen markt geführt, woselbst ihm das Ausweisungsdetret vorgelesen wurde.

In der Ihring- Mahlow'schen Angelegenheit ist den Angetlagten Berndt und Christensen die Mittheilung zugegangen, daß von Seiten der Staatsanwaltschaft noch vier weitere Kri minalbeamten als Beugen vorgeladen find. Es find dies die Herren Graf Stillfried, Schöne, von Mauderobe und Weinert. Soviel belannt, gehören nur die beiden legteren der politischen Polizei an.

Auf die Ermittelung von Brandstiftern haben die Feuer Sozietäten nach und nach Belohnungen ausgefest, wie fte selten bei den schwersten Verbrechen von großen Polizeibe hörden bewilligt werden. Es beweist dies, wie schwierig es ihnen wird, die Brandstifter zu entdecken. So hat jezt die Direktion der Städte Feuer Sozietät der Proving Brandenburg in Berlin eine Belohnung bis zur Höhe von eintausend Mart auf die Ermittelung Desjenigen ausgefeßt, der fürzlich in Gransee durch Brandstiftung mehrere Gebäude in Asche legte. Bisher hat sich die Bitirung gewiegter Berliner Kriminalbeamten nach jener Brandstiftergegend sehr erfolgreich erwiesen.

Bei mehreren wegen Diebstahls in Untersuchungshaft genommenen profeffionirten Dieben find folgende zweiffellos gestohlene Gegenstände gefunden worden: Silberne Bylinders uhr mit doppeltem Goldrand und Sefundenzeiger, auf 15 Steinen gebend, der Tragring fehlt; filberne Remontoirubr auf 10 Steinen gehend, Nr. 4076, mit geripptem doppelten Bolbrand; filberne Remontoirubr mit doppeltem gerippten Goldrand, Nr. 5023; filberne Bylinderuhr mit doppeltem Gold rand, Nr. 1970, Küvette sehr lose; eine desgleichen, Nr. 76614; eine desgleichen ohne Goldrand, Nr. 13200; eine besgleichen, Nr. 6550, sowie eine rothbraune Fries Pferdebede mit groet schwarzen und einem rothen Streifen. Die Eigenthümer können fich bei dem Kriminalfommiffariat, Bimmer 75 a, melden.

Ein bedauernswerther Unglüdsfall ereignete fich vor geftern Mittag auf dem Hofe der Kunstwollfabrit von Blad bourn, Engelufer 1. Dort war mit Verladen von Ballen mit Lumpen auf einen Wagen der in Köpenid wohnhafte Rutscher Gelbrecht beschäftigt, welcher beim Sugreifen nach einem Ballen so unglüdlich von dem bereits hoch beladenen Wagen zur Erde türate, daß er nur noch wenige Laute von fich gab und bald darauf verstarb. Nach dem ärztlichen Gutachten ist der Tod in Folge eines Bruches der Halswirbelsäule erfolgt. Selbrecht hinterläßt eine Frau und 2 unerzogene Kinder.

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Polizeibericht. Am 22. b. M. wurde ein 12 Jahre altes Mädchen in der Linienfiraße von einem durch den Schankwirth Bäumler aus Charlottenburg geführten Wagen überfahren und an der rechten Hüfte schwer verlegt. Am 22. b. M. Vor mittags machte ein Mädchen in der Tiedstraße den Versuch, fich mit Budersäure zu vergiften. Es wurde noch lebend nach ber Charitee gebracht. Bu derselben Beit wurde ein Mann in seiner in der Memelerstraße belegenen Wohnung todt vor gefunden. Er bat fich, wahrscheinlich durch Nahrungssorgen veranlagt, mit einem Rafirmeffer den Hals durchschnitten. Am Vormittag deffelben Tages wurde ein 4 Jabre altes Ma chen in der Heiligengeiftstraße von einem Boftwagen überfahren und nicht unbedeutend verlegt. Es wurde nach der elterlichen Wohnung gebracht. Bu derselben Belt fiel ein 1 Jahr altes unbeaufsichtigtes Kind in der Niederwallftraße aus dem Fenster binab und starb auf der Stelle. der 4 Treppen hoch belegenen elterlichen Wohnung auf den Sof Un demselben Tage Nach mittags entstand in einem dem Fabrikanten Leuenberg, Grüner Weg Ne. 3, gehörigen Keller badurch Feuer, daß derselbe in

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